„Justice for Munir, Justice for all“

KITA 2+3/2010, Deutsch-Indonesische Gesellschaft Köln

 V-EZ-Veranstaltung zur Menschenrechtssituation in Indonesien

Dr. Werner Würtele (V-EZ Entwicklungspolitik) und Nadine Schick (Praktikantin)

kitaIndonesien gilt im asiatischen Raum als eine der progressivsten Nationen, wenn es um Menschenrechte geht. Seit 1998 sind die Militärs wieder in den Kasernen, die Presse ist relativ frei und Demonstrationen werden auf der Hauptinsel nicht gleich niedergeknüppelt. Zum Auftakt der Veranstaltung bei InWEnt am 20. September verlas Karl Mertes, Präsident der Deutsch-Indonesischen Gesellschaft, Co-Veranstalter und Moderator des Abends eine Mail auf Bitten der indonesischen Botschaft. In dieser wurde auf die von Indonesien unterzeichneten Menschenrechtsabkommen hingewiesen.

Anspruch und Wirklichkeit können indessen auch in diesem Land weit auseinander klaffen. Sich für Menschenrechte und gegen Korruption einzusetzen, ist in Indonesien immer noch lebensgefährlich, wie der Fall Munir zeigt. Munir Said Thalib war engagierter Menschenrechtler und als solcher Empfänger des Alternativen Nobelpreises 2000. Sein Engagement für Menschenrechte bezahlte er im September 2004 mit dem Leben. Er wurde auf einem Flug von Indonesien nach Holland vergiftet. Die Verantwortlichen für die Ermordung Munirs wurden bis heute nicht verurteilt. Die Witwe Munirs und Menschenrechtsaktivistin, Frau Suciwati, bemüht sich nun schon seit sechs Jahren um die Aufklärung des Mordes an ihrem Mann. Zusammen mit weiteren 80 Alternativen Nobelpreisträgem war Frau Suciwati Ende September nach Bonn gekommen. Die Einladung nutzte sie, um erneut auf den noch immer ungeklärten Fall ihres Mannes hinzuweisen und um Unterstützung zu bitten. In ihrem Vortrag bei InWEnt zitierte eingangs sie den indonesischen Präsidenten. Dieser hatte selbst einmal betont, dass der Fall Munir ein „test of our history“ sei. Blickt man jedoch auf den Verlauf des Prozesses, so werden die wahren Machtverhältnisse im Lande schlagartig klar. Frau Suciwatis Hauptkritik bezieht sich entsprechend auf Unregelmäßigkeiten im Prozess gegen die mutmaßlichen Mörder ihres Mannes, die mangelnde Professionalität der Richter, Staatsanwaltschaft und Polizei, Straflosigkeit und mangelnde Anstrengungen, die Wahrheit ans Tageslicht zu befördern. Frau Suciwati hofft auf internationalen Druck, insbesondere seitens des Europäischen Parlaments, das sie am nachfolgenden Tag auf die Veranstaltung besuchen wollte. Alex Flor, Direktor von Watch Indonesia! „widersprach“ in der Debatte Frau Suciwati und bescheinigte den Verantwortlichen ein durchaus hohes Maß an Professionalität und Berechnung, allerdings wenn es darum geht, Vergehen gegen die Menschenrechte zu vertuschen. Mutmaßliche Mörder bleiben dank Beziehungen zu den real Machthabenden straffrei.

In der weiteren Diskussion stand die Frage im Mittelpunkt, was wir von außen zur Verbesserung der Menschenrechtssituation in Ländern des Südens beitragen können. Was hätte z. B. die deutsche EZ zur Qualifizierung und Professionalisierung des Justizpersonals zu bieten? Was ggf. die politischen Stiftungen und andere Nichtregierungsorganisationen? Podiumsteilnehmerin Kristina Neubauer vom West Papua Netzwerk Wuppertal und ehemalige EED und Peace Brigade International Fachkraft in Papua, empfahl die Netzwerkbildung innerhalb der indonesischen NGOs zu verstärken und eine Absicherung durch internationale Kontakte und Unterstützung. Kolleginnen der Deutschen Welle planen eine Radioreportage über die Veranstaltung. Der Fall Munir gehört zu den bekanntesten Kriminalfällen Indonesiens in neuerer Zeit. Die Verurteilung der Verantwortlichen wäre ein Meilenstein im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen. In Indonesien bedarf es ungeheuren Mutes, um gegen die Straflosigkeit anzugehen. Diesen Mut wünschten die rund 40 Teilnehmenden der Veranstaltung der Witwe Munirs auch weiterhin. Und vor allem, dass wir Frau Suciwati in Jahresfrist wieder wohlbehalten begrüßen dürfen, um dann die frohe Botschaft verkünden zu können: „Munir ist Gerechtigkeit widerfahren!“


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