Berichte

Pressespiegel indonesische Streitkräfte

April 2000

zusammengestellt von Ingo Wandelt

Zusammenfassung von Nachrichten indonesischer Medien zu den nationalen indonesischen Streitkräften (Tentara Nasional Indonesia, TNI). Diese Aufstellung erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Korrektheit der Informationen. Die Materialsuche erfolgt über die Mittel des Internets. Die Quellen sind online-Ausgaben von indonesischen Zeitungen und Magazinen (OL).

Sicherheitspolitisches Umfeld und indonesische Medienberichterstattung

TNIGroßen Raum in den indonesischen Print- bzw. Internetmedien nehmen die Kampfhandlungen im Aceh im Vollzug der Operation Sadar Rencong III ein. Täglich werden blutige Zwischenfälle und Zahlen von Ermordeten aufgelistet. Die Operation läuft operativ unter dem Kommando der nationalen Polizei und wird führend von der bewaffneten Bereitschaftspolizei (Brimob), unter Teilnahme von Heereseinheiten, geführt. Zu Monatsbeginn wurden die Brimob-Einheiten in Aceh verstärkt (Suara Pembaruan OL, 4.4.). Präsident Abdurrahman Wahid, so wird zwischen den Zeilen der Berichterstattung deutlich, billigt das militärische Vorgehen, obgleich er am 17.4. den Kommandeur der Operation, Polizeioberst Yusuf Muharram, ablöste. Er sei, so der Vorwurf, für Zerstörungen persönlich verantwortlich.

Auch auf den Molukken geht das Morden weiter. Der Besuch der Vizepräsidentin Megawati Sukarnoputri fand unter intensivem Schutz durch Marineeinheiten statt. Die Aufstellung von militärisch ausgebildeten und waffentechnisch ausgerüsteten Milizen des Heiligen Krieges (Laskar Jihad) wurde offenbar mit der Einrichtung eines Trainingslagers im Dorf Kayumanis bei Bogor, Westjava. Die von der Miliz angekündigte Entsendung von bis zu 10.000 Jihad-Kämpfern nach Ambon zum Kampf gegen die christlichen Bevölkerungsteile fand im April noch nicht statt. Die sich zurückhaltend gebende Polizei erlaubte bislang die Schiffspassage ab Surabaya nicht. Das Presseecho zu diesen paramilitärischen Verbänden war sehr stark und führte auch ausführliche Interviews mit den Milizenführern auf.

Im Monatsverlauf begannen Gerichtsverfahren, die Militärpersonal für begangene Taten zur Verantwortung ziehen sollen. In Aceh geht es um begangene Gräueltaten im vergangenen Jahr, in Jakarta begannen Verhandlungen zur Aufklärung des Sturmes auf die Parteizentrale der PDI im Juli 1996, und zum Massaker der Streitkräfte an der örtlichen Bevölkerung in Tanjung Priok, Jakarta, im Jahre 1984. Das Verfahren zur die Aufklärung der Menschenrechtsverletzungen in Osttimor im Verlauf des Unabhängigkeitsreferendums soll im Mai beginnen. Die kritische Aufmerksamkeit der indonesischen Medien ist groß, die Verhandlungen werden sich über die kommenden Monate erstrecken.

Im Verlauf der Geiselentführung  von Touristen auf der Sabah vorgelagerten Insel Sipadan erneuerte Indonesien seinen Anspruch auf diese Insel. Der indonesische Außenminister forderte die malaysischen Truppen auf der Insel zum Rückzug auf (Suara Pembaruan OL, 30.4.). Die geografische Nähe zu den Nordmolukken / Halmahera und den dort aufbrechenden fundamental-regionalistisch motivierten Bewegungen, die in Verbindung mit den Jihad-Milizen auf Java stehen, verweisen auf einen größeren geographischen Raum dieser Problemlage. Die indonesische Presse zeigt sich in der Berichterstattung zurückhaltend.

