Indonesien-Information Nr. 2 2002 (Umwelt)

Tierhandel gefährdet Indonesiens Artenreichtum

von Florian Weiß

Die Tierwelt Indonesiens ist nach der Brasiliens die artenreichste der Erde. Über 11% aller Pflanzen, 16% aller Vogel- und 10% aller Säugetierarten finden sich auf den 13.000 Inseln des Archipels, viele Arten sind in ihrem Verbreitungsgebiet auf einzelne Inseln beschränkt, wie beispielsweise der Java-Adler und der Bali-Star. Indonesien ist jedoch auch das Land mit der längsten "Roten Liste", einer Aufzählung der bedrohten Tier- und Pflanzenarten eines Landes. Alleine 12% aller Vogelarten Indonesiens sind auf der "Roten Liste" verzeichnet. Neben der Zerstörung von Lebensraum, besonders durch die Ausbeutung des Tieflandregenwaldes, werden Tiere durch den heimischen und internationalen Tierhandel bedroht.

Die indonesischen Vogelmärkte lassen mit ihrem vielseitigen Angebot an exotischen Tieren, vom lärmenden Papagei bis zum fotogenen Affenbaby, und ihrer authentischen Atmosphäre die Herzen vieler Urlaubsfotografen höher schlagen. Die dunkle Seite dieser harmonischen Szenerie - grausame Tierhaltung und eine nicht endende Nachfrage nach Tieren aus freier Wildbahn - wird nur von wenigen kritischeren Besuchern wahrgenommen. Neben dem Verlust von Lebensräumen, primär dem tropischen Tieflandregenwald, die der exportorientierten Politik und der wirtschaftlichen Öffnung Indonesiens unter Präsident Suharto zum Opfer fielen, bedroht der Handel mit Tieren und deren Derivaten den Bestand vieler Arten. Nur der Handel mit Waffen und Drogen verspricht auf dem internationalen Schwarzmarkt noch höhere Gewinne. Der rapide Bestandsrückgang des Bali- Stars ist auf seine Beliebtheit als Käfigvogel zurückzuführen. Seitdem die Population durch die Vernichtung großer Flächen an Lebensraum bis 1980 auf 200 Exemplare gesunken war, übt diese nur auf der Insel Bali vorkommenden Art eine große Faszination auf Sammler in aller Welt aus. Heute wird die Zahl der Tiere, die im Bali Barat-Nationalpark ein letztes Rückzugsgebiet gefunden haben, auf weniger als zwanzig geschätzt. Um das Überleben dieser außergewöhnlich schönen Art ist es schlecht bestellt - je seltener die Art, desto mehr steigen ihr Wert und die Nachfrage.

Seltene Tiere sind auch unter wohlhabenden Indonesiern ein beliebtes Statussymbol. Ein beliebter heimischer Käfigvogel unter Militärs und Inhabern höherer Ämter ist der Java-Adler, dessen natürlicher Lebensraum auf die Insel Java beschränkt ist. Seitdem diese Art zum indonesischen Wappentier erkoren wurde, nimmt der Bestand freilebender Exemplare stetig ab - zu viele wollen durch den Besitz dieser Art ein wenig Patriotismus beweisen. Auf Java ist die Vogelhaltung Bestandteil der Kultur, Gesangswettkämpfe (lomba burung) locken eine große Zahl an Interessierten an und die meisten Haushalte zieren ein oder mehrere Käfige. Diese Tradition führt jedoch zu einem extremen Bestandsrückgang und dem Verschwinden einzelner Arten. Um die hohe Nachfrage auf den javanischen Vogelmärkten befriedigen zu können, werden die Tiere in großer Zahl über ein weit verzweigtes Handelsnetz von den Außeninseln nach Java transportiert. Die Transportbedingungen sind auf dieser Reise äußerst schlecht, so dass manchmal nur die Hälfte der transportierten Tiere lebend ankommt. Allerdings ist der Preisanstieg Richtung Java so hoch, dass dieses Geschäft diversen Zwischenhändlern eine gute Einkommensquelle bietet. Unter anderem sind es auch viele Militärs, die bei ihrer Rückkehr nach Java ihr Gehalt durch den Schmuggel seltener Vogelarten aufbessern wollen.

