Milizen in Osttimor stecken Dörfer in Brand – Indonesiens Armee bereitet Evakuierung vor – Resultat des Referendums am Samstag

epd, 03. September 1999

Indonesien/Osttimor, (Zusammenfassung)

epdJakarta (epd). Wegen der anhaltenden Gewalt nach der Volksabstimmung in Osttimor bereiten sich die indonesischen Streitkräfte auf eine Massen-Evakuierung vor. Auch am Freitag hielten die Angriffe pro-indonesischer Milizen an, die eine Unabhängigkeit der Osthälfte der Insel Timor verhindern wollen. Die indonesische Armee verstärkte ihre Truppen in Osttimor um 1.500 Mann. Das Ergebnis der Volksabstimmung über einen Verbleib Osttimors bei Indonesien oder eine Loslösung soll bereits am Samstag bekannt gegeben werden, drei Tage früher als geplant.
Nach Angaben der UN-Mission in Osttimor brannten die Milizen mehrere Dörfer ab, steckten Häuser in einem Vorort der Hauptstadt Dili in Brand, sperrten den Zugang zum Flughafen und vertrieben in der Nähe von Suai rund 2.000 Menschen. In Maliana wurden seit Anfang der Woche mindestens vier einheimische UN-Mitarbeiter getötet, fünf weitere wurden am Freitag abend noch vermisst.
An dem Referendum am Montag hatten sich 98,6 Prozent der 452.000 stimmberechtigten Osttimoresen unter Aufsicht der UN beteiligt. Es wird eine klare Mehrheit für die Unabhängigkeit erwartet. Falls sich die Situation weiter zuspitzt und es zu Flüchtlingsströmen kommt, will die Armee bis zu 200.000 Menschen, ein Viertel der Bevölkerung, evakuieren.
Nach einem Angriff auf das UN-Gelände in Maliana zogen die Vereinten Nationen ihr Personal dort vollständig ab. Weitere ausländische Journalisten, darunter das Team des britischen Rundfunksenders BBC, und unabhängige Wahlbeobachter verließen am Freitag Osttimor. Zur Lage in der Hauptstadt Dili sagte UN-Sprecher David Wimhurst: „Die Milizen randalieren durch die Stadt, und es wird nichts dafür getan, sie daran zu hindern.“
Der deutsche Wahlbeobachter Volker Stapke von der Organisation „Watch Indonesia“ berichtete dagegen dem epd, in Dili sei es am Freitag weitgehend ruhig geblieben. Indonesische Militärs und Polizisten hätten für Ordnung gesorgt. „Wir müssen uns aber jeden Tag neu orientieren, Attacken können jederzeit woanders passieren“, sagte er. Ob das Militär die Milizen wirklich steuere und stoppen könnte, sei unklar. „Die Geheimdienste mischen auf alle Fälle mit.“
Inzwischen halten sich Stapke zufolge alle mehr als 100 Wahlbeobachter seines internationalen Teams in Städten auf. „Wir sind natürlich auf eine Evakuierung vorbereitet“, fügte er hinzu. Die Wahlbeobachterin Pamela Sexton berichtete, sie habe auf dem Weg von Suai nach Dili acht Straßensperren der Milizen passieren müssen. Polizisten aus ihrer Eskorte hätten „sehr freundlich“ um Durchlass gebeten.
Bei den Vereinten Nationen wird offenbar über die Entsendung von Blauhelmen nach Osttimor beraten. Bislang verfügt die UN-Mission in Osttimor nur über rund 750 unbewaffnete Zivilpolizisten und Militärberater. Am Donnerstag hatte Indonesien erstmals die Bereitschaft signalisiert, eine internationale Friedenstruppe zuzulassen. Der portugiesische Ministerpräsident Antonio Guterres hat den Weltsicherheitsrat aufgefordert, den UN ein neues Mandat für Osttimor zu erteilen, „das auch ein Sicherheitselement enthält“. Als frühere Kolonialmacht des Territoriums sei Portugal bereit, sich an Friedenstruppen zu beteiligen.
Wie die mögliche Entlassung Osttimors in die Selbstständigkeit gestaltet wird, darüber gibt es noch keine genauen Pläne. Über eine Unabhängigkeit Osttimors muss in Indonesien noch die „Beratende Volksversammlung“ aus Parlamentariern und Delegierten von Provinzen entscheiden, die erst im November zusammentritt. <>


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