Es übersteigt die Möglichkeiten dieses Pressespiegels, die Kampfhandlungen in Aceh und auf den Molukken angemessen darzustellen. Auch eine kontinuierliche Prozessberichterstattung stößt an zeitliche und finanzielle Grenzen. Ich bitte dafür um Verständnis.
Ingo Wandelt

Thema: Kommandeurtagung der TNI

Die indonesischen Streitkräfte haben die Dwifungsi (Doppelfunktion) und ihre sozio-politische Funktion (Sospol) aufgegeben. Sie werden sich aus der politischen Betätigung in Staat und Gesellschaft heraushalten und sich als professionellen Kraft der Landesverteidigung (pertahanan) verstehen. So lautete das Credo der zweitätigen Tagung in Jakarta, an der neben 146 hohen Offizieren aller Truppengattungen auch die Minister der Verteidigung, der Finanzen, für Menschenrechte und die regionale Autonomie teilnahmen. Der Kommandeur der TNI, Widodo Adisutjipto, gab die wichtigsten Punkte der für die Presse nicht zugänglichen Tagung bekannt: Die Tagung stand im Zeichen des veränderten strategischen Umfeldes, das die Souveränität und Unversehrtheit des Staatsgebietes auf die Probe stellt. Intern wurden Fragen der inneren Konsistenz, der Koordinierung der Führung von militärischen Einheiten der Streitkräfte und das Bekenntnis zur Reform beraten. Die TNI sei nicht länger für die innere Sicherheit (keamanan) zuständig, sondern habe diese Aufgaben der Polizei übertragen (Kompas OL, 20.4., Jakarta Post OL, 20.4., Gatra OL, 19.4.). (Anm.: die Operation Sadar Rencong III in Aceh steht bereits unter Polizeikommando und wird führend von Verbänden der Bereitschaftspolizei (Brimob) betrieben). Die TNI werde der Polizei jedoch weiterhin bei der Bekämpfung von Terrorismus und bewaffneten Aufständen helfen (Jakarta Post OL, 22.4.).

Laut Militärsprecher Graito wird die Konsequenz der Aufgabe der Sospol-Funktion im Verlassen der Sitze in Parlament und Volkskongress im Jahre 2004, und den Austritt aller Offiziere aus dem militärischen Dienst, die sich für politische Positionen bewerben, bestehen. Eine effiziente Budgetplanung müsse angesichts knapper staatlicher Mittel vorangetrieben werden (Jakarta Post OL, 20.4.).

In seiner Grußbotschaft an die Tagung gab der Präsident Indonesiens und Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Abdurrahman Wahid, einige grundsätzliche Positionen seiner Regierung bekannt. Er erklärte, dass trotz zahlreicher Forderungen aus dem In- und Ausland, Maßnahmen gegen die TNI einzuleiten, seine Regierung diese strikt zurückweise. Er begründete dies mit prinzipiell verschiedenen Anschauungen zur Rolle des Militärs in der Gesellschaft. „.. es besteht im Ausland die Ansicht der Dominanz der zivilen Kräfte über die TNI. Es gibt in ihren Ländern eine Dominanz über das Militär. So etwas kennen wir nicht, weil wir seit Anbeginn bestrebt sind, den nationalen Bedürfnissen als Ganzem zu dienen, einschließlich denen des Militärs.“ Er wies ausdrücklich ausländische Anschuldigungen gegen den Sonderverband Kopassus zurück, dass sich fremde Staaten nicht länger als Freund Indonesiens verstünden, weil Indonesien Kopassus besäße: „Zugleich besitzen diese Staaten als Verfechter westlicher Demokratie starke Sonderverbände“. Er sprach sich für eine Verstärkung der Streitkräfte zugunsten ihrer Fähigkeit zur Verteidigung und der Stärkung der Wohlfahrt der Truppen aus, wofür ein angemessener Haushalt beitragen müsse. Grundlage der Verteidigungsfunktion der TNI bleibe die Verfassung. (Kompas OL, 22.4.) Das Land benötige ein starkes Militär, und er versprach eine Erhöhung der Zahl der Soldaten und des Budget auf ein angemessenes Maß (Jakarta Post OL, 22.4.). Er forderte die politischen Kräfte und die Bevölkerung auf, die Streitkräfte nicht länger zu kritisieren. „Bei den anstehenden, sehr großen Veränderungen sollten wir vorsichtig und weise vorgehen. Vorsichtig dabei, keiner TNI-feindlichen Einstellung zu folgen, weil die TNI als Institution weiterhin dieselbe wie früher ist, die wir weiterhin benötigen. Falls innerhalb der TNI einige fehlgehen, so sind es Schurken (oknum), oder genauer, Individuen. Unser Volk ist nicht dazu erzogen, so zu sein.“ (Kompas OL, 22.4., Suara Pembaruan OL, 22.4.)

