Zeitschrift SUARA

Angesagt – aus der Arbeit von Watch Indonesia!

Berlin, Dezember 2012

Suara Nr. 3/2012

Angesagt Nr. 10, Juli 2012 – Dezember 2012

 

Indonesientag der DIG Köln, 01. September 2012

Die Deutsch-Indonesische Gesellschaft Köln (DIG) stellte ihren diesjährigen Indonesientag unter das Motto »Islam«. Anspruch der Veranstalter war es, nicht nur »über« den Islam zu reden, sondern auch einer ausgewogenen Innenansicht indonesischer Muslime in Deutschland Raum zu geben. Auf dem Podium sprach Dr. Ingo Wandelt über historische Entwicklungen des Islam und die Kultur des Islam im heutigen Alltag Indonesiens. Ibrahim Omar gab einen sehr ausführlichen Abriss über das neue Selbstbewusstsein der indonesischen Muslime, seine Ursachen und Perspektiven. Dr. Media Zainul Bahrim nahm sich das Thema »TV-Prediger, die Massenmedien und der urbane Islam« vor und Alex Flor von Watch Indonesia! sprach über die Politisierung des Islam in Indonesien. Die Kürze der Zeit dieser sehr gut besuchten Veranstaltung bedingte leider, dass die Podiumsteilnehmer kaum miteinander ins Gespräch kamen, sondern vielmehr jeweils den an sie einzeln gerichteten zahlreichen Fragen aus dem Publikum antworteten. Eine Fortsetzung und Vertiefung der angesprochenen Themen in einem anderen Rahmen wurde daher von den Diskutanten und zahlreichen Leuten aus dem Publikum als wünschenswert erklärt.

Timor-Leste nach 10 Jahren Unabhängigkeit – stabil oder fragil?

Horta

José Ramos-Horta in Berlin

Foto: Thomas Ecke/GIZ

Nach zehn Jahren der staatlichen Unabhängigkeit wird die Friedensmission der Vereinten Nationen in Timor-Leste (UNMIT) das Land zum Jahresende 2012 verlassen. José Ramos-Horta, der ehemalige Präsident von Osttimor, zog bei der Veranstaltung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz) und der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) am 27. September 2012 in Berlin eine gemischte Bilanz. Der Abzug sei folgerichtig, denn Osttimor befinde sich auf einem guten Weg und es herrsche heute Frieden im Land. Politische Spannungen seinen fast nicht mehr existent. Die einstigen Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern der Unabhängigkeit seien überwunden. In der erfolgreichen Aussöhnung, sowohl intern wie auch mit Indonesien, sieht Friedensnobelpreisträger Horta das Wichtigste, was bisher erreicht wurde.

Sein Land übe sich in der Praxis der Demokratie, habe alle Menschenrechtspakte unterzeichnet und es gäbe eine sehr dynamische Medienlandschaft. Auf der anderen Seite bestürzt Ramos-Horta die noch immer weitverbreitete Armut in seinem Land: die hohe Anzahl von Kindern, die unterernährt sind und an Tuberkulose leiden, fehlende Schulen und der fehlende Zugang des Gros‘ der Bevölkerung zu sauberem Wasser und Strom. Verantwortlich dafür sieht er die Regierung wie auch die internationalen Geldgeber. In den kommenden fünf Jahren habe die Regierung durch den Petroleumfonds alle Voraussetzungen, um die Armut zu vermindern und die Infrastruktur zu verbessern. Er hofft sehr, dass Osttimor zu Ende des nächsten Jahres Mitglied in der ASEAN sein wird.

Im Anschluss diskutieren die Filmemacherin Lena Lenzen, der Leiter der DGVN-Studienreise nach Osttimor (2009), Dr. Ekkehard Griep, sowie Friedhelm Elias, der als Integrierte Fachkraft das Staatssekretariat für Jugend und Sport in Osttimor beraten hat, gemeinsam mit dem Friedensnobelpreisträger über konkrete Maßnahmen zur Friedensentwicklung. Osttimor fehle es noch sehr an Fachkräften. In der Förderung von Berufsbildung und Fachwissen sieht Ramos-Horta den Schlüssel zur Entwicklung seines Landes.

