Indonesien-Information - September 1993 (NGOs)

NGOs in Indonesien

Opposition im Ausland...

"Macam-macam" bedeutet im Indonesischen soviel wie "Verschiedenes", das Verbot "Jangan macam-macam" dagegen meint "Mach keine Dummheiten." - Ein Satz, den sich Indonesier in Deutschland immer mal wieder sagen lassen müssen, wenn sie mit Angehörigen des indonesischen Konsulats zusammentreffen; spätestens also dann, wenn es nötig wird, den Paß zu verlängern. Mit jenen "Dummheiten" ist - unausgesprochen, aber von jedem so verstanden - politisches Engagement gemeint. Bei Zuwiderhandeln besteht die Gefahr, daß der Paß nicht verlängert oder gar für immer eingezogen wird. Eine Drohung, die ebenfalls nicht ausgesprochen werden muß, da es ausreichend bekannte Beispiele gibt. Allein der Kontakt zu indonesischen Oppositionellen kann ähnlich unangenehme Folgen haben, wobei die potentielle Gefahr ausreicht, viele in Deutschland lebende Indonesier davor zurückschrecken zu lassen, an Veranstaltungen zu politisch brisanten Themen, die Indonesien betreffen, teilzunehmen oder sich anderweitig mit Problemen wie Umweltzerstörung, Pressezensur, Menschenrechtsverletzungen usw. in Indonesien auseinanderzusetzen. Auf diese Weise wacht die indonesische Regierung über ihre Landsleute im Ausland, wobei insbesondere darauf geachtet wird, daß sich Studenten, die doch später, in die Heimat zurückgekehrt, der städtischen Bildungselite angehören werden, nicht etwa von demokratischen Ideen "infizieren" lassen.

...und in Indonesien

Wie aber sieht es mit oppositionellen Bewegungen in Indonesien selbst aus? Schaut man sich unter der seit Mitte der 80er Jahre stark angewachsenen NGO-Szene um, ist der erste Eindruck äußerst verwirrend - "macam-macam" eben: Von den großen institutionalisierten Stiftungen in Jakarta reicht die Palette über kleinere Selbsthilfeorganisationen im ganzen Land bis zu halblegalen Aktionsgruppen, die v.a. spontan auf aktuelle Geschehnisse reagieren. Themenschwerpunkte sind u.a. Umweltprobleme; die wirtschaftliche Selbstorganisation von ArbeiterInnen im sog. "informellen Sektor", also den fliegenden Händlern, Kleinhandwerkern, Müllsammlern, Kleinbauern usw.; Landkonflikte und Menschenrechte, wobei die Haltung der NGOs gegenüber der Regierung z.T. opportunistisch, z.T. äußerst kritisch aussieht. Gespräche mit Aktivisten von verschiedenen Gruppen spiegeln außerdem eine starke Zerstrittenheit unter den einzelnen NGOs wieder.

Nicht einfach also, ein einheitliches Bild zu erhalten, aus dem man leicht Schlüsse über Perspektiven und Chancen der NGOs in einem möglichen Demokratisierungsprozeß oder eventuell eine sinnvolle Unterstützung durch das Ausland ziehen könnte. Für eine solche Einschätzung ist es notwendig, auch geschichtliche sowie außen- und innenpolitische Bestimmungsfaktoren zu berücksichtigen: Voraussetzungen des politischen Systems, wirtschaftliche und sozio-kulturelle Aspekte, die das Indonesien unter Suhartos 'Neuer Ordnung' prägen. Erst in diesem Zusammenhang sind das Entstehen, die Entwicklung der verschiedenen NGOs, ihre Ziele und Strategien verständlich, Chancen und Hindernisse auszumachen.

Demokratie nur als Fassade

Indonesiens Fassade eines modernen, demokratischen Staates dient unbestreitbar zu nichts anderem als der Legitimierung eines in Wirklichkeit autoritären Regimes. Seit dessen Etablierung, die auf der physischen und psychischen Ausschaltung des politischen Gegners, d.h. aller linken Kräfte, insbesondere der PKI '65/66 beruht, liegt die politische Entscheidungsgewalt in den Händen einer kleinen Elite von Militärs und Technokraten. Die drei zugelassenen Parteien, von denen die stärkste die staatstragende Golkar ist, stellen keine echte Opposition dar. Das Militär übt auf Grund seiner gesetzlich gesicherten Doppelfunktion auf militärischen und zivilem Gebiet entscheidenden Einfluß auf alle gesellschaftlichen Bereiche aus. Ferner stützt sich Präsident Suharto auf ein gut ausgebautes Staatssicherheitssystem, das - verquickt mit Militär und Verwaltung - bis auf Dorfebene reicht. Die gezielte Entpolitisierung der Gesellschaft in den 70er Jahren, scharfes Vorgehen gegen Regierungskritiker, Unterdrückung von Presse- und Meinungsfreiheit und nicht zuletzt die traumatische Erinnerung an die Geschehnisse von 65/66, als ca. 1 Mio. Menschen auf grausamste Weise abgeschlachtet wurden, haben in Indonesien ein politisches Klima geschaffen, in dem Widerstand gegen die Regierung und ihre Politik die große Ausnahme bildet und bisher ohne Chancen blieb.