Zum Abschluss der Tagung stellte Widodo der Presse eine Liste von sieben grundlegenden Entscheidungen der Tagung vor: 1. die TNI versteht sich allein als das nationale System der staatlichen Verteidigung, 2. die interne Reform der TNI wird die Änderung des Gesetzes zur staatlichen Verteidigung und der militärischen Doktrin betreffen und den Gehorsam vor dem Recht betonen, 3. die TNI ist die staatliche und verfassungsmäßige Institution, die die Regierungspolitik ausführt und sichert, 4. der Militärhaushalt bedient die militärische Professionalität und die Aufrechterhaltung der operationalen Bereitschaft der Einheiten und Verbände, 5. die innere Führung der Einheiten soll eine professionelle, effektive, effiziente und moderne Truppe schaffen, 6. die TNI wird, auf der Grundlage der geltenden Gesetze, die Polizei bei ihren Aufgaben der inneren Sicherheit unterstützen, 7. jeder Soldat ist aufgerufen, durch sein Tun aktiv die öffentliche Meinung zugunsten eines verbesserten Ansehens der Streitkräfte zu ändern (Kompas OL, 21.4.)

Außerhalb der Tagung zitierte die Presse einschlägige zivile Beobachter des indonesischen Militärs in ihrer Kritik zu den nicht von der Tagung behandelten Fragen. Bemängelt wurden die fehlenden Rechtsgrundlagen für das angekündigte neue Selbstverständnis, die nicht behandelte Frage der sofortigen Abschaffung der Territorialpräsenz des Heeres, die Reform der militärischen Nachrichtendienste, die weiterhin mit Mitteln der combat intelligence in der Gesellschaft vorgehen, die totale Reform der Militärdoktrin Sishankamrata, die weiterhin die Führung der Gesellschaft durch das Militär vorsieht, sowie die Wirtschaftsaktivitäten der Streitkräfte als Institution (Tempo Interaktif, 22.4., und 20.4., Jakarta Post, 24.4.).

Der Chef des Heeresstabes, General Tyasno Sudarto, entschuldigte sich offiziell in Namen der TNI beim gesamten indonesischen Volk für die von den Soldaten und Angehörigen der Streitkräfte in der Vergangenheit begangenen „Fehler“ (kesalahan) (Republika OL, 27.4.)

Thema: Bakorstanas

Bakorstanas (Badan Koordinasi Bantuan Pemantapan Stabilitas Nasional), die „Koordinierungsstelle zur Festigung der nationalen Stabilität“ wurde am 10.4. offiziell aufgelöst. Die betroffenen Offiziere, Mannschaften und Mitarbeiter werden auf andere Positionen in den Streitkräften versetzt (Suara Pembaruan OL, 11.4.). (vgl. Pressespiegel März).

Thema: Heeresverbände, Kostrad

Der Chef des Heeresstabes, General Tyasno Sudarto, übergab in einer militärischen Zeremonie das Kommando über das Strategische Heereskommando (Kostrad) an den 48-jährigen Agus Wirahadikusumah. Agus‘ Vorgänger, Generalleutnant Djadja Suparman, wird Kommandeur der Stabs- und Kommandoschule der Streitkräfte (Suara Pembaruan OL, 29.3.). Agus wurde zum Generalleutnant befördert (Suara Pembaruan OL, 3.4.). Agus bestritt umlaufende Gerüchte, er werde als Kommandeur des Kostrad abgelöst. Er werde für mindestens 18 Monate das Kommando über Kostrad behalten (TNI Watch!, 18.4.).

Die Jakarta Post (6.4.) berichtete von andauernden Trainings von 5000 Milizionären durch Teile der TNI, für die Infiltration Osttimors. Eine Quelle der Post benannte als Ausbilder Kostrad Einheiten. General Widodo, der Befehlshaber der TNI, bestritt diese Anschuldigungen (Republika OL, 10.4.), ebenso wie Agus Wirahadikusumah. Kostrads Auftrag sei die Sicherung der Grenze zu Osttimor. „Ich habe dort zwei Tage lang nachgeschaut, und die Sache ist nicht wahr.“ (Suara Pembaruan OL, 15.4.). Widodo forderte Kostrad auf, Belege zur Widerlegung der Anschuldigungen vorzulegen (Kompas OL, 17.4.)

