"In the Spotlight"

Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität (LGBTI*)

Kurz belichtet, 28. September 2014

 von Alex Flor

LGBTDas zeitliche Zusammentreffen zweier wichtiger Entscheidungen bei der UN in Genf und im Parlament der indonesischen Provinz Aceh (Nanggroe Aceh Darussalam) ist wahrscheinlich dem Zufall geschuldet. Der Wesensgehalt beider Entscheidungen könnte jedoch unterschiedlicher nicht sein. Der UN-Menschenrechtsrat nahm am 26.9.2014 auf Antrag der südamerikanischen Staaten Brasilien, Uruguay, Chile und Kolumbien mehrheitlich eine Resolution an, die „positive Schritte auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene im Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller Identität und Geschlechtsidentität begrüßt“. In der Nacht darauf verabschiedete das Provinzparlament in Aceh ein Gesetz, welches homosexuelle Praktiken zwischen Männern und Frauen bei Androhung von 100 Stockschlägen explizit unter Strafe stellt. Darüberhinaus soll das islamische Scharia-Recht in Aceh künftig auch auf Nicht-Muslime (in Aceh ca. 900.000 Menschen) und ortsfremde BesucherInnen der Provinz angewandt werden.

In allen übrigen Provinzen Indonesiens ist Homosexualität bislang kein Straftatbestand. Das bedeutet jedoch keineswegs, dass Menschen, deren sexuelle Orientierung nicht der Norm entspricht, dort keine Verfolgung erleiden würden. Erst vor wenigen Tagen drohten radikalislamische Gruppen ein wissenschaftliches Seminar über LGBTI*-Themen an einer Hochschule in Yogyakarta notfalls mit Gewalt zu unterbinden. Es war ausgerechnet in dieser Stadt, wo 2006 die Yogyakarta-Prinzipien verabschiedet wurden, die erstmals einen (unverbindlichen) universellen Kodex bezüglich der Menschenrechte von LGBTI* definierten.

Watch Indonesia! wird sich dieser Problematik unter anderem in Form einer Fachtagung zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2014 widmen. Bitte merken Sie diesen Termin bereits jetzt in Ihrem Kalender vor und verfolgen Sie die regelmäßigen Veranstaltungsankündigungen über unseren Newsletter oder unsere Website. 

Einstweilen dürfen wir Sie auf die Eilaktion von queeramnesty (amnesty international) aufmerksam machen, die wir dem folgenden Pressespiegel angehängt haben.

Wir bitten um Ihre Unterstützung!
 


 

Queer.de, 26. September 2014

http://www.queer.de/detail.php?article_id=22367

„Historische Entscheidung“

 

UN-Menschenrechtsrat beklagt Diskriminierung von LGBT

In einer Resolution zeigt sich die Mehrheit der Länder besorgt über Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechts-Identität.

Der UN-Menschenrechtsrat hat am Freitag mit 25 zu 14 Stimmen bei sieben Enthaltungen eine Resolution angenommen, in der „positive Schritte auf internationaler, nationaler und regionaler Ebene im Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung aufgrund sexueller Identität und Geschlechts-Identität begrüßt“ werden.

Die Resolution (http://de.scribd.com/doc/241092505/Resolution-on-Human-Rights-Sexual-Orientation-and-Gender-Idnentity), im September eingereicht von Brasilien, Uruguay, Chile und Kolumbien, äußert zudem „tiefe Besorgnis“ über entsprechende Gewalt und Diskriminierung. Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte solle einen Bericht über die Verfolgungen erstellen und Möglichkeiten benennen, diese zu bekämpfen.

Obwohl die Resolution nur einige grundlegende und größtenteils unverbindlich-allgemeine Äußerungen enthält, war sie hart umkämpft worden. So gab es sieben Änderungseinträge, die Begriffe „sexuelle Orientierung“ und „Gender-Identität“ aus dem Antrag zu streichen.

Vorwurf des Kultur-Imperialismus

Der Vertreter Saudi-Arabiens sagte bei der Debatte, die Resolution sei ein Versuch, eine einheitliche Weltkultur zu erschaffen, die gegen „religiöse und kulturelle Praktiken mancher Länder“ verstieße. „Meiner Meinung nach ist das eine Menschenrechtsverletzung“, so der Vertreter. Sein Kollege aus Pakistan beklagte, die Resolution könne die Jugend gefährden.

