Indonesien-Information August 1994 (ArbeiterInnen)

Das Los der Arbeiter:

Die vom Wachstum der Industrie Verschlungenen

(aus DeTik, 4.-10. Mai 1994, geschrieben vonDwiani Parwati)

..wenn man einen Blick auf die Essenz der Forderungen von Arbeiternwirft - die notabene das Rückgrat im Produktionsprozeß darstellen- sind sie eher bescheiden. Da ist die Forderung nach einer Anhebung derLöhne, Beihilfen und sozialer Sicherheit, was in der Tat das guteRecht der Arbeiter ist. Wenn der Dialog ins Stocken gekommen ist und wenndie offizielle Gewerkschaft SPSI - die doch als Einheitssprachrohr fürdie Bestrebungen der Arbeiter - nicht gerade gut funktioniert, wohin sollensich da die Arbeiter richten, um für ihre Grundrechte zu kämpfen?

In der Tat, das Schicksal indonesischer Arbeiter unserer Zeit zeigtnoch immer ein glanzloses Bild. Man kann das ersehen an Indikatoren wieden niedrigen Löhnen und den langen Arbeitszeiten (ca. 10-14 Std./Tag).Nach einer Studie der Yayasan Akatiga Bandung decken die Löhne unsererArbeiter gerade einmal 60-70 % des physischen Existenzminimums (das istder Grundbedarf eines Arbeiters, um sich körperlich und geistig amLeben zu erhalten). Das bedeutet, der von der Regierung festgesetzte Mindestlohnliegt derzeit noch weit unter dem angemessenen Lebensbedarf der Arbeiter.

Gewöhnlich sehen Indonesiens Unternehmer die Arbeiter lediglichals Produktionsmittel an. "Unsere Arbeiter werden noch nicht als einKapital betrachtet, für das eine angemessene Sicherheit gewährleistetwerden muß," sagt Rizal Ramli, Direktor von Econit.

Was ist die Folge? Es sind die, in der Berechnung der Produktionskosteneiner Firma, sehr geringen Lohnkosten. Eine Untersuchung sagt sogar, daßdie Zusammensetzung der Lohnkosten in Indonesien im internationalen Vergleichdie niedrigste ist.

Die geringe Höhe des Lebensunterhalts, der den Arbeitern gewährtwird, zeigt sich auch in einer Studie vom LBH Surabaya. Arbeiter in derNahrungsmittel- und Getränkeindustrie werden nur mit ca. 4,5 % dergesamten Produktionskosten entlohnt, in der Chemieindustrie sind es 7,7%, in der Metall- und der Möbelindustrie jeweils 20 % bzw. 30 % derGesamtkosten. Im Mittel sieht Riazal Ramli den Anteil unserer Lohnkostenbei nur 8-12 % der gesamten Betriebskosten einer Firma.

Oft wird diese erwähntermaßen billige Lohnstruktur von derRegierung, explizit oder implizit, als ein Standortvorteil Indonesiensangepriesen. Das Ziel ist, Investitionen aus dem Ausland anzuziehen, umneue Arbeitsfelder zu erschließen, das Wirtschaftswachstum zu steigernund die Arbeitslosigkeit zu senken.

Man konnte das beobachten, als in den 70er und 80er Jahren eine Wellevon Industrieansiedlungen aus verschiedenen Ländern stattfand, diein einigen Industriebereichen einen Aufschwung erlebten. Japan, Korea undTaiwan überfluteten Indonesien mit ihren Industrieansiedlungen. Unteranderem, um die niedrigen Lohnkosten zu genießen. Eingedenk der schwachenVerhandlungsposition der Arbeiter aufgrund des Überangebots an Arbeit,waren die Arbeiter zweifelsohne jahrelang gezwungen, sich mit Niedrigstlöhnenzufriedenzugeben.

Die geringe Höhe der Lohnkosten haben eigentlich fast alle Staatenerlebt, die sich gerade im Prozeß der Industrialisierung befanden.Aber, das Übel ist, realistisch betrachtet treten die Löhne inIndonesien fast nur auf der Stelle - um nicht zu sagen, sie stagnieren.Der Beweis? Während der Jahre 1986-1990 stiegen die Löhne unsererArbeiter tatsächlich um nominal 30%, aber in Wirklichkeit fiel dieKaufkraft der Arbeiter um 7%.

Das heißt, die Arbeiter können nicht teilnehmen am Genußdessen, was die Industrie abwirft. Vielleicht können diese Faktenbesser verständlich machen, wie sehr das Schicksal der Arbeiter tatsächlichinmitten der überwältigenden Erfolge der Industrialisierung verschlimmertwird. Man stelle sich vor, im Zeitraum von 1989-1993 stieg das Bruttosozialproduktum durchschnittlich 2,3% pro Jahr. Dennoch fiel der Reallohn der Arbeiterum ca. 1,9%.

Eigentlich ist es keine schwierige Angelegenheit, die Lohnsituationder Arbeiter zu verbessern. Bei dem immer stabileren Niveau des Wirtschaftswachstumswäre es angemessen, wenn die Unternehmer mehr von ihrem Gewinn fürdie Wohlfahrt der Arbeiter ausgeben würden. Es sollte so sein, daßein Unternehmer die Gewinnverteilung seiner Firma menschlicher gestaltet.Das heißt, 40% für den Besitzer, 30% für Reinvestitionenund 30% für die Wohlfahrt der Arbeiter.

Daneben ist es an der Zeit, die Nebenausgaben aus der schwarzen Kasse(illegale oder informelle Kosten) zu beschneiden. Zumindest könntensie verringert werden. Denn es sind Kosten wie diese, die indirekt diegeringen Arbeitslöhne bedingen. Eine Studie erwähnt, daßein Unternehmer 3-9% der Investitionskosten für schwarze Zahlungenaufwenden muß, um verschiedene Genehmigungen zu erhalten. Dabei könntendiese Gelder zur gerechteren Entlohnung der Arbeitskraft aufgewendet werden.

Um Fälle von Streitigkeiten oder Streiks zu bewältigen, wählenUnternehmer sogar oft den Weg, den Sicherheitsapparat mithineinzuziehenanstatt den Dialog und den Kompromiß mit den Arbeitern zu suchen.Dafür benötigt der Unternehmer nach Meinung eines Berichts derTageszeitung Bisnis Indonesia vom 27.12.93 eine Geldsumme, die die Produktionskostenum 30% in die Höhe schießen läßt. Dabei könntedieses viele Geld benutzt werden, um die Forderungen der Arbeiter zu erfüllen.

Es ist an der Zeit, daß die Industriellen den Wert eines Arbeitershöher schätzen. Er darf nicht mehr nur als Produktionsmittelangesehen werden. Ob das bald passiert? <>

 
 
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