Indonesien-Information Nr. 1 2002 (Demokratie)
 

Alles in (Neuer) Ordnung?

Von Alex Flor

Nachdem Indonesiens Geschicke seit der Unabhängigkeit 1945 mehr als 50 Jahre lang von nur zwei Präsidenten - bis 1966 von Megawatis Vater Sukarno und von 1966 bis 1998 von Suharto - gelenkt wurden, ist Megawati Sukarnoputri seit Suhartos Rücktritt vor knapp 4 Jahren nun bereits die dritte Präsidentin. Der von Suharto selbst ernannte Nachfolger B.J. Habibie galt von Anfang an nur als Übergangsfigur. Bei den 1999 durchgeführten ersten halbwegs demokratischen Wahlen seit 1955 hatte er keinerlei Chancen auf eine Bestätigung im Amt hatte. Eindeutige Siegerin dieser Wahlen war die Demokratische Partei (PDIP) Megawatis, die jedoch die absolute Mehrheit verfehlte. Doch in Indonesien wird der Präsident nicht direkt, sondern von den Mitgliedern der Beratenden Volksversammlung (MPR) gewählt. Politische Ränkespiele und eine von den islamisch orientierten Parteien - namentlich der Vereinigten Entwicklungspartei (PPP) - vom Zaum gebrochene Kampagne gegen eine Frau als Präsidentin sorgten dafür, dass die MPR Abdurrahman Wahid zum Präsidenten wählte und Megawati auf Platz zwei, das Amt der Vizepräsidentin, verwies.

Ähnlich wie Habibie hatte auch Wahid von Anbeginn mit mehreren Handicaps zu kämpfen, die eine dauerhafte stabile Regierung unter seiner Führung fast unmöglich machten. Die taktische Koalition der MPR-Fraktionen, die ihn gewählt hatten, war keine solide Basis, auf die Wahid seine Macht hätte stützen können. Im Gegenteil befanden sich unter ihnen sogar regelrechte Gegner Wahids, wie beispielsweise Amien Rais, Vorsitzender der Partei des Nationalen Mandats (PAN) und Präsident des Hauses. Die von Wahid geführte Nationale Erweckungspartei (PKB) verfügt über lediglich 58 von insgesamt 700 Sitzen in der MPR. Äußere Zeichen von Schwäche - Wahid ist nach zwei Schlaganfällen fast blind und kann nicht ohne fremde Hilfe gehen - sowie sein erratischer Führungsstil, der unter anderem in häufigen Ministerwechseln Ausdruck fand, gaben seinen Gegnern die Munition, die sie brauchten, um Wahid nach langem Hin und Her schließlich im Juli letzten Jahres zu stürzen.

Eine entscheidende Größe, an der sich Megawati auf internationaler Ebene messen lassen muss, wird daher ihr Erfolg sein, dem Land wieder den Anschein von politischer und wirtschaftlicher Stabilität zu verschaffen. Die Vorschusslorbeeren, die Megawati in den ersten Tagen erhielt, sprechen dafür, dass man Indonesien noch nicht als völlig aussichtlosen Fall abgeschrieben hat. An den Devisenbörsen erlebte die Rupiah Ende Juli einen Kursanstieg um satte 1000 Punkte gegenüber dem US-Dollar. Die Finanzwelt lobte Megawatis von Profis geprägtes Kabinett als „Dream Team“ und der Internationale Währungsfonds (IWF) gab seit Monaten auf Eis liegende Zahlungen für das mit über 120 Mrd. US-Dollar verschuldete Land frei.
Eine Analyse des Stratfor-Instituts sieht die Dinge allerdings weit weniger optimistisch. Die Studie beginnt mit dem Satz: „Indonesiens Präsidentin Megawati Sukarnoputri ernannte kürzlich die Mitglieder ihres ersten Kabinetts“ /Stratfor, 17.8.01/. Nicht die Mitglieder ihres Kabinetts, sondern die Mitglieder ihres ERSTEN Kabinetts. Alleine diese Wortwahl lässt erkennen, dass die Autoren mit einer Fortsetzung der während Wahids Amtszeit extrem häufigen Kabinettsumbildungen rechnen. Von Stabilität und Berechenbarkeit also weiterhin keine Spur? Die ersten sechs Monate hat die neue Regierung hinter sich gebracht, ohne dass es zu personellen Veränderungen im Kabinett gekommen ist. Doch bereits seit Mitte August verlor die Rupiah über drei Monate hinweg erneut beständig an Wert bis das Niveau der letzten Wochen von Wahids Amtszeit wieder fast erreicht war. Erst im November konnte der Kurs bei ca. 10.500 Rp. gegenüber dem US-Dollar stabilisiert werden. Währenddessen schnellt nach einer Phase relativer Preisstabilität seit kurzem die Inflationsrate in die Höhe, die im Januar über 14 % erreichte.
 