In Bezug auf die NGOs wurde '85 von der Regierung das sogenannte Ormas-Gesetz erlassen, das v.a. sozial engagierte Organisationen in ihren Aktivitäten einschränken sollte. Es legt fest, in welchem Umfang und in welchen Bereichen NGOs am nationalen Entwicklungsprozeß teilnehmen dürfen. Ein in das Gesetz integriertes Statement des ehemaligen Umwelt- und Bevölkerungsministers Emil Salim verdeutlicht dies noch einmal: "Solange die Differenzen zwischen NGOs und Regierung nur die Form der Durchführung von Entwicklungsprojekten betreffen, ist ihr Existenzrecht garantiert; betreffen sie aber ideologische Aspekte, hat die NGO ganz klar ihr Existenzrecht verspielt."

Neben dem Anti-Subversionsgesetz ist das Ormas-Gesetz ein weiteres, nun speziell auf die seit Anfang der 80er Jahre an Bedeutung gewinnenden NGOs zugeschnittenes Gesetz, das jegliche nicht regierungsloyalen Aktivitäten verhindern soll.

Die javanische Tradition - heute ein Mittel der Unterdrückung

Trotz der westlichen Einflüsse, die vor allem in den Städten immer sichtbarer vordringen, spielen traditionelle Werte bis heute eine große Rolle. Wegen der Dominanz der Javaner gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen Indonesiens sowie der Tatsache, daß sich die meisten NGOs auf Java befinden, erscheint es in diesem Zusammenhang auch deshalb sinnvoll, auf einige Punkte der javanischen Philosophie hinzuweisen, weil sie seit der Machtübernahme Suhartos immer wieder als "kulturelle Begründung" für das rigide Niederhalten jeglicher gesellschaftlicher Konflikte benutzt wurde.

Das spirituelle Machtverständnis im javanischen Weltbild räumt dem Herrscher einen zentralen Platz ein, womit sowohl die dominierende Stellung des Präsidenten legitimiert wird, wie auch die Tatsache, daß Indonesien trotz Größe und ethnischer Heterogenität ein zentralistischer Einheitsstat und nicht etwa föderalistisch strukturiert ist.

Die zweite Prämisse, das Streben nach Harmonie in der Gesellschaft wurzelte ursprünglich in dem Glauben, daß Menschenwelt und übernatürlicher Kosmos aufs engste miteinander verbunden sind; Konflikte unter den Menschen also Auswirkungen auf das kosmische Gleichgewicht der Welt haben und letztendlich Naturkatastophen, Mißernten und dergleichen auslösen können. Wichtigste Verhaltensweisen, die sich aus diesem Weltbild ableiten, sind erstens die Vermeidung von offenen Konfliktausbrüchen, verwirklicht durch die Entscheidungsfindung durch gemeinsame Beratung bis zur Konsensfindung, nach der auch das Parlament heute nicht nach Mehrheiten Entschlüsse faßt, sondern (vorgefaßte) Entscheidungen einstimmig absegnet. Zweitens soll durch die Einhaltung des Respektsprinzips, d.h. der Anerkennung des vom Schicksal zugeteilten Platzes eines jeden in der Gesellschaft, die allgemeine Harmonie gesichert werden.

Die Übertragung dieser Prinzipien, die in der Vergangenheit das dörfliche Leben in Java organisierten, auf die Institutionen eines modernen Nationalsaates machen sie heute v.a. zu einem Instrument der Unterdrückung jeglicher Opposition und politischen Auseinandersetzung, was schon der frühere Präsident Sukarno mit seiner 'Gelenkten Demokratie' von 1959-65 eingeleitet hatte.

