Indonesien-Information, März 1993 (Umwelt)

Das Rätsel um den importierten Abfall

 

Obwohl Abfallimporte verboten ist, gelangt weiterhin Müll aus den USA, aus Deutschland, Holland und Singapur nach Indonesien. Zur Zeit stapeln sich 227 Container (jeder Container enthält 40- 60 Tonnen Abfälle) in den Häfen von Jakarta, Surabaya und Medan. Die Müllsammler (Pemulung), die ihren Lebensunterhalt durch das Sammeln, Weiterverarbeiten und Verkaufen der Abfälle an Recyclingfirmen bestreiten, sind hart betroffen, da die indonesischen Importeure lieber Abfälle aus dem Ausland beziehen.

Bis Januar dieses Jahres entdeckte man in Jakarta 114 Container voll mit Kunststoffabfällen. Im gleichen Monat wurden 20 neue Abfall-Container im Hafen Tanjung Priok gelöscht. Man rechnet damit, daß noch weitere Lieferungen kommen werden. Alle diese Lieferungen gehören merkwürdigerweise Unbekannten. Ebenso verhält es sich mit 93 Containern in den Häfen von Surabaya und Medan. Kunststoffabfallimporte sind seit dem 21. November 1992 durch einen Erlaß des Handelsministers verboten. Aber der Staatssekretär im selben Ministerium bestimmte durch einen eigenen Erlaß am 18. Dezember 1992, daß Abfalleinfuhren nach Indonesien weiterhin erlaubt seien, vorausgesetzt, sie wurden von den jeweiligen Export-Ländern vor dem 25. November 1992 verschifft.

Nach Auskunft des Informationschefs im Hafen von Jakarta, Faris Assagaf, wurden die Kunststoffabfälle, die aus Rotterdam, Hamburg und Singapur stammen, von fünf indonesischen Firmen bestellt. Das Umweltministerium fühlte sich 'hintergangen' (kecolongan) mit den neuangekommenen 20 Abfall-Containern. Das Ministerium verlangte, daß diese 20 Container sowie Abfälle, die sich noch auf dem Weg befänden, entweder in ein anderes Land oder in ihre jeweiligen Heimatländer zurückgeschickt werden müßten. Anders dagegen die Zollbehörde: nach dem Gesetz müsse man 30 Tage warten, bis sich der Besitzer meldet. Wenn keiner sich melde, dann müßten die Abfälle in Indonesien versteigert oder vernichtet, nicht aber zurückgeschickt werden /Tempo 6.2.93/.

Eine Rücksendung in die Herkunftsländer erscheint tatsächlich unrealistisch. Denn die Kosten für den Transport müßte der indonesische Staat tragen. Die Importeure dagegen hätten keinen Nachteil, sie müssen für keinerlei Transportkosten aufkommen. Die Müllexporteure liefern frei Haus und bezahlen sogar dafür, daß sie den Dreck los sind /Editor, 30.1.93/. Allein diese Tatsache widerspricht schon der Darstellung des deutschen Müllexperten D r. Hansjörg Oeltzschner, der im Dezember in Jakarta versuchte, seine aufgebrachten Gesprächspartner zu beschwichtigen, das gammelige Altplastik sei kein Müll, sondern ein begehrter Wertstoff. /Kompas, 16.12.92/

So bliebe auch bei einer Versteigerung die Frage offen: „Wer soll denn die Abfälle kaufen? Vor allem, wo die importierten Abfälle jetzt im Blickpunkt stehen“, fragt Faris Assagaf. „Und wenn sie vernichtet werden sollen, kosten sie viel Geld und die Gefahren sind zu groß“.

Es bleibt nicht anders übrig, als die Zollbehörde auf die Besitzer warten zu lassen. Aber das Warten wird wohl erfolglos sein, denn die Importeure sind zur Zeit sehr damit beschäftigt, ihre Spuren zu verwischen. Oder sie verdrehen ihre Taten.

Man beachte die Firma PT Duta Jasa Unggul, die seit 1990 als Kunststoffabfallhändler in Indonesien auftritt. Diese Firma bekam vor kurzem 4 Container geschickt. Auf Nachfrage er klärte der Betriebsdirektor der Firma, Samuel Dewantoro, daß seine Firma seit Januar 1992 keine Kunststoffabfälle mehr bestellt habe. Diese 4 Container seien nicht von seiner Firma bestellt worden, sondern von einer anderen Firma, die sich den Namen Duta Jasa geliehen habe. „Ursprünglich wollten wir den Müll ja übernehmen. Aber die Übernahmekosten betragen 80 mio Rupiah (ca. 60.000 DM). Dagegen beträgt der Wert höchstens 30 mio Rp. Deshalb haben wir veranlaßt, die 4 Container einfach dort zu lassen“, erklärte Samuel Dewantoro.

Mit den Abfällen in verschiedenen Häfen Indonesiens wurde deutlich, daß Indonesien längst zur Müllkippe von Abfällen aus dem Ausland geworden ist. Nach Indro Tjahjono von der Umweltorganisation SKEPHI ist Indonesien seit 1970 Zielgebiet für Abfallprodukte aus den Industrieländern. USA, Holland, Deutschland und die anderen Industrieländer gehören zu den Lieferanten. Amerikanische Gesellschaften wie Pramulex, AAA Polymers, Kaitsan und Kingmam Production beispielsweise haben im Jahre 1992 fast 2.500 Tonnen Abfälle nach Indonesien verschifft.

