Zeitschrift SUARA

Angesagt – aus der Arbeit von Watch Indonesia!

SUARA Nr. 1/2011

Angesagt, Nr. 5, Januar – April 2011

 

AG Wald Seminar am 08. Februar 2011

»Papier« war das Thema des Jahrestreffens der Arbeitsgemeinschaft Wald in den Räumen der Deutschen Umwelthilfe in Berlin, an dem für Watch Indonesia! Marianne Klute und Stefanie Hess teilnahmen. Überall auf der Welt verschwinden Wälder für den hohen Verbrauch an Papier. Als Beispiel für die Länder des Nordens stellte Rudolf Fenner von Robin Wood in seinem Beitrag »Wo unser Papier wächst« die schwedische Kahlschlagpraxis vor. Die Regenwaldzerstörung im Süden demonstrierte Corinna Hölzel von Greenpeace am Beispiel des Konzerns Sinar Mas, der global wichtige Torfwälder auf Sumatra vernichtet. Die immensen Expansionspläne des Konzerns nach Kalimantan und Papua lassen für die Zukunft nichts Gutes erwarten. Frau Hölzel stellte die Greenpeace-Studie »How Sinar Mas is pulping the planet« vor, in der im Detail auf den Bukit Tigapuluh Nationalpark und die Kerumutan Torfwälder auf der Halbinsel Kampar in der Provinz Riau, Sumatra, eingegangen wird.

Plattform Nachhaltige Biomasse

30 Teilnehmer des Seminars diskutierten am 09. Februar in den Räumen der Deutschen Umwelthilfe in Berlin über die Kontroverse Energieholz und Nachhaltigkeit. Im deutschen Wald herrsche ein wahrer Holzrausch, wie Förster Peter Wohlleben kritisierte. Die Auswirkungen der exzessiven Nutzung der Holzreserven seien drastisch, doch in der Waldpolitik debattiere man nur über Mengen, nicht aber über Nachhaltigkeit. Die Böden seien ausgelaugt und durch schwere Maschinerie geschädigt. Er forderte eine sofortige radikale Energiewende. In der Diskussion über den Wert des Waldes stellte Stefanie Hess von Watch Indonesia! die Unterrichtseinheit »Menschen aller Länder vereinigt euch – Geld kann man weder atmen noch essen« vor, die 2010 für das 11. Berliner Entwicklungspolitische Bildungsprogramm konzipiert wurde.

Im Rahmen der Diskussion um eine NGO-Waldstrategie plädierte Helmut Klein, ehemaliger Waldreferent vom BUND, in seinem Beitrag für »Überzeugen statt Überreden«. Anschließend stellte die NGO Oroverde, die auch auf den Raja Ampat Inseln ein Projekt durchführt, zwei neue Klimaschutzprojekte in Guatemala vor, die REDD-Mechanismen (Reduced Emissions from Deforestation and Degradation) nutzen. Wolfgang Kuhlmann (ARA) informierte über den Stand der internationalen Klimaverhandlungen. Nur noch die EU wünsche ein Kyoto-Nachfolgeabkommen. Die Hoffnungen anderer Staaten, besonders denen mit Tropenwäldern, beruhten auf der Finanzierung des Walderhalts mittels REDD-Mechanismen. Ungenügend sei, dass REDD das Prinzip der freien und informierten Zustimmung (FPIC) nicht beinhalte, zum Nachteil der Indigenen und Waldbewohner. Auch sei ungeklärt, ob Plantagen als Wald definiert und somit in REDD-Projekte aufgenommen werden könnten. Zusammenfassend schloss Herr Kuhlmann, dass REDD keinen Beitrag zum Waldschutz liefern werde.

Zusätzlich werden Wälder durch neue Bergbauprojekte existentiell gefährdet, so Marianne Klute von Watch Indonesia!. Frau Klute stellte die indonesische Energie- und Bergbaupolitik vor, die besonders auf Indonesiens Osten abziele, wo bereits Dutzende von neuen Genehmigungen erteilt worden sind. Zum Abschluss sprach Martin Gössle von Pro Regenwald über das jüngst erlassene EU-Importverbot für illegales Holz, von dem eine Eindämmung des illegalen Holzeinschlags in Tropenländern erhofft wird.

Mahnwache für Glaubensfreiheit in Indonesien

Mahnwache am Brandenburger Tor

Foto: Monika Schlicher

Erschüttert von den Morden an Mitgliedern der Ahmadiyah und Angriffen auf Kirchen (s. Artikel in diesem Heft) schlossen sich in Berlin lebende Indonesierinnen und Indonesier zu einem Spontanbündnis zusammen. Unter dem Namen Indonesische Gesellschaft für Religionsfreiheit riefen sie zu einer Mahnwache am 15. Februar am Brandenburger Tor auf, an deren Vorbereitung und Durchführung sich Watch Indonesia! aktiv beteiligte. In Indonesiens Medien fand die Mahnwache ein gutes Echo. In Briefen an die Veranstalter begrüßten Vertreter deutscher und indonesischer Religionsgemeinschaften die Aktion.

