Information und Analyse

Gegen den Vollzug der Todesstrafe!

11. August 2006

Willkommensgruß auf dem Flughafen Jakarta

Willkommensgruß auf dem Flughafen Jakarta

Foto: Alex Flor

Bereits morgen sollen drei mutmaßliche Täter hingerichtet werden, die in Zusammenhang mit dem blutigen Konflikt in Poso, Zentral-Sulawesi, für schuldig befunden wurden. Alle drei Verurteilten sind Christen. In wenigen Tagen soll dann die Hinrichtung von drei Bali-Attentätern folgen, drei Islamisten. Ist dies nur Ergebnis zweier zufällig kurz aufeinander folgender Einzelereignisse oder eine besonders makabere Form von „religiöser Ausgewogenheit“?

Menschenrechtsorganisationen, Politikinstitute und Kirchen in Jakarta riefen gestern in einer gemeinsamen Erklärung zur Abschaffung der Todesstrafe auf. Im Folgenden dokumentieren wir den Text in deutscher Übersetzung.

Watch Indonesia!


Gegen den Vollzug der Todesstrafe!

Mit Entsetzen erfuhren wir, dass die Staatsanwaltschaft in Palu, Zentral-Sulawesi, die Hinrichtung der als Anstifter der Unruhen in Poso im Jahr 2000 Verurteilten, Fabianus Tibo, Marinus Riwu und Dominggus da Silva, vorbereitet, die am 12. August um 0.15 Uhr (Ortszeit) stattfinden soll. Dies, obgleich die Polizei von Zentral-Sulawesi gerade mit Ermittlungen gegen Dritte begriffen ist, die von Tibo in seiner Aussage vor Gericht genannt wurden. Bislang liegen keine Informationen über den Stand dieser Ermittlungen vor. Darüber hinaus warb die Regierung während der letzten drei Monate für den Plan einer „allgemeinen Amnestie“ für alle am Konflikt in Poso Beteiligten, um Frieden, Wohlstand und Versöhnung eine Chance zu geben.

Während dessen treffen auch die Generalstaatsanwaltschaft und die Bezirkspolizei von Banyumas Vorbereitungen zur Hinrichtung der drei wegen des ersten Bombenanschlages auf Bali im Jahr 2002 Verurteilten, Imam Samudra, Amrozi und Ali Gufron (Muklas). Sie halten die Häftlinge dazu an, beim Obersten Gerichtshof Revision einzulegen, ansonsten drohe ihnen die Hinrichtung am 22. August 2006. Zwei Angehörige von Opfern des Anschlages, der Australier Bryan Deegen und die Britin Susi Miller, sprachen sich gegen die Hinrichtung aus.

Mit Blick auf die geplanten Exekutionen bekräftigen wir erneut, dass die Todesstrafe gegen die Regeln der Menschlichkeit verstößt und auch die Verfassung von 1945 verletzt, die dem Recht auf Leben ganz klar einen absoluten Stellenwert einräumt. Die Todesstrafe verstößt eindeutig gegen das Prinzip der nicht einzuschränkenden Rechte (non-derogable rights), weil das Recht auf Leben eines jeden Menschen nicht begrenzt, verkürzt oder anderweitig beschädigt werden darf, egal unter welchen Umständen auch immer.

Wir sind der Ansicht, dass die Todesstrafe nicht als einfache Antwort auf komplizierte gesellschaftliche Probleme wie Terrorismus, Drogenhandel oder kommunalistische Gewalt taugt. Die Regierung sollte sich um Rechtssicherheit, gesellschaftlichen Wohlstand, und die Befreiung der staatlichen Institutionen von Korruption bemühen, da dies die bestimmenden Faktoren zur Lösung des Problems sind.

Wir rufen die Regierung der Republik Indonesien – insbesondere die Generalstaatsanwaltschaft – auf, keine weiteren Todesstrafen mehr zu vollziehen. Obgleich das Strafgesetzbuch (welches noch ein Erbe der Holländer ist) die Todesstrafe vorsieht, wird das Recht auf Leben sowohl in der Verfassung sowie im Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte, den Indonesien bereits ratifiziert hat, genannt. Daher fordern wir politische Schritte in Form einer Aussetzung der Todesstrafe. Die Regierung muss sich öffentlich dazu bekennen, dass die Todesstrafe kein geeignetes Mittel mehr ist, nicht nur weil sie gegen universelle Menschenrechtsprinzipien und die Verfassung verstößt, sondern auch, weil sie keine präventive oder abschreckende Wirkung gegen Verbrechen dieser Art hat.

Als weiteren strategischen Schritt fordern wir die Regierung auf, die Gesetzgebung und das Rechtssystem (im Rahmen der Überarbeitung des Strafgesetzbuches) dahin gehend zu ändern, dass die Todesstrafe abgeschafft wird, wie es die Verfassung und der Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte verlangen. Darüber hinaus fordern wir die Regierung auf, auch das Zweite Zusatzprotokoll zum Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte zu ratifizieren.

Jakarta, 10. August 2006

Kontras, PGI, Imparsial, Kalyanamitra, SHMI, Wahid Institute, KWI, LBH Jakarta, HRWG, Lembaga Studi Lewotana, Komunitas Flobamora, PBHI, Setara Institute, Pokja Poso, Praxis

(Übersetzung aus dem Indonesischen: Alex Flor)


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