Fast drei Jahre Gefängnis für Vortrag in Berlin

Rote Fahne, 20/96, 17. Mai 1996

Indonesien:

In einer Presse-Information der Menschenrechtsorganisation Watch Indonesia heißt es unter anderem:

rote-fahne-logoDer indonesische Oppositionelle und frühere Parlamentsabgeordnete Dr. Sri-Bintang Pamungkas wurde heute (8.5.96) vom staatlichen Gericht in Jakarta zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Gericht tagte unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen: Etwa 500 Sicherheitskräfte von Polizei und Militär waren im Einsatz. Die Straßen rings um das Gerichtsgebäude wurden für den Verkehr gesperrt. Die Urteilsverkündung war begleitet vom lautstarken Protest mehrerer hundert Sympathisanten Sri-Bintangs. Ein aufgebrachter Student, der mit einem Schuh nach dem Vorsitzenden Richter geworfen hat, wurde auf der Stelle verhaftet.

Sri-Bintang Pamungkas mußte sich seit November 1995 wegen »Präsidentenbeleidigung« vor Gericht verantworten. Die Anklage warf ihm vor, während eines Vortrages am 9. April 1995 an der Technischen Universität Berlin »beleidigende Äußerungen gegen das Staatsoberhaupt, Präsident Suharto,« gemacht zu haben. Der ursprünglich erhobene Vorwurf der Anklagebehörde, Sri-Bintang habe im Rahmen von Protestaktionen gegen Indonesiens Teilnahme an der Hannovermesse an zwei Demonstrationen gegen Präsident Suharto in Deutschland mitgewirkt, war nicht haltbar gewesen. Indonesien war im letzten Jahr offizielles »Partnerland« der Hannovermesse. Ein breites Bündnis von Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und Gewerkschaften hatte wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen in Indonesien und Ost-Timor zu Protesten aufgerufen, an denen über tausend Menschen teilnahmen. (…)

Niedersachsens Landesregierung unterzeichnete erst vor kurzem einen Vertrag, mit dem der Einstieg der indonesischen Flugzeugfirma IPTN beim angeschlagenen DASA-Konzern in Lemwerder besiegelt wurde. Bundeskanzler Kohl will im Herbst zum dritten Mal in seiner Amtszeit zum Staatsbesuch nach Indonesien reisen. Wirtschaftliche Interessen werden aller Voraussicht nach erneut im Mittelpunkt seines Besuchsprogramms stehen.

Der Prozeß gegen Sri-Bintang Pamungkas verletzte grundlegende Regeln der Rechtsstaatlichkeit. Unter anderem Waren Belastungszeugen aus Berlin auf Kosten der Staatsanwaltschaft mehrfach nach Jakarta eingeflogen worden, während das Erscheinen einiger Entlastungszeugen massiv behindert wurde. (…)

Sri-Bintang Pamungkas kündigte umgehend an, in Berufung zu gehen. <>


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