Landraub – Die große Jagd nach dem Acker. Indonesisches Palmöl für unsere Schönheit, 04. Oktober 2012 im Übersee-Museum in Bremen

In den vergangenen zehn Jahren haben sich Konzerne und Regierungen großflächig Land für den Anbau von Pflanzen für Nahrungsmittel, Energie und Chemieprodukte angeeignet, auch in Indonesien. Welche Ursachen und Folgen diese Entwicklung für Menschen und Umwelt hat, stellte Marianne Klute am Beispiel der expandierenden Ölpalmplantagen dar. In der Diskussion ging es um globale Verpflechtungen und die Verbindung zu den Verbrauchern. Der Vortrag war Teil einer vom Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung (biz), dem Bremer Entwicklungspolitischen Netzwerk (BeN) und von Brot für die Welt veranstalteten Reihe zum so genannten land grabbing.

Die Sirene von Cirebon, Verein für Unterwasserarchäologie Berlin-Brandenburg, 15. Oktober 2012

Kann man aus ein paar Stücken Holz und hunderttausenden quasi industriell gefertigter Keramikprodukte auf die Geschichte schließen? Horst Liebner, der als Berater an der Forschungsabteilung des indonesischen Ministeriums für Fischerei und maritime Angelegenheiten mit der Bergung von Wrack und Ladung eines malaiischen Handelsschiffes des 10. Jahrhunderts vor der Küste von Cirebon, Westjava, befasst war, konnte aus diesen Funden ein wichtiges Kapitel der bislang weitgehend unerforschten Phase der Frühgeschichte des heutigen Indonesiens rekonstruieren.

Das Territorium des heutigen Staates Indonesien besteht aus den einst von der holländischen Kolonialmacht beherrschten Gebieten Insel-Südostasiens. National gesinnte Kräfte verweisen gerne auf die alten Reiche von Srivijaya und Majapahit, um die scheinbar seit alters her existierende territoriale Ausdehnung des heutigen Staates Indonesien zu legitimieren. Tatsächlich ist über das mittelalterliche Reich Srivijaya, dessen politisches Zentrum in der heutigen Provinz Südsumatra verortet wird, aber nur wenig bekannt. Die vorliegenden Quellen beschränken sich weit gehend auf schriftliche Notizen damaliger chinesischer Händler und Diplomaten, die Srivijaya besucht hatten. Aus Srivijaya selbst sind nur wenige Artefakte erhalten.

Aus Fragmenten des Rumpfes konnte Liebner nicht nur Form und Bauweise des gesunkenen Schiffes rekonstruieren. Die größtenteils aus Keramik bestehende Ladung erlaubte darüber hinaus zahlreiche Rückschlüsse auf Handelsverbindungen und die politische und wirtschaftliche Stellung der einstigen Regionalmacht Srivijaya.

Als einer von vielen ZuhörerInnen folgte Alex Flor von Watch Indonesia! diesem Vortrag an der Humboldt-Universität zu Berlin und wartet gespannt auf die Publikation dieses Forschungsprojektes.

Asia Europe Peoples Forum 9

AEPF

Teilnehmende des AEPF 9

Foto: Monika Schlicher

Rund 1.000 Vertreterinnen und Vertreter der europäischen und asiatischen Zivilgesellschaften kamen vom 16.-19. Oktober 2012 in Vientiane, Laos, zum 9. Asia-Europe-Peoples Forum zusammen. Es stand unter dem Thema »People’s Solidarity against Poverty and for Sustainable Development: Challenging Unjust and Unequal Development, Building States of Citizens for Citizens«. In intensiven Workshops haben die Teilnehmenden gemeinsame Strategien und Forderungen erarbeitet zu den vier zentralen Themenbereichen des AEPF 9: Universeller sozialer Schutz und Zugang zu wesentlichen Dienstleistungen, Ernährungssouveränität und nachhaltige Landnutzung, Energieerzeugung und –nutzung sowie gerechte Arbeit und nachhaltige Lebensgrundlage. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen mündeten in einer Abschlusserklärung mit umfangreichen Empfehlungen an die 51 Regierungen und europäische Staaten des darauf folgenden ASEM Gipfels (5./6. Nov. 2012, Vientiane).

