gemeinsamePresseerklaerung

Französischen Journalisten und einheimischem Anführer droht Strafverfolgung in Papua

19. Oktober 2014

Eilaktion


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Demoaktion vor der indonesischen Botschaft in Berlin

Foto: Asriana Sri Adhiati

Das West Papua Netzwerk und Watch Indonesia! in Zusammenarbeit mit der Internationalen Koalition für Papua (ICP) möchten mit diesem Schreiben über die in Westpapua laufenden strafrechtlichen Ermittlungen gegen die beiden französischen Journalisten Thomas Dandois und Valentine Bourrat informieren. Ihnen wird vorgeworfen, nach dem indonesischen Strafgesetzbuch Hochverrat begangen und gegen das Einwanderungsgesetz verstoßen zu haben. Neben den beiden Journalisten hat die Polizei auch eine Untersuchung gegen Areki Wanimbo, einem einheimischen Anführer aus der Provinz Lani, der mit den beiden Journalisten zusammentraf, eingeleitet. Ebenso wurde der Menschenrechtsverteidiger Theo Hesegem, welcher mit den beiden Journalisten gesehen wurde, von der Polizei vorgeladen.

Im Konflikt um Westpapua gehören Menschenrechtsverletzungen zur Tagesordnung. Die indonesische Regierung unterbindet daher die Arbeit von ausländischen Medien in Papua, indem sie nur jenen Journalisten Zugang gestattet, die eine spezielle offizielle Erlaubnis haben, die Insel zu besuchen. Eine solche Genehmigung ist für den Besuch auf anderen Inseln Indonesiens hingegen nicht erforderlich.

Im Mai 2013 forderte die hohe Kommissarin der UN für Menschenrechte, Navi Pillay, die indonesische Regierung dazu auf, internationalen Journalisten und UN-Vertretern Zugang zu Papua zu gewähren. Bereits zwei Jahre zuvor, im Jahr 2012, wurde von der UN-Universal Periodic Review eine ähnliche Empfehlung an die indonesische Regierung abgegeben.

In Übereinstimmung mit internationalen Menschenrechtsstandards und den Forderungen der internationalen Gemeinschaft sind wir der Ansicht, dass die Beschränkung der Reisefreiheit für internationale Journalisten und Vertreter internationaler Organisationen nach Papua aufgehoben werden muss. Wir glauben, dass Einreiseverbote wie auch Verhaftungen von Journalisten und Anführern der Westpapuas die Freiheit der Meinungsäußerung, an die sich Indonesien nach eigener Einschätzung hält, in erheblichem Maße verletzt.

Wir bitten Sie daher, die zuständigen indonesischen Behörden dazu aufzufordern, die Vorwürfe gegen Herrn Dandois, Frau Bourrat und Herrn Wanimbo fallen zu lassen. Aktivisten sollten frei sein von Einschüchterung, so dass ihre Menschenrechtsarbeit nicht behindert wird. Bitte helfen Sie mit, internationalen Journalisten und Institutionen den Zugang zu Papua zu gewähren.

Tathergang

Dandois und Bourrat erreichten Westpapua am 5. August 2014 mit einem Touristenvisum. Die beiden französischen Journalisten sammelten Informationen zur Menschenrechtslage in Papua für einen Dokumentarfilm des TV Senders Arte. Sie besuchten in Lani das Haus von Herrn Wanimbo, einem indigenen Anführer der Papua, um Details über den Konflikt zwischen den indonesischen Sicherheitskräften und der Nationalen Befreiungsarmee von West Papua (Tentara Pembebasan Nasional Papua Barat, TPNPB) zu erfahren.

Auf ihrem Weg zurück ins Hotel wurden die beiden Journalisten von zwei Menschenrechtsverteidigern aus Papua, Hesegem und Logo, begleitet.

Hesegem, der Bourrat auf seinem Motorrad mitnahm, wurde jedoch von drei bisher nicht identifizierten Polizeibeamten der Kreispolizei Jayawijaya verfolgt und schließlich gestoppt. Berichten zufolge informierte einer der Beamten via Telefon den Chef der Bezirkspolizei Jayawijaya über diesen Zwischenfall.

Hesegem durfte seine Fahrt mit Frau Bourrat zwar fortsetzen, die Journalistin wurde später im Hotel aber festgenommen. Parallel dazu wurden auch Dandois und Logo verhaftet und zur Bezirkspolizeistation Jayawijaya gebracht. Nach der Verhaftung von Logo und den beiden Journalisten nahm die Polizei dann auch Wanimbo zusammen mit zwei anderen Papuas, Deni Dow und Jornus Wenda, vor dessen Haus in Gewahrsam. Sie wurden zum Verhör ebenfalls zur Bezirkspolizeistation Jayawijaya gebracht.

Die Journalisten und die Papuas mussten sich einem 24 Stunden andauernden Verhör unterziehen, ohne dass ihnen dabei ein legaler Rechtsbeistand zur Seite gestellt wurde.

Am 7. August 2014 wurden Logo, Dow und Jornus Wenda ohne Anklage freigelassen, während man Dandois und Bourrat zu weiteren Verhören zur Regionalpolizei Papuas brachte. Ihnen wird der Missbrauch ihrer Einreisegenehmigung vorgeworfen, der gemäß Artikel 122 des Einwanderungsgesetzes (Gesetz Nr. 6 2011) mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren und einer Geldbuße von 500 Millionen IDR (ca. 32.160,- €) bestraft wird. Berichten zufolge wird den beiden Journalisten auch der Versuch des Verrates nach den Artikeln 106 und 110 in Verbindung mit Artikel 53 des Strafgesetzbuches wegen angeblicher Bereitstellung von Munition für die TPNPB angelastet.

