Indonesien-Information Nr. 3 1994 (Demokratie)

 

IM - italienische Mode und indonesische Medien


Die italienische Automarke Lamborghini wurde von Indonesiens Präsidentensohn, Großunternehmer und Autorennfahrer Tommi Mandala Putra übernommen, italienische Schuhe werden in Bandung gefertigt, die Jugendorganisation Pemuda Pancasila kopiert Italiens Mafia und Benetton verschlief die Gelegenheit, Bilder des Santa Cruz-Massakers für seine Werbekampagne zu verwenden. Mit dem Einstieg ins Mediengeschäft gelang Suhartos engem Vertrauten Bob Hasan jetzt ein erster Schritt, mit Italiens Ministerpräsident Berlusconi gleichzuziehen. Wirtschaft, Politik und Medien werden von Tropenholzkönig Bob Hasan kontrolliert.

Für die MitarbeiterInnen der im Juni verbotenen Zeitschriften wird es kritisch. Sie brauchen dringend neue Jobs, denn die Verlage können sie nicht länger bezahlen und das Leben in Jakarta ist teuer. Private Ersparnisse sind schnell aufgezehrt. Die RedakteurInnen von Tempo planen daher, eine neue Zeitschrift zu gründen, die den Namen Opini (Meinung) tragen soll. Zur Finanzierung wollen die ehemaligen Tempo-MitarbeiterInnen ihren 20%-Anteil an PT Grafiti Pers verkaufen, dem Herausgeber des verbotenen Magazins. /Reuter, 6.9.94/

Doch Bambang Bujono, der bereits 15 Jahre bei Tempo gearbeitet hat und als Chefredakteur von Opini vorgesehen ist, wird von Harmokos Informationsministerium nicht akzeptiert. Bambang Bujono sei nicht Mitglied des offiziellen Berufsverbandes der Journalisten (PWI), hieß es, Opini könne daher keine Lizenz (SIUPP) erteilt werden. Nun versuchen die 'Meinungs'-macher, mit Putu Sedia als neu designiertem Chefredakteur die Lizenz zu bekommen. Putu Sedia ist Mitglied des PWI und hat schon aktiv für diesen Verband gearbeitet, wie die Belegschaft von Opini mitteilt /Kompas, 1.10.94/. Was unter 'aktiver Mitarbeit' in dem von Untätigkeit geprägten Berufsverband PWI zu verstehen ist, entzieht sich unserer Kenntnis.

Klage gegen Harmoko

Derweil begeht Goenawan Mohammad, ehemaliger Chefredakteur und Mitbegründer von Tempo, einen anderen Weg. Goenawan, der nach dem Verbot von Tempo beteuerte, er selbst habe kein Interesse mehr, an der Herausgabe einer Zeitschrift mitzuwirken, erhob Klage gegen das Informationsministerium unter Führung des Golkar-Vorsitzenden Harmoko. Ein Team von acht Staranwälten erläutert, der Entzug der Lizenz sei unrechtmäßig gewesen, da sowohl das Grundgesetz von 1945 (UUD 45) wie auch das Pressegesetz die Meinungs- und Pressefreiheit garantierten. Der Lizenzentzug sei auf Grundlage einer Rechtsverordnung geschehen, die nicht in Einklang mit den höherrangigen Gesetzen stehe /BBC- Indonesia, 7.9.94, Jakarta Post, 7.9.94/. Die Aussicht auf einen Erfolg der Klage sind gering. Dennoch könnte der Prozeß interessant werden, da die Regierung wohl gezwungen sein wird, im Zuge der Beweisaufnahme endlich einmal die Artikel beim Namen zu nennen, die ihrer Ansicht nach die nationale Sicherheit gefährdeten.

Ein Comeback ganz anderer Art versuchten Eros Djarot und sein Team von ehemaligen DeTik-MitarbeiterInnen. Sie erinnerten sich an eine alte Zeitschrift namens Simponi, die ihr Erscheinen vor längerer Zeit eingestellt hatte. Das Blatt mit der geringen Auflage von 18.000 Exemplaren war im August letzten Jahres im wesentlich größeren DeTik aufgegangen. Eros Djarots Team stellte nun fest, daß die Lizenz von Simponi noch nicht erloschen war. Der frühere Chefredakteur Syamsu Hadi war bereit, den Posten wieder zu übernehmen und auch als Chef vom Dienst zu fungieren.

