Deutsche Wahlbeobachterin: Lage in Osttimor „völlig unberechenbar“

epd, 04. September 1999
(epd-Gespräch)

epdDili (epd). Deutsche Wahlbeobachter haben die Lage in Osttimor am Samstag als „sehr angespannt“ und „völlig unberechenbar“ geschildert. „Man muss mit allem rechnen, wir wissen nicht, was passieren wird“, sagte Sabine Hammer von der Göttinger Gesellschaft für bedrohte Völker am Telefon in der Hauptstadt Dili in einem epd-Gespräch. Offenbar hätten sich am Morgen tausend Menschen in das Haus des katholischen Bischofs und Friedensnobelpreisträgers Carlos Belo geflüchtet. Hinter dem Gebäude sei geschossen worden. Pro-indonesische Milizen reagierten laut Hammer mit weiteren Ausschreitungen auf das Resultat der Volksabstimmung, das eine überwältigende Mehrheit für die Unabhängigkeit ergab. In Liquiça sei ein unbewaffneter Zivilpolizist der UN, ein US-Amerikaner, angeschossen worden. Nach Angriffen in Same hätten von dort alle UN-Mitarbeiter abgezogen werden müssen. Gerüchten zufolge planen die Milizen „gezielte Brandanschläge“, fügte Hammer hinzu. „Die kommende Nacht wird sehr unsicher, wir können unsere Häuser nicht verlassen.“

Die noch rund 80 ausländischen Wahlbeobachter von internationalen Menschenrechtsorganisationen in Osttimor, darunter neun Deutsche, werden nach ihren Worten ihre Evakuierung „nun etwas konkreter planen als gestern“. Zugleich warnte Hammer davor, die Situation über Gebühr zu dramatisieren. Es sei unmöglich, Mutmaßungen darüber anzustellen, ob ein Bürgerkrieg ausbrechen werde. Am meisten bedroht seien die Osttimoresen. Viele versuchten zu fliehen und machten sich „mit ihrem Hab und Gut“ in Richtung Hafen auf. (6300/4.9.99)


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