Information und Analyse

Illegal trotz neuem Abkommen

 

Information und Analyse, 25. Oktober 2013

Forest Law Enforcement, Governance and Trade – FLEGT

 

 von Johanna Lein

 

 Auch das neue Abkommen zwischen der EU und Indonesien wird den Handel mit illegalem Holz und Holzprodukten nicht verhindern können

 

FLEGTIm September haben die EU-Mitgliedsstaaten und Indonesien ein freiwilliges Partnerabkommen (VPA; Voluntary Partner Agreement) zum Handel mit Holz und Holzprodukten geschlossen, das derzeit von beiden Seiten ratifiziert wird.

Die Weltbank fördert seit der Ostasiatischen Ministerkonferenz zu FLEG (Forest Law Enforcement and Governance) auf Bali, Indonesien im Jahr 2001 regionale Abkommen, in denen sich die unterzeichnenden Länder auf gewisse Maßnahmen zum Handel mit Holz und Holzprodukten einigen. Zwei Jahre später ergänzte die EU das Abkommen durch das Wort Trade – Handel.

Indonesien ist zu 70 Prozent oder 134 Millionen ha seiner Landmasse bewaldet, seine Holzexporte und Holzprodukte sind wichtige nationale Wirtschaftsfaktoren. Der Waldsektor allein trägt mit etwa einem Prozent zum BIP Indonesiens bei; Produkte, die auf gerodeten Waldgebieten angebaut werden, nicht eingerechnet.

Einer der Hauptgründe für illegale Rodung sind die Überkapazitäten der holzverarbeitenden Industrie. Während die legale Produktion von Holz etwa 17 Millionen m3 beträgt, besitzt die holzverarbeitende Industrie eine Kapazität von etwa 74 Millionen m3(ICS: Briefing Paper on Timber Industry and FLEGT Initiative). Eine Studie belegt, dass im Jahr 2003 etwa 75 Prozent oder 40 Millionen m3 des gesamten verarbeiteten Holzes aus illegalen Quellen kam. Würden dabei auch kleinere Sägewerke, die vorwiegend illegal arbeiten, einbegriffen, würde diese Zahl wohl noch deutlich höher ausfallen. Aus diesen Zahlen spricht die übermäßige Abholzung von Wald, und eine dementsprechend wenig nachhaltige Forstwirtschaft (WRI Forest Note: Brigding the information gap).

FLEGT-Maßnahmen zielen darauf ab, durch Unterstützung von guter Regierungsführung und Rechtsdurchsetzung einen wirksamen Beitrag zur Erreichung von Legalität, nachhaltiger Naturressourcennutzung und nachhaltiger Entwicklung auf der lokalen und nationalen Ebene zu leisten. Damit tragen sie zur Existenzsicherung der in Wäldern und von Waldprodukten lebenden Bevölkerung bei und leisten einen konkreten Beitrag zur Armutsbekämpfung. Ein weiteres Ziel ist auch, die Geldwäsche-Regelungen der EU auf illegalen Holzhandel zu übertragen sowie die Respektierung von Besitztiteln oder Rechten auf Landnutzung und Ressourcen, auf die möglicherweise bestehende Holzernteerlaubnisse Einfluss haben könnten (aus: BMZ 2007).

Bereits 2003 begann Indonesien damit, das indonesische System für Legalitätsprüfung »Indonesian Sistem Verifikasi Legalitas Kayu; SVLK« einzurichten. SVLK bereitet das Partnerabkommen national vor. »Legalität« in SVLK bezieht sich vor allem auf das System der Lizenzvergabe für legale Rodung durch das Forstministerium und die Glaubwürdigkeit der Vergabestelle dieser Lizenzen, die Holzproduktion sowie ökologische und soziale Aspekte des Forstmanagements. Die Forstfirmen werden in SVLK auf Steuerzahlungen sowie eine gute Informationslage zu Produktion und Investitionsvorhaben geprüft.

Für Forstfirmen gibt es durch das indonesische Dekret zum SVLK zwei Möglichkeiten, das Label zu erhalten. Durch nachhaltiges Forstmanagement »Pengelolaan Hutan Produksi Lestari; PHPL« oder durch die Überprüfung der Legalität des Holzes »Verifikasi Legalitas Kayu; VLK«. Im Jahr 2013 erhielten über 141 holzverarbeitende Firmen, 37 Sperrholzfirmen und 11 Papierfabriken eines der beiden Labels.

Die Möglichkeiten der Zertifizierung von FLEGT sind keine geeigneten Mittel, um auf den illegalen Handel und die massive illegale Abholzung von Wald in Indonesien zu reagieren. Die Probleme, die illegalen Handel mit Holz und Holzprodukten aus Indonesien möglich machen, werden damit nicht beseitigt:

Problem 1: Korruption

In der Durchsetzung dieses Abkommens gibt es Schwierigkeiten, die an der Glaubwürdigkeit der Rechtmäßigkeit des Holzeinschlags und der Nachhaltigkeit des Holzanbaus Zweifel aufkommen lassen. Beispielsweise hat die Antikorruptionskommission (Komisi Pemberantasan Korupsi; KPK) den Gouverneur der Provinz Riau auf Sumatra beschuldigt, korrumpierte Genehmigungen für SVLK an 14 Forstfirmen vergeben zu haben, von denen 3 SVLK-PHPL-Zertifikate und 7 SVLK-VLK-Zertifikate erhalten haben. Wie mit solchen rechtlichen Fakten die sozialen und ökologischen Ziele des FLEGT eingehalten werden können, ist fraglich.