Hinsichtlich seiner Treffen mit den Journalisten wirft man Herrn Wanimbo Komplizenschaft beim Missbrauch einer Einreisegenehmigung vor. Zudem sieht er sich genau wie die beiden Journalisten dem Verdacht des Verratsversuchs nach den Artikeln 106 und 110 in Verbindung mit Artikel 53 des Strafgesetzbuches wegen Bereitstellung von Munition für die TPNPB ausgesetzt. Die Vorwürfe basieren auf einer Spendensammlung von Wanimbo, mit denen er den Beitritt Westpapuas zur Melanesian Spearhead Group (MSG) forcieren wollte.

Herr Wanimbo wird derzeit auf der Bezirkspolizeidirektion von Jayawijaya festgehalten, Dandois und Bourrat stehen hingegen bei der Regionalpolizei von Papua unter Arrest.

Relevante Informationen

Internationale Journalisten, die beruflich nach Papua reisen wollen, müssen beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten Indonesiens eine spezielle Genehmigung beantragen. Außenminister Marty Natalegawa hatte erklärt, dass diese Genehmigung nur benötigt würde, um die Sicherheit der Journalisten gewährleisten zu können, da die Situation in Papua instabil sei.

Laut Victor Mambor, Vorsitzender der Allianz Unabhängiger Journalisten (Aliansi Jurnalis Independen, AJI) in Papua, sind diese Genehmigungen sehr schwer zu bekommen. Der Antragsprozess kann bis zu drei Monate dauern. In den Fällen, in denen eine Genehmigung erteilt worden war, wurden die Journalisten bei ihrer Arbeit in Papua von indonesischen Regierungsbeamten begleitet.

Vier niederländische Journalisten wurden 2009 verhaftet und für 12 Stunden festgehalten, weil sie über eine Demonstration in Jayapura berichtet hatten.

Indonesien ist Mitgliedstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), welcher das Recht auf Meinungsäußerung gewährleistet. Artikel 19 (3) besagt zwar, dass die Meinungsfreiheit in bestimmten Situationen beschränkt werden kann, jedoch hat der Menschenrechtsrat der UN in seinen Allgemeinen Anmerkungen 34 ausdrücklich festgehalten, dass es „im Normalfall nicht mit Artikel 3 vereinbar ist … das Einreisen von ausländischen Journalisten in den Mitgliedsstaat zu beschränken.“

Die indonesische Regierung ist wiederholt von internationalen Gremien und anderen UN Mitgliedsstaaten aufgefordert worden, die Beschränkungen bezüglich der Einreisen ausländischer Journalisten nach Westpapua aufzuheben. 2012 äußerte Frankreich bei der allgemeinen regelmäßigen Überprüfung der UN eine ausdrückliche Empfehlung an Indonesien, den „freien Zugang ausländischer Journalisten nach Papua und Westpapua zu gewährleisten“. Die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay, forderte ebenfalls 2012, dass ähnliche Maßnahmen ergriffen werden.

So können Sie helfen:

Schreiben Sie an die Behörden, die am Ende dieser Eilaktion aufgelistet sind und bitten Sie sie, die folgenden Maßnahmen zu ergreifen:

1. Die Vorwürfe gegen Herrn Dandois, Frau Bourrat und Herrn Wanimbo fallen zu lassen.

2. Zu gewährleisten, dass jegliche Aktivisten und Menschenrechtsverteidiger, die die Journalisten unterstützen, keinerlei Einschüchterungen und rechtliche Bedrohungen erleben.

3. Im Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards freien Zugang für internationale Journalisten und Institutionen, die journalistische Tätigkeiten oder Menschenrechtsarbeit leisten, zu ermöglichen.
 

Adressaten der Eilaktion:

Mr. Marty Natalegawa
Außenminister Indonesiens
Jl. Pejambon No. 6
Jakarta Pusat 10110
INDONESIA

Telp: +62 21 344 1508
Fax: +62 21 280 551
infomed@deplu.go.id

 
Gen. Sutarman
Präsident der Nationalpolizei Indonesiens
Jl. Trunojoyo No. 3 Kebayoran Baru
Jakarta Selatan 12110
INDONESIA

Tel: +62 21 523 4240, 384 8537
Fax: +62 21 720 7277
humas.pmj@gmail.com

 
Mr. Yotje Mende
Polizeichef der Regionalpolizei in Papua
Jl. Samratulangi No. 8 Jayapura
INDONESIA

Tel: +62 967 531 014
Fax: +62 967 533 763

 
Ms. Harkristuti Harkrisnowo
Generaldirektor für Menschenrechte
Ministerium für Recht und Menschenrechte
Gedung Direktorat Jenderal Hak Asasi Manusia
Jl. HR Rasuna Said Kav 4-5
Kuningan, Jakarta Selatan
INDONESIA

Telp: +62 21 252 1344
Fax: +62 21 4555 55676
info@ham.go.id

 
Mr. Hafid Abbas
Nationale Menschenrechtskommission
Jl. Latuharhary No. 4-B
Jakarta 10310
INDONESIA

Tel: +62 21 392 5230
Fax: +62 21 392 5227


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