Westliche Gnadenappelle stießen auf Unverständnis – Todesstrafe für drei christliche Indonesier wegen Aufwiegelung zu Unruhen

Deutsche Welle, 22. September 2006

Background von Ziphora Eka Robina (DW Indonesisch),- (O-Ton engl.)

deutsche-welleAnmoderation: Drei Indonesier christlichen Glaubens sind am Freitag morgen (22.9.) (Ortszeit) auf der indonesischen Insel Sulawesi hingerichtet worden. Die drei Bauern Fabianus Tibo, Domingus da Silva und Marinus Riwu waren für schuldig befunden worden, mit gezielten Morden die religiösen Unruhen zwischen Christen und Muslimen in Poso auf der indonesischen Insel Sulawesi vor sechs Jahren ausgelöst zu haben. Mehrmals konnte die Vollstreckung der Todesstrafe aufgeschoben werden, nicht zuletzt wegen zahlreicher Appelle und Gnadengesuche aus westlichen Ländern. Das große Interesse der westlichen Welt an der Verurteilung dreier Christen in Indonesien stößt bei vielen Indonesiern jedoch auf Unverständnis. Ziphora Eka Robina berichtet:

Das Todesurteil gegen drei Christen in dem mehrheitlich von Muslimen bewohnten Indonesien hatte eine Welle der Solidarität ausgelöst. Papst Benedikt XVI. richtete ein Gnadengesuch an den indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono. Auch deutsche Politiker, wie zum Beispiel Bundesbildungsministerin Annette Schavan, versuchten zumindest eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu bewirken. Ist dieses Engagement des Westens darauf zurückzuführen, dass es sich um Christen handelt? Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günther Nooke:

1. O-Ton Nooke:

„Die Frage ist doch nicht, ob wir uns für Glaubensbrüder – in Anführungszeichen – einsetzen, sondern die Frage ist, ob den Menschenrechten nachgekommen wird und ob die internationalen Standards wenigstens im Groben eingehalten werden. Und das, was in Indonesien passiert, ist Menschenrechtsverletzung pur, wenn es nicht einmal zu einem vernünftigen Verfahren kommt, geschweige denn, wenn sich dabei heraus stellt, dass das sogar noch Stellvertreterkämpfe sind und diese drei Christen eigentlich nur für andere dort den Kopf hinhalten sollen, die nicht ausfindig gemacht werden können oder sollen.“

Als „unfair und nicht internationalen Standards entsprechend“ – so bezeichneten internationale Menschenrechtsorganisationen das Verfahren gegen die drei Landarbeiter. Es wurde kritisiert, dass es nicht drei Einzelverfahren, sondern einen Prozess für drei Angeklagte gab. In diesem Sammelverfahren wurde pauschal ein Todesurteil verfügt. Außerdem sollen weitere Unstimmigkeiten aufgetaucht sein, zum Beispiel sollen entlastende Zeugen nicht gebührend zu Wort gekommen sein.

Für Alex Flor von der Menschenrechtsorganisation Watch Indonesia stellt sich außerdem die Frage, wie es überhaupt zur Anklage gegen die drei gekommen ist. Denn es wurden nur drei Christen aus Flores beschuldigt, und niemand von muslimischer Seite und auch keine einheimischen Christen aus Poso, dem Zentrum der Unruhen von vor sechs Jahren.

Hunderte Christen und Muslime kamen bei Unruhen auf der indonesischen Insel Sulawesi ums Leben. Das Bombenattentat auf Bali im Oktober 2002 tötete 202 Menschen, darunter auch viele Touristen. Warum kamen die Appelle und Gandengesuche nur für die verurteilten Christen, aber nicht für die Attentäter von Bali? Für Alex Flor von der Menschenrechtsorganisation Watch Indonesia sind dies Signale, die für die Indonesier schwer zu verstehen sind.

2. O-Ton Alex Flor:

„Es gibt andere, gute Gründe, warum man gegen die Vollstreckung dieser Todesstrafe sein kann, sein muss, aber es macht doch ein bisschen stutzig, dass sich die westliche Welt sehr stark auf diese drei Leute konzentriert, während weitere Hinrichtungen anstehen, nämlich im nächsten Monat die ersten drei verurteilten Attentäter von Bali, wobei man mit heimlicher Symphatie einiger westlicher Beobachter rechnen kann, was diese Hinrichtungen angeht.“

Hätte ein Aufschub oder gar eine Begnadigung für die drei verurteilten Christen eine Wende auch für die anderen kommenden Prozesse bedeuten können? Oliver Hendrich von Amnesty International:

3. O-Ton Hendrich:

„Nach aktuellen Informationen sitzen zur Zeit 90 Menschen im indonesischen Todestrakt, sollte jetzt in diesem einen Verfahren ein Hinrichtungsaufschub gewährt werden, glaube ich nicht, dass das auf andere Verfahren eine Auswirkung hätte. Wir würden es uns natürlich wünschen, wenn Indonesien sich dem internationalen Trend gegen die Todesstrafe anschließt und generell von dieser Praxis Abstand nimmt.“

Zwar gibt es auch in Indonesien Bestrebungen, die Todesstrafe abzuschaffen. Aber Experten der indonesischen Menschenrechtskommission schätzen, dass sowohl das indonesische Rechtssystem als auch die indonesische Bevölkerung dazu noch nicht bereit sind. <>


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