Indonesien-Information Nr. 3 1995 (Ost-Timor)

Trotz Integration bleibt Timor politischer Tumor

Auch in den Reihen der ost-timoresischen Integrationsbefürworter macht sich Unzufriedenheit breit. Zu Beginn der "Integration" gab es ein "gentlemen agreement" zwischen APODETI, als der einzigen Partei, die für den Anschluß an Indonesien war, und der von General Ali Murtopo angeführten "Opsus" (Operasi Khusus), einer außerhalb von BAKIN operierenden geheimdienstähnlichen Institution, das zur Deklaration von Balibo führte. Nach diesem "gentlemen agreement" sollte Ost-Timor nach dem Anschluß einen Autonomiestatus erhalten während die Zentralgewalt in Jakarta die Verteidigungs-, Außen- und Finanzpolitik übernahm.

"Jetzt verlangen die Ost-Timoresen die Einlösung dieses Versprechens. Heute wird alles von der Zentralregierung geregelt. Und das ist für sie eine Enttäuschung", sagte ein Beobachter.

Auch der ehemalige Gouverneur von Ost-Timor, Mario Carrascalao, äußerte seine Enttäuschung. Zwar mache der Aufbau - alias Aufschwung-Ost-Timor - gute Fortschritte, aber die Entwicklung der Gesellschaft, die von diesem Aufbau profitieren soll, werde vernachlässigt, sagte er. "Wer nutzt denn all die Gebäude und Brücken, wenn die Menschen noch nicht reif dafür sind?", fragte er.

In ähnlichen Tönen äußerte sich letztes Jahr der derzeitige Gouverneur, Abilio Soares, Mitbegründer von APODETI, in seinem Bericht "Vorschlag zur gründlichen Lösung des Ost-Timor-Problems" ("Saran Penyelesaian yang Tuntan dan Mendasar Masalah Timor Timur"). Nach seiner Darstellung war der 20-jährige Aufbau nicht in der Lage, eine Garantie für den reibungslosen Integrationsprozeß zu geben. Im Gegenteil meint Abilio einen ähnlichen Prozeß wie zur portugiesischen Kolonialzeit zu erkennen, in dem der Unmut und Haß der Menschen in politische Apathie umschlagen. Eines Tages könne das zum Ausbruch unkontrollierbarer Unruhen führen.

Um dies zu vermeiden, schlug Abilio vor, Ost-Timor eine besondere Autonomie gemäß dem Gesetz Nr. 7 von 1976 zu gewähren. Diese Auffassung wird gestützt von seinem Kollegen aus der Regierungspartei GOLKAR, dem Parlementsabgeordneten Salvador J. Ximenes. Auch er meint, die beste Lösung sei die Autonomie für Ost-Timor. Doch Präsident Suharto lehnt diesen Vorschlag ab.

Währenddessen nehmen die Probleme in Ost-Timor zu. Es tauchen neue soziale Konflikte auf, etwa durch die immer größer werdende Kluft zwischen Reichen und Armen, die ethnischen Auseinandersetzungen zwischen Zugereisten und den durch sie benachteiligten Einheimischen sowie durch die steigende Zahl arbeitsloser Akademiker. Der Strom von Menschen aus Java und Makassar hat sogar den Gouverneur bereits dazu bewegt, eine Gesetzesvorlage zur Eindämmung der "Wirtschaftsflüchtlinge" von benachbarten Inseln vorzubereiten. "Wir warten nun auf Grünes Licht vom Provinzparlament", sagte Abilio.

Vielleicht ist die Idee des Menschenrechtlers H.J.C. Princen interessant. Er schlug vor, ein Referendum veranstalten zu lassen. Aber, "nicht für die Unabhängigkeit, sondern um die Autonomie zu erlangen", sagte er. Dieser Vorschlag sei ein Mittelweg, der von der indonesischen Regierung und der nach Unabhängigkeit strebenden Bewegung akzeptiert werden könne, meint Princen. Doch jede Art von Referendum hinterläßt den Eindruck, als ob die Uhr der Geschichte zurückgedreht werden soll. "Ein Referendum ist unmöglich", beschied daher Gouverneur Abilio Soares. Die gleiche Auffassung vertrat der Militärbezirkskommandant von Ost-Timor, Generalmajor Adang Ruchiatna. Er sieht bei einem Referendum eine noch größere Gefahr, nämlich Bürgerkrieg. Da sei es letztlich egal, welche Gruppe diesen Krieg gewinnen werde /Forum Keadilan, 16.3.95/. <>

 
 
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