Die erste Ausgabe von Simponi ging Anfang Oktober mit einer Auflage von 140.000 Exemplaren in Druck. Die Aufmachung des Blattes entsprach bis ins Detail der des verbotenen DeTik. Berichtet wurde über die Pressezensur, die Schwierigkeiten der Kollegen von Opini, den Prozeß gegen Gewerkschaftsführer Muchtar Pakpahan und die Klage einiger Umweltverbände gegen Präsident Suharto (sämtliche Themen werden auch im vorliegenden Heft der Indonesien-Information behandelt). Desweiteren berichtete Simponi über den ehemaligen Botschafter in Moskau, Manai Sophian, der in einem jüngste erschienenen Buch die Einflußnahme des CIA auf den Sturz von Sukarno 1965 beschreibt. Im Kulturteil von Simponi fand sich eine Buchbesprechung: der Roman „Perburuan“ von Pramoedya Ananta Toer, der fast 20 Jahre als politischer Gefangener verbrachte und dessen Werke in Indonesien verboten sind /Reuter, 4.10.94/. (Anm. d. Red.: 'Perburuan' ist in deutscher Übersetzung als Rowolth Taschenbuch unter dem Titel „Spiel mit dem Leben“ erhältlich.)

Die Freude an dem neuen Blatt in alter Freche währte nicht lange. Einen Tag nach Erscheinen der Erstausgabe entzog der Journalistenverband PWI Syamsu Hadi die Akkreditierung. Der Verband der Herausgeber, SPS, stellte fest, daß die Position eines Chefs vom Dienst nicht (ordnungsgemäß) besetzt sei, und weigerte sich, grünes Licht für das weitere Erscheinen von Simponi zu geben. Syamsu Hadi wurde genötigt, eine Selbstverpflichtung zu unterschreiben, nach der das Erscheinen von Simponi solange eingestellt wird, bis eine Neuordnung der Redaktion erfolgt und von PWI, SPS und dem Informationsministerium genehmigt ist. /Kompas, 7.10.94/

Bob Hasan macht Tempo

Weniger Probleme mit der Bürokratie hat die Zeitschrift Gatra, eine andere Neuerscheinung. Sie wird von einer Gruppe ehemaliger Tempo-RedakteurInnen gemacht, die sich der Not gehorchend mit Tropenholzkönig Bob Hasan zusammenschlossen. Etwa ein Drittel der Belegschaft von Tempo wechselte bereits zum künftigen Herausgeber von Gatra, PT Era Media Informasi (EMI). Neben Suhartos persönlichem Freund Bob Hasan, der 35 % der Anteile hält, ist an der neuen Zeitschrift die Yayasan Jaya Raya beteiligt, eine Körperschaft in Besitz der Provinzregierung von Jakarta. Die MitarbeiterInnen sind mit 25 % an dem Unternehmen beteiligt. Zoelverdi, Sprecher von EMI versprach, Gatra werde keine Kopie von Tempo werden. Angesichts der Beteiligung von Bob Hasan hatte sich darum allerdings wohl niemand ernsthafte Sorgen gemacht.

Eine im Frühjahr gestartete Werbekampagne gab einen Vorgeschmack auf das Medienzeitalter unter Bob Hasan. In einem weltweit von vielen Fernsehstationen gezeigten Werbespot erklärte eine Stimme aus dem Off, wie vorbildlich der Schutz des ach so wichtigen Regenwaldes in Indonesien geregelt sei. Dazu waren Bilder von glücklichen Leoparden, Krokodilen und Paradiesvögeln vor makelloser Urwaldkulisse zu sehen. Alles in Ordnung in Indonesiens Regenwäldern, kein Grund zur Sorge. Auftraggeber des sündhaft teuren Werbespots war niemand anderes als Bob Hasan, der durch jahrzehntelanges Abholzen der Wälder zu einem der reichsten Männer Indonesiens wurde.

Fast unnötig, zu erwähnen, daß die Lizensierung von Gatra zügig vonstatten ging. Ab November wird Gatra voraussichtlich regelmäßig erscheinen. Bob Hasan wird als Garant dafür angesehen, daß Gatra auch in Zukunft keinen Ärger mit den Behörden zu erwarten hat. Der verhinderte Opini-Gründer Bambang Bujono nahm enttäuscht zur Kenntnis, daß offenbar einer Reihe von KollegInnen die Aussicht auf einen sicheren Job wichtiger ist als die Möglichkeit, als RedakteurIn selbstbestimmt arbeiten zu können /Kompas, 1.10.94/.

