Indonesien-Information, März 1993 (Wirtschaft)

 

Die gelbe Gefahr

Die Diskussion um die wirtschaftliche Rolle der chinesischen Giganten ist entbrannt,

vor allem weil nach letzten Untersuchungen 60 % der Indonesier in Armut leben.


Ein Gespenst geht um in Indonesien. Ein Zusammenschluß chinesischer Wirtschaftsgiganten bildete ein Kartell der Konglomerate, die Prasetya Mulya-Stiftung, die formal eigentlich eine soziale Stiftung darstellen soll.

Wie Watch Indonesia! im Februar berichtete, ging der Wirtschaftsgigant William Sorjadidjaja, der zweitreichste Chinese nach Liem Sioe Liong alias Sudono Salim (ein enger Geschäftsfreund von Suharto), durch sein Mißmanagement in Bankgeschäften bankrott. Die einzige Rettung, um seine Schulden zu begleichen, war der Verkauf von Aktien der Gruppe Astra-International, siehe Indonesien-Information, Februar 93.

Astra International ist ein Konglomerat mit einem Gesamtvermögen von 4,6 Billionen Rupiah (ca. 3,5 Milliarden DM) und verfügt über 66 Tochtergesellschaften. 80 % der Unternehmertätigkeit konzentrieren sich auf die Automobil-Industrie, so daß Astra-International 51 % des indonesischen Automarktes beherrscht. /Editor 31.1.93/

Die Übernahme der Aktienmehrheit durch die Prasetya Mulya-Stiftung wurde zunächst von dem führenden Wirtschaftswissenschaftler und Schwager von Präsident Suharto, Prof. Sumitro Djojohadikusumo, scharf kritisiert. Er nannte die Stiftung ein Kartell und den Kauf der Aktien eine „nationale Tragödie“. Gleichzeitig kamen Kritikäußerungen von allen Seiten, vor allem von Mitgliedern der Stiftung selbst. Eine führende Persönlichkeit, der inzwischen ausgetretene Kwik Kian Gie, bezeichnete die Stiftung gar als Shang-hui, eine chinesische Handelskammer, wie die Chinese Chamber of Commerce in Malaysia /Editor 30.1.93/.

Prof. Sumitro Djojhadikusumo wünschte, daß die Aktienmehrheit von Yayasan Dana Pensiunan, einem Pensionsfonds übernommen werden sollte. Er sprach sich gegen die Übernahme durch Prasetya Mulya aus, weil damit - entgegen dem nationalen Interesse - die indonesische Wirtschaft von einer Gruppe bestimmt werden wird. „Das nationale Interesse streb t eine Verringerung der sozialen Kluft an“, sagte er. /Warta Ekonomi 18.1.93/

Die Bildung des ungeliebten Kartells bestätigt, daß die Wirtschaftsentwicklung in Indonesien in eine kritische Phase eingetreten ist. „Sie driftet aus der Bahn einer Wirtschaftsdemokratie“, bemerkte der Ökonom Sri Bintang Pamungkas. Die Beweise liegen auf der Hand, denn es gibt Monopolismus und die Bildung von Konglomeraten. Sie beherrschen die großen Reichtümer und den Markt. „Der Beweis ist, daß 60 % der Indonesier zunehmend in die Armut gleit en“, sagt er.

Er zitierte eine Untersuchung der Universitas Indonesia, wonach 117 Millionen Indonesier sehr niedrige Ausgaben von täglich nur 1.000 Rupiah (weniger als 1 DM) haben. „Mit 1. 000 Rupiah können sie ihre Familie ernähren, ihre Kinder in die Schule schicken usw. Das zeigt doch, wie unglaublich arm die Leute sind.“ /Editor 30.1.93/ (Braucht man wirklich eine Universitätsstudie, um festzustellen, daß die Leute arm sind?? d. säzzer)