Von vielen Organisationen wird die Resolution als wichtiger Fortschritt angesehen. Jessica Stern von der International Gay and Lesbian Human Rights Commission sagte, der Rat habe einen wichtigen Schritt vorwärts gemacht und die Hauptprinzipen der UN, dass jeder Mensch in Würde und Rechten gleich sei, bestätigt.

Bereits 2011 hatte es eine ähnliche Menschenrechtsrats-Resolution gegeben, die erste ihrer Art (queer.de berichtete). Sie hatte ebenfalls Gewalt und Diskriminierung beklagt, aber noch keine Schritte im Kampf dagegen „begrüßt“, und war mit 23 zu 19 Stimmen knapp angenommen worden. Das heutige Ergebnis zeigt daher einen Fortschritt.

Als 2012 über das Thema im Menschenrechtsrat debattiert wurde, hatten noch zahlreiche Delegierte den Raum verlassen (queer.de berichtete). In diesem Sommer hatte das Gremium zudem eine Resolution für den Einsatz für den „Schutz der Familie“ beschlossen, was Besorgnis bei LGBT-Aktivisten ausgelöst hatte (queer.de berichtete). Ein Zusatzantrag von Chile, Uruguay, Irland und Frankreich, den Familienbegriff vielfältig zu erweitern, war dabei gescheitert.

Neben dem Menschenrechtsrat in Genf befasste sich auch die New Yorker Zentrale am Donnerstag und Freitag mit LGBT-Themen, im Rahmen der UN-Generalversammlung fand die zweite Außenministerkonferenz zum Thema statt (queer.de berichtete). UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hatte dazu eine Videobotschaft verfasst, Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer, Belgiens Premier Elio di Rupo und sein luxemburgischer Amtskollege Xavier Bettel und weitere Politiker ließen sich mit dem Slogan der LGBT-Kampagne der Vereinten Nationen fotografieren.

Wie stimmten die Länder ab?

Für die heutige Resolution stimmten Argentinien, Brasilien, Chile, Costa Rica, Deutschland, Estland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Kuba, Mexiko, Mazedonien, Montenegro, Österreich, Peru, Philippinen, Rumänien, Südkorea, Tschechien, Südafrika, USA, Venezuela und Vietnam.

Während Burkina Faso, China, Kongo, Indien, Kasachstan, Namibien und Sierra Leone sich enthielten, stimmten die folgenden Länder mit Nein: Äthiopien, Algerien, Botswana, Elfenbeinküste, Gabon, Indonesien, Kenia, Kuwait, Malediven, Morroko, Pakistan, Russland, Saudi-Arabien und die Vereinigte Arabischen Emirate.

 


 

TIME, 26 September 2014

http://time.com/3424509/malaysia-transgender-lgtb-sharia-southeast-asia-gay-homosexuality-transexual-transwoman

Shari’a Law Is Threatening LGBT Rights Across Muslim-Majority Southeast Asia

 

By Charlie Campbell

 

Harsh interpretations of Quranic law are being used to justify violence against transgender people in particular, activists say.
Growing religious conservatism is threatening LGTB rights in Muslim-majority nations across Southeast Asia, say activists, with a new report claiming serious abuses against Malaysia’s transgender community.
 

On Thursday, Human Rights Watch (HRW) published I’m Scared to Be a Woman: Human Rights Abuses Against Transgender People in Malaysia. The document makes serious allegations of physical and sexual assault committed against transgender people while in official custody.

Malaysia is a 60% Muslim nation where 13 of 15 states have invoked Shari‘a law to ban transvestism among Muslim men; three states also prohibit women “posing as men.” The statues are loosely defined and leave gaping loopholes for abuse, venality and vindictive prosecution, says HRW.

“Malaysian authorities frequently abuse transgender women at the expense of their dignity and in violation of their basic rights,” Boris Dittrich, LGBT-rights advocacy director at HRW, said in a statement. Malaysia’s Religious Department and other state officials have license to do “whatever they like” with transgender women, he added.

