Indonesien-Information - September 1992 (Rüstungsexporte)

 

Deutsche Rüstungsexporte nach Indonesien


Indonesien gehört neben Malaysia, Thailand, Singapur, Brunei und den Philippinen zu den sogenannten „ASEAN-Staaten“. Die “Association of South-East Asian Countries” (ASEAN) wurde 1967 gegründet. Ziel von ASEAN ist
- die Stärkung der wirtschaftlichen und sozialen Stabilität der Region
- und die Sicherung ihrer friedlichen und nationalen Entwicklung.

Was sich die Regierung verspricht

Seit 1985 sind die ASEAN-Staaten der NATO formal gleichgestellt. D.h. für Exporte von Rüstungsgütern gelten für Indonesien die gleichen „laschen“ Bedingungen wie z.B. für Rüstungsexporte in das NATO-Land Belgien. Die Bundesrepublik ist nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant in diese Staaten. An erster Stelle der deutschen Exportadressaten innerhalb ASEANs steht Indonesien. Welche Absichten verfolgt die Bundesregierung mit ihren Rüstungslieferungen nach Indonesien?

1. Indonesien verfügt über ein kapitalistisches Wirtschaftssystem und gilt als zahlungsfähig. Ein Ausbau der Handelsbeziehungen soll nicht durch die Verweigerung von Rüstungsexporten behindert werden. Im Gegenteil: Die Regierung in Bonn verspricht sich von den Rüstungslieferungen kommerzielle Folgegeschäfte für die deutsche Industrie. Nicht zuletzt deshalb, weil die indonesischen Streitkräfte eigene Fabriken und Kooperationen besitzen: zum Beispiel das größte Fahrzeugwerk Gautra Mataram. Diese werden wie privatwirtschaftliche Betriebe geführt. Dementsprechend werden die Offiziere nicht nur für den militärischen Einsatz, sondern auch für Positionen in Behörden und Betrieben ausgebildet.

2. Von Politikern wird die sogenannte innere Stabilität Indonesiens gelobt, wobei es keine Rolle zu spielen scheint, daß diese „Stabilität“ mit innerer Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen erkauft wird.

3. Das Rüstungs- und Militärpotential in Indonesien gilt als ausbaufähig. Durch rechtzeitige Waffenlieferungen versucht die Bundesrepublik Indonesien an spezifische Waffensysteme und deren Nachfolgesysteme zu binden. Dies könnte für die bundesdeutsche Rüstungsindustrie einen wichtigen Auftragsschub bedeuten.

Deutsche Hubschrauber in Ost-Timor

Zu den wichtigsten Verbündeten der indonesischen Militärmacht zählt die Münchener Firma Messerschmidt-Bölkow-Blohm (MBB), die seit 1989 zum Daimler-Benz-Konzern gehört. Schlüsselfigur in der Zusammenarbeit zwischen dem Luft- und Raumfahrtkonzern MBB und Indonesien ist der indonesische Forschungsminister Jusuf Bachardudin Habibie. Er studierte in Aachen an der Rheinisch Westfälischen TH Ingenieurwissenschaften und wurde dort 1988 mit der Ehrenwürde ausgezeichnet.

Nach seiner Promotion war Dr. Habibie Abteilungsleiter bei MBB. 1975 berief Präsident Suharto Habibie nach Indonesien, um ihm den Aufbau einer Luft- und Raumfahrtindustrie zu übertragen. Bereits 1975, im Jahr der Invasion von Ost-Timor, schlossen MBB und der staatliche indonesische Luft- und Raumfahrtkonzern IPTN einen Vertrag über die Lizenzproduktion von BO 105 Hubschraubern. In der gemeinsamen Produktionsstätte sind heute mehr als 13.000 Beschäftigte tätig. Bis zum Jahr 2000 plant Habibie 60.000 Arbeitsplätze allein in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Die BO 105 Hubschrauber dienen nicht nur zivilen Zwecken. Auf einer Militärschau flog dieser Hubschraubertyp mit Maschinengewehren, Luft-Luft- und Luft-Boden-Raketen ausgestattet, Manöverübungen. Unter den interessierten Beobachtern der Flugschau befanden sich die Militärattachés aus Malaysia, Pakistan, Burma, Thailand und - interessanterweise - dem Irak.

Als das portugiesische Fernsehen nachweisen konnte, daß BO 105 Hubschrauber im Krieg gegen Ost-Timor eingesetzt werden, hielt die Bundesregierung es nicht für notwendig, gegen die Praktiken von MBB vorzugehen. Ihre Genehmigungsbehörde, das Bundesamt für Wirtschaft in Eschborn geht bei ihren Genehmigungen immer wieder von einer zivilen Nutzung zum Beispiel des BO 105 aus. Da befindet sich das Amt im offenen Gegensatz zu MBB: Denn MBB wirbt ganz unverhüllt für den „militärischen Mehrzweckhubschrauber BO 105“.

