Indonesien-Information Nr. 2 2002 (Umwelt)

Das Jahrhunderthochwasser

von Antje Mißbach

Die schweren Überschwemmungen, die Ende Januar/Anfang Februar 2002 Indonesien heimsuchten, kosteten landesweit mindestens 57 Menschenleben, machten über 20.000 Menschen obdachlos und verursachten Sachschäden in Millionenhöhe. In Jakarta brach der öffentliche Verkehr zusammen, Flüge wurden gestrichen und Geschäfte blieben geschlossen, weil ungefähr ein Fünftel der Stadt mit Wasser und Schlamm bedeckt war. Selbst das luxuriöse Menteng, wo neben Präsidentin Megawati Sukarnoputri und Vizepräsident Hamzah Haz noch viele andere hochkarätige Politiker und Militärs wohnen, blieb diesmal nicht von den Wassermassen verschont. Um blutige Auseinandersetzungen mit der entrüsteten Bevölkerung zu vermeiden, war der Gouverneur der Stadt, Sutiyoso, gezwungen, die Schleusen öffnen zu lassen. /Frankfurter Rundschau, 4.2.2002/

Hochwasser kommen in Indonesien während der Regenzeit nicht selten vor. Doch in diesem Jahr fielen die Folgen drastischer als in der Vergangenheit aus. Schuld an der Misere sind vor allem das marode Abwassersystem und die mit Müll verstopften Kanäle. Öffentliche Gelder für die Sanierung der Kanalisation scheinen spurlos verschwunden zu sein. Aber auch die schlechte Stadtplanung und die Versiegelung von Grünflächen haben zu dieser Katastrophe beigetragen. Vielerorts wird gegen Bauvorschriften verstoßen und ohnehin sind private Baugenehmigungen oft gegen Bestechungsgelder zu haben. In einem Bericht der Zeitschrift Tempo war zu lesen, dass allein 40% der über 3000 in der Puncak -Region unweit Jakartas errichteten Villen ohne bzw. mit einer "falschen" Genehmigung errichtet wurden. Darüber hinaus befinden sich diese Luxuswohnviertel, zu denen auch zahlreiche Golfplätze gehören, zum großen Teil in Schutzgebieten, die der Aufnahme von Regenwasser dienen sollten (water catchment areas). Wie sich herausstellen sollte, ist Gouverneur Sutiyoso, der von allen am lautesten über diese Missstände gewettert hatte, selber stolzer Besitzer eines "Ferienhäuschens" am Puncak. Aufgrund des starken öffentlichen Drucks wurde Sutiyosos Datsche Ende Februar kurzerhand abgerissen. /Tempo, 26.2.2002/

Doch damit ist diese Geschichte längst nicht abgeschlossen: Anfang März wurde auf Initiative der Umweltorganisation WALHI eine von mehreren hundert Personen unterzeichnete Sammelklage gegen Sutiyoso eingereicht. Nicht nur, dass im Nachhinein wieder einmal eine Reihe von korrupten Machenschaften im Immobiliensektor aufgedeckt wurde, bereits während der Überschwemmungen wurden Hilfsgelder und Sachspenden zweckentfremdet. Die Hilfe für die Betroffenen war völlig unzureichend und schlecht organisiert. Medikamente waren Mangelware und konnten nur mit viel bürokratischem Aufwand erworben werden. Aus Mangel an sauberem Wasser starben mehrere Menschen an Cholera, Leptospirose und anderen Krankheiten. Warnungen vor der bevorstehenden Hochwassergefahr waren ohnehin komplett ausgeblieben.

Ob diese Anklage zur Absetzung Sutiyosos führt, ist noch nicht abzusehen. Als ein möglicher Nachfolger wird derzeit Adam Damiri gehandelt, einer der Generäle, die für die Gräueltaten in Ost-Timor verantwortlich sind. Inwieweit sich damit die Situation für die Armen der Stadt positiv verändern könnte, ist mehr als fragwürdig. Doch Sutiyoso hat unlängst ohnehin erklärt, er werde für eine weitere Amtsperiode kandidieren.

Von deutscher Seite aus wurde zwar humanitäre Soforthilfe (Lebensmittel, Medikamente etc.) in sechsstelliger Höhe geleistet, doch wäre darüber hinaus auch mittel- und langfristige Unterstützung zur Hochwasserprävention wünschenswert. Da Hilfsgelder leider all zu oft in dunklen Kanälen verschwinden und "humanitärer Aktionismus" allein nicht die Ursachen der Überflutungen beseitigt, wären Maßnahmen erstrebenswert, die diese Ursachen identifizieren und potenzielle Lösungsmöglichkeiten aufzeigen können. In der Entwicklungszusammenarbeit tätige deutsche Organisationen verfügen über Erfahrung im Bereich des capacity building und der städtebaulichen Planung, die in diesem Zusammenhang sinnvoll eingesetzt werden könnten. <>

 
 

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