The 73-page report includes testimony from 42 transgender women, three transgender men and 21 other medical professionals, legal representatives, activists and outreach workers.

Victoria, a transwoman from Negeri Sembilan state, told HRW she was “completely humiliated” when Religious Department officials photographed her naked while under arrest in 2011. “They were rough,” she said. “One of them squeezed my breasts. One of them took a police baton and poked at my genitals.”

Gender-reassignment surgery was once available in Malaysia, but rising Islamic conservatism led to a ban issued by the National Fatwa Council in 1982. Thus many transgender people undergo medical transitioning in neighboring Thailand, but this leaves them in legal limbo upon their return.

Such problems are not limited to Malaysia. Brunei recently adopted a Shari‘a penal code, with draconian sanctions such as death by stoning for adulterers and flogging or even death for homosexual acts. The code applies the death penalty to both Muslims and non-Muslims in the case of adultery and sodomy, says the International Council of Jurists, despite official claims that non-Muslims will not be subjected to Shari‘a.

In Indonesia, the world’s largest Muslim nation, the semiautonomous state of Aceh is also adopting increasingly harsh interpretations of Shari‘a. A draft bylaw announced this week would punish anal sex between men and “the rubbing of body parts between women for stimulation” with 100 lashes. The law would also apply to non-Muslims.

“We have studied the implementation of Shari‘a in countries like Saudi Arabia, Brunei Darussalam and Jordan to draft this law and we are happy with it,” said Ramli Sulaiman, an Aceh lawmaker who led the drafting commission, reports AFP.

Other states in Indonesia only use Shari‘a for civil matters such as divorce and alimony. But since 2006, an increasing number of districts have issued local ordinances based on Shari‘a to govern social conduct. Although many of these are unconstitutional, the central government often fails to decisively strike them down for political reasons, says Freedom House.

According to Faisal Riza, an activist for the Violet Grey LGBT advocacy group, who hails from Aceh but is now based in the Indonesian capital, Jakarta, Shari‘a law makes “society feel free to take action or use violence against LGBT people, especially transgender people.”

Discrimination is “getting worse,” he tells TIME, and is exacerbated by “lack of formal education and job access, so some [transgender people] become sex workers.” Possession of condoms is often deemed evidence of prostitution, leaving another window open for abuse and corruption, as well as hampering efforts to tackle the spread of communicable disease, including HIV/AIDS.

In Malaysia, LGBT activists hope an upcoming court case may give them some legal protection. Following the arrest of 16 transgender women at a wedding party in the western coast state of Negeri Sembilan in June, four applicants are claiming that local Shari‘a law is incompatible with national and constitutional guarantees of freedom of expression, freedom of movement and equality. The Putrajaya Court of Appeal is slated to rule on the issue on Nov. 7.

“Malaysia urgently needs to scrap laws that discriminate against transgender people, adhere to international rights standards, and put in place comprehensive non-discrimination legislation that protects them,” said HRW’s Dittrich.

 


 

AFP, 27 September 2014

https://au.news.yahoo.com/world/a/25124248/indonesias-aceh-approves-caning-for-gay-sex 

Indonesia’s Aceh Approves Caning for Gay Sex

 

Banda Aceh (Indonesia) – Indonesia’s conservative Aceh province passed a law Saturday making gay sex punishable by 100 lashes of the cane, in a decision described by rights activists as „an enormous step backwards“.

Aceh, the only part of the world’s most populous Muslim-majority nation that is allowed to implement Islamic sharia law, already carries out public canings for gambling, drinking alcohol and fraternising with the opposite sex outside of marriage.

Lawmakers began deliberations Friday night and unanimously agreed in the early hours of Saturday to pass the law.

The law explicitly outlaws anal sex between men and „the rubbing of body parts between women for stimulation“, making homosexuality technically illegal for the first time in Aceh.

Gay sex is not illegal in the rest of the country, which mainly follows a criminal code from the Netherlands, Indonesia’s former colonial ruler.

Amnesty International, which has called for an end to caning in Aceh, asked that the bylaw be immediately repealed.

