Indonesien-Information, März 1993 (Präsidentenwahl)

 

Alles liegt in Suhartos Hand

 

Mit Spannung wartete die indonesische Presse auf die Zusammensetzung des neuen Kabinetts. Sie erhoffte, daraus die Stärke Suhartos ablesen zu können, vor allem wegen der überraschenden Wahl des Vizepräsidenten General Try Sutrisno, der von Suharto eigentlich unerwünscht war.

Die politischen Beobachter in Indonesien wunderten sich, als bekannt wurde, daß im neuen Kabinett, fünf von Suhartos treuen Dienern, Sumarlin, Radius Prawiro, Admiral Sudomo, General Benny Murdani und General Rudini, die zuvor wichtige Posten wie Finanz-, Wirtschafts-, Politik - und Sicherheits-, Verteidigungs- sowie Innenministerium besetzten, keine Posten mehr erhielten. Doch es ist offensichtlich, daß Suharto alles noch im Griff hat. Die Zusammensetzung des Kabinetts wird gegenüber dem vergangenen Kabinett als schwach beurteilt. Viele westliche Diplomaten halten es als nur für ein Instrument Suhartos. /Radio Hilversum, Niederlande, 18.3.93/

Innenpolitisch dürfte nach Margot Cohen in Suharto embraces Indonesia' s Muslims /The Washington Times, 11.3.93/ die islamische Gruppe mehr Einfluß haben. Denn gegenüber dem alten Kabinett, in dem acht christliche Minister in einflußreichen Positionen wie dem Finanz- und dem Wirtschaftsressort saßen, sitzen jetzt nur noch zwei christliche und ein hinduistischer Minister (aus Bali) in Suhartos 41 Mann starkem Kabinett /Radio Hilversum, 18.3.93/. „A predominantly Muslim Cabinet would likely provide backing for a revised criminal code, set to be debated by parliament over the next two months. The proposed code take its cue from Islamic views of morality. Adulterers could be jailed for five years, couples 'living in sin' for seven years. Anyone using contraception out of wedlock could be fined $ 75“ /The Washington Times, 11.3.93 /.

Diese Einschätzung teilt Radio Hilversum nicht. Denn der Islam wird nur von Personen vertreten, die man als Bürokraten kennt. Die führenden und bekanntesten Persönlichkeiten - vor allem um die von Habibie neu gegründete islamische Intellektuellen-Gruppe (Ikatan Cendekiawan Muslim Indonesia, ICMI) - sind im Kabinett nicht vertreten. Alle wichtigen Posten werden von Personen, die sehr eng mit Suhartos Clan stehen, besetzt, wie z.B. die staatliche Bank Indonesia oder das Industrieministerium. /Radio Hilversum, 18.3.93/

Gegenüber dem Militär hält Suharto Abstand und hat deshalb nur vier neue Minister aus der Militärfraktion berufen. Selbst diese vier Minister stehen sehr eng zum Suharto-Clan. Einer davon macht Geschäfte mit Suhartos Freund, dem Tropenwaldkönig Bob Hassan /Radio Hilversum, 19.3.93/. Ein anderer Minister und ehemaliger Botschafter in den USA hatte Suhartos Sohn geholfen als er beim Roulette in Las Vegas verlor und in der Klemme saß.

Daß der Einfluß des Militärs gering zu halten ist, zeigt Radio Hilversum am Beispiel des Jugendministeriums, das traditionell von Funktionären der staatlich gelenkten Jugendorganisation Komite Pemuda Nasional Indonesia, KNPI, besetzt wird. Wegen seiner engen Beziehung zu den Generälen erhält das Komitee im neuen Kabinett keinen Posten. „Suharto hat sich geärgert, weil es gegenüber Suharto frech war“, sagte ein Funktionär des KNPI. /Radio Hilversum, 1 8.3.93/

Zwar glauben die westlichen Diplomaten nicht an eine Schwächung des Militärs, aber die Kabinettszusammensetzung steht für die Interessen der Bürokraten und Wirtschaftsgiganten (Konglomerate) /Radio Hilversum, 18.3.93/. Damit Suhartos Macht nicht bedroht wird, wird die Macht nach javanischem Muster geregelt. General Try Sutrisno, ein Javaner und Moslem, als Suhartos potentieller Nachfolger wird durch den Innenminister, General Yogi S. Memet, in seiner Macht beschränkt. Zwar ist der Rang eines Innenministers niedriger als der des Vize-Präsidenten, aber der Innenminister ist älter als Sutrisno. Genauso zügelt Suharto seinen anderen mächtigen Mann, Habibie, Absolvent der TH Aachen und Minister für Forschung und Technologie, der sich mit seinem ehemaligen jüngeren Rivalen, Koordinationsminister für die Industrie, Hartarto, konfrontiert sieht. Habibie wurde als Vize-Präsidenten-Kandidat gehandelt. Doch seine Popularität - teilweise absichtlich hochgejubelt durch seine Rivalen - zahlte sich nicht aus. Denn nach javanischer Art gilt eine umjubelte Person nicht als richtige Persönlichkeit. Sie verstärkt nur die Rivalitäten innerhalb Suhartos Kabinett und könnte dadurch Suhartos Macht gefährden.