Agus Wirahadikusumah sprach sich gegen paramilitärische Verbände von politischen Parteien in Gestalt von Sicherheitstruppen (Satgas) oder die paramilitärische Organisation Banser der muslimischen Massenorganisation Nahdlatul Ulama aus. Diese Organisationen verdrängten die Rolle und Funktion der regulären Streitkräfte Indonesiens und stellten eine Provokation dar. Selbstkritisch merkte er an, dass die Existenz dieser irregulären Verbände vom schwindenden Vertrauen der politischen Führung der betreffenden Parteien in die Streitkräfte und die Polizei zeugten, ihre Sicherheit und die ihrer Mitglieder und Anhänger zu gewährleisten (Kompas OL, 26.4.)

Präsident Abdurrahman Wahid lobte bei einer offiziellen Inspektion der 1. Division des Kostrad in Cilodong, Westjava, die Verdienste der Kostrad, die vom Staat nicht genügend gewürdigt worden seien. Wahid äußerte seine Befürchtung über den mangelhaften Zustand der staatlichen Verteidigung, insbesondere der veralteten Ausrüstung der Kostrad-Verbände. Er versicherte den versammelten 1.800 Soldaten der Kostrad, sowie allen Angehörigen der Streitkräfte und der Polizei, das Bemühen seiner Regierung zur Steigerung der Wohlfahrt aller Angehörigen der Truppe und der Polizei zu. Er habe seinen Finanzminister bereits angewiesen, neben erhöhten Ausgaben für Material und neues Personal auch Mittel für Soldanhebungen bereitzustellen. Öffentlich wurde seitens Kostrad die schlechte Wohnsituation der Kostrad-Angehörigen angesprochen, die mit ihren Familien zumeist noch in heruntergekommenen Wohnheimen leben müssen. Kostrad-Kommandeur Agus sprach sich dafür aus, die Rolle der militärischen Stiftungen (yayasan) bei der Finanzierung der Streitkräfte beizubehalten und auszubauen. Die Wohlfahrt der Truppe erfordere auch weiterhin eigene Maßnahmen der Truppenverbände zu ihrer Finanzierung. Diese Stiftungen müssten aber verstärkt dem Gemeinwohl gegenüber Verantwortung zeigen. Kostrad habe zur Zeit eine Truppenstärke von 25.638 Mann und liege damit unter dem Plansoll von 27.828 Mann (Jakarta Post OL, 28.4.).

Drei Tage zuvor hatte der Sprecher der Streitkräfte, Graito Usodo, sich auf einer Pressekonferenz für eine Beibehaltung der Strukturen der Selbstfinanzierung der TNI ausgesprochen. Insbesondere die Zusammenarbeit mit chinesisch-stämmigen Wirtschaftspartnern habe sich als erfolgreich und notwendig zur Aufrechterhaltung der nationalen Verteidigungsfähigkeiten erwiesen. Die Teilstreitkräfte und manche Verbände haben diese Zusammenarbeit in die Form von militärischen Stiftungen gebracht. Der Erfolg der chinesischen Geschäftspartner beruhe auf ihrem Wissen, wie man in Indonesien Geschäfte tätige. Von diesem Wissen profitierten, laut Graito, nicht nur die Streitkräfte, sondern auch der Staat. Sollte die Regierung, so Graito, die Wirtschaftsaktivitäten der Streitkräfte einzuschränken versuchen, indem etwa den Streitkräften jegliche Wirtschaftsaktivität verboten werde, werde dies zu Lasten der Truppe gehen. Der Staat allein könne mit seinen Mitteln nicht den ausreichenden Sold der Truppe garantieren. Außerdem, fügte er an, finanzierten sich auch Ministerien aus eigenwirtschaftlichen Quellen (AFP, 25.4.).

Thema: Heeresverbände, PPRC

Der Kommandeur der 1. Division der Kostrad, Generalmajor IG Purnama, übernahm das Kommando über die Pasukan Pemukul Reaksi Cepat, PPRC („Schnelle Eingreiftruppe“), vom Kommandeur der 2. Kostrad-Division, Generalmajor William da Costa. Die Übergabe wurde vom stellvertretenden Kommandeur der Streitkräfte, General Fachrul Razi, geleitet (Suara Pembaruan OL, 13.4.). Bei der Zeremonie bekräftigte der Streitkräftesprecher, Generalmajor Graito Usodo, dass die TNI keine Absichten zur Übernahme ihrer vormaligen Macht besitze, keine entsprechenden Gelegenheiten wahrnehmen werde und die zivile Führung mit all ihren Stärken und Schwächen uneingeschränkt respektiere (Kompas OL, 13.4.).

