Indonesien-Information, Nr. 2/1995 (Wirtschaft)

 

Lieber Opa


Nur wenige Wochen nach dem APEC-Gipfel in Jakarta straft sich Präsident Suharto selbst Lügen. Seine Beteuerungen, den freien Handel zu fördern und die Wirtschaft zu entflechten, waren nichts als Konferenzkosmetik. Jetzt werden wieder Fakten geschaffen, die da heißen: Protektionismus und Monopolbildung.

 
Die Firma PT Chandra Asri wird Mitte dieses Jahres als erste Fabrik in Indonesien die Produktion von Polyolefinen aufnehmen. Polyolefine sind Grundstoffe zur Herstellung von Kunststoffen, an denen auch in Indonesien wachsende Nachfrage besteht. Der Bedarf an Polyolefinen beträgt derzeit ca. 800.000 Tonnen pro Jahr. Sollten in Zukunft weniger Fertigprodukte importiert und dafür mehr Kunststoffe in Indonesien selbst hergestellt werden, könnte die Nachfrage leicht auf ein Vielfaches steigen.

Doch noch bevor Chandra Asri die ersten Produkte auf den Markt geworfen hat, gab es um die Firma harte Auseinandersetzungen auf verschiedenen politischen Ebenen. Finanzminister Mar'ie Muhammad, der als geradliniger Bürokrat gilt und letztes Jahr nicht einmal davor zurückschreckte, sich mit dem mächtigen Technologieminister Habibie anzulegen, verlor seinen Posten als Vorsitzender des Zolltarifausschusses und wurde durch einen pflegeleichteren Nachfolger ersetzt.

Mar'ie Muhammad hatte sich gegen das Ansinnen der Firma Chandra Asri gewehrt, in Zukunft alle Importe von Polyolefinen mit einer Einfuhrsteuer von 40 % zu belegen. Der Finanzminister hatte darin eindeutig protektionistische Bestrebungen gesehen, ein klarer Verstoß gegen den Geist der zurückliegenden APEC-Konferenz in Jakarta.

Doch PT Chandra Asri ist nicht irgendeine Firma. Die in Cilegon, West-Java, gelegene Fabrik gehört zum Besitz der Firmenholding Bimantara, dem Konzern des Suharto-Sohnes Bambang Trihatmodjo /Independen 10, 10.1.95/. Daneben sind auch Sudwikatmono, Suhartos Cousin, und Prayogo Pangestu, Großunternehmer und enger Freund der Familie, an Chandra Asri beteiligt. Prayogo Pangestu bekam von staatseigenen Banken extra für diese Beteiligung einen zinsfreien Kredit über US$ 218 mio eingeräumt. /tapol-Bulletin No. 127, Feb. 95/

Die Erhebung einer Importsteuer wäre ein Riesengeschäft für PT Chandra Asri. Die Firma würde quasi über Nacht zum Alleinanbieter für Polyolefine und wäre weitgehend ungebremst in der Preisgestaltung. Denn der Weltmarktpreis für Polyolefine liegt zur Zeit bei US$ 900 pro Tonne. Dem stehen Produktionskosten von nur US$ 600 pro Tonne entgegen - eine Gewinnspanne von 50 %. Doch das scheint zuwenig. Werden Importe erst mit 40 % Steuer belegt, so käme der Preis für Olefine aus dem Ausland auf US$ 1.26O pro Tonne - mehr als das Doppelte der Produktionskosten. Chandra Asri als einziger indonesischer Hersteller könnte dann knapp unter diesem Preis bleiben und an jeder Tonne gut verdienen. Die heutige Nachfrage von 800.000 Tonnen zugrundgelegt, könnte somit ein Gewinn von ca. US$ 500 mio jährlich erwirtschaftet werden. Die Zeche zahlen selbstverständlich die VerbraucherInnen /Independen 10, 10.1.95/.

