Indonesien-Information Nr. 1 1995 (Ost-Timor)

Herr Kinkel, die Menschenrechte und das Recht auf freie Meinungsäußerung

Ein Teilnehmer der Mahnwache gegen den Völkermord in Ost-Timor berichtet

Auf eine anläßlich der Außenministerkonferenz der EU- und ASEAN-Staaten angemeldete Mahnwache am 23. September 1994 unter den Arkaden der evangelischen Stadtkirche in Karlsruhe am 23. September reagierte die Polizei mit rüdem und übereifrigem Vorgehen. Die Mahnwache war zuvor von der Stadt Karlsruhe genehmigt worden, die Aufschriften der Transparente "Indonesien - 19 Jahre Genozid in Osttimor", "200 000 Tote in Osttimor - warum exportiert Deutschland Waffen nach Osttimor" und "Minister Europas: Stoppt die Okkupation Osttimors" waren mit dem Gemeindepfarrer abgesprochen und auch der Polizei bekannt.

Am Tag der Mahnwache dann sollen diese Texte plötzlich beleidigend und somit ein Grund für das Verbot der Mahnwache gewesen sein. Der Widerruf der bereits erteilten Genehmigung wurde uns erst wenige Minuten vor dem geplanten Beginn der Mahnwache mitgeteilt. Zwar war der Zugang zum Marktplatz der Stadt Karlsruhe nach Kontrolle durch die Polizei genehmigt, es durften jedoch weder Transparente noch Flugblätter mitgeführt werden. Das Gebaren der Polizei stand in keinem Verhältnis zur Situation vor Ort: Einer Teilnehmerin unserer Mahnwache wurde der Film aus der Kamera gerissen und beim Versuch, ein Plakat zu entrollen, wurde uns dies von mehreren Polizeibeamten ent- und zerrissen.

Die Kirche, die sich nur 20 Meter gegenüber des Rathauses befindet, wo sich die Herren Außenminister in das Goldene Buch der Stadt Karlsruhe eintrugen, wäre der ideale Ort für die Mahnwache gewesen. Wie die Presse inzwischen berichtete, ist das Verhalten von Stadt und Polizei auf Drängen von Außenminister Kinkel zurückzuführen, der befürchtete, daß durch die Mahnwache Unruhe unter den Außenministerkollegen aufkommen könnte. Schließlich war es Kinkel selbst, der vor Beginn der Konferenz sagte, daß nicht über Menschenrechte geredet werde. Das in Karlsruhe gezeigte, in hohem Maße undemokratische Vorgehen und repressive Verhalten gegenüber BürgerInnen, die ihre berechtigte Kritik an der Repression in anderen Staaten äußern wollen, ist scharf zu verurteilen. Wer das Geschehen vor Ort erlebt hat, muß sich ernsthaft fragen, wie es in unserem Land mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung bestellt ist?!

Doch die Gäste waren's zufrieden. Singapurs Außenminister Jayakumar bedankte sich artig bei Kinkel. Er zeigte sich angenehm überrascht über den freundlichen Ton, der auf dem Treffen geherrscht habe. In der Vergangenheit habe das "kämpferische Verhalten" der europäischen Seite, speziell in Sachen Menschenrechte, eine düstere Wolke über die Diskussionen gelegt. "Aber auf diesem Treffen, möchte ich sagen, war die Atmosphäre anders und das Bestreben beider Seiten war es, angemessen, ruhig, gemeinschaftlich und nüchtern zu diskutieren, wobei jeder versuchte, den Standpunkt des anderen zu verstehen," /Voice of America, 24.9.94/. Das fällt insbesondere dann leicht, wenn kritische Standpunkte gar nicht erst vertreten sind. <>
   
 

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