Wahrung der nationalen Einheit als oberstes Gebot

Die Verbesserung der Wirtschaftslage ist auch im eigenen Land die wichtigste Messlatte, die für Megawatis Regierung angesetzt wird. In den Augen der Bevölkerung darf sich diese Verbesserung aber nicht auf abstrakte Indices wie Börsen- und Devisenkurse beschränken, sondern muss für die Allgemeinheit konkret spürbar werden. Andere wichtige Kriterien werden sein, ob Megawati an der Umsetzung weiterer politischer Reformen arbeiten wird, wie ihre Haltung gegenüber dem Militär aussieht und ob es ihr gelingt die indonesische Krankheit KKN - Korruption, Kollusion und Vetternwirtschaft - in den Griff zu bekommen.

Megawati nannte sechs Schwerpunkte, denen sich ihre Regierung widmen möchte:

  • Aufrechterhaltung der nationalen Einheit im Rahmen des Einheitsstaates Republik Indonesien,
  • Fortsetzung der Reformen und der Demokratisierung in allen Aspekten des nationalen Lebens durch klarere Rahmenbedingungen, Richtungsweisung und Programme, bei gleichzeitiger Verbesserung der Achtung der Menschenrechte,
  • Wiederbelebung der Wirt-schaft und Stärkung der Basis für eine Ökonomie des Volkes,
  • Konsequente Wahrung des Rechts, Schaffung eines Gefühls der Sicherheit und Auslöschung von Korruption, Kollusion und Vettern-wirtschaft,
  • Betreiben einer freien und aktiven Außenpolitik, Wiederherstellung der Würde des Staates und der Nation und Wiedergewinnung des Vertrauens des Auslands, einschließlich der internationalen Geberorganisationen und Investoren, in die Regierung und
  • Vorbereitung von sicheren, ordnungsgemäßen und direkten Wahlen im Jahr 2004. /Bericht der Präsidentin zur Lage der Nation am 16.8.01, zitiert nach Jakarta Post, 18.8.01/
  • Diese Punkte erfüllen die genannten in Megawati gesetzten Erwartungen nur teilweise. Nur mit viel Phantasie lässt sich die Formel „Reformen und Demokratisierung in allen Aspekten des nationalen Lebens“ so interpretieren, dass damit auch das Militär gemeint sein könnte. Megawati, die sich als Vizepräsidentin bei einem Truppenbesuch bei der berüchtigten Eliteeinheit Kopassus schon mal im Panzer ablichten ließ, zeigt auch als Regierungschefin keine Anzeichen von ihrem Schmusekurs mit dem Militär abzurücken, das keinen ganz  unwesentlichen Beitrag zu ihrer Machtübernahme leistete. Megawatis inhaltliche Nähe zu den Streitkräften findet ihren Ausdruck im ersten Punkt ihrer Agenda: „Aufrechterhaltung der nationalen Einheit im Rahmen des Einheitsstaates Republik Indonesien“. Was mit dieser Formel gemeint ist, zeigt sich an den Beispielen der nach Unabhängigkeit strebenden Provinzen Aceh und Papua. In beiden Regionen erreichte das repressive Vorgehen von Militär und Spezialeinheiten der Polizei seit Megawatis Regierungsübername neue Höhepunkte. Im vergangenen Jahr mussten in Aceh laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen ca. 1.700 Menschen ihr Leben lassen - die bisher mit Abstand höchste Zahl in dem seit mehr als 25 Jahren andauernden gewaltsamen Konflikt. Im noch jungen Jahr 2002 geht die Zahl der Todesopfer bereits auf die 200 zu. Trotz ihres Bekenntnisses „ich weiß, dass die Zentralregierung