Indonesien: Regierung soll Verantwortung für Massenmord von 1965 übernehmen

epo, 20. Juli 2015

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epo_logoBerlin. – Mit einer Unterschriftenaktion fordern Watch Indonesia! und die indonesische Menschenrechtsorganisation Asia Justice and Rights (AJAR) die Regierung Indonesiens dazu auf, die Verantwortung für den Massenmord von 1965 in Indonesien anzuerkennen. Deutschland müsse die Aufarbeitung dieser blutigen Vergangenheit unterstützen, erklärten die NGOs.

Am 30. September 1965 kamen infolge eines Putschversuches durch die indonesische Armee sechs führende Generäle und ein Leutnant ums Leben. Die Hintergründe zu diesen Geschehnissen, so Watch Indonesia!, werden bis zum heutigen Tag in der indonesischen Geschichte nur einseitig dargestellt. General Suharto, der später die Macht übernahm, beschuldigte die Kommunistische Partei Indonesiens (PKI), für diese Untaten verantwortlich zu sein. Dies führte dazu, dass in den Jahren 1965 bis 1966 bis zu eine Million Kommunisten und vermeintliche Sympathisanten in Indonesien ermordet wurden. Hinzu kommt eine weitere Million Menschen, die ohne Gerichtsverfahren für viele Jahre in Gefängnisse und Lager gesteckt wurden.

Die Ereignisse von 1965 markierten die bis dahin bedeutsamste politische Wende in Indonesien seit der Unabhängigkeitserklärung 1945. Die Etablierung eines Militärregimes, das fast vier Jahrzehnte die Geschicke des Landes bestimmten sollte, stellte einen entscheidenden Einschnitt im Leben von Millionen Menschen dar. Erst 1998 sah sich Diktator Suharto unter dem äußeren Druck der Asienkrise und der Reformbewegung im eigenen Land gezwungen seinen Rücktritt zu erklären. Damit verbunden wuchs in der Bevölkerung die Hoffnung auf ein demokratisches System, auf Wahrheitsfindung und staatliche Anerkennung der begangenen Verbrechen. Trotz mehrerer Regierungswechsel konnten sich diese Erwartungen jedoch bis heute nur ansatzweise erfüllen.

Verschiedene Nichtregierungsorganisationen und Opferverbände bemühen sich seit Jahren darum, die Politik zur Anerkennung der Verbrechen und zur Wahrheitsfindung zu bewegen. Dass diesbezüglich in Politik und Gesellschaft kaum Fortschritte auszumachen sind, ist laut Watch Indonesia! unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Staatspropaganda der „Neuen Ordnung“ bis heute nicht offiziell in Frage gestellt und wie damals noch immer in den Schulen unterrichtet werde.

Auch das Untersuchungsergebnis der Nationalen Menschenrechtskommission (Komnas HAM), die im Hinblick auf die Massaker der Jahre 1965 bis 1967 schweren Menschenrechtsverletzungen spricht, wurde von der Politik bisher komplett ignoriert. Versammlungen von Opfergruppen erlebten bis heute massive Einschüchterungen und tätliche Angriffe von Seiten antikommunistischer Gruppen, kritisieren die NGOs.

„Deutschland hat sich in der Welt einen vorbildhaften Ruf für seinen Umgang mit der belasteten Vergangenheit erarbeitet. Dieser Ruf verpflichtet dazu, sich anderen Staaten mit belasteter Vergangenheit aktiv als Anschauungsbeispiel und Beratungspartner anzubieten“, erklärte Watch Indonesia!. Eine Belehrung mit erhobenem Zeigefinger verbiete sich dabei allerdings von selbst. Eine partnerschaftliche Beratung müsse vielmehr zum Inhalt haben, neben den Erfolgen auch auf die zahlreichen noch verbleibenden Schattenseiten und Schwächen – beispielsweise im Umgang mit dem durch Deutsche begangenen Völkermord an den Herero oder der jahrzehntelangen Straffreiheit für Nazi-Täter – zu erörtern.

Gemeinsam mit AJAR zeigt Watch Indonesia! in verschiedenen deutschen Städten eine Wanderausstellung mit Fotografien der französischen Künstlerin Anne-Cecile Esteve. Ihre Bilder porträtieren weibliche Überlebende der Massenmorde von 1965 und schildern ihre Lebensumstände 50 Jahre danach. Die meisten politischen Gefangenen wurden Ende der 1970er Jahre wieder freigelassen. Sie leben jedoch bis heute in Armut und werden von der Gesellschaft ausgeschlossen.

Gleichzeitig wollen die NGOs ihrem Anliegen mit einer Unterschriftenaktion Nachdruck verleihen. Die gesammelten Unterschriften sollen anlässlich des internationalen Tages der Menschenrechte am 10. Dezember dem Botschafter der Republik Indonesien in Deutschland und der Bundesregierung übergeben werden.
 

www.watchindonesia.org/Petition1965.htm


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