Entwicklungspolitik der Neuen Ordnung: Modernisierung auf Kosten der Armen

Gleich nach der Machtübernahme durch Suharto wurde schon 1966 die anti-imperialistische, auf eine autarke Wirtschaft setzende Politik Sukarnos von der Öffnung zum Westen, d.h. insbeondere der Öffnung für ausländisches Kapital abgelöst. Auf der Grundlage innenpolitischer Stabilität sollte nun eine sozio-ökonomische Modernisierung und wirtschaftliches Wachstum erreicht werden. In der Folgezeit zeigte sich jedoch schnell, daß die unbestreitbaren ökonomischen Erfolge, wie z.B. des Bimas-Programms (der indonesischen "Grünen Revolution"), von negativen 'Nebenwirkungen' auf sozialem und ökologischen Gebiet begleitet waren: Verarmung der Landbevölkerung, Landflucht, Umweltschäden waren auch Konsequenzen des Bimas-Programms. Der Zerfall der Erdölpreise, Mißerfolge vieler wachstums- und einkommensfördernder Maßnahmen leiteten dann Anfang der 80er Jahre die Wirtschaftskrise ein. Weitere Probleme sind für Indonesien das Bevölkerungswachstum, Landverknappung (v.a. auf Java) sowie steigende Arbeitslosigkeit. Seit 1984 werden NGOs offiziell als "Partner der Regierung" anerkannt. Ein Grund dafür war das Vorhaben, nationale Entwicklungsprojekte mit Hilfe der NGOs besser planen und implementieren zu können, da diese durch ihre Erfahrung auf Graswurzelebene und ihre weniger bürokratische Arbeitsweise in diesem Bereich effizienter arbeiten als Regierungsinstitutionen. Außerdem wurde dabei die Tatsache miteinkalkuliert, daß NGOs von ausländischen Organisationen nicht unwesentliche Summen an Entwicklungshilfegeldern zufließen.

Daß der indonesische Staat bemüht ist, auf jede ökonomische oder politische Aktion Einfluß zu nehmen, zeigt sich besonders deutlich auch hinsichtlich der Entwicklungspolitik. Entwicklung ist einerseits ein entscheidender Legitimationsgrund des Führungsanspruchs der Elite (so läßt sich Suharto als 'Vater des Aufbaus' feiern), stellt aber auch eine wesentliche Einkommensquelle für die Staatsbeamten dar.

Geschichtliche Entwicklung der NGOs

Allgemein wird auf die Ähnlichkeit der Gründung von Nichtregierungsorganisationen am Anfang dieses Jahrhunderts, die die ersten Zellen der aufkeimenden nationalen Bewegung darstellten, und den heutigen NGOs hingewiesen. Übereinstimmend ist wohl, daß die Gründung meist von einer Gruppe oder Person ausgeht, die mit den politischen bzw. sozio-ökonomischen Verhältnissen unzufrieden ist. Meistens handelt es sich hierbei um Studenten und Intellektuelle, also Angehörige der Mittelschicht, die sich jedoch selbst als Fürsprecher der sozial Marginalisierten verstehen. Während das Ziel der nationalen Bewegung aber die Unabhängigkeit Indonesiens war, streben die NGOs heute eine nationale Entwicklung in Richtung Partizipation, Liberalisierung und Demokratisierung an.

NGOs im Spiegel der Entwicklungspolitik

Der Werdegang der NGOs in Indonesien ist vor dem Hintergrund der von der Regierung verfolgten Entwicklungspolitik zu sehen. In der ersten Phase der 'Neuen Ordnung' gründeten sich NGOs v.a. auf Grund des Mangels bzw. des Fehlens sozialer, ökonomischer und ökologischer Konzepte, die der breiten Masse der Bevölkerung zu Gute gekommen wären. Es entstanden zu Beginn der 70er Jahre die heute großen, auffallend bürokratischen "BINGOS" (Big NGOs) wie z.B. das Rechtshilfeinstitut LBH, das neben seiner Zentrale in Jakarta über Filialen in großen Städten auf Java, Sumatra, Sulawesi und Kalimantan verfügt. Ein anderes Beispiel ist die Umwelt-NGO Walhi, die in enger Verbindung mit dem Ministerium für Umwelt und Bevölkerung steht oder die Stiftung Bina Desa, die v.a. landwirtschaftliche Entwicklungsprojekte initiiert und fördert. Allen dreien ist gemeinsam, daß sie inzwischen ähnlich wie Regierungsistitutionen zentralistisch und bürokratisch organisiert sind. Folge davon ist, daß der ursprüngliche Anspruch, als Mittler zwischen Regierung und Bevölkerung aufzutreten, immer deutlicher von der Realität abweicht. Ein direkter Bezug zu den (ländlichen) Zielgruppen besteht kaum. Außerdem fällt auf, daß sich die interne Organisation stark auf Führungs- bzw. Gründungspersönlichkeiten bezieht, deren Hauptaktivitäten wiederum oft mehr auf Außenkontakte, z.B. zu Geberorganisationen, konzentriert sind als auf die interne Arbeit. Da oft gute - in der Regel persönliche - Kontakte zu staatlichen Stellen, Universitäten, Parteien, religiösen Gruppen und anderen NGOs bestehen, sind andererseits eher Einflußmöglichkeiten der BINGOs auf staatliche Entwicklungsprogramme gegeben.