in der Vergangenheit Fehler begangen hat. Persönlich und im Namen der Regierung möchte ich Sie um Entschuldigung bitten,“ erntete Megawati bei einem Kurzbesuch in Aceh im September 2001 Buhrufe /Jakarta Post, 9.9.01/. Zu oft schon mussten die Menschen in Aceh mit ansehen, wie hohe Besucher aus Jakarta - beispielsweise 1999 Präsident Habibie und der damalige Armeechef Wiranto - öffentlich Krokodilstränen weinten, ohne dass daraus irgendwelche Konsequenzen folgten. In ihrer Rede warb Megawati um Akzeptanz für das von der Regierung vorgelegte Konzept der besonderen Autonomie. Der zum Jahreswechsel in Kraft getretene besondere Autonomiestatus gewährt der Provinz, die seither Nanggroe Aceh Darussalam heißt, unter anderem einen deutlich höheren Anteil am Ertrag aus natürlichen Ressourcen sowie die Einführung des islamischen Rechts. Auf das dringendsten Verlangens der Bevölkerung in Aceh - ein Ende der Gewalt und der Abzug von Militäreinheiten - gab es jedoch keinerlei Entgegenkommen. Im Gegenteil erhitzt die Anfang Februar beschlossene Einrichtung des eigens für Aceh zuständigen Territorialkommandos der Streitkräfte (Kodam Iskandar Muda) nun erneut die Gemüter. Der Beschluss ist ein Anzeichen dafür, dass auch die Regierung nicht glaubt, durch die besondere Autonomie eine Verbesserung der Lage erreichen zu können, sondern vielmehr mit einer Fortsetzung des gewaltsamen Konfliktes rechnet.

    Ähnlich gestaltet sich die Lage auch in Papua, wenngleich die Zahl der dort zu beklagenden Todesopfer bei weitem nicht die Dimension wie in Aceh erreicht. Doch auch hier nimmt die Repression seitens des Militärs beständig zu und anstatt einen Dialog mit den gemäßigten Kräften des im Juni 2000 gebildeten Papua-Rates zu führen, müssen sich führende Mitglieder dieses Rates vor Gericht verantworten. Mit der Ermordung des Papua-Führers Theys Eluay am 11. November 2001 (s. Artikel in diesem Heft) erreichte der Konflikt einen neuen Höhepunkt. Starke Indizien weisen nicht nur auf Täter aus den Reihen der militärischen Eliteeinheit Kopassus hin, sondern nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen auch auf eine direkte Verantwortung der Präsidentin. Vertreter der Organisationen zitieren ein öffentlich gewordenes Geheimdokument des Innenministeriums vom 2. Juni 2000, das wenige Tage nach einem Besuch Megawatis in Papua, verfasst wurde. In diesem Strategieplan zur „territorialen Festigung und Errichtung eines Kommunikationsnetzwerkes“ werden unter anderem die „heimliche Infiltration“ und die „Provokation und Festnahme von papuanischen Unabhängigkeitsaktivisten“ als Mittel zum Umgang mit den separatistischen Bestrebungen in der Provinz genannt /ELSHAM, 13.12.01/. Nachdem dies bekannt wurde, wollte sich Megawati wohl nicht wie zuvor schon in Aceh Buh- und Schmährufen aussetzen und sagte kurzer Hand einen für Weihnachten geplanten Besuch in Papua ab. Der Besuch sollte ursprünglich dazu genutzt werden, den Papuas die neu erlassenen Autonomieregelungen schmackhaft zu machen, die ähnlichen Inhalts wie das für Aceh erlassene Gesetz sind und in der Bevölkerung auf ähnlich wenig Gegenliebe wie dort stoßen.

