Indonesien-Information Nr. 3 1994 (ArbeiterInnen)

 

 

Verhaftungen von Anwälten und Gewerkschaftsführern


Gewerkschaftsführer Mochtar Pakpahan wurde verhaftet und wegen „Aufwiegelung“ angeklagt. Am zweiten Verhandlungstag brach er im Gerichtssaal zusammen. Rechtsanwälte, die sich für die Interessen von ArbeiterInnen einsetzen, müssen ebenfalls jederzeit mit ihrer Verhaftung rechnen. In den sechs Monaten seit den Unruhen in Medan setzten Regierung, Unternehmen und Militär in der Auseinandersetzung mit der wachsenden ArbeiterInnenbewegung verstärkt auf Einschüchterung der Wortführer.

Am 13. August wurde der Generalsekretär der Gewerkschaft SBSI, Mochtar Pakpahan, in Jakarta verhaftet und nach Medan, Nord-Sumatra, ausgeflogen, wo er sich nun vor Gericht verantworten muß. Die freie Gewerkschaft SBSI war im April verboten worden, nachdem sie zwei Jahre lang, wenn auch ohne offizielle Anerkennung, weitgehend ungestört agieren durfte. Pakpahan, der nun im Zusammenhang mit den blutigen Unruhen in Medan, für die er persönlich verantwortlich gemacht wird, vor Gericht steht, war bereits im Frühjahr wegen seines Aufrufs zum Generalsreik verhaftet worden, wurde aber wenige Tage später wieder auf freien Fuß gesetzt.

Pakpahan und mehreren weiteren Angeklagten droht nun eine Höchststrafe von 6 Jahren Haft wegen „Aufwiegelung“, obwohl sich Pakpahan selbst zur fraglichen Zeit gar nicht in Medan, sondern im fernen Jakarta befand.

Der Prozeß begann unter großen Sicherheitsvorkehrungen am 19. September in Medan. Das starke öffentliche Interesse am Verlauf des Prozesses rief hunderte Polizisten, Soldaten und Geheimdienstler auf den Plan. Im Zuschauerraum des Gerichts drängelten sich Militärs und Geheimdienstler derart, daß nicht einmal Pakpahans Angehörige mehr einen Platz fanden. Erst auf Pakpahans Beschwerde wurde seine Mutter eingelassen. Mochtar Pakpahan wirkte depressiv und gesundheitlich angeschlagen.

Am zweiten Prozeßtag, dem 22. September, sollte Pakpahan seine Verteidigungsrede halten. Der Verhandlung wohnten neben den unvermeidlichen Angehörigen des Geheimdienstes auch zahlreiche internationale Beobachter bei, darunter Diplomaten aus Dänemark, Spanien, den USA und Deutschland. Auch Geoff Robinson von amnesty international und H.J.C. Princen von der Menschenrechtsorganisation LPHAM waren zugegen.

Am Tag zuvor hatte Pakpahan vergeblich um einen Arzt gebeten, da er sich krank fühlte. Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages machte Pakpahan erneut auf seinen Gesundheitszustand aufmerksam und erklärte, er fühle sich nicht verhandlungsfähig. Doch schnell fand sich ein Arzt, der ihm Verhandlungsfähigkeit attestierte. Die Verhandlung konnte fortgesetzt werden.

Mochtar Pakpahan begann, seine Verteidigungsrede zu verlesen. Doch während seines Vortrages brach er in seinem Stuhl zusammen und mußte in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Der Prozeß wurde bis auf weiteres ausgesetzt. /Voice of America, 19.9.94; tapol, 23.9.94/

Wenige Tage zuvor, am 18. September, wurde der Rechtsanwalt Maiyasyak Djohan Nasution in Medan verhaftet. Maiyasyak ist der Anwalt der Familie von Rusli, dem Arbeiter, der im März in Medan unter ungeklärten Umständen zu Tode gekommen ist. Die Forderung nach Aufklärung der Todesumstände war einer der Gründe für die Streiks und Demonstrationen Mitte April. Maiyasyak sieht sich nun ebenfalls wegen „Aufwiegelung“ auf der Anklagebank. Dasselbe Schicksal teilen mit ihm die Aktivisten Janes Hutahaen und Parlin Manihuruk. /Human Rights Watch/Asia, 20.9.94; YLBHI, 21.9.94/

Im August stürmten Militär und Polizei die Vertretung der Rechtshilfeorganisation LBH in Malang, Ost-Java. Dort waren 14 ArbeiterInnen versammelt, die sich von LBH-Anwalt Munir SH in einem Rechtstreit gegen die Firma PT Sidobangun beraten ließen. Die ArbeiterInnen waren von PT Sidobangun entlassen worden und hatten bereits eine Reihe von Gerichtsverfahren verloren. Das Mandantengespräch wurde aufgelöst, da die Versammlung nicht genehmigt gewesen sei. Munir SH wurde festgenommen und nach mehrstündigem Verhör wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Anklage gegen Munir wegen Abhaltung einer ungenehmigten Versammlung besteht aber fort. /YLBHI, 22.8.94/<>
 
 
 

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