Indonesien-Information, Nr. 2/1995 (Wirtschaft)

Der Haushaltsentwurf 1995/1996:

Schulden bremsen und Steuern eintreiben


Der Haushaltsentwurf 1995/96 wurde allgemein als konservativ bewertet. Er sei ungeeignet, die Wirtschaft in Schwung zu bringen, hieß es. Der größte Beitrag zur Finanzierung des Haushaltes soll durch Steuereinnahmen erzielt werden.
 

Die Regierungserklärung zum Haushalt 1995/96, die Präsident Suharto im Januar vor dem Parlament (DPR) abgab, vermittelte den Eindruck, als wolle die Regierung den Gürtel enger schnallen. Denn das Gesamtvolumen des Haushalts 1995/96 beträgt Rp. 78,024 Billionen (ca. DM 55,73 Mrd.) und liegt damit nur um 11,9 % über dem Vorjahreshaushalt in Höhe von Rp. 69,747 Billionen (ca. DM 49,82 Mrd.). Wirtschaftsexperten bewerteten diese Steigerung als unbedeutend und ungeeignet, um die wirtschaftliche Entwicklung in Schwung zu bringen. Denn die veranschlagte Steigerung um weniger als 12 % liegt nur geringfügig höher als die Inflationsrate, die 1994 fast 10 % erreicht hatte. Nach Auffassung des Wirtschaftsexperten Sri Bintang Pamungkas wäre erst eine Steigerung von 20 bis 25 % von Bedeutung. Sri Bintang Pamungkas kritisiert, daß die Regierung mit dieser Haushaltsvorlage den traditionellen Prinzipien privater Haushalte gefolgt sei, in denen die Höhe der Ausgaben durch die Höhe der Einnahmen begrenzt sei. Richtiger wäre es, wenn sich die Regierung bei der Festlegung des Haushalts daran orientieren würde, welche Ausgaben benötigt werden, um die Wirtschaft anzukurbeln. Doch offenbar hat sich die Regierung das Ziel gesetzt, die enorme Staatsverschuldung nicht weiter ins Uferlose ansteigen zu lassen.
 

Tabelle 1:
 
Die 10 größten Sektoren des Entwicklungshaushaltes
# Sektor
1994/95
[Milliarden Rupiah]
[Milliarden DM]
1995/96 
[Milliarden Rupiah]
[Milliarden DM]
Steigerung
[%]
1 Land- u. Forstwirtschaft
989,6
0,71
1.103,8
0,79
11,5
2 Bewässerung
1.687,0 
1,21 
2.042,0
1,46
21,0
3 Transport, Meteorologie und Geophysik
5.225,5
3,73
5.897,9
4,21
12,8
4 Bergbau und Energie
3.581,9
2,55
3.894,8
2,78
8,7
5 Tourismus, Post und Telekommunikation
721,9
0,52
1.005,8
0,72
39,3
6 Regionale Entwicklung und Transmigration
5.504,3
3,93
6.139,2
4,39
11,5
7 Bildung, Nationale Kultur, Glaube an einen allmächtigen Gott, Jugend und Sport
3.061,3
2,19
3.359,2
2,40
9,7
8 Soziales, Gesundheit, Frauen, Kinder und Jugend
1.031,0
0,74
1.051,9
0,75
2,0
9 Wohnungswesen
887,9
0,63
1.102,1
0,79
24,1
10 Verteidigung und Sicherheit 
(Anmerkung: ausschließlich die Gehälter d.Militärangehörigen)
1.154,6
0,82
1.317,3
0,94
14,1

/Sinar, 14.01.95/
 

Nimmt man die Haushaltsvorlage 1995/96 genauer unter die Lupe, sieht man, daß die Regierung zehn Bereichen Priorität gibt (s. Tabelle 1), auf die jeweils Ausgaben von mehr als 1 Billion Rupiah entfallen. Die Summe der für diese zehn Bereiche veranschlagten (*) Ausgaben beträgt 87,4 % der Gesamtausgaben des Entwicklungshaushaltes in Höhe von Rp. 30,783 Billionen (ca. DM 22 Mrd.; s. Tabelle 2).
 

Tabelle 2:
 
 

Staatliche Einnahmen und Ausgaben

 
HH-Jahr
Ausgaben
Einnahmequelle
Staatskasse
Auslandshilfe
[Mrd. Rp.]
[Mrd. DM]
[Mrd. Rp.]
[Mrd. DM]
[%]
[Mrd. Rp.]
[Mrd. DM]
[%]
1989/90
13.834,3
9,8815
4.408,7
3,1491
31,9 %
9.429,3
6,7352
68,1%
1990/91
19.452,0
13,8943
9.548,7
6,8205
49,1 %
9.904,6
7,0747
50,9%
1991/92
21.764,2
15,5458
11.357,2
8,1123
52,2%
10.409,1
7,4351
47,8%
1992/93
24.134,8
17,239
13.421,3
9,5866
55,6 %
10.715,7
7,6541
44,4%
1993/94
25.661,1
18,3294
13.480,5
9,6289
56,5%
10.371,9
7,4085
43,5%
1994/95
27.398,3
19,5702
17.386,3
12,4188
63,5%
10.012,0
7,1514
36,5%
1995/96
30.783,5
21,988
19.024,5
13,5889
61,8 %
11.759,0
8,399
38,2%

 (Anm. an alle Schlaumeier, die nachrechnen wollen: Ich hab's auch nicht kapiert; d.säzz.)