    Neben der Bekämpfung sezessionistischer Tendenzen weist der zweite Teil der Formel „Aufrechterhaltung der nationalen Einheit im Rahmen des Einheitsstaates Republik Indonesien“ auf ein weiteres Vorhaben der Regierung Megawati hin. Die Betonung des „Einheitsstaates Indonesien“ ist nichts anderes als eine Absage an jegliche Form des Föderalismus - ein Begriff, den das nationalistische Lager um Megawati als Schimpfwort versteht. Die Gesetze zur regionalen Autonomie, die den Kreisen und Kommunen wesentliche Entscheidungskompetenzen übertragen, werden derzeit überarbeitet. Dies scheint zwar angesichts zahlreicher Fehlentwicklungen und Unzulänglichkeiten in der Umsetzung der regionalen Autonomie tatsächlich dringend geboten, doch steht zu befürchten, dass die Überarbeitung die Rückverlagerung von Machtbefugnissen an die Zentralregierung mit sich bringen wird.
     

    Rückkehr der alten Kräfte

    Viele NGOs sehen in Megawatis Regierungsübernahme eine Rückkehr der alten Kräfte des Suharto-Regimes. Genährt werden diese Bedenken beispielsweise durch Äußerungen der Präsidentin, in denen sie Forderungen nach einem Prozess gegen Suharto beschwichtigte und um Verständnis für den kranken Ex-Diktator bat. Sie erinnerte an ihre Jugend, als sie miterleben musste, wie ihr Vater Sukarno, der erste Präsident Indonesiens, seine letzten Jahre als in Ungnade gefallener Mann ein einsames Leben fristen musste. Ein ähnlich unwürdiges Schicksal sei Suharto nicht zumutbar. Diese Ansichten sorgten weithin für Verwunderung, da der Verantwortliche für die Kaltstellung und Abschottung Sukarnos von der Außenwelt niemand geringeres war als eben jener ‚bemitleidenswerte’ Suharto.
    Nicht einmal die bittere Erfahrung, die sie und ihre Partei am 27. Juli 1996 machen mussten, als bei einem vom Militär gelenkten Angriff auf das Parteibüro der PDI in Jakarta etliche ihrer treuesten Gefolgsleute das Leben lassen mussten, scheint Megawati in ihrem Kurs zu beirren. Am fünften Jahrestags des blutigen Ereignisses, vier Tage nach ihrer Amtseinführung als Präsidentin, gab sie einer Reise nach West-Java und Sulawesi den Vorzug vor der Teilnahme an einer Gedenkfeier für die Opfer.

