Indonesien-Information Dez. 1992 (Regenwald)

SOS SIBERUT - Ureinwohner unter militärischer Beobachtung


Bereits zweimal berichteten wir in der Indonesien-Information über die Bedrohung der Ureinwohner auf der indonesischen Regenwaldinsel Siberut, deren Existenz und Lebensraum durch Holzeinschlag, Umsiedlungs- und Plantagenprojekte bedroht ist. Trotz beachtlicher politischer Fortschritte durch internationale Kampagnenarbeit hat sich die Situation für die Ureinwohner durch verstärkte Polizei- und Militäraktivitäten verschärft. Der Holzeinschlag ist intensiviert worden, obwohl Präsident Suharto seinen Forstminister angewiesen hat, drei von vier auf der Insel operierenden Konzessionären die Lizenz zu entziehen. Darüberhinaus ist die innere Zone des Biosphärenreservates, die unter striktem Naturschutz und dem Status „geschützter Wald“ steht, von 90.000 ha auf 190.000 ha vergrößert worden. Vor Ort hatten Suhartos Worte freilich wenig Erfolg. Die Unterdrückung der Ureinwohner durch das Militär und die Zerstörung des Regenwaldes durch Holzkonzessionäre eskaliert. Der indonesischen Umweltorganisation SKEPHI liegen Berichte vor, daß aktive Mitglieder der Ureinwohnerorganisation Perhimpunan Masyarakat Siberut ständig von der Distriktregierung beobachtet werden. Jede ihrer Bewegungen wird vom lokalen Militär überwacht. Kontakte von außen sind extrem schwierig. Jeder, der nicht eindeutig einer organisierten Touristengruppe zu zuordnen ist, wird kontrolliert.

Ökologische Folgen

Holzkonzessionäre operieren 24 Stunden am Tag. Der Holzeinschlag in Süd-Siberut schreitet schnell voran und bedroht akut den Lebensraum der Ureinwohner in den Gebieten um Katurai, Taileleu und Sarareikit. „Wegen der Bodenerosion ist das Wasser nach dem Regen nicht trinkbar“. Taileleu ist das Gebiet, das als erstes für Ölpalm-Plantagen und Transmigration projektiert war. Es gibt keine Anzeichen vor Ort, daß der vom Präsidenten verordnete Entzug von Logging-Konzessionen, Folgen hat. Meranti-Bäume wurden bereits für die Fällung markiert und neue Holzeinschlagsschneisen zerschneiden ganz Süd-Siberut, auch direkt in d er Nähe eines Dorfes. „Die Straße hat den Fluß aufgestaut. Die Menschen können nicht länger mit dem Kanu flußaufwärts paddeln. Der Fluß überschwemmte auf der einen Seite der Straße unsere Gärten...die Bananenbäume, die dort wachsen, sterben ab.“ Das Gebiet um das Dorf ist komplett abgeholzt und „nachts sieht man die Lichter der Lastwagen und Traktoren, weil der Holzeinschlag bei trockenem Wetter 24 Stunden läuft.“ Vor der Küste sinkt die Zahl der Fische und Krabben. Die Dorfbewohner müssen nun weit auf das offene Meer segeln, um zu fischen. „Vor zwei Wochen wurde unser Fanggebiet mit Öl verschmutzt als im Logging-Camp Motoren repariert wurden“.

Zivilisierung durch Zwangsumsiedlung

Nach wie vor werden die Mentawai gezwungen, ihre Häuser zu verlassen, um in kleinen Kernfamilien-Häusern zu leben, die sie selbst in einem von der Regierung ausgewiesenen Gebiet erbauen müssen. Das Ziel dieses von der Regierung überall betriebenen Umsiedlungsprogramms (Resettlement) ist die „Zivilisierung“ indigener Völker. Durch die neu eingeschlagene Fläche wird weiterer Regenwald zerstört, die Mentawais haben ihre Gärten verloren und die traditionelle Sozialstruktur in den Langhäusern wurde zerstört.

Regierung gibt Ölpalmplantagenpläne zu

Die Auskünfte der indonesischen Regierung zu den Plantagenplänen sind widersprüchlich. Auf Anfrage eines holländischen Europaparlamentariers antwortete der indonesische Repräsentant bei der europäischen Kommission mit einem Brief, in dem er bestreitet, daß je solche Pläne existiert haben. In einem anderen Brief neuesten Datums, geschrieben an das World Rainforest Movement vom Assistenten des indonesischen Ministers für Bevölkerung und Umwelt, Aca Sugandhy, wird dagegen zugegeben, daß solche Pläne existiert haben, jedoch eingestellt worden seien.

Transmigration bleibt eine Bedrohung

Pläne für Transmigration bestehen weiter, sind jedoch, so Herr Sugandhy, bis 1 994 ausgesetzt. Was danach passiert ist unbekannt.