Durch die Förderung des Auswärtigen Amtes konnten 25 Vertreterinnen und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen aus Deutschland nach Laos reisen. Koordiniert vom Asienhaus nahm Monika Schlicher für Watch Indonesia! teil. Insbesondere die Workshops des Forum waren inhaltlich ein Gewinn. Sie haben Einblicke und Anregungen gegeben. Daneben war das Forum ein guter Ort, um neue Kontakte zu knüpfen und bestehende zu vertiefen. Ein Empfang beim deutschen Botschafter rundete das Programm ab. Beim Auswertungstreffen der deutschen Teilnehmenden wurden Vorschläge für eine engere Zusammenarbeit im AEPF-Netzwerk entwickelt.

Bilanz: Ein Jahr Menschenrechtskonzept des BMZ, 24. Oktober 2012

Seit einem Jahr sind alle staatlichen Neuvorhaben in der Entwicklungszusammenarbeit auf Menschenrechte orientiert und werden auf ihre Wirkung geprüft, so Minister Dirk Niebel, gleichfalls weise man in allen bilateralen Verhandlungen auf Defizite hin. Der Minister war persönlich angetreten, um einen Zwischenbericht zu geben und gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft zu diskutieren, inwieweit sich Erwartungen erfüllt haben und wo noch Handlungsbedarf besteht. Watch Indonesia! war durch Alex Flor und Monika Schlicher vertreten.

Wolfgang Grenz von amnesty international begrüßte auch im Namen des Forum Menschenrechte das Konzept. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) sei mit gutem Beispiel vorangegangen. Ein wichtiger Folgeschritt wäre, dass andere Ministerien nachziehen, damit ein umfassender Schutz der Menschenrechte gewährleistet werden könne. Im Fokus hatte Grenz hierbei vor allem die für Außenwirtschaft, Klima, Sicherheitspolitik, Rüstung und Rohstoffe zuständigen Ressorts. Nachholbedarf sieht er noch in der Anwendung des Konzeptes in der Praxis. In vielen Ländergesprächen sei das Thema noch nicht angekommen. Auf dem Podium erläuterten Vertreterinnen und Vertreter des BMZ, der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (giz) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), wie das Konzept in ihrer Arbeit Verbindlichkeit gefunden hat. Auch Pirim Spiegel von Misereor betonte, es brauche einen Menschenrechts-TÜV für alle relevanten Politikfelder, nicht nur für die Entwicklungszusammenarbeit. Das Konzept des BMZ habe vieles aufgenommen, was Misereor bewegt. Im Unterschied zum BMZ sei das bischöfliche Hilfswerk immer parteiisch, es möchte den Opfern Anwalt sein und sieht seine Aufgabe darin, den Mächtigen ins Gewissen zu reden sowie die strukturellen Ursachen von Armut zu bekämpfen. Von daher unterstützt Misereor das BMZ weiterhin in der Umsetzung des Menschenrechtskonzeptes.