Obwohl nachzüchtbare Arten wie Kanarienvögel auf den Vogelmärkten häufiger geworden sind, stammen noch immer 95% der angebotenen Tiere aus freier Wildbahn. Einheimische Jäger benutzen zum Fang der Tiere Schlingen und geleimte Ruten ebenso wie Lockvögel und Netze. Trotz genauen Wissens über das Verhalten der Vögel und ihren Fang wird es besonders auf Java immer schwieriger, überhaupt erst die Beute zu finden.

Die indonesische Umweltorganisation KSBK versucht durch Beobachtung und Analysen des Marktes sowie durch medienwirksamen Protest wie Demonstrationen oder das Stören von Gesangswettbewerben, den Handel mit dem auch nach indonesischem Gesetz illegalen Tierhandel zu beenden. Kein leichtes Unterfangen, da sich viele Vogelliebhaber persönlich angegriffen fühlen - drücken sie doch durch die Haltung eines Vogels ihre Tierliebe aus. So fliegen bei manchen Protesten auch mal Steine auf die Mitglieder der zum größten Teil aus Studenten bestehenden Organisation. Neben dem Vogelhandel hat der Schutz von Seeschildkröten höchste Priorität bei KSBK. Von sechs existierenden Arten finden sich fünf in Indonesien - die Tiere fanden in indonesischen Gewässern perfekte Lebensbedingungen. Doch der Mensch stellt den Seeschildkröten heute in so hohem Maße nach, dass der Fang der Tiere und das Sammeln ihrer Gelege international verboten ist. Zentrum des Konsums von Schildkrötenfleisch ist die Insel Bali, wo der Verzehr als Bestandteil der Kultur verstanden wird.

Während Vögel hauptsächlich und Seeschildkröten ausschließlich innerhalb Indonesiens gehandelt werden, sind Fische, Amphibien und Reptilien lukrative Exportartikel. Exotische Haustiere erfreuen sich in den westlichen Industrienationen, allen voraus den USA und Deutschland, größter Beliebtheit. Der Handel, der durch die hohe Sterblichkeit der Tiere in Gefangenschaft noch verstärkt wird, ist dabei in den meisten Fällen legal, da z.B. Korallenfische durch keinerlei Gesetze und Handelsregulationen geschützt sind. So ist es ohne weitere Schwierigkeiten möglich, in der Zooabteilung eines deutschen Kaufhauses eine seltene endemische Korallenfischart zu erwerben. Der Fang von Aquarienfischen für den Export stellt für viele indonesische Fischer eine zusätzliche Einnahmequelle dar. Solange allerdings hochgiftige Zyanide für den Fang der Fische eingesetzt werden, gefährden diese ihre Lebensgrundlage. Mit Gift lassen sich Fische betäuben und so leichter einfangen, dabei werden jedoch auch die empfindlichen Korallenpolypen getötet - eine von mehreren Ursachen für das Verschwinden einst ausgedehnter Korallenriffe.

Solange die Verbraucher in Deutschland und anderen Industrienationen nicht durch kritisches Konsumverhalten Druck auf den Handel und auf Regierungen ausüben, um eine Überwachung der Fangmethoden, den Schutz gefährdeter Arten und Verbesserungen der Transportbedingungen durchzusetzen, haben einzelne Organisationen, die zu dieser Thematik arbeiten, einen schweren Stand. So versucht die deutsche NGO "Pro Wildlife e.V." seit Jahren, eine Regulierung des Handels durchzusetzen. Mit mäßigem Erfolg, denn zur Unterschutzstellung einzelner Arten müssen ausgiebige Untersuchungen über deren Bestandszahl angestellt werden müssen - bürokratische Hürden, die das Aussterben vieler Arten geradezu provozieren.

Um den Reichtum der indonesischen Tierwelt für künftige Generationen sichern zu können, müssen also nicht nur im Land selbst rechtliche Grundlagen geschaffen und dann auch durchgesetzt werden. Ebenso wichtig ist die Schaffung eines Problembewusstseins in der Bevölkerung sowie die Regulierung und Einschränkung des internationalen Handels mit Tier- und Pflanzenarten. <>

 
 

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