Fliegender Feldherrenhügel

1983 beschlossen MBB und IPTN die Serienproduktion des Hubschraubers BK-117, der von Soldaten auch als „fliegender Feldherrenhügel“ bezeichnet wird. Er verfügt über Maschinengewehre, das Panzerabwehrsystem HOT und moderne Beobachtungs- bzw. Überwachungselektronik. Von ihm existiert eine Armee- und Polizeiversion. Die indonesische Polizei ist neben der Luftwaffe, dem Heer und der Marine die vierte Teilstreitkraft. Sie untersteht deshalb dem Verteidigungsministerium und wird auch zur Unterdrückung der Ost-Timoresen eingesetzt. Seit 1974 wurden in der Polizeiführungsakademie Münster-Hiltrup mindestens 30 Polizeioffiziere ausgebildet.

Zwischen 13.600 Inseln

Mit einer Wasserfläche, die dreimal so groß ist wie die auf 13.600 Inseln zersplitterte Landmasse, ist Indonesien der größte Archipel der Welt. Noch auf längere Sicht wird der nationale Schiffbau nicht in der Lage sein, den einheimischen Bedarf zu decken, der sowohl im Bereich der Marine als auch im kommerziellen Sektor liegt. Die künftige Nachfrage der Marine ergibt sich allein schon daraus, daß von den 16 international wichtigen Wasserstraßen vier durch indonesisches Territorium führen. In den letzten Jahren hat die indonesische Marine fünf neue Basen gebaut. Zusammen mit den Seestreitkräften will die indonesische Staatswerft PT PAL die Koproduktion mit der in Bremen-Vegesack ansässigen Werft Lürssen weiter vertiefen, wobei sich PAL auch als Basis zum Export gemeinsam gebauter Patrouillenboote sieht. Die Lürssen-Werft ist auf die Produktion von Schnellbooten spezialisiert und hat etliche Lizenzproduktionen aufgebaut.

Mit Motoren von MTU

So baut PAL in Surabaya u. a. Patrouillenboote nach Lürssen-Lizenz. Die Motoren der Schiffe kommen von Daimler-Benz-Tochter MTU. Zum Bau von Fregatten steht PAL im Gespräch mit Blohm & Voß. Auf dem Programm stehen auch Minensuchboote (Handelsblatt, 7.11.1989). Zwei U-Boote wurden bei der Deutschen Howaldtswerft in Kiel gekauft. Die indonesische Marinebasis Teluk Ratei ist mit deutschen technischen Hilfeleistungen nach dem Vorbild des Marinestützpunktes Wilhelmshaven gebaut worden.

Fernmeldesysteme fürs Militär

Das deutsche Verteidigungsministerium lieferte zwischen 1988 und 1990 militärische Ausrüstung für eine Million DM und das Innenministerium lieferte polizeiliche Ausrüstung für 700.000 DM an Indonesien (die fehlte wohl kürzlich in Rostock? d. säzzer). Das Land hat bereits früher „Ausstattungshilfe“ für 0,8 Millionen DM erhalten. Das Verteidigungsministerium beabsichtigt, die indonesischen Streitkräfte bei der Planung einer Hafen- und Versorgungsanlage für die Marine und eines landesweiten Fernmelde-Führungssystems für militärische und zivile Zwecke zu unterstützen. Und last but not least: German-Motors montierte 300 handelsübliche LKWs Typ Daimler-Benz DB 911 mit Militäranstrich. 100 Unimogs wurden direkt geliefert.

Quelle: Ihre Götzen sind Silber und Gold, Stuttgart 1991
 
 

Kontakte:

Kampagne gegen Rüstungsexport und Rüstungsexport-Archiv
Bahnhofstr. 18, W-6270 Idstein/Ts., 06126/55683

seit 1983 arbeiten christliche Organisationen in der Kampagne. Sie wollen erreichen, daß Deutschland auf den Export von Waffen und militärischen Gütern, einschließlich ihrer Finanzierung durch Kredite verzichtet. Dazu wird über die Praxis und die verheerenden Auswirkungen der Rüstungsexporte informiert (z.B. mit dem Gebetstag am 10.12.1991) und auch in den Parteien nach Mehrheiten für eine andere Politik gesucht.
 

Schwerpunktaktion: Entrüstet Daimler!
In Zusammenarbeit mit dem Dachverband Kritischer AktionärInnen Daimler Benz c/o ORL, Furtbachstr. 10, W-7000 Stuttgart 1, 0711/6409620

seit Mitte der 80er Jahre treten eine wachsende Zahl engagierter Menschen in den Hauptversammlungen des größten deutschen Rüstungs- und Automobilkonzerns auf, um die globale Verantwortung des Daimler-Benz Konzerns in den Themenbereichen * Rüstungsproduktion und -export * Umweltschutz und Autoverkehr * Konversion * Geschäfte mit Diktaturen der „Dritten Welt“ * soziale Mißstände in den ausländischen Tochtergesellschaften anzumahnen.

BUKO Koordinationsstelle „Stoppt die Rüstungsexporte“
Buchtstr. 14/15, W-2800 Bremen, 0421/326045
 
 

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