Der Zusammenbruch des Wirtschaftsgiganten William Sorjadidjaja und der Aufstieg der Prasetya Mulya-Stiftung markiert eine bedeutende Wende in der indonesischen Wirtschaft. Es zeigt sich ein neues Phänomen bezüglich der Wirtschaftstätigkeit der Chinesen. Nach dem chinesischen Wirtschaftswissenschaftler, Christian Wibisono, bestehen die Mitgli eder der Stiftung aus zwei Gruppen: der Totok- und der Babah-Gruppe. Zur Totok-Gruppe gehören Chinesen, die sich noch an ihrer Heimat orientieren, sie sprechen innerhalb der Familie chinesisch. „Richtige Chinesen“, sagt Christian Wibisono. Dagegen sind die Babah Chinesen, die schon integriert und westlich orientiert sind. Verfolge man den Bankrottfall gigantischer Unternehmen wie der Bank Summa, Bentoel oder Mantrust, so sei der Niedergang der Babah-Gruppe zu beobacht en, sagt er. /Editor, 30.1.93/

Kwik Kian Gie kritisiert scharf die Verhaltensweise bestimmter Geschäftsleute, die zur Babah-Gruppe gehören. Sie hätten William Soerjadidjaja, einem Babah-Geschäftsmann, nicht geholfen, sondern ihn stattdessen aus der Geschäftswelt verdrängt /Republika 18.1. 93/. Es sei natürlich eine Gefahr, wenn die Totok-Gruppe die indonesische Wirtschaft dominiere, schreibt dazu der Editor am 30.1.93.

Es wird die Gefahr gesehen, daß sich die indonesische Wirtschaft in den Händen von chinesischen Geschäftsleuten konzentriert. Prayogo, der Käufer des Hauptanteils der Aktien (15 Millionen Aktien), bemühte sich einige einheimische Konglomerate zu gewinnen. Der Bruder von Suharto, Sudwikatmono, und Soekamdani, die die Astra International-Aktien kauften, wurden von Prayogo gebraucht, damit der Eindruck vermittelt wird, die chinesischen Geschäftsleute um die Stiftung Prasetya Mulya werde von den einheimischen Geschäftsleuten unterstützt. /Radio Hilversum, 24.12.92/

Ursprünglich beabsichtigten Suhartos Kinder den Hauptanteil der Aktien an sic h zu reisen. William Soerjadidjaja lehnte es aber ab. Soerjadidjaja gehört zu den Konglomerat en, die sich von der Macht distanzieren. Er habe schlechte Erfahrungen gemacht. Durch seine seinerzeit enge Beziehung zu Ibnu Sutowo, dem Präsidenten der staatlichen Ölgesellschaft, wurde sein Geschäft stark geschädigt. Nach der Absetzung von Ibnu Sutowo wegen dem Bekanntwerden von Skandalen, wurde die Vergabe der Aufträge an Soerjadidjaja gekappt. So schrieb es der koreanische Wissenschaftler Joon Whan Shin in seinem Buch Demystifiying the capitalistics tate: political patronage, bureaucratic interest and capitalistic formation in Suharto's Indonesia (Yale University, 1989).

Es bleibt natürlich etwas Rätselhaftes an der Diskussion um die chinesischen Geschäftsleute. Denn vor der Aktienübernahme hatte sich ein Hauptanteilskäufer, Prajogo Pangestu, ein Wirtschaftsgigant in der Holzindustrie und Vorsitzender der Stiftung, mit Präsident Suharto getroffen. Suharto war mit der Übernahme durch die Mitglieder der Stiftung einverstanden /Editor 23.1.93/, nachdem Suharto sich geweigert hatte Soerjadidjaja zu unterstützen als dieser in Schwierigkeiten geriet (siehe Indonesien-Information vom Februar 93).

Vor den Präsidentenwahlen gab es einige überraschende politische Aktivitäten: die Umarmung der islamischen Gruppen als eine vernachlässigte Mittelklasse, die Versuche, die Wirtschaftsprobleme zu bewältigen und das grüne Licht an die Stiftung, das die chinesischen Geschäftsleute ins Rampenlicht rückte - und damit helfen sollte, die Wirtschaftstätigkeit des Suharto-Clans zu verschleiern. Denn die Stimmung in Indonesien ist gegen eine solche Konzentration, wie der Ökonom Syahrir bemerkte. Sie ist dagegen, weil 5 % der Superreichen die wichtigsten Märkte beherrschen und weil die Mehrheit von diesen 5 % Chinesen und keine Moslems sind. /Warta Ekonomi, 25.1.93/ <>
 
 

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