Problem 2: Soziale Folgen der Abholzung

Die Implementation von Free, Prior and Informed Consent (Freie Einwilligung nach vorhergehender fundierter Information; FPIC) und Konfliktlösung ist eines der Ziele von FLEGT. In Indonesien leben mehr als 60 Millionen Menschen in Waldgebieten und verstoßen damit gegen das Gesetz No. 41/1999. Einige dieser Wohngebiete liegen auf Waldgebieten, die SVLK-Zertifikate innehaben. In Jambi, einer Provinz in Sumatra, sind fast alle Unternehmen mit SVLK-Zertifikat in Konflikt mit im Wald lebenden Gemeinschaften wie indigenen Bewohner_innen, Bauern und Bäuerinnen oder lokalen Gemeinden. Solche Konflikte führen häufig zu ernsthaften Verletzungen und Toten unter den Bewohner_innen. Gegenüber Watch Indonesia! merkt Rivani Noor von CAPPA, einer indonesischen Nichtregierungsorganisation mit Fokus auf Holzplantagen, nachhaltiger Entwicklung und Menschenrechte für ökologische Gerechtigkeit an: »Wie kann sich FLEGT zu Konsens mit den Menschen vor Ort aussprechen, während weiterhin Konflikte entstehen? Können wir behaupten, dass Firmen für das Label in Betracht kommen (are eligible for the V-Label) und ihnen den Handel mit EU-Staaten erlauben, während es wahrscheinlich ist, dass es zu Konflikten und Gewalt kommt?« Eine Änderung der Forstgesetze wäre als Konfliktlösungsstrategie wohl eher geeignet als ein Abkommen mit der EU.

Problem 3: Rechtliche Grundlagen für Forstzertifikate

Erlaubnisse für das Management von Waldgebieten durch Unternehmen werden durch das Gesetz No. 41/1999 geregelt. Jedoch sind nach Aussagen von UKP4 (Unit Kerja Presiden Bidang Pengawasan dan Pengendalian Pembangunan  – Arbeitseinheit des Präsidenten für Überwachung und Entwicklungsmanagement) bisher nur 14 Millionen Hektar, also 12 Prozent der gesamten Waldfläche erfasst, davon liegt der größte Anteil in Schutzgebieten (Participatory Government Assessment 2012). Trotzdem wurden Genehmigungen zur Abholzung an Unternehmen vergeben. Dementsprechend ist es wahrscheinlich, dass auch SVLK-Zertifikate an Unternehmen verteilt wurden, deren Wald bisher keinen klaren Status und keine klare Begrenzung hat.

Problem 4: Umschiffung des Abkommens

Holzprodukte und Holz können über andere Länder in die Zielländer importiert werden, die keine FLEGT-Abkommen mit den Abnehmerländern geschlossen haben. Bisher gibt es keine Regelung für die Verschiffung von illegalem Holz über andere Staaten und der Einfuhr in Zielländer. (BMZ 2007) 

Problem 5: Kosten der Herkunftsnachweise für kleinere Unternehmen

Jedes Unternehmen muss eine Legalitäts- und Herkunftsprüfung des bezogenen Holzes nachweisen. Das ist besonders für kleinere holzverarbeitende Unternehmen kostenintensiv.
 
 

Zum Weiterlesen:

Deutscher Naturschutzring, DNR, 30.9.13; EU schließt Abkommen mit Indonesien gegen illegale Abholzung:: http://www.eu-koordination.de/umweltnews/news/naturschutz-biodiversitaet/2296-eu-schliesst-abkommen-mit-indonesien-gegen-illegale-abholzung

EU, Forstministerium Indonesien, Direktor für Forstproduktmanagement und -verarbeitung 2011; FLEGT Voluntary Partnership Agreement Between Indonesia and the European Union; Briefing Note: http://www.efi.int/files/attachments/euflegt/briefing_note_indonesia__en_.pdf

ICS: Briefing Paper on Timber Industry and FLEGT Initiative: http://loggingoff.info/sites/loggingoff.info/files/Ind%20-%20NGO%20briefing%20paper%20on%20timber%20industry%20and%20FLEGT%20in%20Indonesia.pdf

BMZ 2007; FLEGT–Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung: http://www.bmz.de/de/publikationen/themen/internationale_zusammenarbeit/Materialie179.pdf

WRI 2009; Forest Note; Brigding the information gap: http://pdf.wri.org/bridging_the_information_gap.pdf

EU 2012: http://www.euflegt.efi.int/files/attachments/euflegt/baseline_study_-_indonesia__final.pdf

Participatory Government Assessment: The 2012 Indonesia Forest, Land and REDD+ Governance Index: http://www.undp.org/content/dam/indonesia/docs/envi/PGA%20Report%20English%20Final.pdf


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