Indonesien-Information Dez. 1992 (Osttimor)

 

Ein Reisebericht


Obwohl die indonesische Botschaft in Bonn vor der Reise schriftlich bestätigt hatte, daß für Ost-Timor keine Sondergenehmigung benötigt würde, gab es Probleme bei der Anreise. Nachdem wir mit dem Bus nach Pantemacassar (Oecussi) gekommen sind, waren wir überrascht, daß uns der Busagent von dort keinen Fahrschein nach Dili verkaufen wollte. Nur ganz vag e wurde auf die Polizei verwiesen. Bis Atambua (West-Timor) könnten wir aber mitfahren. Dort angekommen, wurde uns sogar ein Busfahrschein verkauft, dann aber fünf Minuten später wieder rückerstattet. Angeblich könnten wir nur nach Dili fliegen. Für eine Einreise per Bus würden wir eine Reisegenehmigung (surat jalan) benötigen. Versuche, diese in Atambua zu bekommen, scheiterten. Nur KOREM (regionales Militärkommando) in Kupang könnte eine solche ausstellen. Wir mußten also mit dem Bus zurück nach Kupang. Der zuständige Offizier in Kupang gab an, nur sein Vorgesetzter, der derzeit in Den Pasar (Bali) sei, könne eine solche Genehmigung erteilen. Wir könnten aber per Schiff oder Flugzeug nach Dili reisen. Kostenpunkt: 73.100 Rp. statt 11.500 Rp. für einen Bus fahrschein. Beim Aussteigen aus dem Flugzeug wurden westliche Touristen fotographiert.

In Dili gibt es ausreichend viele Hotels für die geringe Anzahl westlicher Reisender. Die Preise sind eher hoch. In Viqueque unterhält die Polizei ein kleines Losmen. Außerhalb von Dili bzw. Baucau mußten wir uns bei der Ankunft bei der Polizei anmelden (Paßkontrolle), z.B. auch in Lautem, wo wir nur in einen anderen Bus umgestiegen sind. Es ist zwar grundsätzlich möglich, in katholischen Pfarrhäusern zu übernachten. Da es aber Schwierigkeiten für die Priester bereiten kann, erscheint es einfacher, bei der Polizei nach Unterkunftmöglichkeiten zu fragen.

Vor Dili gibt es Armeekontrollen, die bei der Ein- oder Ausreise aus der Stadt alle Mitfahrenden eines Busses kontrollieren. Bei unserer Rückkehr aus Ermera wurden wir ganz besonders gefragt, ob wir dort irgendwelche Personen getroffen hätten. Bei einem Aufenthalt in Quelicai wurden wir fast die gesamte Zeit von einem Polizisten in Zivil begleitet. Von einem möglichen Spaziergang in die Berge wurden wir freundlich, aber erfolgreich abgehalten. Als wir Dili in einem Wagen des Schulwerks Santo Paulus verließen, wurden wir an der Armeesperre allerdings nicht aufgehalten.

Wer von Kupang nach Dili fliegt, merkt den Unterschied sofort. Kupang ist eine geschäftige Stadt mit lauten Nachtmärkten und Kleinbussen, die rund um die Uhr fahren. Dilis Charakter ist eher verschlafen. Nach 19.00 Uhr fahren keine Busse mehr, nur noch Taxen. Nächtliche Überlandbusse gibt es auch nicht. Wer etwa von Dili nach Suai möchte, muß in Atambua übernachten, bevor es morgens weitergeht. Von Atambua fahren aber Nachtbusse nach Kupang. Auch in Baucau ist abends, geschweige denn nachts, nichts mehr los.

Außerhalb Dilis sahen wir nur in Baucau zwei Touristen. Dadurch wird man leicht zum Mittelpunkt des Interesses. In Lospalos etwa umringten uns Dutzende von Kindern, aber auch Erwachsene. In Quelicai war die Neugierde vielleicht ähnlich groß, aber die Scheu überwog. Wir hatten immer den Eindruck, daß wir vor allem kirchlichen Personen leicht Schwierigkeiten mit der örtlichen Polizei bereiten würden; teilweise wurde uns das auch gesagt, teilweise ließ sich das daraus schließen, daß wir nur zögerliche und sehr vorsichtige Antworten auf unsere Fragen bekamen.

Viel weniger Erwachsene als etwa auf Bali nahmen Kontakt zu uns auf. Diejenigen Ost-Timoresen, die uns ansprachen, sprachen dann aber über Politik. Während eines 15minütigen Aufenthaltes in Baucau erzählte uns jemand, er sei beim Santa Cruz-Zwischenfall dabeigewesen und es würden bis heute Oppositionelle von den Sicherheitskräften verhaftet und getötet. Er schätzte die Gesamtzahl der Todesopfer im Zusammenhang mit Santa Cruz auf insgesamt 400 ein. Er schien einer Widerstandsgruppe in Baucau anzugehören. Ein indonesischer Zivilist und ein Soldat versuchten durch ihre Anwesenheit, das Gespräch zu behindern. Im Bus nach Dili sprach uns ein junger Mann an und erzählte, daß sein Vater nach Portugal geflüchtet sei. Auch in Lospalos hatten wir ein Gespräch mit einer Familie, die die indonesische Besatzung ablehnte; der Sohn war auch schon wegen einer Demonstration verhaftet worden. Auch Indonesier haben uns angesprochen. Insgesamt kamen die negativen Kommentare zur Lage in Ost-Timor eher von timoresischer Seite, die rosigeren Darstellungen eher von indonesischer Seite. Ausnahmen bestätigen aber die Regel.

In Dili gab es vor dem Gouverneurspalast eine offizielle Feier zum Jahrestag der Integration. Trachtenkleider und Abordnungen aus ganz Ost-Timor waren zu sehen. Innenminister Rudini sprach. Ein Indonesier erklärte uns mit seinen Worten, wie schön dies alles sei. Später sagte uns ein Ost-Timorese, daß die Menschen zur Teilnahme gezwungen wurden, bzw. viele überhaupt nicht aus Ost-Timor seien. Ganz Ost-Timor, speziell Dili, war während unserer Anwesenheit in ein rot-weißes Fahnenmeer gehüllt. Überall standen Hinweise auf den Integrationstag und den Tag der Unabhängigkeit Indonesiens von den Niederlanden, ein Datum also ohne jede Bedeutung für die frühere portugiesische Kolonie Ost-Timor. Insgesamt wirkte die Demonstration indonesischer Staatlichkeit in Ost-Timor sehr künstlich und aufgesetzt. <>
 
 

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