Die "BINGOs": ...z.B. LBH...

Ursache für die Gründung der LBH (Lembaga Bantuan Hukum) wie auch Lembaga Pembela Hak Hak Asasi Manusia (Stiftung zur Verteidigung der Menschenrechte) waren Lücken im indonesischen Rechtssystem. Die Gründer (u.a. Buyung Nasution) waren anfangs Befürworter und Unterstützer der Neuen Ordnung gewesen, die hofften, das unter Sukarno nicht erreichte Rechtssytem aufbauen zu können. Durch Kontakte zur politischen Machtelite wie dem persönlichen Berater Suhartos Ali Murpoto und Ali Sadikin (Gouverneur von Jakarta), sowie zu bekannten Intellektuellen (Mochtar Lubis/ Journalist; Arief Budiman/ Soziologe; H.J.C. Princen, Yap Thiam Hien/Anwälte u.a.) wurde Ende '69 die offizielle Erlaubnis vom Justizministerium für die Gründung der LBH erreicht.

Ziele der LBH waren das Angebot einer umfassenden, kostenlosen Rechtshilfe für sozial Schwache, ferner die Steigerung des Rechtsbewußtseins in der Bevölkerung sowie Schutz und Verwirklichung des Rechts im Einklang mit der Entwicklung der Gesellschaft. Erreicht werden sollte dies durch Rechtshilfe und Verteidigung vor Gericht, die Förderung von Diskussionen und Publikationen zur Rechtslage, Zusammenarbeit mit Regierungsstellen und NGOs und die Veranstaltung von Rechtshilfekursen für Jurastudenten.

Mitte der 70er Jahre betreute die LBH in erster Linie individuelle Fälle wie die Verteidigung von PKI-Verdächtigten, die auch nach der Ermordungswelle '65/66 weiterhin verfolgt wurden. Ferner übernahm die LBH die Verteidigung von Studentenaktivisten, die Anfang der 70er Jahre gegen Einzelaspekte der Politik der Neuen Ordnung protestiert hatten und sich '78/79 gegen das Suharto-Regime selbst wandten. Später kamen Fälle von Dissidenten aus islamischen Kreisen hinzu, die nicht mit der ideologischen Gleichschaltung aller gesellschaftlichen Gruppen auf die Staatsideologie Pancasila einverstanden waren.

Die anfangs rein sozial, jedoch unpolitisch ausgerichteten Rechtsanwälte, deren Tätigkeitsfeld sich noch weitgehend auf das städtische Umfeld konzentrierte, erkannten über ihre Arbeit mit der Zeit die soziale, ökonomische, politische und kulturelle Problematik der Rechtsfälle, mit denen sie beschäftigt waren.

Deshalb wurde Ende der 70er Jahre das schon seit '75 diskutierte Konzept einer 'strukturellen Rechtshilfe' zum Leitfaden der LBH. Mitarbeiter aus anderen (sozialen, wirtschaftlichen und politischen) Bereichen kamen hinzu, es wurde Gewicht auf Rechts- und Sozialforschung gelegt und neben den bisherigen Zielen sollte nun langfristig eine Veränderung der Rechtssituation durch Gesetzesänderungen angestrebt werden. Ein neues Feld war außerdem die Rechtssituation auf dem Land, da zunehmend Fälle im Zusammenhang mit Landkonflikten von der LBH übernommen wurden.

