Indonesien Information Nr. 3/1999 (Umwelt)

Der Countdown läuft: März, April, Mai, Juni .... Feuer

von Armin Bobsien

Pünktlich zum Beginn der Trokkenzeit ist in Indonesien der Countdown zum fröhlichen Wälderabbrennen abgelaufen: Seit Mitte Juli werden auf Satellitenbildern wieder Hunderte von Waldbränden in Kalimantan und Sumatra gezählt. Experten und indonesische Umweltgruppen fürchten eine Wiederholung der katastrophalen Waldbrände von 1997/98, bei denen mehr als 810 Mio. ha tropischer Regenwald und Buschland vernichtet wurden (dies entspricht der Fläche Österreichs) und ganz Südostasien wochenlang von einer Rauch und Dunstglocke bedeckt wurde.

Seit Ende Juli werden in Singapur mit Überschreiten des Wertes 100 auf der PSISkala (dem Luftverschmutzungsindex) gefährliche Luftschadstoffkonzentrationen gemessen /dpa, 30.7.99/. Auch die malaysische Hauptstadt Kuala Lumpur ist in Brandsmog eingehüllt und es werden erste Behinderungen des Luft und Schiffsverkehrs aus der Region gemeldet /dpa, 6.8.99 /. In den letzten Tagen stieg die Anzahl der Waldbrände sprunghaft, z.B. wurden in Kalimantan am 2. August 84 Waldbrände gezählt, am 3. August wurden bereits 314 "hotspots" auf Satellitenphotos entdeckt /The Guardian, 4.8.1999/.

In Sumatra wurden Dutzende von Waldbränden bereits im April gemeldet, jedoch gewährten im Mai einsetzende heftige Regenfälle den dort lebenden Menschen eine "Feuerpause". Seit Juni erhöht sich jedoch in Riau, Jambi, Süd und OstSumatra die Anzahl der Feuer /DtE, 2.8.99/. Am schlimmsten ist die Lage in Riau, dort ist die Sichtweite bereits auf 100200 Meter gesunken und Provinzgouverneur Saleh Djasit empfahl der Bevölkerung das Tragen von Atemmasken /Kompas, 6.6.99 /. Wie 1997/98, als die Rauch und Dunstwolke über Südostasien den regionalen Schiffs und Flugverkehr beeinträchtigte und Verluste bzw. Schäden von mehreren 100 Millionen US$ in der Region verursachte, sind auch diesmal wieder die Anliegerstaaten Singapur, Malaysia und Brunei von den Auswirkungen der Waldbrände unmittelbar betroffen.

In Singapur dämmerte den Verantwortlichen mit dem Ansteigen des Pollution Index bereits Mitte April, daß eine neue Feuersaison in Indonesien bevorstehen könnte. Als Konsequenz forderten Politiker aus den Anliegerstaaten bei einem ASEANTreffen am 19. April in Brunei die indonesische Regierung ultimativ zur Umsetzung einer "ZeroBurning"Politik auf. Bis Juli, d.h. noch vor dem Höhepunkt der Trockenzeit, sollte Jakarta präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Waldbränden ergreifen, andernfalls würden wirtschaftliche Sanktionen erfolgen /Stuttgarter Zeitung, 4.5.99/.

Singapur, bereits im letzten Jahr der schärfste Kritiker Indonesiens, hat mittlerweile wiederholt auf Regierungsebene gegen die Untätigkeit Jakartas protestiert und Schadenersatzklagen angedroht /Jakarta Post, 31.5.99/. Auch in dem in Borneo gelegenen Sultanat Brunei liegen die Nerven blank: Offizielle in Darussalam befürchten, daß die im August stattfindenden 20. ASEANSpiele von Rauch und den sich verschlechternden Luftverhältnissen betroffen sein werden und haben ebenfalls mit Schadenersatzforderungen gedroht /Television Corporation of Singapore, 29.7.99/.

Obwohl die Bevölkerung von Kuala Lumpur ebenfalls von Smog betroffen ist und negative Auswirkungen bezüglich der Austragung des Formel 1 Rennens im Oktober befürchtet werden, verhält sich die Regierung von Malaysia betont zurückhaltend gegenüber Jakarta und hat im eigenen Land vorsichtshalber die Veröffentlichung der Luftindexwerte eingestellt /dpa, 6.8.99/.

