Indonesien-Information, März 1993 (Ost-Timor)

Quelle: Neues Deutschland, 25.02.1993

 

OSTTIMORS Bewohner lehnen indonesische Fremdherrschaft ab

Der Widerstand ist ungebrochen

 

Von BERTOLT WEDER


Bundeskanzler Kohl hat gestern beim Festbankett mit Indonesiens Staatschef Suharto über Wirtschaftsfragen geplaudert. Kein Thema war der politische Häftling Xanana Gusmão. Mit der Verhaftung des Führers der osttimoranischen Befreiungsarmee FALINTIL Ende November hatten sich die indonesischen Militärs endgültig als Sieger über die seit 17 Jahren gegen die Besetzung kämpfende Guerilla gewähnt - nur offenbar zu früh. ;

Zweimal griffen unlängst FALINTIL-Einheiten die Armee an. In Viqueque waren zwei Frauen von indonesischen Soldaten, vor den Augen der Dorfbewohner vergewaltigt worden - man bezichtigte sie, die Guerilla unterstützt zu haben. Einen Tag später attackierte die FALINTIL die Militäreinheit und tötete 42 Soldaten. Ein zweiter Anschlag kostete die Besatzungstruppen weitere 60 Soldaten.

Dennoch war die Festnahme von Kay Rala Xanana Gusmão in Dili ein schwerer Schlag für die Unabhängigkeitsbewegung. Gusmão war es, der 1981 die militärisch schwer angeschlagene FALINTIL zu reorganisieren verstand. Laut amnesty international wurde er nach seiner Verhaftung mit Elektroschocks gefoltert. Angehörige wurden verhaftet, um ihn unter Druck zu setzen. Ergebnis: Der Guerillaführer erklärte, er erkenne die indonesische Herrschaft über Osttimor an. Seine Kämpfer sollten die Waffen niederlegen.

In der Folge berichtete die indonesische Presse, Hunderte hätten sich den Besatzungstruppen ergeben. Brigadegeneral Theo Syafei gab ihre Zahl gar mit l.147 an. Dabei hatte Indonesien in den letzten Jahren behauptet, es gebe nur 200 versprengte „unruhestiftende Banditen“. Weiter erklärte Syafei, selbst der katholische Bischof Belo wolle die Kämpfer zur Kapitulation auffordern. Er habe sieben Pfarrkirchen benannt, bei denen sie sich ergeben könnten. Der Bischof widersprach dem, zumal es keinerlei Zusicherungen gab, was mit den sich Ergebenden geschehen würde. 1977 waren trotz eines Amnestieversprechens bei einer ähnlichen Aktion viele inhaftiert oder ermordet worden.

Den FALINTIL-Oberbefehl hat nun Mau Huno übernommen. Er war bereits 1975 Mitglied des ZK der Revolutionären Front für die Unabhängigkeit von Osttimor (FRETILIN). Alle anderen in Osttimor gebliebenen ZK-Mitglieder sind bei Kämpfen ums Leben gekommen, wurden verhaftet oder ergaben sich.

Doch selbst wenn Indonesien den militärischen Widerstand eines Tages brechen sollte, einen Sieg kann die Zentralmacht nicht erringen. Ihr größter Feind ist sie selbst: Durch ihren Terror, die Diskriminierung der einheimischen Bevölkerung und die Ausplünderung des Landes durch korrupte Militärs hat sie erreicht, daß die Osttimoraner unabhängig von ihrer politischen Einstellung die indonesische Fremdherrschaft ablehnen. Von zeitweilig über 2.000 Verhafteten waren viele bei der indonesischen Verwaltung beschäftigt, selbst sechs der 13 „bupatis“ (von der Zentralmacht eingesetzte Distriktchefs) werden der Zusammenarbeit mit der Guerilla verdächtigt. Solange sich Indonesien gegen eine politische Lösung sträubt, wird es keine Ruhe geben. <>
 
 

Zurück zur Hauptseite Watch Indonesia! e.V. Back to Mainpage