Darüber geriet die LBH mehr und mehr in Opposition zur Regierung, insbesondere durch die Verteidigung brisanter Fälle, z.B. die Verteidigung gegen Massenentlassungen und Unterbezahlung protestierender Arbeiter oder diejenige von Bauern, deren Land ohne gerechte Kompensationszahlungen enteignet worden war. LBHs Popularität, internationale und nationale Rückendeckung ermöglichten jedoch ihr Überleben. Die staatliche Finanzierung wurde gestrichen, weshalb die LBH auf Geberorganisationen angewiesen ist. Charakteristisch für die LBH als BINGO ist ihre Größe. Inzwischen gibt es neben der Zentrale in Jakarta (Yayasan LBH Indonesia) LBH-Zweigstellen in Medan, Padang, Palembang, Jambi (Sumatra); Bandung, Yogya, Semarang, Surabaya (Java), Manado, Ujung Panjang (Sulawesi) und Banjarmassin (Kalimantan). Diese Ausdehnung bewirkt eine verstärkte Bürokratisierung. Außerdem war die LBH von Anfang an von patrimonialen Strukturen geprägt. Buyung Nasution, der bis '80 Vorsitzender der LBH war, dominierte wesentlich die Führung der Organisation. Seine Nachfolger stehen unter dem Zwang, mit dem Erbe einer starken 'leadership' konkurrieren zu müssen.

...oder WALHI

Seit Mitte der 70er Jahre entstanden in Indonesien vermehrt Umweltgruppen, die jedoch weniger mit den Ökologiebewegungen westlicher Industrieländer vergleichbar sind, sondern sich eher um eine Verbindung von akademischen Wissen und traditioneller Naturverbundenheit bemühten. Auf Grund der in den 70ern eingeleiteten Entpolitisierungskampagne an den Universitäten blieben für viele Studenten nur noch Aktivitätsmöglichkeiten in unpolitischen Naturliebhaber-, Bergsteigervereinen und dergleichen erhalten. Diese, wie auch Studenten naturwissenschaftlicher Fachgebiete setzten sich vermehrt mit ökologischen Problemen auseinander und kritisierten, daß landwirtschaftliche Entwicklungskonzepte das traditionelle Wissen der Bevöklerung ignorierten, modernes Wissen jedoch auch nicht vermittelt wurde.

1979 wurde aufgrund der lauter werdenden Stimmen internationaler und nationaler Umweltbewegungen das Ministerium für Umwelt und Bevölkerung unter Emil Salim eingerichtet, das jedoch ohne Portfolio und z.B. im Gegensatz zum Forstministerium machtlos ist. Da es weder über den notwendigen Apparat, noch Erfahrungen verfügte, arbeitete es mit den bestehenden Umweltgruppen in Jakarta zusammen, die z.T. auch im Gebäude des Umweltministeriums untergebracht waren. Diese enge Zusammenarbeit läßt einerseits auf eine relativ liberale Haltung der Regierung (vertreten durch Emil Salim) schließen, andererseits aber auch auf Kooptierung und Kontrolle der Umwelt-NGOs.

Initiiert von Emil Salim und Akademikern, die sich mit Umweltfragen beschäftigten, wurde 1980 WALHI als nationales Kommunikations- und Informationsnetz für Umweltgruppen gegründet. Auch WALHI hatte sein Büro bis '83 im Gebäude des Umweltministeriums und steht bis heute v.a. über persönliche Kontakte in Verbindung mit der Regierung. Gleichzeitig wurden verstärkt Beziehungen zu Umwelt-NGOs auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene aufgebaut.

Neben anfangs vorwiegenden Aktivitäten im technisch-wissenschaftlichen Bereich und der Informationssammlung über die Rolle von Ökosystemen etc. versuchte WALHI, über die Vernetzung einen Kontakt zwischen Regierung und Basis herzustellen, nach dem Modell: "Führung von oben, Mobilisierung von unten." WALHI entwickelt und unterstützt Umweltprojekte von NGOs, bietet Bildungsprogramme zu Umweltthemen für NGOs an und übernimmt Mittlerfunktion zwischen LSMs und Geberorganisationen. Im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit bringt WALHI in Form von fachspezifischen Pressestatements Alternativvorschläge zu Regierungsprogrammen ein, äußert jedoch keine direkte Kritik an der Politik. WALHI war an der Vorbereitung des '82 verabschiedeten Umweltrahmengesetzes beteiligt, das Richtlinien und die Rolle von Umwelt-LSMs als Mitwirkende im Entwicklungsprozeß festschreibt. Auf Grund seiner Struktur und Größe ist WALHI den BINGOS zuzurechnen. Trotz des partizipatorischen Anspruchs ist gerade wegen der Regierungsnähe und bürokratischer Arbeitsweise fraglich, ob die Probleme von Basisgruppen ausschlaggebend für Entscheidungsfindungen sind.

Im nächsten Heft: NGOs seit den 80er Jahren

Literatur zum Thema: Ulrike Frings - Rolle und Funktion nichtstaatlicher Organisationen in Indonesien; Mitteilungen des Instituts für Asienkunde Hamburg, 1991

 
 
 
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