gemeinsamePresseerklaerung

Erhebt die Stimme für Osttimor

02. Dezember 1997

Nichtregierungsorganisationen rufen gemeinsam mit kirchlichen Werken zur Solidaritätsaktion für Osttimor auf und fordern von der Bundesregierung, keine Rüstungsexporte mehr nach Indonesien zu genehmigen.

07. Dezember 1997 – 22 Jahre völkerrechtswidrige Besetzung Osttimors durch Indonesien – 1 Jahr nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an Bischof Belo und José Ramos-Horta

BELO

Bischof Belo

Foto: Monika Schlicher

Um die Friedensnobelpreisträger und die Menschen in Osttimor in ihrem Bestreben nach Gerechtigkeit und Freiheit zu unterstützen, rufen das Internationale Katholische Missionswerk missio, die Missionszentrale der Franziskaner und Gruppen der Indonesien-AG (Watch Indonesia!; Buko-Stoppt den Rüstungsexport; IMBAS – Initiative für die Menschenrechte in den ASEAN-Staaten; Kampagne Produzieren für das Leben – Rüstungsexporte stoppen; Ökumenische Arbeitsstelle für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung im Kirchenkreis Storman) am 7. Dezember zu einer solidarischen Aktion auf, die unter dem Motto „Erhebt die Stimme für Osttimor“ steht. Am 7. Dezember vor 22 Jahren ist Indonesien in Osttimor einmarschiert. Gemeinsam möchten wir die christlichen Gemeinden einladen, an diesem Tag, der in Osttimor für den Beginn einer langen Zeit von Unterdrückung und Unrecht steht, Weihnachtspostkarten an Bischof Belo zu schreiben. Sie sollen ihn wissen lassen, daß sie an die Menschen in Osttimor denken und für ihren Wunsch nach Selbstbestimmung beten. Des weiteren richtet sich die Aktion gegen deutsche Waffenlieferungen nach Indonesien. Die Bundesregierung wird aufgefordert, keine Rüstungsexporte nach Indonesien mehr zu genehmigen und sich stärker als bisher für eine friedliche und gerechte Lösung einzusetzen. Dazu haben wir eine Weihnachtspostkarte vorbereitet und ein Faltblatt. Mit Unterstützung verschiedener evangelischer und katholischer Organisationen wurde in den vergangenen Wochen auf die Aktion in den Kirchengemeinden aufmerksam gemacht. Bislang haben die Gemeinden 70.000 Postkarten und Faltblätter bestellt. Bis zum 17. Dezember sammeln wir die Postkarten und übermitteln sie dann zu Weihnachten Bischof Belo. Außerdem werden wir die Bundesregierung und die Bundestagsabgeordneten in einem offenen Brief über Anzahl und Inhalt der Schreiben in Kenntnis setzen und beides am 20. Dezember veröffentlichen. Mit der Verleihung des Friedensnobelpreises an Bischof Belo und den Politiker José Ramos-Horta stand Osttimor für kurze Zeit im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit. Die Menschen verbanden mit der Auszeichnung die Hoffnung auf eine baldige und friedliche Lösung des blutigen Konfliktes. Diese Hoffnung hat sich bislang nicht erfüllt. Im Gegenteil, die Situation in Osttimor hat sich, so Bischof Belo, sogar noch verschlechtert. Die indonesische Regierung hat zusätzliche Truppen stationiert. Erst am 14. November 1997 drang das Militär in die Universität von Dili ein und eröffnete das Feuer auf Studenten, 2 Tage nachdem sich die Studenten dort zu einer friedlichen Gedenkfeier für die Toten des Santa-Cruz Massakers vom 12.11.1991 versammelt hatten. Bischof Belo wirft dem Militär vor, mit unkalkulierbarer Brutalität vorzugehen. Nach einem Jahr zeigt sich: ein Friedensnobelpreis macht noch keinen Frieden. Aus der Perspektive der Bundesregierung ist Indonesien ein wirtschaftlich attraktives Land. Bei Staatsbesuchen werden Menschenrechstfragen allenfalls am Rande und ohne merkliche Konsequenzen angesprochen. Bei einem Treffen mit Bischof Belo Ende letzten Jahres sagte Bundeskanzler Helmut Kohl zu, sich für eine friedliche und gerechte Lösung in Osttimor einzusetzen. Früchte dieser Bemühungen sind aber bisher nicht zu erkennen. Unterdessen liefert die Bundesregierung weiterhin Waffen an Indonesien und und trägt somit zur Unterstützung der indonesischen Regierungspolitik bei. Alle Aufforderungen auch der Friedensnobelpreisträger, die Rüstungsgeschäfte mit der Suharto-Regierung vorerst einzustellen, wurden bislang übergangen. In London sagte Bischof Belo vor einigen Monaten: „Als Bischof von Osttimor, dessen Bevölkerung schrecklich unter den Einwirkungen von Waffen leidet, die in fernen Ländern gefertigt werden, appelliere ich an Großbritannien und all seine Verbündeten, deren Fabriken eine Vielzahl an Waffen herstellt, die zum Einsatz auf dem Land, zur See und in der Luft verkauft werden, sich der fruchtbaren Konsequenzen dieser sogenannten Verteidigungsindustrie bewußt zu sein. Ich bitte Sie inständig, schränken Sie die Bedingungen ein, unter denen der Handel mit solchen Waffen erlaubt ist.“ Mit ihrer Rüstungsexportpolitik setzt sich die Bundesregierung auch über zahlreiche Vereinbarungen der Westeuropäischen Union und des Europäischen Parlamentes hinweg. Danach sollen alle Mitgliedsstaaten ein unverzügliches Waffenembargo über Indonesien verhängen und militärische Abkommen aussetzen. Die Bundesregierung verweist auf den lediglich empfehlenden Charakter der Beschlüsse. Eigenen Angaben zufolge hat sie von 1986 bis 1996 insgesamt 680 Ausfuhrgenehmigungen nach Indonesien erteilt. Aktuell steht die Lieferung von 5 U-Booten und 15 Patrouillenbooten an. Nach den USA und Großbritannien ist Deutschland der drittgrößte Waffenlieferant für Indonesien. Die Menschen in Osttimor brauchen mehr als Glückwünsche zum Friedensnobelpreis: sie brauchen politisches Engagement, das die indonesische Regierung auf eine friedliche Lösung des blutigen Konfliktes drängt. Von einer gebührenden Berücksichtigung Osttimors ist die deutsche Außenpolitik noch weit entfernt. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihre Indonesienpolitik von Grund auf zu ändern und als einen ersten Schritt das Waffengeschäft zu stoppen.


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