Indonesien-Information, März 1993 (Wirtschaft)

Quelle: Frankfurter Rundschau, Dienstag, 23. Februar 1993

 

Die Geschäfte der Präsidentenkinder laufen wie geschmiert

Indonesische Wirtschaft fest im Griff des Suharto-Klans / Auch ausländische Firmen kommen an der Familie kaum vorbei

 


Indonesien ist die dritte Station der Asien-Reise des Bundeskanzlers und der ihn begleitenden Manager. Zu diesem Land mit seinen nahezu 14.000 Inseln und rund 150 Millionen Menschen pflegt Deutschland traditionell enge Beziehungen. An der Spitze steht seit 1968 Präsident Suharto. Wie viele Oberhäupter und Regierungschefs in unterentwickelten Staaten achtet auch Suharto darauf, daß unter seiner Ägide die Familie nicht zu kurz kommt. Was im demokratischen Westen als Vetternwirtschaft und Korruption gebrandmarkt würde, ist In Ländern wie Indonesien gang und gäbe, ist praktisch ein Element des Systems. Wegen seiner reichhaltigen Öl-, Gas- und Kohlevorkommen besitzt das einzige asiatische Mitgliedsland der Opec für fremde Investoren eine hohe Attraktivität. Kharis Suhud, bis vergangenen Sommer Sprecher des indonesischen Parlaments, hatte in ein Wespennest gestochen. Danach fiel er in Ungnade. „Wo immer Schlüsselindustrien entstehen oder staatliche Förderung genießen, ergeht es den potentiellen Investoren wie dem Hasen in der Fabel im Wettlauf mit dem Igel: die sechs Präsidenten-Kinder sind stets vor ihnen da.“ Und ein Banker in Djakarta weiß zu berichten: „Ein Anruf aus dem Präsidentenpalast genügt, und die Kredite fließen.“ Riesige Imperien verwalten die Kinder und nächsten Verwandten von Indonesiens Präsident Suharto, begründet auf Vetternwirtschaft und Privilegien.

Doch darüber redet man im Insel-Staat nicht Angriffe auf die Geschäftsgebaren seiner Kinder betrachtet der Präsident als Angriffe auf seine Person. „Und wenn es um seine Kinder geht“, meint ein westlicher Diplomat in Djakarta, „reagiert er irrational“. Für Suharto sind seine Sprößlinge die „Motoren der Nation“.

Doch selbst im politischen Dunstkreis Suhartos befürchtet man inzwischen, daß die Motoren der Nation den wirtschaftlichen Karren Indonesiens in den Dreck fahren könnten. „Je heftiger die Kritik an den Imperien der Präsidentenkinder, desto mehr bedürfen diese der politischen Protektion. Und je stärker der Filz, desto schwieriger fällt es den Technokraten, die Wirtschaft zu entflechten und zu liberalisieren,“ Um die Interessen der Erben in der Zeit nach Suharto zu sichern, bleibt die demokratische Entwicklung auf der Strecke, und das Wirtschaftswachstum wird gebremst,

Bambang Suharto war 29 Jahre alt, als er Bimantara gründete. Pertamina, die staatliche Ölgesellschaft, hatte ihm eine spezielle Lizenz für den Ölhandel verschafft Heute, zehn Jahre später, kommandiert Bambang 134 Tochterfirmen mit 11.000 Beschäftigten und kommt auf einen Jahresumsatz von mehr als eine Milliarde Dollar. Er macht in Öl und Erdgas, Tropenholz und Tierfutter, in Baugewerbe und Immobilien, Autobau und Schiffahrt, besitzt eine private Fernsehanstalt und Bankanteile, verleiht Flugzeuge an die staatliche Garuda und handelt mit Orangen aus Kalimantan.

Siti Hardijana Rukmana, 43 Jahre, Suhartos älteste Tochter, leitet die Gruppe Citra Lamtoro Gung mit 62 Beteiligungen und jährlichen Erlösen von 350. Millionen Dollar. Das Konglomerat produziert Papier und Impfstoffe gegen Hepatitis, besitzt Plantagen und kassiert Autobahn-Zölle, betreibt eine Fernsehanstalt und baut Telekommunikationsanlagen. Die mittlere Tochter, Siti Hedijanti Herijadi, 33 Jahre, ist Zulieferer einer ganzen Reihe von staatlichen Unternehmen, und Siti Hutami, mit 27 Lenzen die Jüngste, spielt in der Öl-Industrie, im Transportwesen und der Landwirtschaft mit.