Straflosigkeit beenden! Sitzung des UN-Sicherheitsrates zur Mission in Osttimor

Eine Koalition von Organisationen in Osttimor hat die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates aufgefordert, konkrete Maßnahmen zur Beendigung der Straflosigkeit für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die während der Besatzung durch Indonesien begangen wurden, zu ergreifen. Die anhaltende Straflosigkeit habe einen negativen Einfluss auf die Stabilität in Osttimor und sie unterläuft die Bemühungen der Vereinten Nationen, dort zu Rechtsstaatlichkeit und zur Stärkung des Sicherheitssektors beizutragen.

»Um die Straflosigkeit zu beenden, dürfen wir nicht fundamentale Prinzipien der Menschenrechte und des Rechts zu Gunsten der Diplomatie opfern«, kritisieren die zivilgesellschaftlichen Organisationen ihre politische Führung. Diese unterminiert den rechtlichen Prozess, indem sie gute Beziehungen mit Indonesien favorisiert. Das Schreiben wurde von mehr als 30 Organisationen weltweit, darunter Watch Indonesia!, unterstützt.

Der Sicherheitsrat war am 22. Februar zusammengetreten um über die UN-Mission in Osttimor zu beraten. Einstimmig sprachen sich die Staaten für eine einjährige Verlängerung der Mission aus. Erneut wurde in der Resolution auch die Notwendigkeit unterstrichen, die Unabhängigkeit der Justiz zu respektieren und gegen die Straflosigkeit vorzugehen. Die politische Führung in Osttimor wurde aufgefordert, ihre Bemühungen um Accountability für die schweren Menschenrechtsverbrechen zu verstärken.

Dies schließt auch die Verbrechen mit ein, die während der Krise 2006 begangen wurden, gemäß den Empfehlungen der Unabhängigen Untersuchungskommission. Im Sprachgebrauch geht diese Stellungnahme über die bisherigen nicht hinaus und dürfte auch weiterhin nicht die nennenswerte Beachtung der Regierung von Osttimor finden. Auffällig ist auch, dass die Verbrechen während der Besatzungszeit durch Indonesien in den Stellungnahmen der Länder zugunsten aktuellerer Ereignisse (Krise 2006, Disziplinarverfahren gegen Polizisten) immer mehr in den Hintergrund treten.

Deutschland unterstrich in seiner Stellungnahme die vom UN-Generalsekretär betonte Notwendigkeit, weiterhin alle Bemühungen zu unternehmen, auf allen Ebenen der Gesellschaft die Straflosigkeit zu bekämpfen und das öffentliche Vertrauen in das Justizwesen zu stärken. Im Vorfeld der Sitzung des Sicherheitsrates hatten Henri Myrttinen und Monika Schlicher sich im Auswärtigen Amt dafür stark gemacht und die Analysen von Watch Indonesia! zur aktuellen Lage in Osttimor, zur UN-Mission und der Sicherheitssektorreform eingebracht.

In der Resolution des Sicherheitsrates wurde der National Consensus Dialog on Truth, Justice and Reconciliation, der im Oktober 2010 in Dili mit Regierungsund Parteienvertretern sowie Experten aus der Zivilgesellschaft stattfand, positiv hervorgehoben. Ebenfalls begrüßt wurde der im September 2010 erfolgte Beginn der Beratungen durch das Nationale Parlament zur Verabschiedung von Gesetzen zu Reparationen und zur Einrichtung eines Follow-up Instituts (Instituto da Memória) der Nationalen Wahrheits- und Versöhnungskommission sowie der bilateralen Freundschaftskommission zwischen Indonesien und Osttimor. Keinen Niederschlag hingegen fand in der Resolution die einzig von der Europäischen Union zum Ausdruck gebrachte Besorgnis über die eine Woche zuvor gefällte Entscheidung des Parlaments von Osttimor, die Debatte über diese Gesetzesvorlagen auf unbestimmte Zeit zu vertagen. »Versöhnung ist eine wichtige Vorbedingungen für anhaltende Stabilität und ein grundlegendes Interesse der Menschen in Osttimor«, heißt es in der Stellungnahme der EU. Das Parlament möge schnellstmöglich die Überlegungen wieder aufzunehmen und weitere Schritte zur Umsetzung der Empfehlungen der Wahrheitskommission einleiten.

BMZ-Ländergespräch Timor-Leste / Osttimor

Zum alljährlichen Austausch mit Vertretern von Ministerien, Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit und NGOs im Vorfeld der Konsultationen mit der Regierung von Timor-Leste im März 2011 hatte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) am 22. Februar nach Bonn eingeladen. Melanie Moltmann, Länderreferentin für Timor-Leste im Auswärtigen Amt, umriss die politische Situation. Die Lage in Osttimor sei ruhig und stabil, dennoch bestehe viel Konfliktpotential, u.a. durch soziale Gräben. Korruption behindere die Entwicklung des Landes und die Justiz sei schwach. Das Land bemühe sich um den Ausbau der Kooperation mit Indonesien, die Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen habe dabei aber noch keinen Eingang gefunden. Zu erwarten sei die Verlängerung der UN-Mission bis Ende 2012.