Zensur der Medien geht weiter

Auf welch wackeligem Grund sich JournalistInnen in Indonesien bewegen, machten die Zensurbehörden erst im Oktober erneut deutlich. Die beliebte Radiosendung Jakarta Round-Up von Radio Trijaya, die nach Angaben des Senders fast 2 mio HörerInnen erreichte, wurde vom einen auf den anderen Tag verboten. In der allmorgendlichen Talksendung diskutierten HörerInnen per Telefon mit einer ModeratorIn im Studio zu aktuellen Themen. Zum Verhängnis wurde eine Sendung, die sich dem Thema Pressefreiheit und Parteiensystem in Indonesien widmete. Seit Anfang Oktober werden die HörerInnen zur gewohnten Sendezeit zwischen 7.00 und 9.00 Uhr morgens nur noch von seichter Musik und Reklame berieselt. /Republika, 11.10.94/

Auch das Erscheinen der Mitgliederzeitschrift Mitra Media der Frauen-NGO Kalyanamitra wurde verboten, da sie keine Lizenz besaß.

Unabhängige Journalisten illegal

Im September erklärte Informationsminister Harmoko den unabhängigen JournalistInnenverband AJI (Asosiasi Jurnalis Independen) für illegal. AJI hatte sich kurz nach dem Verbot der Zeitschriften Tempo, Editor und DeTik gegründet, um gegen die Untätigkeit des offiziellen Berufsverbandes PWI zu protestieren. In der kurzen Zeit seit seiner Gründung gab AJI bereits ein Taschenbuch mit dem Titel Breidel '94 heraus, eine Sammlung von Artikeln namhafter Persönlichkeiten zum Thema Pressezensur. Daneben macht AJI auch eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift namens Independen. Von Harmokos Erklärung läßt sich AJI nicht beeindrucken. Santoso, ein Sprecher des Verbandes, erklärte, das Grundgesetz von 1945 gewähre die schließlich die Meinungsfreiheit. „Wenn Harmoko oder die Regierung erklärt, AJI sei nicht legal, dann ist das deren Angelegenheit.“ /BBC-Indonesia, 23.9.94/

Die International Federation of Journalists (IFJ) mit Sitz in Brüssel hat AJI inzwischen als offizielles Mitglied anerkannt und ruft ihre Mitglieder in 89 Staaten dazu auf, gegen die indonesische Pressezensur zu protestieren /Presseerklärung IFJ, 16.10.94/. IFJ will in Kürze eine Delegation nach Indonesien schicken, um die Situation vor Ort zu begutachten und ein Zeichen der Solidarität zu setzen /Radio Niederlande, 18.10.94/.

Minister Harmoko einfach zu ignorieren ist nicht so ganz einfach. Zusammen mit PWI läßt er die Muskeln spielen. Zwei Journalisten der Jakarta Post, die AJI angehören, wurden von der Teilnahme am Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgipfel APEC ausgeschlossen, der im November in Bogor stattfindet. Der Gipfel, zu dem auch US-Präsident Clinton erwartet wird, gilt zur Zeit als eines der größten Medienereignisse. Nur JournalistInnen, die dem PWI angehören, werden als BeobachterInnen zugelassen. Die Chefredakteure aller Presseorgane des Landes wurden vom PWI gewarnt, sie sollen keine JournalistInnen beschäftigen, die dem PWI nicht angehören. Business Indonesia verpflichtete daraufhin alle seine redaktionellen MitarbeiterInnen, dem PWI beizutreten. Der Generalsekretär von AJI wurde einstweilen in die Wüste geschickt, genauer: auf Reportage nach Haiti /Radio Niederlande, 18.10.94/.

Wie sich Harmoko die Arbeit der Medien vorstellt, zeigte eine Diskussion mit Parteienvertretern im September. Abgeordnete von PDI und PPP kritisierten, daß Harmoko fast täglich im staatlichen Fernsehen TVRI zu sehen sei. Harmoko benutze seine Doppelfunktion als Minister und Golkar-Vorsitzender zugunsten der Regierungspartei, meinten PDI und PPP. Sie stellten die Forderung, die Golkar-Werbung zu reduzieren, bzw. auch den anderen Parteien entsprechende Sendezeit zur Selbstdarstellung zu gewähren. Darauf gab Harmoko zu verstehen, seine täglichen Aktivitäten als Minister und Golkar-Vorsitzender seien alle wert, gesendet zu werden. „Wir laden Fernsehreporter ein und bezahlen sie... wenn die anderen politischen Organisationen es sich leisten können, können sie es genauso machen.“ /Jakarta Post, 22.9.94/ <>
 
 

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