Indonesien-Information Nr. 2 2003 (Demokratie)

 

Buchbesprechung:

Kriegsverbrechen. Was jeder wissen sollte 

Roy Gutman und David Rieff (Hrsg.), Stuttgart, München: DVA, 1999

von Marianne Klute


Was genau sind Kriegsverbrechen? Was Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Welche Bedeutung haben Ad-hoc-Tribunale? Antworten auf solche und ähnliche Fragen bietet das Buch „Kriegsverbrechen. Was jeder wissen sollte“ von Roy Gutman und David Rieff. Neu ist das Buch nicht – es erschien vor den Gräueltaten im September 1999 in Osttimor, vor dem „11. September“ und vor der Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofes 2002. Beiträge zu Osttimor und den Ad-hoc-Prozessen in Jakarta fehlen daher leider – ein Manko für an Indonesien und Osttimor Interessierte. Trotzdem bleiben die „Kriegsverbrechen“ so aktuell wie bei ihrem Erscheinen vor vier Jahren, auch wenn in den wenigen Jahren seitdem unzählige Verstöße gegen Kriegsrecht und humanitäres Völkerrecht zu beklagen sind. In einer Zeit, da der Antiterrorkrieg das in einem mühseligen historischen und politischen Prozess gewonnene Kriegs- und Völkerrecht aushöhlen kann, muss dieses Buch dringend zur Lektüre empfohlen werden, weil es der Öffentlichkeit an fundiertem, aber verständlichem Hintergrundwissen gebricht.

Es ist unbestreitbar: Die Schaffung des Kriegsrechts und des humanitären Völkerrechts gehört zu den bedeutendsten zivilisatorischen Leistungen. Seine Mechanismen blieben meist ungenutzt, doch im letzten Jahrzehnt sind im humanitären Völkerrecht wichtige Fortschritte erzielt worden. Meilensteine waren die Ad-hoc-Tribunale zu den Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien und in Ruanda. Die Ad-hoc-Tribunale konnten trotz aller Widerstände eingerichtet werden, obwohl alle Signale gegen sie standen. Vor einem Jahr konnte mit der Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs das wichtigste Instrument des Völkerrechts etabliert werden. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof können in Zukunft Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt werden, Genozid und Kriegsverbrechen, laut Römischem Statut von 1998 also grauenerregende Taten als Teil „eines großangelegten oder systematischen Angriffs“.

Auf 528 Seiten bietet das Buch in alphabethischer Reihenfolge übersichtliche Kurzbeiträge, Definitionen, Fachbegriffe und Kriegsbeispiele. Die Leser erfahren, dass Kriegsverbrechen Verstöße gegen das Kriegsrecht, bzw. gegen das humanitäre Völkerrecht sind, dass Kriegsrecht nur für bewaffnete Konflikte gilt oder dass Kriegsverbrechen die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Einzelpersonen nach sich ziehen. Aufgebaut wie ein Lexikon und gespickt mit erschütternden Fotos gehört dieses Nachschlagewerk in die Hand derjenigen, die sich im weitesten Sinne mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschäftigen. Eigentlich als Handbuch für Reporter gedacht, kann die Lektüre des Buches auch die allgemeine Öffentlichkeit in die Lage versetzen, ein fundiertes Hintergrundwissen aufzubauen, um so Nachrichten über Kriegshandlungen und Menschenrechtsverletzungen und über Versuche der juristischen Aufarbeitung besser verstehen und einordnen zu können. <>
 
 

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