Papierwende: Jahrestreffen des bundesweiten Netzwerks Papierwende, 10.-12. November in Berlin

Der Papierkonsum steigt und steigt, während der Verbrauch von Recyclingpapier, besonders von Schreib- und Schulheften, stark abnimmt, und das trotz jahrelanger Kampagnen. Als Beispiel guter Praxis stellte Mandy Haggith die shrink paper Kampagne in Großbritannien vor, worst case dagegen sei der indonesische Papiergigant Asia Pulp and Paper (APP), so Sergio Baffoni vom European Environmental Paper Network (EEPN). Kampagnen gegen APP existieren bereits, darunter von Greenpeace, Rainforest Action Network und dem WWF. Doch reichten diese nicht aus, weil APP mit harten Bandagen kämpfe. Es schreibe sich neuerdings auf die Fahnen, umweltfreundlich zu handeln, doch sei dies nicht anderes als Lüge und Greenwashing. APP hat mehrere eigene NGOs gegründet z.B. die Consumer Alliance for Global Prosperity, verantwortlich für heftige Attacken gegen Umweltorganisationen. APP-policies dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass APP den letzten Torfwald in Riau vernichtet, eine neue Zellstoffmühle in Südsumatra bauen will und auf den europäischen Markt expandiert. Deswegen stand das Jahrestreffen der Papierwende (früher: Initiative2000plus) ganz im Zeichen internationaler Vernetzung, mit internationalen Gästen und Diskussionen um Strategien. Eingeladen waren auch drei indonesische Umweltaktivisten, die über die Verbindung von APP zu sozialen Konflikten und der Entwaldung Sumatras berichteten (s.u.).

Die Papierwende beschloss konkrete Schritte: 1. Papierhändler und Druckereien ansprechen und über APP informieren; 2. einen Fragenkatalog erstellen, der sich an öffentliche Beschaffer richtet; 3. ein Alarmsystem aufbauen, mit dem schnell auf Menschenrechtsverletzungen und die Gefährdung von Umweltaktivisten reagiert werden kann. Am Jahrestreffen nahm Marianne Klute teil.

Papierkonzern APP auf Expansionskurs: Europatour indonesischer Umweltaktivisten, November 2012

Papierwende

Die indonesischen Umweltschützer Muslim Rasyid,
Hariansyah Usman und Aidil Fitri

Foto: papierwende.de

Asia Pulp and Paper (APP) hat ein ökologisches, soziales und finanzielles Desaster angerichtet, das stellten bereits vor einem Jahrzehnt selbst deutsche Banker fest. Aktuell expandiert APP: eine neue riesige Zellstofffabrik soll in Südsumatra gebaut werden, zusätzlich zu den bereits bestehenden, in denen der Wald der Provinz Riau vernichtet wurde. Und APP drängt auf den europäischen Markt. Gezielt arbeitet APP mit kleineren Händlern zusammen, in der Absicht, den NGO-Kampagnen wenig Angriffsfläche zu bieten. In mehreren europäischen Ländern kauft sich APP ein, so wurde z.B. in Deutschland die Papiermühle Scheufelen erworben. Für die zukünftige Zellstofffabrik in Südsumatra werden vermutlich auch deutsche mit staatlichen Exportkrediten abgesicherte Maschinen gekauft. Grund genug für drei indonesische Umweltaktivisten aus Riau und Südsumatra, potentielle Kunden und Finanzierer in Europa zu warnen.

Aidil Fitri von Wahana Bumi Hijau, Südsumatra, Muslim Rasyid von Jikalahari aus Riau und der Direktor von WALHI Riau, Hariansyah Usman, besuchten im November neun europäische Städte, wo sie Umweltschutzorganisationen, Verbraucherverbände, Papierhändler, potentielle Investoren, Vertreter der Papierindustrie, Regierungsvertreter, Journalisten trafen. In Deutschland standen zwei Veranstaltungen auf dem Programm:

Indonesische Regenwälder am Ende? Auswirkungen der Papierindustrie in Indonesien auf Wälder, Biodiversität, Klima und die lokale Bevölkerung, am 10. November 2012 in der Alten Feuerwache in Berlin und am 23. November 2012 in der Verbraucherzentrale in Düsseldorf