Anm.: Die PPRC ist kein stehender Verband, sondern ein Operationskommando. Aufgestellt 1984 rekrutierte sie sich aus Einheiten der 2. Division des Kostrad, die als schnelle Eingreiftruppe (quick reaction strike force) gegen interne Sicherheitsbedrohungen geringer Intensität (Unruhen) überregional eingesetzt werden sollte. In der letzten Dekade spielte die PPRC keine nennenswerte Rolle, sogar ihr Bestand war zweifelhaft. Die aktuelle Bestätigung ihrer Existenz ist bemerkenswert, ihre Umbesetzung mag mit erwarteten Sicherheitsrisiken in Jakarta zu tun haben. Traditionell ist die Division zwei mit ihrem HQ in Singosari, Ostjava, für Einsätze östlich von Java bestimmt, wohingegen die 1. Division mit ihrem HQ in Cilodong, Westjava (bei Bogor), auf Java, und besonders in Jakarta eingesetzt wird.

Thema: Heeresverbände, Kopassus

Das Sondertruppenkommando des Heeres (Kopassus) beging seinen 48. Jahrestag unter Teilnahme der Streitkräfteführung und der Anwesenheit pensionierter Militärführer. Der Chef des TNI-Stabes, General Tyasno Sudarto, wertete in seiner Ansprache die öffentliche Kritik an der Truppe als „Prüfung“. Kopassus müsse mit öffentlicher Kritik umzugehen lernen, die Kritik dürfe aber nicht dazu führen, die Rolle der TNI zu schwächen. Deshalb rief er die gesamte Gesellschaft zur Einheit als der zur Zeit höchsten Priorität auf. Kopassus solle sich intern konsolidieren, damit die Truppe „wieder von der Gesellschaft akzeptiert … und geliebt wird.“ (Suara Pembaruan OL, 17.4., Jakarta Post OL, 18.4.). Der Kommandeur der Kopassus, Generalmajor Syahrir MS, erklärte, es gäbe noch keine konkreten Pläne zur Reduzierung der Personalstärke seines Verbandes. Die Heeresführung prüfe entsprechende Pläne, jedoch lägen noch keine konkreten Pläne oder Befehle vor (Kompas OL, 18.4.)

Thema: Heer, Militärrecht und Territorialstruktur

Das Korem 164 / Wira Dharma wurde am 30. März mit einem militärischen Zeremoniell in Kupang, Westtimor, vom Kommandeur des Wehrbereiches IX, Kiki Syahnakri, aufgelöst. Korem 164 war während der indonesischen Besatzung das auf Osttimor ansässige Korem und dem Wehrbreich IX (Udayana) unterstellt. Das Korem war nach dem Abzug der indonesischen Truppen aus Osttimor im Oktober 1999 nach Flores verlegt worden. Gemeinsam mit Korem 164 wurde auch das Infanteriebataillon (Yonif) 745 (Sampada Yudha Bhakti) aufgelöst, sein Personal wird auf andere Einheiten des Kodam IX verteilt werden. Yonif 744 (Satya Yudha Bhakti) bleibt bestehen und wird in Westtimor stationiert bleiben (Kompas OL, 30.3., Media Indonesia, 31.3., NTT Ekspres 1.4. und 31.3., TNI Watch!, 31.3.)

In einem Schritt zur Reform des Militärrechts wird die TNI im Jahresverlauf besondere Tribunale zur Behandlung von Fällen zwischen Mannschaften und ihren Vorgesetzten einrichten. Der stellvertretende Stabschef der TNI, General Fachrul Razi, erklärte die Maßnahme als einen Schritt zur Vervollständigung des seit dreißig Jahren bestehenden Militärstrafrechts. Sie soll die Rechte und Pflichten der Militärangehörigen präzisieren. Dazu gehört die Klärung, welche Befehle ein Untergebener nicht auszuführen braucht, ohne militärstrafrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen. Razi erklärte auf Journalistenfragen, ein Befehl zur Entführung und Mord wäre ein solcher Fall, den ein Soldat nicht auszuführen brauche. „Falls sie (die Untergebenen) solche Befehle ausführten, wären sie der Strafverfolgung ausgesetzt, und nicht ihre Kommandeure oder Vorgesetzten. Denn sie Untergebenen wissen bereits, dass Entführung und Mord schwerwiegende Verbrechen darstellen.“ (Jakarta Post OL, 29.4.)