„The criminalisation of individuals based on their sexual orientation is a huge blow for equality in Indonesia,“ said Amnesty International’s Asia-Pacific director Richard Bennett, who added that it would increase „the climate of homophobia, fear and harassment many in Aceh are already facing?.

Chika Noya, an independent activist for lesbian, gay, bisexual and transgender (LGBT) people in Indonesia said the law was „as if we re going back hundreds of years“.

Aceh, which lies on the westernmost tip of the vast Indonesian archipelago, gained a degree of autonomy in 2001 in a deal with Jakarta aimed at quelling a decades-long separatist movement, and has been slowly implementing sharia law ever since.

The bylaw will also be the first in Aceh to be applied to non-Muslims, both Indonesians and foreigners.

The law also makes adultery punishable by 100 lashes, and reiterates that displays of affection outside of marriage are outlawed, and is also punishable by caning.

Canings — which are carried out with thin rattan sticks in public and are aimed at humiliating, rather than causing physical pain — can be substituted with payments of pure gold or jail time.

The law must also be approved by the home affairs ministry in Jakarta, which indicated last week it may overturn the law on rights concerns.

But Ramli Sulaiman, a local lawmaker who heads the commission that drafted the bill, said all relevant agencies in Jakarta had given it the green light.

Spokesman for the leading Aceh Party, Muhammad Harun, said the bylaw made sharia law in Aceh more complete.

„This bylaw has been highly anticipated by the people of Aceh, who have long wanted to see complete Islamic law on the veranda of Mecca,“ he said after the session, using a description often used for the province.

 


 

Rappler.com, 27 September 2014

http://www.rappler.com/world/regions/asia-pacific/indonesia/70321-aceh-passes-stricter-new-sharia-law

Aceh’s Strict New Sharia Law Applies to Non-Muslims

 

The new law imposes harsher penalties on a longer list of offenses, including gay sex, and applies to non-Muslims

 

Nurdin Hasan

 

BANDA ACEH, Indonesia – It’s official: Muslims and non-Muslims alike will soon be subjected to a strict new Islamic Sharia bylaw in Aceh that has been welcomed by conservatives and decried by human rights activists.

Indonesia’s westernmost province has been implementing Sharia law since 2001 and is the only province in the Muslim-majority country to do so. But the bylaw passed by the local legislature early on Saturday, September 27, imposes harsher penalties on a longer list of offenses.

For instance, the previous law only punished the consumption of alcoholic beverages with up to 40 lashes. In the new law, the mere purchase or possession of alcoholic beverages can earn a person 20 lashes.

Offenses not previously regulated such as adultery and homosexual acts are now also punishable with up to 100 lashes. But falsely accusing a person of adultery without presenting 4 witnesses merits 80 lashes.

The harshest punishment in the law – 200 lashes or 200 months in prison – is reserved for child rapists.

A key change is that it will for the first time apply to some 90,000 non-Muslims who live in the province, Indonesians and foreigners alike.

The law will go into effect after a period of information dissemination.

Step back

The new bylaw is a watered-down version of one that prompted international outrage when it was passed by Aceh’s legislature in 2009 as it included stoning to death as punishment for adultery. It was later overturned by the provincial governor. But rights activists are still unhappy about it.

Aceh-based human rights activist Zulfikar Mohammed has expressed concern that the new law would embolden the province’s Sharia police to discriminate against the non-Muslim minority in the province.

„Who can guarantee that the Sharia police will not act beyond the limits of their authority? This often happens,“ he said.

Chika Noya, an independent activist for lesbian, gay, bisexual and transgender (LGBT) people, also said the law was a „big step back“ for LGBT rights in Indonesia. Gay sex is not illegal in the rest of the country.

„It’s as if we re going back hundreds of years,“ Noya told AFP on Friday ahead of the vote. „The Indonesian government is hypocritical if it lets the bylaw pass. They say they are democratic, they have ratified so many human rights instruments – why should they allow Aceh to violate basic human rights?“

The director general of regional autotomy at the Ministry of Home Affairs, Djohermansyah Djohan, previously said his department could shoot the law down if it violated human rights.

