Indonesien-Information Juni 1992 (Demokratie)

 

Dokumentation der Presseerklärung von Yayasan Pijar, April 1992

 (zusammenfassende freie Übersetzung)


In der öffentlichen Meinung wird die Entscheidung der indonesischen Regierung, die Auslandskredite von Holland abzulehnen, als "Patriotismus" und "Nationalismus" wahrgenommen. Aus den Massenmedien wissen wir, daß viele stolz sind und es als einen Schritt der "Unabhängigkeit und des Selbstwertes des Volkes" werten. Diese Wahrnehmung ist so dominant, daß kritische Gesellschaftsgruppen jetzt nicht in der Lage sind, eine abweichende Meinung zu äußern. Viele reden nur aus der makroökonomischen Perspektive und es sieht so aus, als ob sie einverstanden wären. Yayasan Pijar ist der Meinung, daß wir diese Einschätzung kritisch überdenken müssen, weil eine naive Wahrnehmung einiges impliziert, was uns auf unserem Weg zur Demokratie behindern könnte.

Hiermit stellt Pijar seine Position dar:

I Wir sind uns bewußt, daß Auslandsschulden Probleme des Wohlstandes und der Demokratie in der Dritten Welt vergrößern. Diese werden nämlich im Kontext der Orientierung an wirtschaftlichem Wachstum gegeben und fördern eine bestimmte Politik: autoritäre Regime. Daher unterstützen wir Schritte, die die Abhängigkeit von Auslandsschulden verringern. Die Autonomie Indonesiens muß gepflegt werden - doch nicht indem man einfach etwas "Selbstwert des Volkes" nennt, was in Wirklichkeit künstlich ist. Unser erstes Anliegen ist es, uns von den imperialistischen Interessen zu befreien, die die Entwicklung von Demokratie und sozialer Gerechtigkeit in Indonesien behindern.

II Vor diesem Hintergrund fragen wir: Ist es wirklich so, daß mit jener Entscheidung der Regierung die Auslandsabhängigkeit verringert werden soll - und damit Autonomie erreicht wird? Tatsächlich wissen wir, daß Holland uns nur wenig Geld leihen kann, es ist im Vergleich zu den USA und Japan unwichtig. Deshalb kann die Regierung leicht auf das Geld verzichten. Holland hatte nie die Macht, um uns einzuschüchtern, auch nicht was die Menschenrechte betrifft. Als Vorsitzende der IGGI konnten sie auch nicht die Entscheidungen der anderen Länder beeinflussen, denn diese haben ihre Eigeninteressen. Das heißt also, daß es in Wirklichkeit gar nicht darum ging, die Abhängigkeit von Auslandskrediten zu verringern. Bei den wirklich starken Ländern verhalten wir uns nicht so wie bei Holland. Bei mehreren Konflikten mit Japan bzw. USA gab die indonesische Regierung nach. Wenn es wirklich um den "Selbstwert unseres Volkes" ginge, hätten wir schon längst ganz andere Sachen zurückweisen müssen.

III Also sehen wir, daß es sich um eine unehrliche Manipulation von Gefühlen und alten Erfahrungen handelt, mit dem Ziel, die Entscheidung der Regierung zu legitimieren. Es handelt sich um einen groben und offensichtlichen Mißbrauch des Wertes "Nationalismus". Heute sind doch die meisten Holländer eine neue Generation. Es gibt keinen Grund, ihnen auf ewig zynisch vorzuwerfen "ihr wollt uns Menschenrechte aufzwingen, doch eure eigenen Hände sind blutbeschmiert". Für uns liegt die Erfahrung des Kolonialismus schon lange zurück und wir als neue Generation wollen mit den neuen Generationen anderer Völker ohne Gefühl der Feindschaft leben. Ohne der vorhergehenden Generation undankbar zu sein, ist es doch keine Sünde, zu sagen, daß die Entstehung des Nationalismus als eine uns alle vereinigende Idee schon mit der Unabhängigkeit beendet war. Jetzt ist es unsere historische Verantwortung, einer Zukunft Indonesiens voller Hoffnung auf Demokratie und soziale Gerechtigkeit den Weg zu bahnen. Diese Verantwortung gibt uns den Mut, kritisch und ehrlich anzuerkennen: es gibt keinen wichtigen Unterschied zwischen einem ausländischen Unterdrücker und einem einheimischen Unterdrücker. Wer auch immer in unserem Haus die Keime von Demokratie und sozialer Gerechtigkeit zerstört, ob Ausländer oder Einheimischer, der ist der Unterdrücker und der Feind unserer Ideale.

IV Hinter der Zurückweisung der Auslandskredite steht ein anderes, fundamentales Phänomen, nämlich die mangelnden Kontrollmöglichkeiten der zivilen Gesellschaft gegenüber der Regierung. Dieses ermöglichte den Autoritarismus und die Geringachtung der Menschenrechte. Wenn es immer so weitergeht, werden unsere Hoffnungen schwer zu verwirklichen sein. Daher ist das Verbinden der Menschenrechte mit den Auslandskrediten keine Einmischung der Niederlande in die indonesische Zivilgesellschaft. Die Bedeutung der Auslandskredite in der ökonomischen Struktur Indonesiens führte dazu, daß für viele kritische gesellschaftliche Gruppen diese Auslandskredite zu einem Instrument wurden, um die Macht der Regierung zu kontrollieren. Hinter dem Problem der Zurückweisung der Kredite versteckt sich also ein ernstes Problem: Die Bewegungsmöglichkeiten und die demokratische Zukunft haben eine klare Grenze erfahren. Hier ist es wichtig, zu wiederholen, daß "Nationalismus" als Legitimation benutzt wurde, um die gesellschaftliche Aufmerksamkeit von diesem Problem abzulenken.

OFFENE ERKLÄRUNG

1. Es stimmt nicht, daß die Ablehnung der holländischen Kredite "Nationalismus" oder "Selbstwert" des Volkes ausdrückt. Pijar ruft alle auf, aufmerksam und kritisch gegenüber allen Versuchen einer romantischen Manipulation zu sein, die der Verschleierung der Praktiken jener Herrschenden dient.

2. Pijar fordert die Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Indonesien auf, über die Ressourcen ihrer Arbeit nachzudenken und kritisch eine Autonomie von ausländischen Geldgebern anzustreben.
 
 
 

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