Die Regierung Mahatir hat gute Gründe für die PublicityScheu: Waldbrände wüten auch in den ostmalaysischen Bundesstaaten Sarawak und Sabah und man will unter keinen Umständen ausländische Touristen verschrecken nachdem es in den Vorjahren zu erheblichen Einbußen in der Tourismusbrache kam. Außerdem will man wohl eine neuerliche öffentliche Blamage durch indonesische Umweltaktivisten vermeiden, nachdem diese 1998 aufdeckten, daß viele Feuer in Plantagenkonzessionen gelegt wurden, die malaysischen Industriellen gehörten.

Wie in vorangegangenen Waldbrandjahren (1982/83, 1986/87, 1991, 1994, 1997/98) sind die Ursachen und Zusammenhänge der Waldbrände weitgehend auf eine fehlgeleitete Waldnutzungspolitik der indonesischen Regierung unter maßgeblicher Beteiligung der Weltbank zurückzuführen. Waldbrände in Indonesien sind nur zu 1% auf natürliche Ursachen (z.B. Blitzschlag) zurückzuführen, hingegen wurde 1997/98 zu mehr als 80% Feuer als billige Methode zur Umwandlung von Waldgebieten in Plantagen eingesetzt. Nach jahrelanger Übernutzung der Primärregenwälder hat die Regierung Ende der 80iger Jahre große Waldflächen zur Umwandlung in Plantagenwälder (Industrieholz zur Papierherstellung, Palmöl) an große Konglomerate vergeben. Insgesamt sollen 30 % der Waldfläche Indonesiens in Plantagenwälder umgewandelt werden.

Die ökonomische Krise in Indonesien hat den Druck zur Ausbeutung der verbliebenen Waldflächen und der billigen Umwandlung in Plantagen verstärkt. Zur Bedienung der Auslandschulden soll nach den ökonomischen Vorgaben (Strukturanpassungsprogramm) der multilateralen Finanzinstitutionen IWF und der Weltbank der Plantagensektor in Indonesien ausgebaut werden. Rund 50 Jahre nach dem Erreichen der Unabhängigkeit ist Indonesien damit auf dem besten Wege, das koloniale Programm des "cultuurstelsel" zum Aufbau einer exportorientierten Plantagenökonomie in moderner neoliberaler Facon umzusetzen. Als Gewinner dieser Politik dürften die beteiligten Eliten und die internationalen Entwicklungsbanken feststehen.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, daß die indonesische Regierung wie in den Vorjahren kaum Anstalten trifft gegen Plantagenbesitzer vorzugehen, die Feuer als billige Möglichkeit zum Roden benutzen. Im krisengeschüttelten Indonesien fehlt es wie gehabt am politischen Willen zur Feuerbekämpfung und prävention, es gibt zu wenige ausgebildete Feuerwehrmänner, die überdies nur schlecht bezahlt werden und kaum über geeignete Ausrüstung, Motivation oder Anreize zur Feuerbekämpfung verfügen. Auch internationale Hilfsmaßnahmen zur Feuerbekämpfung werden sich erneut als wirkungsloser Aktionismus und milliardenschwere Steuergeldverschwendung erweisen wie im vergangenen Jahr, wenn wieder nur die Symptome nicht jedoch die den Waldbränden zugrundeliegenden Ursachen bekämpft werden.

Um ein erneutes Disaster zu verhindern ist die Regierung in Jakarta unter politischen Druck zu setzen. Gleichzeitig müssen entsprechende Forderungen an den IWF und die Weltbank zur Revidierung des Strukturanpassungsprogrammes gestellt werden. Als Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Katastrophe "planetaren Ausmaßes" (K. Töpfer, UNEP) ist zu fordern:

1. ein Moratorium zur Umwandlung von Naturwäldern in Plantagenwälder

2. die längst überfällige Reformierung der Forstgesetzgebung einschließlich der Anerkennung traditioneller Land und Nutzungsrechte der Waldbewohner

3. Rechtsvollzug und volle Anwendung des Strafrechts für Plantagenbesitzer, was nur möglich ist, wenn gleichzeitig die Löhne der öffentlichen Bediensteten erhöht werden

4. Reform der nationalen Waldnutzungspolitik, so daß die lokale Bevölkerung wieder ein Interesse am Schutz der Wälder hat

5. ein Stopp aller internationaler Investitionen zum Aufbau einer exportorientierten Plantagenindustrie (Palmöl, Papier) in Indonesien

6. Kontrolle und Überwachung des Strukturanpassungsprogrammes und anderer Programme von IWF und Weltbank in Indonesien entsprechend der bankeigenen Richtlinien hinsichtlich Landrechten, Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit. <>

 
 
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