Amnesty International has expressed concern over the bylaw and has called for an end to caning in Aceh, saying it goes against international laws on torture and rights, as well as Indonesia’s own constitution.

In the new law, canings – which are carried out with thin rattan sticks in public and are aimed at humiliating, rather than causing physical pain – can be substituted with payments of pure gold or jail time.

Unanimous vote

The bylaw was unanimously passed by all factions in the local legislature.

„The people of Aceh have long been waiting for this law, for the full implementation of Islamic law in the veranda of Mecca,“ Tgk. Muhammad Harun, a spokesman for the Aceh Party, said.

Aminuddin, a spokesman for the Golkar faction, also said they have carried out several reviews and in-depth studies of the materials in the law and found that „the design is nearly perfect and the law is adequate.“

„We re grateful for the approval,“ he added.

Lawmakers also said public officials and law enforcement officers who violate the law would receive the harshest punishments. <>

with a report from Agence France-Presse/Rappler.com

 


 

Queeramnesty: Eilaktion: Gesetzesentwurf gefährdet Menschenrechte, 26. September 2014 bis 05. November 2014

http://www.queeramnesty.de/aktionen/artikel/jahr/2014/view/indonesien-eilaktion-gesetzesentwurf-gefaehrdet-menschenrechte.html
 

Die Regionalregierung der Provinz Aceh in Indonesien plant die Verabschiedung eines Schari’a-Gesetzes noch vor Ende September. Das Gesetz würde unter anderem gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen und einvernehmliche sexuelle Beziehungen außerhalb der Ehe kriminalisieren. Bei Missachtung drohen den Betroffenen bis zu 100 Peitschenhiebe.

UA-238/2014

Index: ASA 21/028/2014

Indonesische Bevölkerung

Die Regionalregierung der Provinz Aceh debattiert derzeit über einen Entwurf für ein islamisches Strafgesetz für die Provinz Aceh (Qanun Hukum Jinayat) auf Grundlage der Schari’a. Darin sind unter anderem bis zu 100 Peitschenhiebe für gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen und vor- sowie außereheliche sexuelle Beziehungen („Ehebruch“) vorgesehen. Für die Verhängung der Strafen wären islamische Gerichte zuständig. Berichten zufolge plant das Parlament der Provinz, das Gesetz noch vor Ende September zu verabschieden. Darin ist die Prügelstrafe zudem für eine Reihe weiterer Vergehen vorgesehen wie z. B. Alkoholkonsum, Glücksspiel, „Alleinsein mit einer oder einem Angehörigen des anderen Geschlechts, der oder die kein(e) Ehepartner_in oder Verwandte(r) ist“ (khalwat), sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, außerehelicher Austausch von Zärtlichkeiten sowie Beschuldigung einer Person, Ehebruch begangen zu haben, ohne aber vier Zeugen vorweisen zu können. Dem Entwurf zufolge soll das islamische Strafgesetz der Provinz Aceh sowohl auf Muslime als auch auf Nichtmuslime anwendbar sein.

Die Prügelstrafe stellt eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe dar, die gegen das Völkerrecht verstößt, insbesondere gegen Artikel 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte und die UN-Antifolterkonvention. Indonesien ist Vertragsstaat beider Übereinkommen. Den Opfern der Prügelstrafe werden Schmerzen, Angst und Erniedrigungen zugefügt und sie erleiden womöglich schwerwiegende Verletzungen.

Die Kriminalisierung von einvernehmlichen sexuellen Beziehungen verletzt das Recht auf Privatsphäre, das in Artikel 17 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte festgeschrieben ist. Gesetze, die gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen unter Strafe stellen, verstoßen gegen das Recht auf Nicht-Diskriminierung. Gleiches gilt für Gesetze gegen die Unterhaltung von außerehelichen sexuellen Beziehungen („Ehebruch“), von denen hauptsächlich Frauen betroffen sind. Trotz ihrer Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte weigert sich die indonesische Zentralregierung, die im islamischen Strafgesetz von Aceh vorgesehenen Schari’a-Bestimmungen aufzuheben, welche die Menschenrechte verletzen, und argumentiert, dass diese Gesetze Teil der besonderen Autonomieregelung mit der Provinz sind.