Das Heer beabsichtigt eine langfristige Neustrukturierung der territorialen Präsenz des Heeres. Wie Heeresstabschef Tyasno Sudarto der Presse bekanntgab, sollen in einem ersten Schritt die beiden untersten Ebenen der Heeresstruktur, Babinsa und Koramil, abgeschafft werden. In einem Pilotprojekt werden in Surabaya, das dem Wehrbereich Brawijaya, Ostjava, untersteht, und im Kodam Jaya (Großjakarta) die Mannschaften, Unteroffiziere und Offiziere der Babinsa und Koramil in ihre übergeordneten Einheiten, den Koramil, zurückgerufen. Ein entsprechender Befehl des Heeresstabschefs wird in Kürze erwartet. Nach der Auswertung des Testlaufes wird die Heeresführung die Abschaffung der beiden Ebenen der Heerespräsenz überlegen. Tyasno schränkte ein, dass die geplante Reduzierung nicht die ländlichen Gebiete Indonesiens betreffe. Dort würden die Koramil und Babinsa weiterhin benötigt. (Suara Merdeka, 29.4., Kompas OL, 27.4.)

(Anm: die territoriale Heeresstruktur besteht aus fünf Ebenen. Dem Wehrbereich (Kodam) folgen das Bezirkskommando (Korem), das Distriktkommando (Kodim), das Unterdistriktkommando (Koramil) und der Bintara Pembina Desa (Babinsa), der „Dorfführung-Unteroffizier“. Dabei handelt es sich um einen Unteroffizier mit einem Zug Soldaten. Nach Zahlen aus den achtziger Jahren gibt es landesweit ca. 3200 Koramil und 15.500 Babinsa. Der geplante Testlauf wird nur die ohnehin militärisch dicht „versorgten“ Stadtgebiete betreffen – Jakarta allein besitzt alle fünf Heeresebenen, zu denen sich die vier Polizeiterritorialebenen, die Kontingente der mobilen Verbände von Heer, Marine und Luftwaffe zuzüglich die Mitarbeiter der verschiedenen staatlichen und militärischen Nachrichtendienste gesellen – und nicht sehr ins Gewicht fallen. Die Hauptpräsenz beider Ebenen sind die ländlichen Räume, die von der Reduktion nicht betroffen sein werden.

Thema: General Wiranto

Nach Auskunft des Verteidigungsministers Sudarsono ist General Wiranto am 31. März aus den Streitkräften ausgeschieden. Sein vorzeitige Pensionierung wurde von Präsident Wahid ausgesprochen. Das Pensionsalter indonesischer Offiziere beträgt 55 Jahre, Wiranto ist derzeit 53 Jahre alt (AFP, 19.4., Media Indonesia, 20.4.). Präsident Wahid schloss eine spätere Rückkehr Wirantos in sein Kabinett aus (Reuters, 24.4.). Außenminister Alwi Shihab bestätigte die Möglichkeit der Ernennung Wirantos zum Botschafter der Republik Indonesien. Ein Botschafterposten sei Wiranto bereits angetragen worden, jedoch sei eine Berufung zur Zeit noch voreilig (Tempo Interaktif, 25.4.).

Thema: Anklage gegen General Johnny Lumintang

Wegen der Gräueltaten der indonesischen Armee in Osttimor haben zwei US-Menschenrechtsorganisationen den indonesischen General Johnny Lumintang vor einem Distriktgericht in den USA verklagt. Lumintang, zur Zeit der Leiter der obersten Führungsakademie der indonesischen Streitkräfte (Lemhanas), befand sich zu jener Zeit in Washington und erhielt die Klageschrift am Flughafen ausgehändigt. Die Klage erfolgte im Namen von sieben osttimoresischen Opfern indonesischer Militärgewalt. Grundlage der Klage ist ein Telegramm Lumintangs, damals der stellvertretende Heeresstabschef, vom 5. Mai 1999 an den Kommandeur des Wehrbereichs Udayana, mit dem Befehl gegen die Anhänger der Unabhängigkeitsbestrebungen Osttimors mit aller Härte vorzugehen (Jakarta Post OL, 1.4.). Die Klage gegen Lumintang wurde bedauert vom indonesischen Außenminister Alwi Shihab (Suara Pembaruan OL, 1.4.), dem Leiter der Rechtsabteilung der TNI (Suara Pembaruan OL, 3.4.), dem Heeresstabschef (Antara, 3.4.), dem Botschafter der USA im Namen seiner Regierung (Jakarta Post, 5.4.), noch einmal vom Außenminister (Suara Pembaruan OL, 5.4.). Die Klageschrift sei bislang weder Lumintang noch dem indonesischen Militärattaché in Washington zugestellt worden (Suara Pembaruan OL, 5.4.).

