Indonesien-Information Nr. 1, 1997 (Pressefreiheit)

Zwischen Informationszeitalter und Absolutismus

Während sich die Printmedien weiterhin strenger Zensur ausgesetzt sehen, schafft die Regierung in ihrem Drang Indonesien als modernen Technologiestaat zu präsentieren ungewohnte Freiräume: Neue Medien wie Telefax und Internet erleben einen beispiellosen Aufschwung und geben auch der Opposition Spielraum zur Kommunikation.

Jakartas Hofberichterstatter feierten einen Mausklick als großes Medienereignis. Denn mit dieser 'typischen Handbewegung' nahm Präsident Suharto am 7. Dezember 1995 in Begleitung von Vizepräsident Try Sutrisno und Technologieminister Habibie das neugeschaffene Indonesia Media Network (IMN) im Internet in Betrieb. Geschaffen wurde IMN von der Tageszeitung Republika, die der islamischen Intellektuellenorganisation ICMI unter Technologieminister Habibie nahesteht, und CIDES, dem 'think tank' von ICMI. /Republika, 8.12.95/

Das Indonesia Media Network sollte einerseits als Beispiel für die technologischen Errungenschaften Indonesiens dienen und zum anderen einen Gegenpol zu den im Internet weitverbreiteten Nachrichten und Informationen darstellen, die dem Ansehen der indonesischen Regierung eher abträglich sind. Nachrichten über willkürliche Verhaftungen, Korruptionsaffären, manipulierte Gerichtsverfahren und vieles mehr, was für die Presse in Indonesien noch immer zu den Tabuthemen gehört, erreichen durch das Internet innerhalb weniger Stunden viele tausend Leser in aller Welt.

Digitalisierte Oppositionspresse

Auch im Land selbst findet das Internet zunehmend Verbreitung. Wer es sich leisten kann, darf sich hier an Informationen über seine nächste Umgebung erfreuen, die in Indonesien selbst nur mit großer Mühe bzw. unter großem Risiko verbreitet werden können. Ende letzten Jahres verfügte Indonesien bereits über 13 sogenannte Provider, das sind Firmen, die gegen eine monatliche Gebühr zwischen 20 und 40 US$ Zugang zu allen Diensten des Internets gewähren. /Jawa Pos, 15.10.96/

Hoch im Kurs der Lesergunst steht beispielsweise Indonesia-L, besser bekannt unter dem Namen apakabar@, eine mailing list, über die täglich dutzende von Zeitungsmeldungen, unabhängigen Nachrichten und Diskussionsbeiträgen, zu Indonesien weltweite Verbreitung finden. Jeder darf hier mitlesen und mitdiskutieren. Diese Freiheit wird natürlich von einigen Lesern, darunter etliche Geheimdienstler und Militärs, auch dazu mißbraucht, Desinformation zu betreiben oder andere Leser zu beschimpfen. Anfang letzten Jahres wurden von einem Listenmitglied sogar Morddrohungen gegen den späteren Friedensnobelpreisträger Jose Ramos Horta ausgesprochen /CNRM, 4.1.96/. Der Teilnehmer wurde daraufhin zwar von der Liste gestrichen, doch es ist anzunehmen, daß er sich unter anderem Namen längst wieder an der Diskussion beteiligt.

Seit etwa einem Jahr betreibt auch die Polit-NGO Pijar Indonesia eine eigene mailing list, Kabar dari Pijar (KdP), die nach anfänglichen Schwierigkeiten inzwischen ein hohes Maß an Professionalität erreicht hat. KdP verbreitet neben eigenen politischen Berichten und Analysen eine Vielzahl aktueller englischsprachiger Agentur- und Zeitungsmeldungen. Dem Zusammenwachsen der Welt wird durch regelmäßige Berichterstattung zur Situation der Opposition in Burma sowie gelegentlichen Berichten aus anderen ASEAN-Staaten Rechnung getragen, womit Pijar den politischen Anspruch der internationalen Solidarität und der länderübergreifenden Zusammenarbeit der demokratischen Bewegungen in den größtenteils autoritär regierten südostasiatischen Staaten unterstreicht.

Wem diese Informationen nicht reichen, kann im Internet fast alle namhaften Tageszeitungen und Wochenmagazine 'online' lesen bzw. in alten Ausgaben recherchieren. Ein Kuriosum stellt hier die Zeitschrift TEMPO dar, die nach dem Entzug ihrer Lizenz seit Juni 1994 nicht mehr in gedruckter Form erscheinen darf. Im Juni letzten Jahres verlor TEMPO vor dem Obersten Gericht (Mahkamah Agung) in letzter Instanz den Prozeß um seine Wiederzulassung, nachdem zuvor zwei untergeordnete Gerichte der Klage ohne Einschränkung stattgegeben hatten. Durch sein eindeutig politisch gefärbtes Urteil erlitt das Oberste Gericht einen massiven Ansehensverlust und löste eine hitzige Debatte um die Unabhängigkeit der Justiz aus /Voice of America, 13.6.96/. Doch ungeachtet dieses Urteils erfreut sich das Magazin unter dem Namen TEMPO Interaktif bislang unbeanstandet seit vielen Monaten im Internet eines neuen Daseins.

