Indonesien-Information, Nr. 2/1995 (Demokratie)

 

Gegensätzliche Prognosen für dieses Jahr

Wie meist zum Jahreswechsel wurde Ende 1994 wieder viel spekuliert über die weitere politische Entwicklung in Indonesien. Voraussagen unterschiedlichster Art gingen durch die Medien. Watch Indonesia! gibt hier einige Standpunkte wieder - selbstredend allesamt ohne Gewähr!


These Nr. 1: "1995: Ein gefährliches Jahr!"

Regelmäßig werden mit großer Spannung die Prophezeiungen des "politischen Hellsehers" ("Dukun Politik") Prof. Suhardiman erwartet. Dieser tat sich während der Sukarnozeit als Gründer der unabhängigen Arbeiterorganisation SOKSI hervor, die damals als Gegenstück zur großen kommunistischen Gewerkschaft gebildet wurde. Vor kurzem rief Suhardiman die paramilitärische Kampftruppe Baladhika Karya wieder ins Leben, die 1963 unter dem Dachverband der SOKSI gestanden hatte.

Heute ist Suhardirman nicht nur als politische Persönlichkeit, sondern auch als Wahrsager in politischen Belangen bekannt.

Ende letzten Jahres sah er bereits für das Frühjahr 1995 den drohenden Ausbruch von Unruhen. Um seine Voraussage zu unterstreichen, erklärte er: "Hackt mir meine Finger ab, falls es am Anfang des Jahres 1995 nicht gefährlich wird!"

Suhardimans seherischen Fähigkeiten zufolge waren Ereignisse wie die Ermordung von Brigade-General Tampubolon und eine Reihe sadistischer Morde, die Streiks in Medan, Sumatra, und verschiedene Demonstrationen während des vergangenen Jahres eindeutige Zeichen für die soziale Instabilität. Seiner Auffassung nach existieren zwei politische Kräfte in Indonesien - die "progressiv-evolutionären Gruppen" unter Suharto und deren Kritiker. Unter letzteren versteht Suhardiman eine Mischung aus verschiedenen Kräften wie "Rechtsextreme, Linke und Linksextreme, die 'Weiße Gruppe' (Golongan Putih), die das indonesische Wahlverfahren boykottiert sowie ferner frustrierte Teile der Elite und intellektuelle Arbeitslose." Als Gegenmittel gegen die Gefahren des sozialen Unfriedens verordnete der politische Hellseher vier Programmpunkte: Erstens riet er zu einem sicheren Leben in Wohlstand ('Hidup Sejahtera'), zweitens schlug er die Vergesellschaftung der Produktionsfaktoren aus den Konglomeraten vor, drittens eine größere Öffnung der Politik und viertens die Reformierung sämtlicher staatlicher Institutionen und deren Infrastrukturen /Sinar, 24.12.94/.
 

These Nr. 2: "Auch 1995 ist alles unter Kontrolle"

Anders fiel die Prognose von Geheimdienstchef Generalleutnant Soedibyo aus. Optimistisch hatte er gegenüber dem indonesischen Parlament erklärt, das Jahr 1995 bleibe "ruhig und unter Kontrolle." Er sah keine konkrete Gefahr, die die nationale Stabilität gefährden könnte. Denn, so Soedibyo weiter, das politische System in Indonesien sei voll funktionsfähig. Dessen enge Verbindung mit der Gesellschaft sei garantiert durch die Existenz der politischen Parteien, der Nicht-Regierungsorganisationen und der Möglichkeit, als Gruppe oder Einzelperson selbst beim Parlament oder anderen staatlichen Institutionen vorstellig zu werden.

Diese Einschätzung teilte auch Generalleutnant Hartono, zu der Zeit noch Chef der Militärabteilung für Soziales und Politik (s.S. 13). "Das Militär ist davon überzeugt, daß die politische Situation 1995 sicher und stabil ist," sagte er. Zu den Voraussagungen von Prof. Suhardiman sagte er, man solle es überhaupt unterlassen, Prophezeiungen auszusprechen /Sinar, 24.12.94/.
 

These Nr. 3: "Die Zahl der Streiks wird steigen"

Für Ost-Java erwartete der dort amtierende Polizeichef, Generalmajor Emon Rivai Arganata für die Zukunft einen Anstieg der Häufigkeit von Streiks. 1993 hatten in der Region 109 Streiks stattgefunden, im Folgejahr waren es insgesamt 128. Schon für Februar 1995 erwartete der Polizeichef eine neue Streikwelle, mit der die ArbeiterInnen die Auszahlung des Ramadanzuschlages einfordern würden. Ein weiterer Anlaß für Streiks würde voraussichtlich im April dieses Jahres gegeben sein, wenn die neuen Tarifvereinbarungen für Gesamt-Indonesien in Kraft treten werden. Ein Fabrikarbeiter in Lampung, Südsumatra, soll dann offiziell mindestens 3.500 Rupiah (DM 2,50) pro Tag erhalten. Doch schon jetzt wird der bisherige Mindestlohn von 3.000 Rupiah (DM 2,14) nicht überall gezahlt. Von insgesamt 4.000 Unternehmen bezahlen nur 89 % den staatlich festgeschriebenen Mindestlohn. Von einigen Firmen ist bekannt, daß sie Hungerlöhne von nur 1.500 Rupiah (DM 1,07) bis 2.500 Rupiah (DM 1,79) zahlen. Dabei liegt der staatlich bestimmte Mindestlohn immer noch unter dem offiziellen Existenzminimum /Harian Ekonomi Neraca, 20.12.94/. <>
 

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