Thema: Luftwaffe

Die Luftwaffe erwarte die zweite Lieferung von zweisitzigen Hawk 100 und einsitzigen Hawk 200 Jagdbombern aus Großbritannien gegen Ende April, erklärte der Chef des Luftwaffenstabes, Marschall Hanafie Asnan. Die erste Lieferung von 24 Stück der britischen Hawk begann im Mai 1996 per Schiff und wurde im Januar 1997 abgeschlossen. Die Jagdbomber wurden auf dem Luftwaffenstützpunkt Pekanbaru, Riau, dem Stützpunkt des Luftwaffenschwadrons 12, stationiert. Die erwartete zweite Lieferung umfasst erneut 24 Einheiten oder zwei Schwadrone (Kompas OL, 8.4.). Eine Schwadron Hawk, so Hanafie, werde in kürze auf den Stützpunkt Supadio, Pontianak, Kalimantan, verlegt (Kompas OL, 13.4.)[Anm.: diese Meldung bezog sich offenbar auf die aus England erwarteten Hawk]. Dort waren sie zum erwarteten Zeitpunkt noch nicht aus England eingetroffen (Jawa Pos, 26.4.)[Anm: ab nun war von erwarteten sechs Hawk die Rede]. Die Lieferung wurde in einer späteren Meldung (Jakarta Post, 27.4.) nun für Ende Juni erwartet. Sie sollte ursprünglich im September 1999 ausgeliefert werden, wurde aber durch das EU-Waffenembargo im Zuge der Osttimor-Krise nicht ausgeführt. Die Auslieferung erfolge laut Antara per Container, und die Hawk würden am Bestimmungsort zusammengebaut. Anm.: der Hawk 100 ist ein zweisitziges Trainingsflugzeug, der Hawk 200 ein leichter Erdkampfbomber für den Einsatz gegen Bodenziele.

Der 54. Jahrestag der indonesischen Luftwaffe wurde am 9. April auf dem Flughafen Halim in Ostjakarta feierlich begangen. Der Befehlshaber der Streitkräfte, Admiral Widodo AS forderte in seiner Ansprache das Zusammenstehen aller Streitkräfte, um dem Bestreben der Gruppen entgegenzustehen, welche die TNI zu spalten gedächten. Die Luftwaffe müsse zur Sicherung der nationale Einheit die Fähigkeiten zur Erfassung des gesamten nationalen Luftraumes erwerben (Suara Pembaruan OL, 9.4., Indonesian Observer OL, 10.4.). Präsident Wahid bekräftigte die Notwendigkeit der Beherrschung der modernen Technologie durch das Luftwaffenpersonal (Suara Pembaruan OL, 8.4.).

Die indonesische Luftwaffe erwäge eine Kooperation mit der chinesischen Luftwaffe bei der Beschaffung und Wartung von Flugzeugen und Bewaffnung. Der Anlass dafür, so Hanafie Asnan, sei der von den USA behinderte Modernisierungsprozess der militärischen Ausrüstung der indonesischen Luftwaffe. Er sprach damit auf die Verknüpfung von Rüstungslieferungen und Fragen der Menschenrechte an (Indonesian Observer OL, 10.4.).

Drei Kampfflugzeuge vom Typ F-5 Tiger II vom Schwadron 14 des Stützpunktes Iswahyudi, Madiun (Ostjava) wurden an die Grenze zu Osttimor verlegt. Sie operieren vom Stützpunkt Kupang (Westtimor) mit dem Auftrag der Beobachtung und Verhinderung von Luftraumverletzungen durch Flugzeuge fremder Nationalität. Der Kommandeur des Luftwaffensektors II, Brigadegeneral Sibehapi, erklärte in Makassar, im Monat März habe die Luftwaffe 159 Luftraumverstöße im Grenzgebiet zu Osttimor feststellen können (Kompas OL, 14.4.).