Ein weiterer Großverdiener ist Tommy Suharto, mit 29 Jahren der jüngste Sohn. Für ein Geschäft von knapp einer Milliarde Dollar steht seine Humpuss-Gruppe mit 69 Firmen und 13.000 Leuten. Neben vielem anderen besitzt Tommy Anteile an Sempati Airlines, dem offiziellen Konkurrenten von Garuda International Airlines. Bleibt der vierzigjährige Sigit Harjojudanto, der älteste Sohn. Er hat sich in die Unternehmen seiner Geschwister eingekauft und ist Teilhaber der Bank Central Asia.

Wer die Geschäfte des Suharto-Klans näher in Augenschein nimmt, stolpert über zahlreiche Monopole und Firmen, die künstlich geschaffen wurden, um spezielle Pfründe zu sichern. American Telephone & Telegraph bekam ohne zu fragen Siti Hardijanti als Partner aufs Auge gedrückt und NEC den Suharto-Sohn Bambang, um gemeinsam 750.000 Telefonanschlüsse zu produzieren. Garuda muß seine neuen Flugzeuge — sechs MD-11 und mehrere Boeing 747 — von den Suharto-Kindern leasen. Sigit Hardjojudanto durfte bis vor kurzem die Fernsehgebühren im ganzen Land kassieren.

Obwohl die „Motoren der Nation“ kräftig geschmiert werden, laufen sie nicht immer reibungslos. Als das Gewürznelken-Monopol von Tommy wegen Über-Produktion in Schwierigkeiten geriet, sollten die Bauern die Hälfte ihrer Ernte verbrennen, um die Preise zu stabilisieren. Schließlich wurde die Bank Indonesia durch Suharto gezwungen, die Gesellschaft mit 325 Millionen Dollar aus der Pleite zu holen. Nicht einmal doppelt so hoch war im selben Jahr das Agrar-Kredit-Budget der Bank für alle Landwirte des Inselstaates zusammen. Die Orangen-Plantagen von Bambang bleiben den Pflanzern auf Kalimantan bereits seit Jahren den Mindestpreis schuldig. Um Bambang mit einer Finanzspritze zu versehen, durfte er als einziger jene 1000 Luxus-Limousinen importieren und an den Staat verkaufen, in denen die Delegierten des Blockfreien-Gipfels im vergangenen September durch die Gegend kutschiert wurden.

„Es gibt heute kaum noch einen Wirtschaftsbereich, in dem Investoren ohne Einbeziehung des Suharto-Klans handeln können“, klagt ein deutscher Geschäftsmann in Djakarta. Viele Fachleute bezeichnen die Suharto-Imperien als ineffizient und eine Last für die nationale Wirtschaft „Es kostet Milliarden, und zwar in US-Dollar, um den Suharto-Kindern immer wieder mit billigen Krediten aus der Patsche zu helfen.“ Das Gesamtvolumen ihrer Geschäftsinteressen läßt sich nur erahnen, konkrete Zahlen darüber werden in Indonesien nicht veröffentlicht Sicher ist aber, daß auf die Suharto-Beteiligungen ein hoher Prozentsatz der Auslandsschulden entfällt Somit beißen sie von jeder Mark, die Bonn so fleißig in die Entwicklungshilfe für Indonesien steckt, ein erhebliches Stück ab. Darüber hinaus verhindern sie die Liberalisierung und eine breitere Beteiligung aller Gruppen an der indonesischen Wirtschaft Dieser Zustand muß, so glauben Diplomaten, auch in die Zukunft projiziert werden. Suharto kandidiert noch einmal für eine sechste Amtsperiode. Als Vizepräsidenten versucht der den Oberkommandierenden der Streitkräfte, General Try Sutrisno, zu gewinnen und damit einen Nachfolger aufzubauen, dem er und sein Klan vertrauen können.

JÜRGEN DAUTH
 
 

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