Indonesiens Armee kämpft Papua-Geiseln frei

taz, 17. Mai 1996

Spezialkommando unter einem Präsidentenschwiegersohn beendet nach vier Monaten die Entführung von Ausländern durch die Unabhängigkeitsbewegung auf Westpapua

tazBangkok (taz) – Nach einer dramatischen Befreiungsaktion sind neun ehemalige Geiseln aus der indonesischen Ostprovinz Irian Jaya gestern in Jakarta eingetroffen. Ein Sonderkommando des Militärs hatte die Gruppe am Mittwoch bei den Entführern in einer abgelegenen Dschungelregion aufgespürt. Unter den Befreiten befindet sich auch eine im siebten Monat schwangere Frau. Zwei indonesische Geiseln und acht Rebellen kamen bei dem Einsatz ums Leben, erklärte der Leiter der Sondereinheit, General Prabowo Subianto, gestern vor Journalisten.

Seit ihrer Entführung vor vier Monaten befanden sich die vier britischen, zwei niederländischen und drei indonesischen Geiseln in der Hand der „Bewegung für ein Freies Papua“ (OPM), die für die Unabhängigkeit der Halbinsel von Indonesien kämpft. Die Rebellen hatten am 8. Januar 26 Personen in einem Dorf im Lorentz-Naturreservat entführt. Zwei von ihnen – darunter der Mitte Januar wieder freigelassene Berliner Frank Momberg – waren hier im Auftrag des World Wide Fund for Nature. Die schwangere Martha Klein befand sich zu Besuch. Alle anderen gehörten zu einer Expedition der britischen Universität Cambridge. Am Donnerstag vergangener Woche hatte das Internationale Rote Kreuz seine Vermittlungsbemühungen abgebrochen. Nach Angaben des Roten Kreuzes hatten die Entführer nicht mehr reagiert. Sie sollen zuvor auch die Anweisung des Chefs der Papua-Befreiungsbewegung, die Geiseln freizulassen, ignoriert haben.

Daraufhin begann die Suchaktion der Spezialtruppe unter dem Kommando des Präsidentenschwiegersohnes Prabowo Subianto. Nach sechs Tagen gelang es ihr, den Aufenthaltsort der Geiseln – unter anderem mit Hilfe eines unbemannten Erkundungsfliegers – ausfindig zu machen. Dann ging alles sehr schnell. Die Soldaten ließen sich an Seilen von ihren Hubschraubern herab. Über den weiteren Verlauf der Aktion gab das Militär gestern widersprüchliche Darstellungen: Hieß es zunächst, es habe auf keiner Seite Tote oder Verletzte gegeben, sagte Subianto später, fliehende Rebellen hätten die Geiseln erstochen, und die Soldaten hätten acht Rebellen erschossen.

Schlechtes Wetter habe dann verhindert, daß die Helikopter die Gruppe und die indonesischen Soldaten sogleich abtransportierten. Erst Donnerstag morgen konnte sie in die Provinzstadt Timika weiterreisen, wo sie zunächst medizinisch untersucht wurden. Sechs Stunden dauerte der Flug dann bis in die 2.500 Kilometer entfernte indonesische Hauptstadt. Heute sollen sie ihren Botschaften übergeben werden.

Jutta Lietsch


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