/Sinar, 14.01.95/
 

Mit dem Haushaltsentwurf 1995/96 konzentriert sich die Regierung auf Infrastrukturentwicklung, Dezentralisierung und Finanzausgleich. "Das geschieht offensichtlich in Einklang mit den Wünschen der Weltbank," erklärte der Wirtschaftsexperte Didik J. Rachbini. Daran orientiert sich auch das Volumen des Entwicklungshaushaltes, das 39,4 % des Staatshaushaltes ausmacht.

Der Haushalt 1995/96 läßt auch erkennen, daß die Personalausgaben (Gehälter und Pensionen der staatlichen Angestellten, Beamten u. Militärs) um 18 % gegenüber dem vergangenen Haushaltsjahr steigen. Doch diese Steigerung werde weitgehend durch die Inflationsrate wieder zunichtegemacht werden, meint der Wirtschaftsexperte Hartojo. Er erwartet für das laufende Jahr ein weiteres Anwachsen der Inflationsrate.

Für Tilgung und Zinsen der Auslandsschulden werden im neuen Haushaltsentwurf Rp. 17,789 Billionen angesetzt (ca. DM 12,7 Mrd.) - 23 % des Gesamthaushaltes. Es wird ge~ schätzt, daß die Auslandsverschuldung gegen Ende des Haushaltsjahres 1995/96 auf US$ 100 Mrd. ansteigen wird - zur Zeit steht Indonesien mit US$ 93 Mrd. in der Kreide. Sri Bintang Pamungkas errechnete, daß trotz des Sparhaushaltes das Haushaltsdefizit in diesem Jahr Rp. 2 Billionen (ca. DM 1,43 Mrd.) erreichen werde, nach Rp. 1,8 Billionen (ca. DM 1,29 Mrd.) im Vorjahr /Sinar, 14.01.95/.
 

Verkauf von Aktien zur Tilgung von Auslandsschulden

Der Schuldendienst verschlingt ein Drittel der Einnahmen aus dem Export von Nicht-Ölprodukten (Non-Migas). Zur Tilgung der Schulden sollen nun in verstärktem Maße Steuern eingetrieben werden, die den Großteil der Einnahmen ausmachen sollen. Daneben setzt die Regierung auf die Privatisierung von Staatsunternehmen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist der Verkauf von Wertpapieren des Satelliten- und Kommunikationstechnikherstellers PT Indosat, die an internationalen Börsenplätzen eingeführt wurden.

Die Auslandsverschuldung wurde plötzlich zum Thema. Die Gründe dafür liegen zum einen in der starken Belastung, die die Auslandsschulden für den Haushalt bedeuten, und zum zweiten in einer Erklärung, die Finanzminister Mar'ie Muhammad vor dem Parlament abgab. Mar'ie Muhammad sagte, die Regierung wolle die Rückzahlung der Schulden beschleunigen.
 
 
Tabelle 3:
 
 

Die Auslandsverschuldung
[in Mrd. US$]

 
 
1982-85
1986-88
1989
1990
1991
1994
Gesamte Auslandsverschuldung
davon:
34,2
50,8
52,9
66,5
75,9
84,4
Staatliche Schulden
26,8
41,2
41,0
45,0
48,6
49,3
Private Schulden (langfristig)
3,8
5,5
6,6
10,3
12,9
16,9
Private Schulden (kurzfristig)
3,6
4,1
5,3
11,2
14,4
18,2

/Gatra, 28.01.95/
 
 
Für Tilgung und Zinsen mußte Indonesien im ersten Finanzhalbjahr 1994/95 (April-September) US$ 4 Mrd. berappen. Dies bedeutet eine Steigerung von US$ 700 Mio oder 20 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im September 1994 betrug die Auslandsverschuldung US$ 90 Mrd., wovon der Großteil in japanischen Yen nominiert war. Altschulden von vor 10 Jahren müssen daher in Yen zurückbezahlt werden, doch unglücklicherweise stieg der Kurs des Yen seit 1985 stetig. Durch die gleichzeitige Schwäche des Dollars bedingt, wird daher aus Exporten in die Dollar-Region nur die Hälfte des Yen-Kurses von vor 10 Jahren erzielt.

Mit US$ 8 Mrd. pro Jahr frißt der Schuldendienst 25 % der Einnahmen aus dem Export in Höhe von US$ 32 Mrd. wieder auf und übersteigt damit deutlich die kritische 20 %-Marke. Durch die Privatisierung von Staatsunternehmen und die Einführung der Aktien auf den internationalen Finanzmärkten, mit der die Regierung nun versucht, einen finanzpolitischen Abkürzungsweg zu nehmen, sollen mindestens US$ 799 Mio in die Staatskasse fließen. Die Weltbank und die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) haben grünes Licht für die Unternehmensprivatisierung gegeben.

Anläßlich dieser Privatisierung von staatlichen Unternehmen erinnert man sich an Präsident Suhartos Erklärung während des Jugendfestes vor einem Jahr. Dort sagte Suharto, die junge Generation brauche sich keine Sorgen wegen der hohen Auslandsverschuldung zu machen, denn der auf Rp. 250 Billionen (ca. DM 178,6 Mrd.) geschätzte Vermögenswert sämtlicher staatlicher Unternehmen überschreite die Auslandsverschuldung bei weitem /Forum Keadilan, 5.01.95/. Den Vermögenswert der Unternehmen seiner Söhne und Töchter erwähnte Suharto nicht. <>

(*) Der Entwicklungshaushalt ist der Teil des Staatshaushaltes, der nach Abzug von Schuldendienst, Personalkosten usw. auf die einzelnen Ressorts verteilt wird.
 
 

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