    Auf ähnliches Unverständnis stieß eine Äußerung des neuen Vizepräsidenten Hamzah Haz, der kurz nach seiner Amtseinführung dazu aufrief, das ewigen Schimpfen auf Suhartos System der Neuen Ordnung müsse ein Ende haben. „I´m a New Order boy,“ verkündete er stolz und verwies darauf, dass Indonesien ohne die Neue Ordnung dem Kommunismus zum Opfer gefallen wäre.
    Bedeutender ist jedoch die Frage welche Kontrolle Megawati über das Militär hat - oder das Militär über Megawati. Eine weit verbreitete Sicht ist, dass Megawati sich von den Streitkräften kooptieren ließ, nachdem sich seit Suhartos Rücktritt zahlreiche Militärs im Ruhestand ihrer Partei PDIP angeschlossen haben. Ein weiteres Indiz ist die unterstützende Rolle die das Militär bei der Absetzung Abdurrahman Wahids spielte und damit den Weg für Megawatis Präsidentschaft frei machte. Die International Crisis Group (ICG), ein angesehenes Institut für politische Analysen, kommt jedoch zu einem anderen Schluss. In einem Briefing Paper betont die ICG, dass die PDIP nicht die einzige politische Partei ist, die  im Ruhestand befindliche Militärs als Mitglieder aufgenommen hat. Des Weiteren könne aus dem Beitrag des Militärs zum Machtwechsel im Sommer letzten Jahres keine Parteinahme für Megawati abgeleitet werden; das Militär habe lediglich im Rahmen seiner durch die Verfassung vorgegebenen Rolle gehandelt. Auch die Zahl der an das Militär vergebenen Kabinettsposten weiche nicht signifikant von früheren Kabinettsbildungen ab. Gleichwohl attestiert auch die ICG der neuen Regierung eine größere Nähe zum Militär: „Obwohl Megawatis Regierung keineswegs vom Militär ‚dominiert’ wird, ist es wahr [...], dass sie einige grundlegende Werte mit dem Militär gemeinsam hat“ /International Crisis Group: The Megawati Presidency, 10.9.01/. Noch einen Schritt weiter geht die bereits zitierte Analyse von Stratfor: „es sind in der Tat Megawati und das indonesische Militär, die den Staat lenken werden. Es wird eine kurze Flitterwochenperiode geben, bevor die Interessen der Präsidentin und die des Militärs auseinander klaffen werden“ /Stratfor, 17.8.01/.

    Sarwono Kusumaatmadja, ehemals Umweltminister unter Suharto und Minister für maritime Ressourcen unter Abdurrahman Wahid, beurteilt die neue Regierung mit den Worten: „Es ist die Neue Ordnung, aber ohne ihre Führung und ohne ihre Vision.“ /FEER, 1.11.01/
     

    Lippenbekenntnisse zu Menschenrechten

    Eine der ersten Amtshandlungen der frisch gekürten Präsidentin war die Ausweitung des Mandats, das die noch zu bildenden Ad-hoc-Gerichte zur Ahndung der in Ost-Timor begangenen Menschenrechtsver-letzungen bekommen sollen. Sie ergänzte die alte Beschlusslage, der zu Folge nur solche Vergehen Gegenstand der Prozesse sein sollten, die nach dem Referendum am 30. August 1999 begangen wurden. Megawati erließ, dass zusätzlich auch die im April 1999 begangenen Menschenrechtsverletzungen ver-handelt werden sollen. In diesem Monat fanden einige der schlimmsten Massaker statt, wie beispielsweise der Angriff auf eine Kirche in Liquiça und die Attacke auf das Anwesen von Manuel Carrascalão, wo zahlreiche Flüchtlinge Schutz gesucht hatten. Doch um die Systematik der begangenen Taten nachweisen zu können, wäre es notwendig, eine lückenlose Untersuchung der Vorfälle vorzunehmen, anstatt sich auf einzelne besonders schwer wiegende Fälle zu konzentrieren. Genau das ist aber in Megawatis Erlass nicht vorgesehen. Daran zeigt sich, dass Megawati in erster Linie auf den Überraschungseffekt ihrer Ankündigung setzte. Denn ihre grundsätzliche Haltung zur Ost-Timor-Frage ist bekannt: sie hat weder Verständnis dafür, warum Ost-Timor unabhängig werden wollte, noch dafür, dass Präsident Habibie seinerzeit das Referendum zu-gelassen hat. Sie ist sich jedoch darüber bewusst, das die USA die Wiederaufnahme voller militärischer Beziehungen einschließlich der Aufhebung des geltenden Waffen-embargos von der Durchführung der Prozesse gegen die verantwortlichen Täter von damals abhängig machen.

    Wie sensibel Megawati tatsächlich für die begangenen Menschen-rechtsverletzungen ist, stellte sie zum Jahreswechsel in einer an das Militär gerichteten Rede klar. Im Interesse, das Land zusammen zu halten und  „solange Sie sich an die Gesetze halten, sollten Sie Ihre Pflicht erfüllen ohne sich darüber Gedanken zu machen, möglicherweise an Menschenrechtsverletzungen be-teiligt zu sein,“  sagte Megawati  /tapol, 30.12.01/.
     