»Wem gehört eigentlich Riau?«, zweifelten die Zuhörer, als die indonesischen Gäste ihre Karten der Provinz präsentierten. Die Konzessionsgebiete der beiden Papiermultis APP und APRIL erstrecken sich über den Großteil der ehemals waldreichen Provinz. Auch in dem bedeutenden Torfwaldgebiet Kampar und auf den vorgelagerten Inseln hält die Papierindustrie die Landrechte. Gerade hier wird aktuell massiv und eiligst abgeholzt, um einem eventuellem Holzeinschlagsstopp vorzugreifen, mit dem Ergebnis, dass die Papierindustrie Sumatras allein höhere Treibhausgasemissionen aufzuweisen hat als 165 Staaten. Auch mehr als die Hälfte Südsumatras »gehört« inzwischen APP, so Aidil Fitri, der befürchtet, dass Südsumatra das gleiche Schicksal erleiden wird wie Riau, wenn hier eine weitere, 2,3 Mrd. Euro teure Papierfabrik errichtet wird.

Jikalahari und WALHI zeigten, wie APP Gesetze bricht, soziale Konflikte schafft und mit Gewalt gegen die Bevölkerung vorgeht. Der Widerstand gegen die Zellstoffkonzerne sei aber ungebrochen, denn die Menschen wollten eine wirkliche Veränderung. Diese könne aber nur von Erfolg gekrönt sein, wenn es möglich ist, den Rechtsweg einzuschlagen und wenn internationale Gruppen wie das EEPN die lokalen NGOs unterstützen, Druck auf Unternehmen und Regierungen auszuüben.

An der von der Verbraucherzentrale organisierten Veranstaltung in Düsseldorf nahmen Vertreter von Regierung, der Hermes-Euler-Versicherung und der Industrie teil, darunter Manager einer APP-Beratungsfirma und der Umweltmanager von APP höchstpersönlich. Seine Aufgabe sei es zu zeigen, dass APP Umweltmaßnahmen ergreift, doch auf vorgelegte Gegenbeweise und Argumente konnte er nicht antworten. In der Diskussion ging es vor allem um Fragen der Legalität, wobei klar wurde, dass europäische Gesetzgebung an der indonesischen Realität nichts ändert. Im Anschluss an die Veranstaltung stand ein Termin mit einer Mitarbeiterin der Hermes-Eulers-Exportkreditversicherung auf dem Programm, bei dem es um mögliche indonesische Projekte ging. Die Frage, ob deutsche Maschinen für die neue Fabrik in Südsumatra versichert werden sollen, blieb unbeantwortet. Marianne Klute nahm an dem Gespräch und den beiden Veranstaltungen als Übersetzerin teil.

Biomasse – Kein Kraut gewachsen? Landnutzungsplanung in Indonesien, 15. November 2012 in Berlin

Wie können Produktion und Verbrauch von Biomasse nachhaltiger gestaltet werden, um die großen ökologischen und sozialen Probleme zu mildern? Mögliche »Instrumente zur Beeinflussung von Anbau und Verbrauch von Biomasse«, so der Untertitel der vom Forum Umwelt und Entwicklung organisierten und vom Bundesumweltministerium (BMU) und dem Umweltbundesamt (UBA) unterstützten Fachtagung, erfordern erhebliche Anstrengungen und stoßen auf Widerstand. Diskutiert wurden Instrumente zur Minderung des Biomasseverbrauchs und zur Landnutzungsplanung. Almut Jering stellte das Positionspapier des UBA zu Biomasse vor, während Stephanie Wunder vom Ecologic Institut einen Überblick über die wichtigsten Regelungsinstrumente mit globaler Relevanz gab.