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

    Ich bitte Sie eindringlich, die Bestimmungen des Gesetzesentwurfs zur Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Beziehungen und außerehelicher sexueller Beziehungen aufzuheben oder zu überarbeiten, da sie die Menschenrechte verletzen.
    Ich bin sehr bestürzt, dass der Gesetzesentwurf für das islamische Strafrecht in Aceh die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Indonesiens missachten würde, insbesondere durch die Anwendung der Prügelstrafe, die eine grausame, unmenschliche und erniedrigende Strafe darstellt, und durch die Kriminalisierung von einvernehmlichen sexuellen Beziehungen, wodurch die Rechte auf Privatsphäre und Nicht-Diskriminierung verletzt werden.
    Ich bitte Sie eindringlich, alle in den vergangenen zehn Jahren in Aceh erlassenen regionalen Vorschriften zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie internationalen Menschenrechtsnormen und -standards sowie den Bestimmungen der indonesischen Verfassung im Hinblick auf die Menschenrechte und dem Gesetz zu Menschenrechten von 1999 entsprechen.

APPELLE AN

GOUVERNEUR VON ACEH
Zaini Abdullah
Office of the Governor of Aceh
Jln. T. Nyak Arief No. 219, Banda Aceh 23121
INDONESIEN
(Anrede: Dear Governor / Sehr geehrter Herr Gouverneur)
Fax: (00 62) 651 32386
E-Mail: pengelola[at]acehprov.go.id

VORSITZENDER DES PARLAMENTS VON ACEH
Hasbi Abdullah
Secretariat of DPRA
Jl. TGK. H.M. Daud Beureuh, Banda Aceh 23121
INDONESIEN
(Anrede: Dear Hasbi Abdullah / Sehr geehrter Herr Abdullah)
Fax: (00 62) 651 21638
E-Mail: dpra[at]acehprov.go.id

KOPIEN AN

INNENMINISTER
Gamawan Fauzi
Ministry of Home Affairs
Jl. Medan Merdeka Utara No.7
Jakarta Pusat 10110
INDONESIEN
Fax: (00 62) 21 385 1193
E-Mail: pusdatinkomtel[at]kemendagri.go.id

BOTSCHAFT DER REPUBLIK INDONESIEN
S. E. Herrn Fauzi Bowo
Lehrter Straße 16-17
10557 Berlin
Fax: 030-4473 7142
E-Mail: info[at]indonesian-embassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Indonesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. November 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.

HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Als Teil des Dezentralisierungsprozesses, der 1999/2000 begann, und der besonderen Autonomieregelungen mit einigen Provinzen Indonesiens, existieren vermehrt regionale Verordnungen und Vorschriften zu einer Reihe von Themen, darunter Gesundheit, Bildung und Familienangelegenheiten. Gleichzeitig haben zahlreiche Provinz- und Regionalbehörden diese Autonomieregelungen dazu genutzt, Gesetze zu erlassen, die Frauen und religiöse Minderheiten diskriminieren. Die Legislative der Provinz Aceh hat nach der Verabschiedung des Besonderen Autonomiegesetzes der Provinz im Jahr 2001 eine Reihe von Verordnungen zur Einführung des Schari’a-Rechts erlassen.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Prügelstrafe von islamischen Gerichten für eine Reihe von Vergehen verhängt werden kann, darunter „Ehebruch“, Alkoholkonsum, „Alleinsein mit einer oder einem Angehörigen des anderen Geschlechts, der oder die kein(e) Ehepartner_in oder Verwandte(r) ist“ (khalwat), für das Essen oder Trinken von Nahrungsmitteln vor Sonnenuntergang durch eine muslimische Person im Fastenmonat Ramadan oder für das „Anstiften“ einer anderen muslimischen Person, nicht am Ramadan teilzunehmen.