UNESCO vergibt Feigenblätter für die Umweltpolitik der Regierung

Entgegen allen bisherigen Stellungnahmen der UNESCO und auch entgegen dem offiziellen Report des Symposiums über Siberut, in dem es heißt, daß am 15. Dezember 1981 ganz Siberut im Rahmen des „Man and the Biosphere-Programms der UNESCO“ zum Biosphären Reservat erklärt wurde, heißt es nun seitens der UNESCO, zunächst sei nur ein kleinerer, nicht näher definierter Teil, zum Biosphärenreservat erklärt worden. Dem jüngsten Schreiben der UNESCO ist nun plötzlich zu entnehmen, daß lediglich das kleine 90.000 ha umfassende Naturschutzgebiet als Biosphärenreservat ausgewiesen wurde. Von Pufferzonen, die im Konzept des Biosphärenreservats vorgesehen waren, ist ebenfalls keine Rede mehr. Die Pufferzonen sind nie implementiert worden.

Die Umsiedlung von Ureinwohnern entspricht wohl kaum dem Geist des „ Man and the Biosphere“ Programms, das den Schutz traditioneller Lebensweise ausdrücklich vorsieht. Die Ureinwohner wissen gar nichts vom Biosphärenreservat, weder über seine Existenz noch über seine Ausdehnung. Es bleibt daher fragwürdig, wie die Indigenen wohl - wie im UNESCO Programm vorgesehen - in den Planungsprozeß einbezogen wurden; offensichtlich überhaupt nicht. Der Holzeinschlag wurde trotz des Status als Biosphärenreservat uneingeschränkt über die letzten 11 Jahre fortgesetzt, was ebenfalls den Bestimmungen des Programms widerspricht. Die UNESCO lehnt jede Verantwortung dafür ausdrücklich ab. Ist der Status einmal vergeben, sei die UNESCO aus dem Schneider. Nun sei ausschließlich die Regierung verantwortlich, von Monitoring ist keine Rede. Im „Man and the Biosphere“ Programm heißt es: „Ein Biosphärenreservat sollte ausreichenden Langzeitschutz bieten“.

Zieht man alle Punkte in Betracht, ist offensichtlich, daß in Siberut keine der Richtlinien erfüllt werden, die durch die Definition eines Biosphärenreservats vorgegeben sind. Wenn ein internationaler Status dermaßen mißbraucht wird und die Zerstörung eines einzigartigen Ökosystems sowie der indigenen Kultur hinter einem Feigenblatt stattfinden, ist die Fortführung dieses Progamms äußerst fragwürdig. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), zuständig für den deutschen Finanzierungsanteil, sollte daraus Konsequenz en ziehen.

Ihr Engagement!

Die zunehmende Militärpräsenz ist sehr besorgniserregend. Die indonesische Regierung sollte dauernd daran erinnert werden, daß die Weltöffentlichkeit nach Siberut schaut. Nur den vielen tausend Briefen an die indonesische Regierung ist das Einlenken Präsident Suhartos zu verdanken. Der Kampf der Mentawais für ihre Landrechte und die Bewahrung ihrer Umwelt bedarf Ihrer Unterstützung. Daher bitten wir Sie, auch weiterhin Briefe an die indonesische Regierung zu schreiben mit den folgenden Punkten:

1. Begrüßen Sie Präsident Suhartos Erklärung, drei Logging-Konzessionen zu entziehen und das Naturschutzgebiet zu erweitern.

2. Erklären Sie ihr Unverständnis, daß trotz Suhartos Anordnung der Holzeinschlag fortgesetzt wird, neue Holzabfuhrwege gebaut werden und die Konzessionäre 24 Stunden am Tag operieren in einer Art und Weise, die auch den indonesischen Holzeinschlagsrichtlinien nicht entspricht. Fragen Sie, warum nur 3 der 4 Konzessionen entzogen wurden.

3. Äußern Sie Besorgnis über die steigende Polizei- und Militärpräsenz auf der Insel und über Berichte, daß Ureinwohner eingeschüchtert werden.

4. Protestieren Sie energisch gegen die Zwangsumsiedlung und betonen Sie die Wichtigkeit der traditionellen Landrechte für die Mentawais.

5. Fragen Sie, warum die Transmigrationspläne nicht endgültig eingestellt werden .

Schreiben Sie bitte auch an die UNESCO in Paris und Jakarta und äußern Sie ihre Betroffenheit über die Rücknahme des Status als Biosphärenreservat für die ganze Insel. Verlangen Sie, daß die UNESCO die indonesische Regierung auffordert, sich an die Richtlinien des Reservatsstatus zu halten und die notwendigen Pufferzonen in Zusammenarbeit mit der UNESCO zu implementieren.

Bitte schreiben Sie Briefe an folgende Adressen:

1. Präsident Suharto
Presidential Palace Merdeka
Jakarta Pusat, INDONESIA

2. Minister for Population and Environment
Prof. Dr. Emil Salim
Kantor Menteri Negara Kependudukan dan Lingkungan Hidup
Jl. Merdeka Barat No.15
Jakarta-Pusat, INDONESIA

3. Forestry Minister Hasjrul Harahap
Departemen Kehutanan
Gedung Manggala Wanabhakti
Jl. Gatot Subroto
Jakarta-Pusat, INDONESIA

4. MAB International Secretariat Division of Ecological Sciences
UNESCO
7 Place de Fontenoy
75700 Paris, FRANCE

5. Dr. Jürgen Hillig Direktur
IPTEK (UNESCO)
Jl. M.H.Thamrin 14
Tromolpos 1273/JKT
Jakarta 10012, INDONESIA

Schreiben Sie bitte auch an das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland und fordern Sie eine Untersuchung des Biosphärenstatus auf Siberut.
 
 

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