Lösungsansätze in den Produzentenländern umfassen z.B. die Zonierung der Megaplantagen oder effektivere Landnutzungsplanung. Über erste Erfahrungen mit der Zonierung von Soja- und Zuckerrohr berichteten die Böll-Stiftung und Laszlo Maraz vom Forum Umwelt und Entwicklung. Landnutzungsplanung in Indonesien, so Marianne Klute in ihrem Vortrag, richtet sich zuallererst auf die Stimulierung von Wirtschaftswachstum und Entwicklungsmöglichkeiten, hat daher wenig mit dem integrierten EU-Konzept gemein. Eine der Wurzeln des heutigen Zustandes ist die Planung der Landnutzung für das Transmigrasitionsprogramm Ende der 1980-er Jahre, eine weitere die schwierige Transition von einer zentralistisch gesteuerten Nutzung zu einer hierarchisch geordneten Planung im Sinne der Berücksichtigung lokaler Interessen. Heute versucht man, den durch die Dezentralisierung entstandenen Planungswildwuchs einzudämmen. Trotz aller berechtigten Kritiken an Planung, Implementierung oder an fehlenden Karten, Geldmitteln und mangelndem politischem Interesse könnte sich mit der aktuellen Phase der Landnutzungsplanung in Indonesien ein »window of opportunity« für eine demokratischere Beteiligung öffnen.

FriEnt Rundtisch Indonesien: »Umgang mit Land und natürlichen Ressourcen in Indonesien – Was bieten die »Freiwilligen Leitlinien?« der FAO?«, Bonn, 15. November 2012

Landkonflikte sind eine der wesentlichen Ursachen von Konflikten und Menschenrechtsverletzungen in Indonesien. Im Mai 2012 hat das Komitee für Ernährungssicherheit (CFS) der UN-Welternährungsorganisation FAO die »Voluntary Guidelines on the Tenure of Land, Fisheries and Forests in the context of National Food Security« verabschiedet. Die in den Freiwilligen Leitlinien entwickelten Prinzipien regeln das Management natürlicher Ressourcen unter Bezugnahme auf internationale Menschenrechtsverpflichtungen und -standards. Die Empfehlungen richten sich in erster Linie an Regierungen, aber auch an Unternehmen, Zivilgesellschaft und internationale Geber.

FriEnt lud ExpertInnen, VertreterInnen von Regierung und von Nichtregierungsorganisationen zu einem Rundtischgespräch über diese Problematik nach Bonn ein. Alex Flor von Watch Indonesia! nahm gleichermaßen als Vertreter seiner eigenen Organisation, wie auch als Dolmetscher für den Menschenrechtsaktivisten Markus Haluk aus Papua an der Veranstaltung teil. Caroline Callenius von Brot für die Welt konnte mit brandaktuellen wertvollen Erkenntnissen von einem Seminar in Medan, Nordsumatra, einen wertvollen Beitrag leisten.

Die unverbindliche Freiwilligkeit der FAO-Leitlinien wurde von vielen TeilnehmerInnen als Schwachpunkt gewertet: worin könnte ein Anreiz für die indonesische Regierung liegen, diese Leitlinien in die Praxis umzusetzen, wenn selbst geltendes Recht häufig zugunsten von Unternehmen der Plantagenwirtschaft verletzt wird? Andererseits stellen die FAO-Leitlinien einen international vereinbarten Katalog von »best practices« dar, auf den man sich künftig in der Lobbyarbeit berufen kann. Die Möglichkeiten, die sich damit eröffnen, sollten gemeinsam weiter erörtert werden.

Lola Amaria, »Minggu Pagi di Victoria Park«, Berlin, 28. November 2012

Auf Einladung der Friedrich-Ebert Stiftung (FES) kam die bekannte Schauspielerin und Regisseurin Lola Amaria nach Berlin. Im Rahmen der »Gerechtigkeitswoche« der FES wurde Lola Amarias Film »Minggu Pagi di Victoria Park« gezeigt, der von den Lebensumständen indonesischer Hausangestellter in Hongkong handelt, in welchem die Regisseurin selbst eine der Hauptrollen spielt (trailer s. http://youtu.be/tzkhDdogWo8). Einige ZuschauerInnen zeigten sich verwundert über die trotz aller dramatischen Einzelschicksale insgesamt eher positive Darstellung der Problematik. Lola Amaria erläuterte, dass die Situation indonesischer Hausangestellter in Hongkong tatsächlich besser sei als in Malaysia oder in Staaten des Mittleren Ostens. Neben dem persönlichen Engagement einzelner Behördenvertreter spiele hier nicht zuletzt das Rechtssystem in Hongkong eine wesentliche Rolle.