Dr. Josef Füllenbach, Leiter des Referats Südostasien und Volker Sowade, Länderbearbeiter Timor-Leste gaben einen Überblick zur bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit den Schwerpunkten Förderung der ländlichen Entwicklung und des maritimen Transports, Krisenprävention und Konfliktbearbeitung und trilaterale Kooperation mit Indonesien. Ein grundlegendes Problem sei der Mangel an Kapazitäten in Osttimor, die die Schwäche der öffentlichen Verwaltungen bedingen. Auch die Zivilgesellschaft sei noch eher schwach und wenig organisiert.

Anschließend wurde mit den Teilnehmern des Ländergespräches, an dem für Watch Indonesia! Henri Myrttinen und Monika Schlicher teilnahmen, die Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit erörtert. Den BMZ-Vertretern wurde mit auf den Weg gegeben, sich bei ihren politischen Gesprächen in Dili für ein Institut des Erinnerns und für die Verabschiedung eines Gesetzes zu Reparationen einzusetzen. Das Institut soll u.a. die Aufgabe haben, die Empfehlungen der Wahrheitskommission, deren Arbeit vom BMZ finanziell unterstützt wurde, umzusetzen. Das Parlament von Osttimor hatte am 14. Februar Beratungen hierzu auf unbestimmte Zeit vertagt. Frau Moltmann fügte hinzu, dass das Auswärtige Amt, wie auch die EU und andere Geber die Einrichtung des Instituts unterstützen und über die Entscheidung des Parlamentes sehr unglücklich seien.

Vortrag beim Norwegian Centre for Human Rights

Henri Myrttinen war vom Norwegian Centre for Human Rights (NCHR) eingeladen, am 28. März 2011 an der Universität Oslo einen Vortrag zur Lage in Papua und Westpapua zu halten. Neben einer Analyse der aktuellen politischen Lage waren Einschätzungen zu Religionsfreiheit und den Auswirkungen der Sicherheitssektorreform gefragt. Der Vortrag diente als Hintergrundinformation für den Menschenrechtsdialog zwischen der norwegischen und indonesischen Regierung. An der Veranstaltung nahmen neben Vertretern des NCHR auch Vertreter der norwegischen Regierung und norwegischer NGOs teil. In der anschließenden Diskussion ging es vor allem darum, ein besseres Verständnis für die politischen Dynamiken in Papua und Westpapua zu finden sowie um die praktischen Erfahrungen der norwegischen Seite aus dem bisherigen Dialogprozess. Dieser konzentriert sich derzeit auf zwei thematische Schwerpunkte: die Religionsfreiheit und die Sicherheitssektorreform.

Papua: Wälder, Menschen, Ausverkauf

Die Expertin für Entwicklungspolitik Carole Reckinger und Marianne Klute von Watch Indonesia! entführten die Teilnehmer der Veranstaltung in St. Ingbert am 01. April und in Saarbrücken am 02. April in eine ferne Welt, nach Papua. Carole Reckinger zeigte anhand ihrer Fotos, die bei einem einjährigen Aufenthalt im Hochland von Papua entstanden, wie die Menschen, gestern noch im Steinzeitalter, heute angesichts gigantischer Veränderungen ums Überleben kämpfen. Internationale Konzerne und indonesische Migranten drängen nach Papua, auf der Suche nach Ressourcen. Marianne Klute referierte zum Thema »Wald«. Der Wald Papuas sei zur »letzten Front« der Holzmafia verkommen, denn nur hier gibt es noch intakte Tropenwälder in Südostasien. Innerhalb des letzten Jahrzehnts hat Papua große Waldflächen eingebüßt, Tausende Hektar Wald wurden kahlgeschlagen, um Platz für Monokulturen zu schaffen. Eine neue Bedrohung für die Wälder Papuas ist der globale Bedarf an Energie und Nahrung. Indonesien unternimmt auf Kosten von Mensch und Natur weit reichende Anstrengungen, seine führende Rolle auf dem Palmölmarkt weiter auszubauen und neue Anbauflächen für Reis zu erschließen. Wir sind Augenzeugen einer dramatischen Zerstörung, so Frau Klute. Darauf entspann sich in St. Ingbert eine Diskussion um Handlungsmöglichkeiten, während sich die Besucher der Veranstaltung in Saarbrücken auf den deutschen Verbrauch von Palmöl konzentrierten.

Zwei Studentinnen aus Papua untermalten die Veranstaltung in Saarbrücken mit Liedern in verschiedenen Papua-Sprachen. Eine kleine Ausstellung von Fotos der beiden Referentinnen bereicherte das Programm. Mitveranstalter waren die Bürgerinitiative »Kein Strom aus Palmöl!«, Attac Saar, sowie der Weltladen St. Ingbert. <>


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