Indonesien-Information Nr. 3 1995 (Wirtschaft)

Die Haie umkreisen das sinkende Schiff

Die strategisch wichtigen staatlichen Unternehmen erwirtschaften nur Verluste. Schuld daran seien fehlende Aufträge.

Vier Firmen im Verbund der als strategisch wichtig eingestuften staatlichen Industrien erwirtschaften Verluste. Unter anderem handelt es sich dabei um die von Minister Habibie geführten Firmen IPTN (Flugzeugbau) und PT PAL (Schiffsbau). Nach Meinung Habibies seien fehlende Exportkredite der Grund für diese Entwicklung. Als Beispiel nannte er den Verkauf von 52 Flugzeugen des Typs CN-235 an die Türkei. Weil IPTN keine Exportkredite bereitstellen konnte, stieg die Türkei aus diesem unterschriftsreifen Geschäft aus, da sie sich nicht in der Lage sah, die Flugzeuge bar zu bezahlen. "Es ist klar, daß wir so nicht wettbewerbsfähig sind, obwohl IPTN den Auftrag praktisch schon in der Tasche hatte", erklärte Habibie.

Nach Habibies Auffassung sollte die Regierung entsprechende Exportkredite bereitstellen. Ohne Finanzierungsbeihilfen drohe den strategischen Industrien die Pleite. "Für uns ist es schwierig, die Produkte von IPTN und PT PAL ohne Exportfinanzierung abzusetzen", sagte Habibie. So sieht sich der High-Tech-Produzent IPTN gezwungen, auf einfache Tauschhandelsgeschäfte nach dem Muster des früheren Ostblocks zurückzugreifen. In Kompensation für 6 CN-235 erhielt IPTN kürzlich von Malaysia 2.500 PKW vom Typ Proton Saga sowie 20 Flugzeuge des Typs MD3-160.

Es scheint so, als ob Habibies Wünsche zur Zeit nicht realisierbar seien, da "unsere Finanzmittel dies nicht erlauben", wie Finanzminister Mar'ie Muhamad erklärte. Die Regierung sucht nun nach Möglichkeiten, Exportkredite durch die Aufnahme von Auslandsschulden zu finanzieren. Doch die Entscheidung darüber liegt bei den ausländischen Kreditgebern. Was passiert, wenn diese nicht bereit sind, Gelder zur Verfügung zu stellen? Habibie droht: "Wenn die Exportkredite die staatlichen Finanzen zu sehr belasten, dann müssen wir die Firmen, die zur strategischen Industrie zählen, eben dicht machen".

Habibies Drohung verfehlte nicht ihren Adressaten. Schon wies Präsident Suharto den Finanzminister, den Gouverneur der Zentralbank und den Präsidenten des Unternehmensverbandes der staatseigenen strategischen Industriebetriebe (BUMNIS; Badan Usaha Milik Negara Industri Strategis) an, nach einem Ausweg zu suchen, um die strategische Industrie zu retten /Forum Keadilan, 30.3.95/.

____________________ Fehlende Aufträge ____________________

Habibies Hilferufe nach Exportkrediten für seine Flugzeugindustrie erweckten den Eindruck, als ob die strategische Industrie nur deshalb in Schwierigkeiten sei, weil sie ihren potentiellen Kunden kein Angebot zur Finanzierung machen kann. Beobachter erinnern jedoch daran, daß IPTN erst vor knapp einem Jahr eine Finanzspritze in Höhe von 900 Milliarden Rupiah (ca. DM 0,6 Mio.) aus einem Fonds erhalten hat, der eigentlich der Wiederaufforstung des Regenwaldes vorbehalten war. Daß alleine fehlende Exportkredite der Grund für die Unrentabilität der strategischen Industrie seien, bezweifelt ein Experte, der nicht namentlich genannt werden möchte. Er sagte, eine wichtige Rolle spiele auch die fehlende Kontrolle über die Firmenfinanzen. Vor zwei Jahren beispielsweise wurde bekannt, wie bei PT PAL Gelder verschleudert werden. Alleine für Dienstfahrten zwischen Jakarta und Surabaya gab die Firma täglich 4,5 Millionen Rupiah (ca. DM 3.000,-) aus. Kein Wunder, daß der Betrieb in finanzielle Schwierigkeiten gerät, meinen Kritiker /Forum Keadilan, 30.3.95/. Gegen den Vorwurf der Ineffizienz wehrt sich Habibie: "Wenn einige strategisch wichtige Betriebe noch mit Verlust arbeiten, so heißt das nicht, daß sie ineffizient sind. Aber wenn es keine Aufträge gibt, wie soll man da arbeiten?" /Sinar, 4.3.95/.

Noch ist unklar, ob das Schiff der strategischen Industrie bereits am Sinken oder lediglich in Seenot geraten ist. Doch die Haie ziehen bereits ihre Kreise um den Schiffstresor der High-Tech-Industrie zu erbeuten. <>

 
 
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