Vor der öffentlichen Veranstaltung traf sich Lola Amaria mit ca. 10 VertreterInnen von Watch Indonesia! zum persönlichen Austausch in unserem Büro und zum anschließenden gemeinsamen Mittagessen.

Friedensratschlag Kassel, 01.-02. Dezember 2012

»Indonesien, der islamische Koloss in Südostasien – Ohne Frieden, Menschenrechte und Bildung« lautete das vom Veranstalter vorgegebene Thema, zu dem Alex Flor von Watch Indonesia! auf dem 19. Friedensratschlag in Kassel reden sollte. Etwa 20 Interessierte von insgesamt schätzungsweise 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kongresses fanden sich zu diesem Workshop ein, der in zeitlicher Konkurrenz zu zahlreichen anderen spannenden Themen stattfand. Moderatorin Carola Kieras wunderte sich, dass Indonesien dieses Jahr nach ihrer Erinnerung erstmals zum Thema des Friedensratschlages wurde. Ein willkommener Einstieg für Flor, der erklärte, Watch Indonesia! habe zuletzt Mitte der 90er Jahre gegen deutsche Rüstungslieferungen nach Indonesien protestiert. Dann folgte 1998 der Sturz von Diktator Suharto: »Das Militär war vorübergehend moralisch am Boden, die Staatsfinanzen waren von der Asienkrise schwer gebeutelt und 1999 stimmte die Bevölkerung Osttimors in einer Volksabstimmung mit überwältigender Mehrheit für die Unabhängigkeit. Waffengeschäfte standen aus diesen Gründen für etliche Jahre nicht auf der Tagesordnung.«

Anlass für die Einladung nach Kassel waren zweifelsohne die jüngsten Pläne deutscher Panzerlieferungen. »Die Wirtschaft Indonesiens ist wiederauferstanden, das Land erlebt derzeit glänzende Wachstumsraten, gehört zu den new emerging economies oder Schwellenländern und ist Mitglied der G20 (die 20 führenden Wirtschaftsmächte). Es ist wieder Geld in der Kasse«, erklärte Flor. Das Militär habe seither einige Reformen erlebt, sei aber nach wie vor ein mächtiger Akteur in der Politik und Wirtschaft des Landes. Menschenrechtsverletzungen seien insbesondere in Papua nach wie vor an der Tagesordnung und für die Verbrechen von damals verantwortliche Kräfte seien noch heute im Dienst. Indonesien erlebe praktisch keine äußere Bedrohung. Aktuelle Rüstungslieferungen dienten vor allem der Imagepflege des Militärs.

Flor erklärte weiterhin, dass der im Titel des Vortrages genannte Begriff »islamischer Koloss« irreführend sei. Indonesien sein kein Islamstaat, wenngleich das 240 Mio. Menschen zählende Land durch seine mehrheitlich islamische Bevölkerung weltweit über die größte muslimische Einwohnerschaft verfüge. Gleichwohl dürfe nicht übersehen werden, dass selbst die prozentual verschwindend kleine Minderheit der Katholiken im Großraum der Hauptstadt Jakarta die Zahl der in der Domstadt Köln lebenden Menschen katholischen Glaubens übersteige. Zweifelsohne sei aber Religion in den letzten Jahren zu einem zunehmend wichtigen Thema für Indonesiens Politik und Gesellschaft geworden.

Eine ausführliche Niederschrift wird sich in einer für nächstes Jahr geplanten Buchveröffentlichung des Friedensratschlages wiederfinden.