Trotzdem dürfte Habibie jetzt mehr Spielraum haben, um sein Vorhaben, Indonesien an das Spitzentechnologie-Zeitalter heranzubringen zu verwirklichen. Denn mit der Abdankung des Finanz-, des Wirtschafts- und des Umweltministers verliert der Wirtschaftsflügel der Absolventen von Berkeley (USA) seinen Einfluß in Indonesien. Übriggeblieben von dieser Gruppe ist nur der neue Wirtschaftsminister. /Radio Hilversum, 17.3.93/

Nach Berichten von Radio Hilversum vom 19.3.93, fühlte sich Suharto durch diese hochkarätigen Ökonomen, die bislang Indonesiens Position gegenüber den westlichen Gläubigern gut verkaufen konnten, eher behindert. Ihre vorsichtige Wirtschaftspolitik, gestützt auf Exportorientierung, Liberalisierung und entsprechende Technologie /Far Eastern Economic Review, 13.3.93/, brachte Indonesien in die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der letzten drei Jahre. Die Inflationsrate lag 1992 bei schätzungsweise 7 - 8 %. „Inflation, however, is rapidly being replaced as a priority concern by the credit crunch caused by high interest rates and banks' bad-debt problems. Th ese worries are exacerbated by sharp falls in investment. Foreign-investment approvals amounted to US-$ 4,9 billion in the first 10 months of 1992, compared with US-$ 8,8 billion for all of 1991; for the same periods, domestic investment was Rp. 24 trillion (US-$ 11,7 billion), against a full-year Rp. 41 trillion“, schreibt der Far Eastern Economic Review am 18.3.93. Trotz der anhaltenden Schwierigkeiten, verfolgten die Berkeley-Ökonomen weiterhin den selben Wirtschaftskurs /Radio Hilversum, 19.3.93/ und bedrohten damit die wirtschaftliche Monopolstellung des Suharto-Clans.

Die Linie Habibies, die mehr Gewicht auf die Hochtechnologie legt und zugleich eine eher protektionistische Politik verfolgt /Far Eastern Economic Review, 13.3.93/, entspricht Suhartos Wünschen /Radio Hilversum, 19.3.93/, da durch sie die Monopolstellung seiner Familie nicht in Frage gestellt wird. Dies entspricht auch der Linie des neuen Ministers für nationale Entwicklung (Bappenas), Ginanjar Kartasasmita, in Japan ausgebildet und ehemaliger Anhänger Sukarnos und dessen national-betonter Politik. Insgesamt läßt sich damit aus der Zusammensetzung des neuen Kabinetts deutlich ablesen, daß die Entwicklung Indonesiens von einer deutsch-japanischen Linie bestimmt wird .

Suharto braucht die Unterstützung Deutschlands und Japans, da die UN-Resolution über die Entsendung einer UN-Delegation nach Ost-Timor /The New York Times, 14. und 17.3. 93/ und die Kritik an der allgemeinen Menschenrechtslage in Indonesien „is driving the country into a corner“, wie der neue starke Mann des Militärs, Oberbefehlshaber General Eddy Sudradjat, sagte /dpa, 16.3.93/. Die Resolution über Ost-Timor wurde scharf kritisiert und vom Außenministerium als „unfair and unacceptable“ empfunden /BBC, 16.3.93/. Die Resolution, die von den USA, Kanada, Frankreich, England und Australien unterschrieben wurde - während Deutschland und Japan sich enthielten /The New York Times 14 und 17.3.93/ - wird die Beziehungen zu den USA möglicherweise verschlechtern, vor allem wenn es den Ost-Timoresen gelingen sollte, dank der neuen amerikanischen Außenpolitik unter Bill Clinton, ihre Unabhängigkeit zu erlangen, hieß es im Kommentar der New York Times vom 17.3.93.

Japan und Deutschland dürfen sich wohl Vorteile erhoffen, falls Indonesien, um sein Gesicht zu wahren, einen Konfrontationskurs gegenüber den USA verfolgt - wie gegenüber den Niederlanden wegen deren Kritik am Massaker in Ost-Timor vom 12. November 1992 und ihrer Erwägung, die Wirtschaftshilfe von der Einhaltung der Menschenrechte abhängig zu machen. Innenpolitisch wurde diese Ablehnung der holländischen Wirtschaftshilfe hochgejubelt. Mit der in letzter Zeit engeren Beziehung zum Islam kann Suharto zudem auf zusätzliche Unterstützung aus den islamischen Ländern hoffen, da die einzige mit der westlichen Welt noch konkurrierende Macht der Islam ist.

Für Suharto ist Ost-Timor zum Überlebenskampf geworden. Wenn Ost-Timor sich durch internationalen Druck von Indonesien befreien könnte, würde sich die Innenpolitik verändern. Historisch gesehen wurden die Machtzentren immer von der Peripherie bedroht. <>
 
 

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