Presseerklaerung

Westerwelle muss zu Menschenrechtslage in Indonesien Stellung beziehen!

Berlin, 06. Februar 2013

Außenminister Westerwelle tritt heute eine mehrtägige Asienreise nach Singapur, Indonesien und den Philippinen an. Auf dem Programm stehen neben Gesprächen über den Mindanao-Friedensprozess in erster Linie Kontakte mit Vertretern der Wirtschaft. In Indonesien wird Westerwelle mit Außenminister Marty Natalegawa und Wirtschaftsminister Gita Wirjawan sowie dem neuen ASEAN Generalsekretär Le Luong Minh zusammen treffen. Schon im März werden Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono und Außenminister Marty Natalegawa in Berlin erwartet. Entwicklungsminister Niebel war im Januar 2013 und Bundeskanzlerin Merkel im Juli 2012 zu Besuch in Indonesien.

Watch Indonesia! begrüßt die Intensivierung der deutsch-indonesischen Beziehungen, die durch diese gegenseitigen Besuche ihren Ausdruck finden. In den letzten Jahren war das Klima zwischen Jakarta und Berlin eher kühl. Eine Reise Westerwelles im Juni 2011 wurde gar kurzerhand abgesagt – wegen Terminschwierigkeiten, wie es offiziell hieß. Auch den wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder fehlten neue Impulse.

„Wir beobachten mit Hochachtung und großer Sympathie, dass Indonesien als lebendige Demokratie konkrete politische Verantwortung übernimmt“, lobte Westerwelle anlässlich des 60. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Jakarta. „ […] Indonesien [tritt] als engagierter Anwalt für die Ideen und Werte auf, für die auch Deutschland und Europa stehen: Für Freiheit und Demokratie, für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz. Deutschland und Indonesien sind Wertepartner.“

Guido_Westerwelle_2013-02-28

Guido Westerwelle

Foto: Jörg Meier

Watch Indonesia! erwartet, dass Westerwelle seine Gesprächspartner in Indonesien eindringlich an diese „Wertepartnerschaft“ erinnert. Die Erfahrungen des von Indonesien vermittelten Friedensprozesses in Mindanao sollten Indonesien dazu ermutigen, einen neutral vermittelten Dialog auch in der Konfliktregion Papua im äußersten Osten des indonesischen Archipels aufzunehmen. Westerwelle muss darauf drängen, dass in Papua nicht nur grundlegende Menschenrechte wie das Recht auf Leben, Freiheit von Folter, die Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung gewährleistet werden, sondern auch darauf, dass die Region für internationale Organisationen, Journalisten und Politiker zugänglich gemacht wird. Erst im Januar hat der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf freie Meinungsäußerung, Frank La Rue, einen Besuch Indonesiens abgesagt, weil ihm der Zugang nach Papua verwehrt wurde.

Religiöse Minderheiten und LGBTI (Lesben, Schwule, Bi- , Trans- und Intersexuelle) erleben Indonesien nicht als einen Staat, in dem Rechtsstaatlichkeit und Toleranz geachtet werden, sondern werden häufig zum Opfer von Angriffen militanter islamistischer Gruppen. Anstatt Minderheiten zu schützen und Gewalttätern mit der Härte des Gesetzes zu begegnen, werden Andersgläubige dazu gedrängt, den „richtigen“ Glauben anzunehmen. Religionsminister Ali Suryadharma umwirbt die radikalen Gruppen gar mit dem Angebot politischer Ämter, um sie „in die Gesellschaft zurückzuholen“, wie er vor einigen Tagen erklärte. Der Bürgermeister der Großstadt Bogor weigert sich seit Jahren einen rechtskräftigen Beschluss des Obersten Gerichts umzusetzen, der einer christlichen Gemeinde die Nutzung ihrer Kirche erlaubt. Die Politik schweigt dazu. Westerwelle muss darauf drängen, dass Indonesien dem UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit eine Einladung ausspricht.

Der wirtschaftliche Erfolg Indonesiens beruht neben einem hohen Binnenkonsum zu großen Teilen auf der Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die häufig einhergeht mit der Zerstörung der Umwelt und der Missachtung von Land- und Indigenenrechten. Landrechtskonflikte sind die wohl häufigste Ursache gewaltsam ausgetragener Konflikte in Sumatra, Kalimantan, Papua und vielen anderen Regionen. Erst vor wenigen Tagen kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anwohnern und Umweltschützern auf der einen sowie Polizei und Plantagenunternehmen auf der anderen Seite. Es kam zu zahlreichen Festnahmen. Anwar Sadat, Direktor der bekannten Umweltorganisation WALHI (Friends of the Earth Indonesia), befindet sich noch immer in Haft. Westerwelle muss darauf drängen, dass Indonesien seine Verantwortung für den Schutz der Umwelt und des Klimas wahrnimmt. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit muss auch im Umgang mit traditionellen Landbesitzern gewahrt werden.

Es reicht nicht aus, bestimmte Menschenrechtsprobleme nur im direkten Kontakt mit Partnern  „anzusprechen“. Menschenrechts- und Umweltorganisationen sowie die von ihnen vertretene Bevölkerung erwarten vom deutschen Außenminister eine klare und öffentliche Stellungnahme zu den angesprochenen Themen. In einem Staat, den Deutschland gerade großzügig mit Panzern und anderen Rüstungsgütern versorgt, darf man erwarten, dass der Minister sich mit deutlichen Worte für die Achtung der Menschenrechte äußert.
 

Kontakt:
Alex Flor:  Tel. 030 – 69817938, HP 0160 – 92800679
Basilisa Dengen:  Tel. 030 – 6981793, HP 0176 – 35457871


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