Indonesien-Information - September 1992 (Rüstungsexporte)

Quelle: Neues Deutschland, 24.Juli 1992

Indonesien erhält trotz massiver Menschenrechtsverletzungen umfangreiche Waffenlieferungen

Einstige NVA-Schnellboote nehmen Kurs auf Pazifik


Der nächste Clou ist perfekt. Nach dem skandalumwitterten Verkauf von ehemaligen NVA-Kriegsmaterial an die Türkei, Saudi-Arabien und Uruguay wird jetzt auch Südostasien mit schlagkräftigen Gaben versehen - ein Sprecher der Hardthöhe bestätigte gegenüber ND, daß das Inselreich demnächst mit 39 Schiffen aus den Beständen der ehemaligen Volksmarine ausgerüstet wird. Mit 14 Landungs- und neun Minensuchbooten sowie 16 größeren Schnellbooten ein dicker Brocken, aber diesmal ganz legal.

Der Verteidigungsausschuß des Bundestages sei unterrichtet worden, und die Zustimmung des Rüstungskontrollausschusses werde nicht benötigt. Denn schließlich, so der Mann von der Hardthöhe, sei lndonesien kein Krisengebiet, und Terroristen gäbe es ja wohl überall auf der Welt. So schnell wird ein Land, das in keinem Bericht von amnesty international fehlt, zum Hort der Friedfertigkeit erklärt. Die von der Suharto-Regierung zelebrierten Hinrichtungen von politischen Häftlingen, die Annektion der ehemaligen Kolonie Osttimor und die jetzt inszenierte Hungersnot auf Irian Jaya, um die ansässigen Völker "gefügig" zu machen, werden als Kavaliersdelikte abgetan und stehen beim Geschäft mit dem "schrottreifen" Material offenbar nicht zur Debatte. Wofür Indonesien die Bewaffnung ver wenden will, kann das Verteidigungsministerium nicht sagen, aber: "Der Bundestag wird das schon wissen." Daß man sich darauf verlassen kann, ist spätestens seit dem Verkauf von NVA-Panzerfahrzeugen an die Türkei und deren Einsatz bei Übergriffen auf die kurdische Zivilbevölkerung, bekannt.

Mit dem gestiegenen Export-Engagement der Bundesrepublik im asiatischen Raum wird eine Region aufgerüstet, deren Anteil als größter Waffenempfänger schon jetzt 34 Prozent beträgt. Schneller, höher, weiter scheint auch die Devise deutscher Rüstungsexporteure zu sein, immerhin hat die BRD nun schon den dritten Platz der Hitliste weltweit besetzen dürfen und nähert sich in großen Sätzen dem Vordermann Rußland. Der dürfte mit solchen Geschäften wie dem indonesischen zu packen sein.

Der Opposition im Bundestag, der Friedensbewegung und den Menschenrechtsgruppen 'wird das gewiß nicht gefallen. Die PDS spricht von einem "Skandal ersten Ranges". Während die Bundesregierung einerseits die militärische Durchsetzung des Embargos gegen Jugoslawien als Friedensmission propagiert, verschachere sie andererseits deutsche Waffen in alle Welt.

Die Verwendung des weiteren NVA-Materials ist offen. Es wird derzeit geprüft, ob es noch andere Interessenten gibt oder ob die im Peenemünder Hafen liegenden Schiffe abgewrackt werden. An Interessenten scheint es jedoch nicht zu mangeln, denn das Argument des Bundessicherheitsrates, daß Waffenlieferungen nur bei innerer stabiler Lage des Abnehmerlandes möglich sind, zieht auch nach den jüngsten Enthüllungen über das Taiwan-Waffengeschäft nicht mehr. "Aber ganz ehrlich, nennen Sie mir doch bitte ein Land in der Welt, das stabil ist", kommentierte der Sprecher der Hardthöhe. Offenbar erledigen sich auf diese Weise Diskussionen über Waffenverkäufe in die verschiedensten Teile der Welt - seien es nun Krisen- oder sonstige Gebiete.

ANJA NITZSCHE
 
 
 
 

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