Terrorprofiteure

junge Welt, 10. Dezember 2003

Uwe Witt

jungewelt-logoBerlin: Holz-Neubauer läßt sich nur ungern an die kriminellen Quellen von Tropenhölzern erinnern Abi Kusno Nachran kann es kaum fassen: Ende November überreichte ihm der Schauspieler Dieter Hallervorden in Hamburg eine Auszeichnung, und schon wenige Tage später wird er aus einem Berliner Holzmarkt geschmissen.

Im Markt befühlte der Indonesier mit seinem Handstumpf ein Brett aus Bangkirai, einer Tropenholzart. Daß ihm von der linken Hand nur noch der Daumen geblieben und die rechte kaum noch zu bewegen ist, hat mit solchem Holz zu tun. Im November 2001 wurde der Umweltjournalist von Schergen der indonesischen Holzmafia mit Macheten verstümmelt. Sein »Vergehen«: Er hatte dafür gesorgt, daß drei Schiffe, die illegal 58.000 Kubikmeter Tropenholz nach China schmuggeln wollten, von der Armee aufgebracht wurden. Nach dem Überfall gelang es Spezialisten des Hamburger Unfallkrankenhauses Boberg, wenigstens den fast durchtrennten rechten Arm des Indonesiers zu retten. Um die Überfahrt zu bezahlen, hat Abi Kusno sein Land verkauft. Spenden finanzierten die Operationen.

Der frühere Sprecher des Regionalparlamentes von West-Borneo kämpft inzwischen wieder in seiner Heimat gegen die Abholzung der Baumriesen. Er war nur in Deutschland, um den »Dr. Götze Geo-Preis«, eine Auszeichnung für Menschen, die sich besonders um den Schutz der Erde verdient gemacht haben, in Empfang zu nehmen. Hier, bei Holz-Neubauer im Berliner Stadtteil Alt-Mariendorf, wollte sich der freundliche 62jährige Mann gemeinsam mit Vertretern von Umweltorganisationen über das Sortiment des Holzmarktes informieren. »Ich sehe unsere Wälder in dieser Stadt«, sagte er. Und tatsächlich: Nicht nur das in Indonesien von der völligen Abholzung bedrohte Bangkarai wird in dem Geschäft in Form von Latten, Bohlen, Sichtblenden oder Terrassenplatten angeboten. Auch Meranti, ein besonders dichtfaseriges asiatisches Edelholz, wird verkauft.

Ob Mahagoni, Abachi, Massaranduba oder Belinge: Eine breite Palette wertvollster asiatischer, afrikanischer und lateinamerikanischer Tropenhölzer kann der deutsche Häuslebauer hier preiswert erwerben. Kurz vor der Kasse fand Abi Kusno sogar Ramin. Die unscheinbaren dunklen Leisten sind aus einem inzwischen sehr seltenen asiatischen Holz gefertigt. Er erklärte, daß der Export von Ramin aus Indonesien vollständig verboten ist. »Aber auch die anderen Tropenhölzer werden zu 70 bis 90 Prozent illegal eingeschlagen.« Staatliche Quoten würden schlicht umgangen. Die in der Regel korrupte Polizei und die nicht weniger bestechlichen Forstbehörden kontrollierten nicht. Im Gegenteil, sie steckten häufig mit der Holzmafia unter einer Decke, erläutert der Regenwaldschützer.

Jens Wieting, Tropenwaldspezialist der Umweltschutzorganisation Robin Wood, wollte von dem Mann, der offenbar im Holzmarkt den Hut aufhat, wissen, ob er über die Herkunft der Hölzer informiert ist. »Das sind sämtlich nicht zertifizierte Hölzer«, sprudelte es erstaunlicherweise sofort aus dem Mann heraus. Er wisse, es gebe Raubbau, aber von den Vorlieferanten sei das Geschäft informiert worden, daß die Tropenhölzer aus staatlichen Kontingenten kämen. Diese Vorlieferanten werde er aber nicht nennen, antwortete der Mann mit Nachdruck auf eine entsprechende Nachfrage. Auch wolle er keine weiteren Informationen über die Vernichtung des Tropenwaldes, denn »das, was ich wissen möchte, das weiß ich«.

Als Wieting darauf verwies, daß andere Baumärkte sich verpflichtet haben, nur noch Tropenhölzer mit dem ökologischen FSC-Siegel im Sortiment zu führen und anschließend sein Unverständnis über die »schwarzen Schafe« der Branche äußerte, platzte dem Holzmarktchef der Kragen: »Schönen Dank, dort ist die Tür!« Auch der Hinweis, daß ihm ein Mann aus Indonesien gegenübersteht, der von der Holzmafia verstümmelt wurde, interessiert nicht. »Dafür bin ich nicht verantwortlich«, meinte er. Seinen Namen oder die Funktion wollte er nicht preisgeben. Statt dessen brüllte er: »Hören Sie schwer? Raus!« Abi Kusno hat sicherlich Schlimmeres erlebt. In der Bundesrepublik ist dies für ihn aber eine neue Erfahrung. <>

Abi Kusno wurde bei seinem Besuch in Berlin von Watch Indonesia! begleitet; Watch Indonesia!


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