BMZ-Ländergespräch Timor-Leste / Osttimor, Bonn, 13. Dezember 2012

Im Februar 2013 stehen die nächsten Konsultationen mit der Regierung von Timor-Leste an. Im Vorfeld lud das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit und NGOs nach Bonn ein. Nach der Begrüßung durch Referatsleiterin Kathrin Oellers gab zunächst Frau Melanie Moltmann, Länderreferentin im Auswärtigen Amt, eine politische Gesamteinschätzung zu 2012, einem entscheidenden Jahr für Osttimor. Das Land habe sich gut stabilisiert, die Wahlen seien besser verlaufen als erwartet und die Mission der Vereinten Nationen (UNMIT) nun im Abzug begriffen. Auf der anderen Seite sieht sie gravierende Defizite, etwa in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung. Den Bildungssektor stufte sie als mangelhaft ein. Weitere Defizite gebe es im Bereich Menschenrechte, Gerechtigkeit und Aufarbeitung der Verbrechen während der indonesischen Besatzungszeit sowie während und nach dem Referendum 1999. Anlass zur Sorge bereite auch die um sich greifende Korruption.

Mit Beendigung der UNMIT wünsche sich Osttimors Regierung eine innovative Kooperationsbeziehung zu den Vereinten Nationen (VN) in Form eines VN-Sonderbeauftragten. Die VN könnte sich Unterstützung durch eine Menschenrechtskomponente vorstellen, da die Aufklärung der Verbrechen während der Besatzungszeit noch nicht abgeschlossen ist. Kritisch merkt Frau Moltmann an, dass nicht ersichtlich sei, wann die Gesetzesentwürfe zu Reparationen und einem Institut des Erinnerns erneut den Weg auf die Tagesordnung des Parlamentes finden werden. Auf Rückfrage von Monika Schlicher, Watch Indonesia!, wo das Auswärtige Amt Möglichkeiten sieht oder sich dafür einsetzt, verwies Frau Moltmann auf die Stellungnahme der EU und auch Deutschlands in der jüngsten Debatte des Sicherheitsrates zu Osttimor. Es sei ihnen ein Anliegen und sie versuchten, es immer wieder anzusprechen.

Konstanze Esenwein, Länderreferentin des BMZ, gab einen Überblick zur Entwicklungszusammenarbeit. Deutschland engagiert sich im maritimen Sektor und in der ländlichen Entwicklung, in der Förderung von Verwaltungsstrukturen und Berufsbildung (maritimer Sektor) sowie in der Unterstützung friedlicher Entwicklung durch Beschäftigungsmaßnahmen. Für 2013 möchte das BMZ den Schwerpunkt Frieden stärker konsolidieren. Die Regierung Osttimors jedoch stelle Frieden heute als »gegeben« hin und möchte weniger als ein post-conflict land als vielmehr eine aufstrebende Nation gesehen werden. Frau Esenwein richtete daher die Frage an die Teilnehmenden, welchen Stellenwert der Friedensentwicklung aktuell noch beikomme. Einhellig (AGEH, DOTG, Hessische Stiftung für Frieden- und Konfliktforschung, Misereor, Watch Indonesia!, u.a.) wurde bei allem Verständnis für die Rhetorik der osttimoresischen Regierung davor gewarnt, das Thema Frieden unter den Tisch fallen zu lassen.

Friedensförderung sei für das Land auf lange Sicht von zentraler Bedeutung und die Ausrichtung des BMZ wurde ausdrücklich begrüßt. Gewalt sei noch immer auf allen Ebenen der Gesellschaft, in der Politik, bei der Erziehung und im Bildungssektor verbreitet und als legitimes Mittel angesehen. Es wurde dafür plädiert, Friedenserziehung zum Querschnittthema zu machen. Die Förderung von Ausbildung und Beschäftigung, so Miram Hein von der AGEH, sei nicht per se friedensfördernd. Dazu bräuchte es vielmehr einer gesonderten Komponente der Entwicklungszusammenarbeit. Wiederholt sprachen sich Teilnehmende für mehr Engagement im Bildungssektor aus.


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