Indonesien-Information Nr. 3 2002 (Menschenrechte)

 

Was lange währt

...wird endlich gut? Zur Neubesetzung der Komnas HAM

von Nikola Hüging

 
Drei Monate nach der Auswahl von 23 neuen Mitgliedern für die nationale Menschenrechtskommission Komnas HAM durch die Beratende Volksversammlung, hat Anfang September auch Präsidentin Megawati Soekarnoputri der Einsetzung ihre offizielle Zustimmung gegeben. Nach einer Gesetzesänderung kommt der Präsidentin erstmals nur noch die Aufgabe zu, die Mitglieder offiziell ins Amt einzuführen und nicht mehr wie bisher, auch die Auswahl vorzunehmen.

Das Auswahlverfahren der neuen Komnas HAM Mitglieder war mit großer Skepsis beobachtet worden. Der Selektionsprozess beruht auf dem Gesetz Nummer 39/1999 über die Menschenrechte.  Dieses Gesetz sieht vor, dass die beratende Volksversammlung höchstens 35 Kandidaten zur Ernennung für die Menschenrechtskommission auswählen soll. Anhand von Interviews sollten die Kandidaten auf ihr Wissen und ihre Einstellung zu menschenrechtlichen Fragen geprüft werden. Aus den 43 von den bisherigen Mitgliedern von Komnas HAM vorgeschlagenen Kandidaten wurden schließlich 23 Personen für die kommende Periode 2002 bis 2007 bestimmt.

Für scharfe Kritik sorgte die Tatsache, dass äußerst erfahrene und anerkannte Menschenrechtsaktivisten im Land, wie die Anwälte Todung Mulya Lubis und Hendardi, sowie die Leiterin des Urban Poor Consortiums, Wardah Hafidz, nicht in die Kommission aufgenommen wurden, mit der Begründung, sie seien nicht ausreichend qualifiziert.

„Wir hatten einen fairen und objektiven Prozess erwartet. Was aber zur endgültigen Entscheidung führte, waren politische Geschäfte,“ sagte Todung gegenüber der Jakarta Post /Jakarta Post, 10.7.2002/. Die meisten der neuen Mitglieder scheinen nur wenig vertraut mit Menschenrechtsfragen und eher unerfahren im Umgang damit zu sein. Hinzu kommt die Tatsache, dass mehrere der Mitglieder einen militärischen Hintergrund haben.

Teras Narang, Vorsitzender der  für die Auswahl zuständigen Kommission II des Parlaments (DPR) räumte ein, dass sie keine Standardkriterien für die Auswahl der Kandidaten hatte, und das Verfahren eher auf subjektiven Faktoren beruhte. Der Außenminister und Mitbegründer der Meschenrechtskommission, Hassan Wirayuda, kritisierte, dass es keine gute Entscheidung war, dem Parlament als politischer Institution die Aufgabe zu überlassen, die Mitglieder für die Menschenrechtskommission auszuwählen. „Was wir brauchen sind Rechtsaktivisten mit einer starken Verpflichtung, Menschenrechte zu achten. Solche, die lediglich die politische Unterstützung des Parlaments haben, brauchen wir nicht,“ so Wirayuda /Jakarta Post, 19.7.2002/. Auch wurden Vermutungen laut, die Entscheidung der Abgeordneten sei stark vom indonesischen Militär beeinflusst worden.

Bei den Mitgliedern der Menschenrechtskommission lag es nun, einen Vorsitzenden zu ernennen. Ihre Wahl fiel auf den Anwalt Abdul Hakim Garuda Nusantara, Beiratsvorsitzender des Menschenrechtsinstitutes ELSAM in Jakarta, einem Institut für politische Forschung und Verteidigung der Menschenrechte. Als seine Stellvertreter wurden Solahuddin Wahid, der jüngere Bruder des ehemaligen Präsidenten Abdurrahman Wahid und stellvertretender Vorsitzender der größten muslimischen Organisation Indonesiens Nahdlatul Ulama (NU), sowie Zoemrotin K. Susilo, Leiterin der Indonesian Consumers Foundation (YLKI), gewählt.

Als Komnas HAM 1993 durch Suharto erstmals eingesetzt wurde, waren die Hoffnungen auf eine effiziente Arbeit der Kommission eher gering. Entgegen aller Erwartungen jedoch zeichnete sich Komnas HAM unter der Diktatur Suhartos durch mutige und unabhängige Arbeit aus. Wer aber nun hoffte, dass Komnas HAM in Zeiten der Reform an Einfluss gewinnen würde, wurde enttäuscht. Interne Konflikte und gegensätzliche Interessen unter den Kommissionsmitgliedern gelten als wesentliche Gründe für den schwachen Einsatz der Kommission. Human Rights Watch kritisierte, dass Komnas HAM ihre Fähigkeiten zur unabhängigen Kritik gerade in dem Moment verliere, da ihre Autorität wächst.

Mit der Neubesetzung der Kommission und Hakim als neuem Vorsitzenden besteht nun die Chance, die ernsthafte Arbeit wieder aufzunehmen. „Die Menschen haben ein Recht zu Informationen Zugang zu bekommen und Meinungsfreiheit zu genießen. Die Beschränkung dieser Rechte, mit welcher Begründung auch immer, wird die neugeborene Demokratie des Landes ruinieren“, sagte Hakim nach seiner Wahl /Jakarta Post, 14. September 2002/. Unter seiner Leitung wolle die Kommission auf den Abschluss eines Gesetzes für Wahrheit und Aussöhnung drängen, welche das Land brauche, um vergangenen Rechtsmissbrauch zu begleichen. Auf der Grundlage dieses Gesetzes könne der Staat alle nötigen Schritte unternehmen, um beiden gerecht zu werden, den Opfern wie den Tätern, so Hakim /Jakarta Post, 14. September 2002/.

Auch Solahuddin kritisierte, dass die Kommission in der Vergangenheit versagt habe, wenn es darum ging, Menschenrechtsverletzungen seitens des Militärs und der Polizei aufzuklären. Als Beispiele nannte er die ungelösten Fälle von Trisakti und Semanggi 1998 und 1999, sowie das Tanjung Priok Massaker 1984 und den Mord an dem Papuaführer Theys Hiyo Eluay im letzten Jahr. In all diesen Fällen hieß es, dass Sicherheitskräfte verantwortlich gewesen seien. „Bei der Aufklärung dieser Fälle schien Komnas HAM zahnlos und ergeben zu sein und wurde stattdessen zu einem Werkzeug staatlicher Institutionen“ kommentierte Solahuddin /Jakarta Post, 11.9.2002/. Unter neuer Leitung solle die Kommission sich nun dafür einsetzen, dass die Aufklärung dieser Menschenrechtsverletzungen wiederaufgenommen werden könne.

Diese Töne wecken die leise Hoffnung, dass Komnas HAM endlich ihr Mandat als Menschenrechtskommission wörtlich nimmt und ernsthaften Einsatz für die Achtung von Menschenrechten in Indonesien zeigt. Bleibt zu hoffen, dass die anfänglichen Versprechen nicht schon bald in Vergessenheit geraten und politischen Interessen das Feld überlassen. <>

 
 

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