In den letzten vier Jahren wurde in der Provinz Aceh gegen mindestens 156 Personen die Prügelstrafe verhängt. 2010 erhielten mindestens 16 Personen Peitschenhiebe wegen Glücksspiel, khalwat, und des Verkaufens von Nahrungsmitteln während des Ramadan. 2011 waren es mindestens 72 Personen wegen Alkoholkonsum, Glücksspiel und khalwat. 2012 waren es mindestens 43 Personen wegen Glücksspiel und khalwat. 2013 waren es mindestens acht Personen wegen Glücksspiel. Im laufenden Jahr (Stand: 22. September 2014) haben bisher mindestens 17 Personen wegen Glücksspiel Peitschenhiebe erhalten.

Das islamische Strafgesetzbuch der Provinz Aceh (Qanun Hukum Jinayat), das 2009 vom Parlament der Provinz verabschiedet wurde, schreibt für „Ehebruch“ den Tod durch Steinigung und für gleichgeschlechtlichen und vorehelichen Geschlechtsverkehr bis zu 100 Peitschenhiebe vor. Der Gouverneur der Provinz weigerte sich jedoch, das Gesetzbuch anzuerkennen. Es wurde daher bisher nicht angewendet, auch aufgrund der heftigen Kritik auf der regionalen, nationalen und internationalen Ebene. Die Verurteilung zu Steinigung ist im aktuellen Entwurf nicht mehr vorhanden, die Prügelstrafe ist als Strafe jedoch weiterhin vorgesehen.

Der UN-Menschenrechtsausschuss und der UN-Ausschuss gegen Folter haben alle Staaten explizit aufgefordert, die Prügelstrafe und andere körperliche Züchtigungsstrafen abzuschaffen. 2008 hat der Ausschuss gegen Folter Indonesien ausdrücklich aufgefordert, alle nationalen und lokalen Vorschriften, die die Anwendung von körperlichen Züchtigungsstrafen als strafrechtliche Sanktion erlauben, zu prüfen mit dem Ziel, solche Bestrafungen unverzüglich abzuschaffen. 2013 forderte der UN-Menschenrechtsausschuss Indonesien auf, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um körperlichen Züchtigungsstrafen ein Ende zu setzen und die Bestimmungen des Gesetzbuchs von Aceh aufzuheben, die eine Anwendung körperlicher Züchtigungsstrafen vorsehen. Die Prügelstrafe verstößt nicht nur gegen das Völkerrecht, sondern auch gegen die Menschenrechtsbestimmungen, die sowohl in der indonesischen Verfassung als auch im indonesischen Gesetz zu Menschenrechten von 1999 festgelegt sind.

Der UN-Menschenrechtsausschuss hat bereits mehrfach die Aufhebung der Gesetze gefordert, die gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen kriminalisieren, da sie gegen die Rechte auf Privatsphäre und Nicht-Diskriminierung verstoßen. Der UN-Menschenrechtsausschuss und weitere Menschenrechtsorganisationen sind besorgt über Gesetze, die „Ehebruch“ oder die Unterhaltung von außerehelichen sexuellen Beziehungen kriminalisieren, weil sie nicht nur das Recht auf Privatsphäre verletzen, sondern auch hauptsächlich Frauen betreffen und daher diskriminierend sind. Die Menschenrechtsverpflichtungen der indonesischen Behörden gelten für alle Gesetze auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene. Daher muss die Zentralregierung sicherstellen, dass die Menschenrechte in allen Provinzen und autonomen Regionen unabhängig der internen Führungsstruktur geachtet werden. Gemäß dem Völkerrecht können die Staaten nicht die Bestimmungen nationaler Gesetze als Begründung für die Missachtung ihrer internationalen Menschenrechtsverpflichtungen heranziehen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

 –  Urging the authorities to repeal or revise these provisions of the draft bylaw, which violate human rights.
 –  Expressing concern that the draft bylaw in Aceh would violate Indonesia’s international human rights obligations, particularly by providing for caning, which is a cruel, inhuman and degrading punishment, and by criminalizing consensual sexual relations in violation of the rights to privacy and non-discrimination.
 – Calling on authorities both at Aceh and national level to undertake a review of all local regulations that have been put in place in the last decade in Aceh, to ensure that they are in full conformity with international human rights law and standards, as well as with human rights provisions set out in Indonesia’s Constitution and the 1999 Law on Human Rights.


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