Rausschmiss

Neues Deutschland, 01. Dezember 2003

Neues-DeutschlandAbi Kusno Nachran befühlt in einem Berliner Baumarkt mit seinem Handstumpf ein Brett aus dem Tropenholz Bangkirai: Dass ihm von der linken Hand nur noch der Daumen blieb und seine rechte Hand kaum noch zu bewegen ist, hat mit solchem Holz zu tun. 2001 wurde der Umweltjournalist von Schlägern der indonesischen Holzmafia mit Macheten verstümmelt. Er hatte dafür gesorgt, dass drei Schiffe, die illegal 58.000 Kubikmeter Tropenholz nach China schmuggeln wollten, von der Armee aufgebracht wurden. Spezialisten des Hamburger Unfallkranken Boberg gelang es, wenigstens seinen fast durchtrennten rechten Arm zu retten. Um die Überfahrt zu bezahlen, hatte Abi Kusno sein Land verkauft.

Der frühere Sprecher des Regionalparlaments von West-Borneo kämpft längst wieder in seiner Heimat gegen die Abholzung der Baumriesen. Am Montag vor einer Woche hatte er in Hamburg den „Dr.-Götze-Georg-Preis“ – eine Auszeichnung für Persönlichkeiten, die sich besonders um den Schutz der Erde verdient gemacht haben – erhalten. Einige Tage später wollte sich der zurückhaltende freundliche Mann gemeinsam mit Vertretern von Umweltorganisationen über das Sortiment von Holz-Neubauer in Berlin Alt-Mariendorf informieren. „Ich sehe unsere Wälder in dieser Stadt“, so Abi Kusno. Nicht nur dass in Indonesien und Borneo von der völligen Abholzung bedrohte Hartholz Bangkirai wird in dem Geschäft angeboten. Auch Meranti, ein besonders dichtfaseriges asiatisches Edelholz, wird verkauft. Ob Mahagoni, Abachi, Massaranduba oder Belinge – ein gut sortiertes Sortiment an wertvollsten asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Tropenhölzern kann der deutsche Häuslebauer hier preiswert. Kurz vor der Kasse findet Abi Kusno sogar Ramin. Die unscheinbaren dunkeln Leisten sind aus einem inzwischen sehr seltenen asiatischen Holz gefertigt. Der Export von Ramin aus Indonesien ist verboten. Aber auch die anderen Tropenhölzer werden illegal eingeschlagen. Staatliche Quoten werden missachtet, Polizei und Behörden seien korrupt, und steckten häufig mit der Holzmafia unter einer Decke, erläutert der Regenwaldschützer.

Obwohl der Marktleiter zugibt, dass es sich um nicht zertifizierte Hölzer handelt, schmeißt er die Gruppe kaltschnäuzig auf die Straße. Abi Kusno hat schlimmeres erlebt. In der Bundesrepublik ist dies für ihn aber eine neue Erfahrung.

Uwe Witt


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