    Die Partei der kleinen Leute

    Aller Kritik zum Trotz, hat sich Megawati im ersten halben Jahr ihrer Präsidentschaft gut gehalten. Geschicktes Taktieren und eine gut gemachte Öffentlichkeitsarbeit lassen ihre Regierung stabiler erscheinen als sie in Wirklichkeit ist. Akute Gefahr droht derzeit weder von konkurrierenden Parteien, noch von internationalen Institutionen wie beispielsweise dem IWF. Zum Verhängnis könnte Megawati aber eine andere Gruppe werden: die eigene Wählerschaft.

    Megawatis PDIP galt vielen als die Partei der kleinen Leute. Arbeiter, Straßenhändler, Becak-(Fahrradrikscha-)fahrer und städtische Arme stellten die Wählermasse dar, der die PDIP 1999 ihren Wahlsieg zu verdanken hatte. Sie hatten gehofft,  Megawati würde den reichen Großunternehmern einige Privilegien streichen und die Korruption bekämpfen, so dass auch sie, die kleinen Leute, eine faire Chance erhielten, sich einen bescheidenen aber menschenwürdigen Lebensstandard leisten zu können. Stattdessen verdichten sich Gerüchte um die Machenschaften von Megawatis Ehemann, Taufik Kiemas, der nicht nur Abgeordneter der PDIP ist, sondern nebenbei auch ein einflussreicher Geschäftsmann. Selbst hartgesottene Parlamentarierkollegen wunderten sich, mit welcher Selbstverständlichkeit der Abgeordnete Kiemas sich kürzlich während einer Reise nach China zum Delegationsleiter aufspielte und sich gebärdete als sei er der Wirtschaftsminister oder zumindest der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses im Parlament. Währenddessen zeigt sich die arme Bevölkerung enttäuscht über die ausbleibenden wirtschaftlichen Verbesserungen und stöhnt unter der Last der jüngsten Preissteigerungen.

    Darüber hinaus werden derzeit viele ihrer elementarsten Lebensgrundlagen beraubt. Der Gouverneur der Hauptstadt Jakarta, General Sutiyoso, geht seit geraumer Zeit mit harter Hand gegen die ärmsten Schichten der Bevölkerung vor. Becakfahrer werden vertrieben, ihr Arbeitsgerät enteignet. Straßenhändler und Garküchen erleiden das selbe Schicksal. Bulldozer walzen entlang von Bahndämmen und Flussufern errichtete Häuser und Hütten nieder und die Polizei führt Razzien durch, um die Stadt von ‚illegal’ zugereisten Bewohnern aus anderen Regionen zu säubern. Ein Ende Januar über Jakarta hereingebrochenes Jahrhunderthochwasser vollendete vielerorts das destruktive Werk der Lokalregierung. Zehntausende verloren durch die    Überschwemmungen ihr Obdach sowie sämtliches Hab und Gut. Wiederum gehören die Betroffenen mehrheitlich den ärmeren Bevölkerungsschichten an. NGOs werfen dem Gouverneur angesichts der Katastrophe völliges Versagen vor und fordern seinen Rücktritt. Die Stimmung droht aber auch Megawati zum Verhängnis zu werden, die bislang keinerlei Anstalten machte, sich für die Betroffenen einzusetzen. Noch ist es lange hin bis 2004 die  nächsten Wahlen anstehen. Dennoch deutet sich schon jetzt an, dass die PDIP erhebliche Stimmenverluste erleiden wird. Wahlsieger wird dann aller Wahrscheinlichkeit nach GOLKAR, die ehemalige Regierungspartei Suhartos. Der schleichende Prozess der Wiederkehr der Neuen Ordnung hätte damit seinen Schlusspunkt gefunden. <>  
     

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