Indonesien-Information Nr. 3 2002 (Umwelt)

Goldrausch

Indonesien will für ausländische Investoren attraktiver werden und Tagebau in Naturschutzgebieten genehmigen

von Marianne Klute


Tagebau und Minen haben in geschützten Wäldern nichts zu suchen. Der Abbau von Nickel, Kupfer, Gold oder die Kohleförderung hinterlassen tiefe Wunden in der Natur: kahle Areale, blausäureverseuchte Böden, schwermetallhaltiges Wasser, schweflige Luft. Das neue Forstgesetz von 1999, UU 41/1999, noch im Eifer der Reformasi erlassen und beileibe kein ideales Instrument zum Schutz der gefährdeten Regenwälder, ist, trotz seiner Schwächen, ein Erfolg für den Naturschutz. Es verbietet immerhin den Tagebau in Naturschutzgebieten.

Bergbau in geschützten Wäldern war vor 1999 möglich; insbesondere in Papua, auf Sumatra und Kalimantan mussten seither die Arbeiten eingestellt werden. Einhundertfünfzig Unternehmen, die noch aus der Suhartozeit über Genehmigungen verfügen, sind von dem Tagebauverbot betroffen; dazu gehören die britische Firma Rio Tinto, Kanadas Inco, und Newmont und Freeport McMoRan aus den USA. Ihre Konzessionsgebiete überschneiden sich mit den Arealen von Naturschutzwäldern. Sie beklagen sich über entgangene Profite und ungerechte Gesetze und wollen das indonesische Gesetz geändert wissen, um an die reichen Bodenschätze ranzukommen.

Die Bergbauunternehmen üben starken Druck auf die Regierung von Indonesien aus, das Forstgesetz zu revidieren und wieder Bergbau in den unter Naturschutz stehenden Gebieten zu gestatten bzw. die Grenzen der Naturschutzgebiete enger zu ziehen. Megawati und mit ihr fast alle Kabinettsmitglieder versprechen sich von einer Änderung eine Verbesserung des Investitionsklimas. Nur Forstminister Mohammad Prakosa bleibt bisher hart; er steht allein auf weiter Flur. Einige Parlamentarier sowie Nichtregierungsorganisationen und die lokale Bevölkerung sind gegen eine Gesetzesänderung, im Bewusstsein, dass gerade Minen in großem Ausmaß für die endgültige Zerstörung der Umwelt, die Vergiftung von Boden und Wasser mit Schlacken und Abwässern verantwortlich sind, ganz zu schweigen von der Bedrohung für die ansässige Bevölkerung und den gravierenden Menschenrechtsverletzungen, die auf das Konto der Schutztruppen der Minen gehen. Gerade die vier erwähnten Unternehmen sind berüchtigt für Umweltzerstörungen und Menschenrechtsverletzungen.

Die Reste des indonesischen Regenwaldes sind in ihrer Existenz stark bedroht. Schon unter Suharto wurden die Wälder systematisch abgeholzt und ausgebeutet; nach seinem Rücktritt 1998 hat sich die Lage noch dramatisch verschärft. Die unausgelastete Holz- und Zellstoffindustrie, internationale und lokale Holzeinschlagunternehmen stürzen sich seither unkontrolliert in die Wälder, auch in die Naturschutzgebiete, und betreiben rücksichtslos Kahlschlag. Die jährlichen verheerenden Waldbrände folgen auf dem Fuß. Indonesien verfügt nur noch über einen kümmerlichen Rest der einst dichten Regenwälder. Es ist zu befürchten, dass in fünfzehn Jahren kein zusammenhängendes Waldgebiet mehr existieren wird. Schon lange sind die Auswirkungen zu spüren, denn der Restwald kann seine Aufgaben nicht mehr erfüllen. Erodierte unfruchtbare Böden verschärfen die Armut der lokalen Bevölkerung, katastrophale Überschwemmungen, Erdrutsche oder anhaltende Dürren gefährden die Gesundheit und die Existenzgrundlage auch der städtischen Bevölkerung. Neben den ökologischen Schäden und dem Verlust der Artenvielfalt verursacht der Kahlschlag ökonomische und soziale Konflikte.

