Indonesien-Information Nr. 1 2001 (Menschenrechte)

Wieder ein geplanter Terror in Indonesien

von Deny Tjakra-Adisurya

Es war am Heiligabend in Jakarta, den 24.12.2000. Ich war bei meiner Schwester in Cakung - Bekasi. Um ca. 20.30 Uhr bekam ich einen Anruf von meiner anderen Schwester aus Jatinegara, wo ich wohne. Sie hat uns am Telefon erzählt, dass nur wenige Minuten zuvor eine Bombe in der Kirche an der Ecke, ca. 100 Meter von uns, gezündet wurde. Ein paar Minuten später fuhr ich mit meinem Bruder und seiner Tochter zu ihm nach Hause, wo ich sofort das Radio anmachte und auf den Sender "Jakarta News FM, 97,4 MHz" einstellte. Es war schon viel los in den Nachrichten, auch bei verschiedenen Fernsehstationen. Ich habe ein paar mal versucht meine Schwester in Jatinegara anzurufen, aber niemand ging ans Telefon, was hat mich wirklich beunruhigte. Ich habe dann meine andere Schwester in Cakung angerufen und sagte, dass ihr Mann mich sofort mit dem Motorrad nach Hause bringen solle. Danach meldete sich wieder meine Schwester aus Jatinegara und erzählte, dass noch eine Bombe in einer anderen Kirche in Matraman (St. Joseph) gezündet worden sei. Ich fragte sie, ob unsere Mutter schon von der Kirche zurück ist oder noch nicht? Meine Mutter war zum Heiligabend zu eben dieser Kirche (St. Joseph) gegangen. Kurz erzählt, war ich schon mit dem Motorrad unterwegs zusammen mit meinem Schwager. Nach über einer halben Stunde befand ich mich gegenüber der Kirche "Koinonia" in Jatinegara, wo noch sehr viele Leute waren. Ein Mikrolet (eine Art von öffentlichem Transportmittel in Jakarta) mit Nummer "M 16" Richtung "Kampung Melayu - Pasar Minggu" war schon schwarz verbrannt. Ich habe ein paar Leute gefragt, was denn passiert sei. Die Leute erzählten, dass eine Bombe in dem Mikrolet explodiert sei, genau an der linken Seite von der Kirche Koinonia, aber es gab auch andere Leute, die meinten, das Mikrolet habe eine Plastiktüte (mit Bombe) überfahren ist und booooooommmmmmm...........

In dieser Kirche wird normalerweise zu jedem Heiligabend eine Messe gehalten und auch dieses Jahr waren wieder so viele Leute zu dieser Kirche gekommen, dass die Leute bis draußen standen. Diese Kirche gehört zu den alten Kirchen in Jakarta. Ich will hier nicht zu viel hineininterpretieren, sondern dies nur als Hinweis ergänzen. Leute, die schon seit langem zu dieser Kirche kommen, sind größtenteils Bataker und Ambonesen.

Meine Mutter erzählte mir später, dass sie ungefähr 10 Minuten, nachdem sie zusammen mit einer Freundin die Kirche St. Joseph in Matraman verlassen hatte, unterwegs Massen von Leuten, meistens Jugendliche, gesehen und um ca. 20.30 Uhr die zweite Bombe detonieren gehört habe. Die Freundin meiner Mutter hat unterwegs geheult, sie hatten große Angst und die Leute auf der Strasse schrieen: "Mach das Tor zu!" Die Leute dachten vielleicht, dass es wieder Kämpfe zwischen zwei Wohngebieten in der Nähe gab.

Zu Hause habe ich sofort wieder das Radio angemacht, und ein paar Minuten danach ging ich raus, weil ich hören wollte, was denn die Nachbarschaft so erzählt. Es gab Leute, die wegen dieses Vorfalls wirklich Angst hatten und auch solche, die leise sagten: seht nur, was die Moslems schon wieder machen. Ganz ruhig sagte ich zu ihnen: "BITTE, sei nicht so unruhig und BITTE sei auch nicht so provokativ und lasst euch nicht provozieren. Es ist alles eine Provokation, damit wir, Moslems und Nichtmoslems, miteinander immer von Angst umgeben sind und uns untereinander immer als Feinde betrachten. Es gibt hier noch Leute, die das Volk in Indonesien nicht so sehen wollen, dass wir immer miteinander zusammen leben können. Sieh doch mal im Fernsehen und hör im Radio, wie geplant die Bomben gezündet wurden: alle in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 21.00 Uhr." Ein paar Leute fragten, was machen wir denn nun? Ich sagte, wir könnten eine friedliche Aktion machen, und zwar "lasst uns Flaggen auf Halbmast setzen als Zeichen unserer Besorgnis um das Volk!"

Ich habe bis um ich weiß nicht mehr wann Radio gehört und als ich aufgestanden bin, habe ich sofort eine Flagge gesucht und auf Halbmast gesetzt. Aber tatsächlich war ich damit bis jetzt der einzige. Die anderen Nachbarn haben das nicht gemacht, ich weiß ich nicht warum. So ist das, es passiert aus einem Gefühl der Angst. Ich bin mir ganz sicher, dass die Leute eigentlich auch mitmachen wollen, aber aus Sicherheitserwägungen heraus trauten sie sich nicht, die Flagge auf Halbmast zu setzen.

Wie ich im Radio bis jetzt hörte, passierte das gleiche in vielen Städten in Indonesien und zwar in Jakarta, Bandung, Medan, Mojokerto, Batam, Mataram, Sukabumi, Bekasi, Pekanbaru und Riau. 118 Menschen wurden zu Opfern des Terrors.

Viele Leute verurteilen diesen Terror und fordern, dass dieser Terror gestoppt werden muss. Am 25.12.2000 wurde ein Forum gegründet, das sich "Forum Indonesia Damai" (FID) nennt, an dem Munir (Kontras), Emil Salim, Ratna Sarumpaet, Nurcholis Majid usw. beteiligt sind. Sie wollen, dass sie mit anderen kompetenten Institutionen eine grundsätzliche Untersuchung durchführen können und hoffen natürlich, dass dabei noch anderen Leute helfen mitzumachen.

Ein paar Stunden nach den Bombenanschlägen gab Agus Wahid von NU Jakarta (Nahdlatul Ulama, die größte islamische Vereinigung Indonesiens) eine Presseerklärung heraus, in der er sagte, die Täter seien Feiglinge, die nur Chaos anrichten wollten und verurteilte die Täter. Er sagte, alle von Banser NU in Jakarta würden den Leuten und der Polizei helfen, um Jakarta zu Weihnachten und Idul Fitri (Fastenbrechen zum Ende des Ramadan) sicherer zu machen. Danach schlossen sich Agus Wahid und Romo Muji Sutrisno (kath.) im Radio zu einer gemeinsamen Erklärung zusammen. Die beiden sagten, die Leute sollten sich nicht provozieren lassen, die Täter wollten ja erreichen, dass wir alle Angst haben und uns gegenseitig bekämpfen. Wir müssen sagen, dass wir die Gewalt ablehnen, deshalb müssten wir immer zusammen halten, um gemeinsam stärker zu sein. Wenn zu Idul Fitri am 27.12.2000 wieder Bomben gezündet werden, dann möge bitte niemand denken, dass das die Reaktion der Christen ist, nur weil es die Täter so haben wollen, dass wir uns immer gegenseitig verdächtigen. Bitte, wir brauchen Geduld. <>
      
 

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