Während eines Seminars über Abfallmanagement am BPPT (Institut für technologische Entwicklung und Anwendung) im Dezember 1992 wurden Pläne aufgedeckt, nach denen Deutsch land sich vorbereitete, 48.000 Tonnen Plastikabfälle nach Indonesien zu verschiffen. /Tempo, 6.2.93/

„Es gibt Unternehmer, die zu mir ins Büro kommen, um Maschinen zum Plastikrecycling aus Deutschland anzubieten. So weit, so gut, aber neben der Einführung dieser Plastikrecycling-Maschinen muß auch der Plastikmüll aus Deutschland importiert werden“, sagte ein Seminarteilnehmer aus Surabaya, daran erinnernd, daß mit dem Angebot von Technologie mitunter auch andere Zwecke verfolgt werden. /Kompas, 16.12.92/

Die Ursache für den massenhaften Plastikmüll-Import aus Deutschland ist im DSD , dem Dualen System Deutschland, zu sehen. Dieses System mit dem inzwischen allgegenwärtigen Markenzeichen „Der grüne Punkt“, das entstand, nachdem Umweltminister Töpfers Versuch, das Verpackungsmüllproblem zu lösen, an der deutschen Wirtschaft scheiterte, schreibt der verpackenden Industrie und dem Handel vor, bestimmte Sammel- und Recyclingquoten für verschiedene Materialien nachzuweisen, sonst drohen Rücknahmepflicht und Zwangspfand - und damit der Untergang des Abendlandes, wenn man der Wirtschaft Glauben schenkt. Das Plastikrecycling ist die Achillesferse des Dualen Systems, denn bislang gibt es in Deutschland kaum Verarbeitungskapazitäten für Altplastik. Indonesien ist in dieser Beziehung ein gutes Stück weiter - Kunststoffrecycling wird dort seit langem betrieben.

Nach Meinung von SKEPHI-Experte Indro Tjahjono, kann nur die Hälfte des importierten Mülls recycelt werden. 10 % des Altplastiks bestehen aus gebrauchten Arzneimittel- und Pestizidverpackungen. Unter anderem wurden in den Plastikmüll-Containern auch Schlämme entdeckt. „Wenn die Container geöffnet werden, schlägt einem Lösungsmittelgeruch entgegen“, bemerkte Dra Masnellyarti Hilman MSc, ein Mitarbeiter der Umweltschutzbehörde Bapedal /Kompas, 16.12.92/. Doch die Menge an Importmüll wächst weiter. 1992 wurden pro Monat 150 Container Müll importiert - von 23 Firmen. „In diesem Jahr, 1993, wird diese Zahl auf 225 Container monatlich steigen,“ sagt Indro Tjahjono.

Durch die Abfallimporte sind die Müllsammler (Pemulung), die ihren Lebensunterhalt durch das Sammeln, Verarbeiten und Verkaufen aller möglichen wiederverwertbaren Abfälle bestreiten, hart betroffen. Ihre Arbeit ist nichts mehr wert, da die Recyclingbetriebe Abfälle aus dem Ausland vorziehen, die, wie sie meinen, eine bessere Qualität haben und zum Teil vorsortiert sind. „Das Einkommen der Müllsammler in Pulo Kambing sank um 50- 60 %“, sagt Zaim Saidi von der Verbrauchervereinigung Yayasan Lembaga Konsumen Indonesia. Bevor es Importplastik gab, lag der Erlös für Altplastik der Sorte „naso“ bei 900 Rp. pro Kilogramm, für Hartplastik (Eimer etc.) bei 450 Rp./kg. Aber nachdem das Importplastik hereinkam ist der Preis auf 400 Rp./kg für „naso“-Plastik bzw. 200 Rp./kg für Hartplastik gefallen. Der hausgemachte Müll in Indonesiens Städten bleibt somit liegen und verschlimmert das ohnehin schon katastrophale Müllproblem /Editor 30.1.93/.

Daß man mit Abfall Geld verdienen kann, wissen allerdings nicht nur die in Bedrängnis geratenen Pemulung. Auch reiche Leute entdecken den Müll. In Cibinong, in der Nähe von Bogor plant PT Bimantara Citra, ein Konglomerat von Suhartos Sohn Bambang, zusammen mit der amerikanischen Umwelttechnik-Firma Waste Management International eine Sondermüllbehandlungsanlage. Diese Anlage ist die erste in Indonesien. Ihre Kapazität beläuft sich auf 85.000 Tonnen giftiger und gefährlicher Abfallstoffe pro Jahr. Die Anlage ist ausschließlich für die Region West-Java und Jakarta ausgelegt, in der zur Zeit jährlich etwa 68.000 Tonnen Sonderabfälle aus der Industrie anfallen. Für eine ähnliche Anlage, die Ost-Javas Industrie entsorgen soll, werden derzeit interessierte Investoren gesucht /Tempo 1 3.2.93 und Editor 13.2.93/. <>
 
 

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