Bergbau in den geschützten Wäldern wäre Öl aufs Feuer. Alle Bemühungen des Naturschutzes würden zunichte gemacht; die letzten noch vorhandenen Ressourcen würden für kurzfristig nutzbare Devisen und Investitionen ausverkauft. Doch die Bergbauunternehmen rechnen anders. So stellt die Vereinigung der Minenbetreiber FORMAPI, Forum Masyarakat Pertambangan Indonesia, eine Kosten- und Nutzenrechnung auf, aus der hervorgeht, dass die von Minen und Tagebau bedeckte Fläche gerade mal 135.000 ha umfasst. Fast 4 Mrd. US$ würden jährlich für Indonesien erwirtschaftet, trotz der Wirtschaftsflaute, mit großen Potentialen für die Gesundung von Indonesiens Wirtschaft. Entwicklungsminister Kaisiepo beklagt den Verlust an Investitionen, der Indonesien seit 1999 entgangen seien. Auf der anderen Seite schätzt Parlamentarier Pramono Wibowo den Beitrag aus Erzen, Mineralien und Kohle für den Staatssäckel auf zur Zeit 1 bis 3 % des Bruttosozialprodukts, und Nichtregierungsorganisationen lassen in ihre Rechnungen nicht die Quadratmeterzahlen der Minen, sondern die der konzessionierten Flächen eingehen. Dann sieht die Rechnung anders aus: bis 1999 wurden 908 Genehmigungen an Bergbau- und Kohleabbauunternehmen über eine Fläche von 84 Mio. ha vergeben – das entspricht fast der Hälfte der Landfläche Indonesiens. Bergbau soll nach Rechnung von Umweltschutzorganisationen für 10% des Verlustes an Regenwald verantwortlich sein.

Umweltschutz und soziale Verantwortung scheinen für die indonesische Regierung keine Priorität zu haben. An vorderer Stelle steht die wirtschaftliche Entwicklung. So denken offensichtlich auch die ausländischen Kreditgeber, obwohl sie Aktionen gegen die weitere Zerstörung der Regenwälder fordern. Ihre Lobbyisten spielen die Wirtschaftskarte und erklären, dass ohne gesetzliche Änderungen auch Investitionen in anderen Bereichen ausbleiben werden. Und da das Forstgesetz von 1999 Neuinvestitionen hemmt und mit dem Bergbau- und dem Investitionsgesetz, die beide eigens 1967 zum Start von Freeport erlassen wurden, in Konflikt steht, soll ein neues her – zur Verbesserung des Investitionsklimas.

Ein positives Investitionsklima braucht vor allem politische und soziale Stabilität. Bergbau in Wäldern unter Naturschutz wird jedoch zwangsläufig neue soziale Konflikte schaffen. Es stellt sich die Frage, warum ausländische Unternehmen und Regierungen die zu erwartende soziale Instabilität in Kauf nehmen. Der Druck, den sie ausüben, unterminiert, ebenso wie die zwangsläufig mit den Investitionen einhergehende Korruption, demokratische Prozesse.

Megawati beugte sich dem Druck und stimmte im Mai einer Änderung des Bergbaugesetzes zu. Der Entwurf liegt auf dem Tisch. Es wird noch ausgesetzt, bis ein verändertes Forstgesetz vorliegt. Im Juni erließ das Forstministerium eine Verordnung (PP 34/2002), die Naturschutzwälder bestimmter Kategorien für Bergbau, Verteidigung, Telekommunikations-, Wasser- und Energieprojekte freigibt, wenn strategische Gründe vorliegen. Diese Verordnung ist der erste Schritt zu einem neuen Forstgesetz. Das Beispiel Forstgesetz könnte Schule machen. Schritt für Schritt werden die Reformasi-Erfolge wieder abgebaut, scheibchenweise gibt Indonesien seine staatliche Souveränität auf. Umweltzerstörungen, der Verlust des Regenwaldes, Konflikte und Instabilität sind die Folgen, ganz zu schweigen von der Beeinträchtigung demokratischer Gestaltungsmöglichkeiten. <>
 

 

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