Präsident Suharto meint, mit der Importsteuer die Interessen des Staates (wessen sonst?) wahren zu müssen und erklärte: "Das Problem der Gewährung von Protektion für die Grundstoffindustrie muß mit weitsichtigem und in die Tiefe gehenden Blick gesehen werden. Es ist wichtig für die wirtschaftliche Zukunft der Republik Indonesien, um nicht in Abhängigkeit von anderen Ländern zu geraten." Seine Äußerungen in Sachen freiere Handelsbeziehungen, die er während des APEC-Gipfels von sich gab, scheint Suharto inzwischen wieder vergessen zu haben.

Oder doch nicht? Die Aufmerksamkeit, die Chandra Asri auf sich gezogen hat, scheint Suharto unangenehm zu sein. Doch nicht die Ursachen werden bekämpft, sondern die öffentliche Meinung. Kwik Kian Gie, ein bekannter Wirtschaftsexperte, der sich mehrfach kritisch zum Fall Chandra Asri geäußert hatte, ist verstummt. Wird er nun um einen Kommentar gefragt, reagiert er merkwürdig abwehrend. Ungenannten Quellen zufolge haben Kwik Kian Gie und seine Familie Drohungen erhalten. Auch in Indonesiens Massenmedien sei es merkwürdig ruhig um den Fall Chandra Asri geworden, stellt Independen fest /Independen 11, 31.1.95/.
 

Etikettenschwindel

Suharto sagte einmal: "Es ist nicht nötig, daß ich den Geschäften meiner Kinder helfe." Doch neben den Kindern wird jetzt auch den Kindeskindern geholfen. Enkelkind Ari Sigit, Sohn von Sigit Suharto, besitzt die Firma PT Arbamass Multi Invesco. Diese Firma bekam nun das Monopol für die Etikettierung alkoholischer Getränke zugesprochen. Die Etikettierung verspricht ein einträgliches Geschäft zu werden, bei dem es um wesentlich mehr geht als das Aufkleben läppischer Papierstückchen, denn über das Etikettenmonopol kontrolliert Ari Sigit nun den gesamten Vertrieb alkoholischer Getränke in ganz Indonesien.

Die Vorschrift für neue Etiketten entstand Anfang letzten Jahres im Zuge der "Säuberungsaktion 94" (Operasi Bersih). Im Kampf gegen Kleinkriminalität, Alkoholmißbrauch und Prostitution wurden damals in verschiedenen Städten Razzien durchgeführt, bei denen hunderttausende von Flaschen mit alkoholischen Getränken sichergestellt und zerstört wurden. Fast täglich zeigte das Fernsehen, wie Bulldozer riesige Flaschenhalden plattwalzten. Angeblich, um dem Alkoholmißbrauch vorzubeugen, sollte der freie Verkauf und das Inverkehrbringen schwarz gebrannter Alkoholika stärker eingeschränkt werden. Seither dürfen nur bestimmte Restaurants und Geschäfte, die über eine entsprechende Lizenz - die selbstverständlich Geld kostet - verfügen, alkoholische Getränke verkaufen. Und am 20. April 1994 wurde Ari Sigits Etikettenfirma PT Arbamass gegründet.

Für die Getränke selbst existiert nun eine Kennzeichnungspflicht. Für jedes Etikett muß eine Gebühr bezahlt werden, deren Höhe sich nach dem Alkoholgehalt des Getränkes richtet. Der Preis für die Etiketten der Klasse A (0-5 % Alkoholgehalt, z.B. Bier) beträgt 600 Rp. (43 Pfennig) pro Stück. Für die Klassen B (5-20 % Alkohol) und C (20-25 %) sind je 750 Rp. (54 Pfennig) zu zahlen. An jedem Etikett verdient PT Arbamass 15 %. Alleine aus dem Verkauf von Bier und anderen leichtalkoholischen Getränken wird die Firma somit 26,55 Mrd Rp. (ca. DM 19 mio) verdienen. Die härteren Getränke der Klassen B und C bringen noch einmal 14.6 Mrd. Rp. (ca. DM 10,4 mio) /Independen 11, 31.1.95/.

Prost, Haji Suahrto!
 
 

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