Suara Nr. 2/2007 (Umwelt)

 

Leben in Gefahr:

Bestari Raden, Regenwaldschützer

von Marianne Klute


Die Menschenrechte in Indonesien zu verteidigen ist gefährlich. Viele Aktivisten werden bedroht, kriminalisiert, geschlagen, verhaftet oder, wie Munir, ermordet. Ein weiterer Fall ist der eines Regenwaldschützers aus Aceh, der für seinen Einsatz gegen die Abholzungen im Leuser-Nationalpark von der Holzmafia mit Macheten angegriffen, von der Polizei gefoltert und schließlich als angeblicher Unabhängigkeitskämpfer ins Gefängnisstrafe kam: Bestari Raden
 

Bestari Radens Fall hat Aufsehen erregt, denn als er willkürlich verhaftet wurde, war er Mitglied einer offiziellen Regierungsdelegation, die den Auftrag hatte, die Auswirkungen des Straßennetzwerkes Ladia Galaska auf den Leuser-Nationalpark zu untersuchen.

Bestari Raden stammt aus Tapaktuan im Süden der ehemaligen Krisenregion Aceh. In seiner Jugend war Bestari ein vielversprechender, von einem Deutschen trainierter Athlet. Nach seiner Ausbildung war er als Sportlehrer und später seinerseits als Trainer tätig, wofür er eine Reihe von Sportpreisen erhielt. Er engagierte sich in der Umweltorganisation WALHI und der Indigenenorganisation von Aceh, JKMA.

Mitte der 90er Jahre erlebte Bestaris Heimat Tapaktuan in Südaceh furchtbare Überschwemmungen, die viele Tote forderten. Die Katastrophen waren Schlüsselerlebnisse für Bestari. Seitdem setzt er sich für den Schutz des Waldes im Leuser-Nationalpark ein, der durch legalen und illegalen Holzeinschlag stark geschädigt ist. Mit seiner eigenen Umweltorganisation Rimueng Lam Kaluet (Tiger in Gefahr) protestierte Bestari gegen die illegalen Aktivitäten der Holzunternehmen im Süden von Aceh. Mehrmals wurde er deshalb von den illegalen Holzfällern mit Macheten geschlagen und von den Unternehmen bedroht. Tiefe Narben an seinem Armen und am Oberkörper zeugen bis heute von den Angriffen.

Bestari hatte aber auch Erfolg: Er erreichte, dass der damalige Forstminister dem größten, im Süden des Nationalparks tätigen Holzunternehmen die Genehmigung entzog. Dieser Erfolg war der Beginn von noch mehr gegen ihn gerichtete Gewalt. Seine Frau und seine Kinder wurden bedroht, das Haus seiner Familie mehrfach geplündert und schließlich sogar in Brand gesteckt. Im Jahre 2000, als Bestari mit den Vorbereitungen für ein bedeutendes nationales Sportereignis beschäftigt war, wurde er von den lokalen Mobilen Brigaden der Polizei (Brimob) seiner Heimatstadt Tapaktuan verhaftet, angeblich, weil er Mitglied der Unabhängigkeitsbewegung GAM war. Bei den Verhören schlug ihn ein maskierter Brimob-Polizist mit einem Gewehrkolben so brutal ins Gesicht, dass Bestari sämtliche Zähne verlor. Bestari ist überzeugt, der Grund für die Verhaftung seien seine Aktivitäten gegen die illegale Holzmafia gewesen, in die auch Sicherheitskräfte involviert sind. Für Bestari wurde die Situation so gefährlich, dass er gezwungen war, nach Jakarta umzusiedeln, wo er als Mitglied der Indigenenorganisation AMAN für den Leuser-Nationalpark weiterkämpfte.

Anfang 2004, als in Aceh noch der militärische Ausnahmezustand herrschte, wurde Bestari als anerkannter Umweltschützer und Kenner des Leuser-Nationalpark zum Mitglied einer offiziellen Regierungsdelegation berufen. Die Delegation hatte den Auftrag, das kontroverse Straßenprojekt Ladia Galaska zu untersuchen. Im März 2004 reiste das Team, immer von Militär begleitet, von Kutacane im Süden aus quer durch Aceh und inspizierte die Straßenbauarbeiten und die Auswirkungen auf die Natur.

„Am traurigsten Tag meines Lebens, dem 23. März 2004,” so berichtete Bestari bei seinem Besuch in Berlin, „verließen wir Aceh in Richtung Medan. Unterwegs sahen wir viele mit Holz beladene Lastwagen. An der Grenze zu Nordsumatra wurde unser Auto von Polizei und Militär angehalten, und ich wurde verhaftet.“ Die Mitglieder seines Teams waren machtlos. Bestari wurde, ungeachtet seines offiziellen Mandats abgeführt. In Polizeigewahrsam musste er harte Verhöre und Folter über sich ergehen lassen. „Sie haben mir ins Gesicht und auf den Kopf getreten, bis ich blutete. Sie haben Stuhlbeine auf meine Finger gestellt und sich dann auf die Stühle gesetzt.“ Bestari sollte bekennen, zur Bewegung Freies Aceh (GAM) zu gehören. Im Juni 2004 wurde Bestari rechtskräftig zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, doch nicht als Mitglied der Separatistenbewegung, sondern wegen Aufwiegelung zu Unruhe, da er in seiner aktiven Zeit als Umweltschützer in Tapaktuan auch Demonstrationen gegen die Abholzung im Leuser organisiert hatte. Sowohl die GAM als auch der Distriktchef von Tapaktuan bestätigen, dass Bestari niemals der GAM angehörte.

Im Gefängnis von Tapaktuan traf Bestari der Tsunami. Doch während fast alle Gefängnisse in Aceh zerstört wurden – das in Tapaktuan nicht. Bestari kam erst am 31. August 2005, nach dem Friedensabkommen von Helsinki, frei, zusammen mit politischen Gefangenen und GAM-Mitgliedern. Er gilt weiterhin als vorbestraft und kann nicht mehr als Staatsbeamter tätig sein.

Bestari Raden ist der erste Umweltschützer, dessen Fall im März 2007 dem UN-Menschenrechtsrat in Genf vorgetragen wurde. Er steht für viele andere Umweltaktivisten und Menschenrechtsverteidiger in Indonesien, die Gewalt erfahren und kriminalisiert werden. Mit seinem Erscheinen in Genf verbinden indonesische NGOs die Forderung, dass speziell die Sonderberichterstatterin für Menschenrechtsverteidiger ihr Augenmerk auf Indonesien richtet und konkrete Schritte auch zum Schutz von Umweltaktivisten unternommen werden. <>
 
 

Zurück zur Hauptseite Watch Indonesia! e.V. Back to Mainpage