Zwei Kampfjets vom Typ F-5 Tiger II haben fünf Flugzeuge der australischen Luftwaffe (RAAF) auf der Höhe der Insel Roti abgefangen. Die vier F-18 Hornet Kampfflugzeuge und ein Tankflugzeug befanden sich ohne Überflugerlaubnis auf dem Weg nach Singapur. Die indonesischen Jets geleiteten den Verband zu einem internationalen Luftkorridor, wo sie ihren Flug fortsetzten. Die australischen Flugzeuge waren unbewaffnet (Kompas OL, 29.4.).

Thema: Marine

Präsident Wahid forderte die Marine zur Beobachtung der nationalen Gewässer nach Unterseebooten aus Singapur auf. Nach ihm vorliegenden Informationen, so Wahid, besitze Singapur zur Zeit eine U-Boot-Flotte von zwei Schiffen, die auf sechs Einheiten aufgestockt werden soll. Seine Regierung habe für diese bereits U-Bootspassagen bereitgestellt und ersuche Singapur, diese zu beachten. „Falls sich (die U-Boote) außerhalb (dieser Passagen) aufhalten, werden wir den Mut haben müssen Maßnahmen zu ergreifen.“ (Kompas OL, 27.4., Jawa Pos OL, 26.4.)

Thema: Osttimor

Präsident Wahid wünscht den Rückzug der pro-indonesischen Milizen von der Grenze zu Osttimor. Bei einem Treffen mit dem UN-Administrator de Mello stimmte er militärischen Maßnahmen zur Grenzsicherheit zu und kündigte Gespräche mit dem Kommandeur des Wehrbereichs IX, Kiki Syahnakri, an. Syahnakri kündigte in Kupang die Stationierung eines zusätzlichen Bataillons in der Stärke von 700 Mann an der Grenze an (Indonesian Observer, 31.3.).

Die indonesischen Streitkräfte, vertreten durch den Kommandeur des Wehrbereichs IX/Udayana, Kiki Syahnakri, und die UN-Friedenssicherungskräfte in Osttimor, vertreten durch ihren Kommandeur Jaime de Los Santos, unterzeichneten am 11. April in Dili ein gemeinsames Abkommen (Memorandum of Understanding) über die Sicherheit der Grenze zwischen West- und Osttimor. Beide Seiten verpflichten sich zu Maßnahmen der Zusammenarbeit zur Sicherung des Grenzgebietes und zur Rückführung der osttimoresischen Flüchtlinge, die sich noch in Lagern in Westtimor aufhalten. Das Abkommen besitzt keinen Gesetzescharakter und betrifft noch nicht den Grenzverlauf, bestimmt jedoch gemeinsame geographische Koordinaten und grundlegendes Kartenmaterial im Maßstab 1:25.000 für eine vorläufig vereinbarte Verständigung über den Grenzverlauf. Beide Seiten bekennen sich zu ihrer Verantwortung zur Sicherheit im Grenzgebiet in ihren jeweiligen geographischen Gebieten. Militärisch relevante Grenzzwischenfälle sollen durch kurze Wege der Kommunikation und den Austausch von Informationen auf der geringst möglichen Kommandoebene verhandelt und gelöst werden. Das betrifft auf indonesischer Seite das Korem 161, und den Westbezirk Osttimor auf Seite der Friedenstruppen. Für die Region Oecussi vereinbarten das dort stationierte königlich-jordanische Bataillon und das Kodim 1618 der TNI den Aufbau von Kommunikationswegen. (Kompas OL, 19.4., und 12.4.) Der kartografische Dienst des Heeres (Dittopad) wird im beginnenden Haushaltsjahr mit der Kartografierung des Grenzgebietes zu Osttimor beginnen (Kompas OL, 28.4.)

Die Rückführung von ehemaligen osttimoresischen Angehörigen der indonesischen Streitkräfte in ihre Heimatorte in Osttimor verläuft nach Angaben des Hochkommissars für Flüchtlingsfragen der UN reibungslos. Bislang seien 500 ehemalige TNI-Angehörige rückgeführt worden (AFP, 4.4.). Die UN begrüßt Maßnahmen der indonesischen Streitkräfte, die sich in Lagern in Westtimor aufhaltenden ehemaligen osttimoresische TNI-Angehörige zur Umsiedlung in andere Landesteile aufzufordern (AFP, 28.4.).

Präsident Wahid schlug Dreiseitengespräche zwischen Indonesien, Australien und Osttimor zur Behebung der gespannten Beziehungen und zur Schaffung von regionaler Stabilität vor (Jakarta Post OL, 29.4.)


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