Es erscheint geradezu absurd, wenn das Verteilen einiger hundert unlizensierter Flugblätter oder Bulletins lange Haftstrafen nach sich ziehen kann, während die selben Schriften im Internet einem potentiellen Millionenpublikum frei zugänglich sind. Hoffen die Machthaber also, daß beispielsweise der TEMPO-Redaktion irgendwann das Geld ausgeht? Dagegen spricht, die Vielzahl anderer - weit kritischerer - Informationsangebote im Netz. Oder findet die Regierung einfach keine Rechtsgrundlage, um im Internet ebenso rabiat zu zensieren wie bei den Printmedien?

Zensur des Internets?

Tatsächlich wird im Parlament schon diskutiert, die Kontrolle des Internets in ein neues Mediengesetz einzubinden. Denn "neben Pornobildern und kommunistischen Bildern oder Symbolen müssen auch verbotene Lehren sowie Informationen, die den Ruf der Regierung schädigen, zensiert werden", schreibt die Tageszeitung Jawa Pos. Der Hauptgrund sei, "die Bevölkerung davor zu bewahren, sich von Provokationen aus dem Ausland aufhetzen zu lassen", heißt es weiter. Das Problem sei aber, wie man die Informationen derjenigen zensieren könne, die über einen Provider im Ausland an das Internet angeschlossen sind. /Jawa Pos, 15.10.96/

Um dem Einhalt zu gebieten, trafen sich am 4. September Vertreter aller ASEAN-Staaten in Singapur, um ein gemeinsames Vorgehen zur Kontrolle des Internets zu besprechen. Der Sauberstaat Singapur hat auf seinem Territorium bereits den Zugang zu mehreren Internetdiensten gesperrt. Als Begründung hieß es, man wolle die NetzbenutzerInnen vor verwerflichen Angeboten wie beispielsweise Pornobildern schützen. Bei genauerem Hinsehen wurde jedoch deutlich, daß neben Pornographie auch der Zugang zu bestimmten politischen Informationen und Diskussionsforen gesperrt wurde. /Human Rights Watch/Asia, 19.9.96/

Indonesiens Regierende schreckten vor derlei Maßnahmen bislang zurück. Es überwiegt anscheinend das Bedürfnis sich in puncto Kommunikationstechnologie auf dem neuesten Stand zu zeigen gegenüber dem Drang bestimmte Informationsangebote zu zensieren. Ein Aushängeschild für den technischen Fortschritt Indonesiens sollte das IptekNet werden, ein Bündel von Informationsangeboten im Internet unter Federführung von Minister Habibies Technologieentwicklungsbehörde BPPT, in dem sich Forschungsinstitute, Regierungsstellen und Universitäten präsentierten. Doch die Strategie, mit diesem Angebot einen Gegenpol zu den im Netz verbreiteten regierungskritischen Informationen zu schaffen, mißlang gründlich. Innerhalb kürzester Zeit wurde das IptekNet wieder geschlossen, weil es Hackern gelungen war, die dürftigen Sicherheitsbarrieren des Systems zu knacken und Stellungnahmen zum Ost-Timor-Konflikt in das Netz einzubinden, die nicht nach dem Geschmack der Regierung ausgefallen waren /Kompas, 9.2.96/. Erst vor wenigen Wochen gingen die Technologiebehörden mit einer überarbeiteten Version <http://www.ristek.go.id> wieder ans Netz.

Private Kommunikation und Überwachung

Ein paar hübsch layoutete und mehr oder weniger informative Webseiten im Internet genügen selbstverständlich noch nicht, um Indonesien das Image einer modernen Kommunikationsgesellschaft zu verpassen. Denn insbesondere Geschäftsleute legen großen Wert auf direkte Kommunikationsverbindungen, um möglichst jederzeit und an jedem Ort per Telefon, Fax oder Modem erreichbar zu sein. Handy und Pager finden zwar als Statussymbole von Jungmanagern auch in Indonesien weite Verbreitung, aber weitaus wichtiger ist letztendlich ein gut funktionierendes landesweites Telefonnetz für Agus Normalverbraucher. So wundert es nicht, daß der Ausbau des Leitungsnetzes und die Zahl der neuzulegenden Anschlüsse den Telekommunikations- und Satellitentechnikunternehmen des Landes schwindelerregende Wachstumsraten bescheren, deren Aktien inzwischen auch an der New Yorker Wall Street begehrte Papiere sind.

Dieser Boom hat zur Folge, daß nicht nur Firmen und reiche Privatpersonen, sondern auch immer mehr Nichtregierungsorganisationen und Oppositionsgruppen sich zur Korrespondenz mit Freunden im In- und Ausland moderner Technologien wie Telefax und e-mail bedienen. Versuche der staatlichen Überwachungsorgane Anschlüsse zu blockieren sind eher die Ausnahme. Das Abhören von Gesprächen und Telefaxnachrichten bestimmter Personenkreise dürfte dagegen eher die Regel als die Ausnahme sein. Selbst per e-mail versandte Nachrichten sind keineswegs abhörsicher, wie der Fall von Drs Prihadi Beni Waluyo aus Kebumen, Mittel-Java, letzten Sommer zeigte. Der Dozent der Informationstechnologie an der Duta Wacana Universität in Yogyakarta wurde eines Tages vom Militär zum Verhör abgeholt, weil er per e-mail eine Nachricht über die PRD zu einer NGO in Amsterdam geschickt haben soll /Gatra, 17.8.96/. Noch besteht immerhin die Möglichkeit, Nachrichten mittels einer Software namens PGP (pretty good privacy) so zu verschlüsseln, daß sie nur vom gewünschten Empfänger gelesen werden kann. Doch Geheimdienste aller Länder laufen gegen diese Verschlüsselungstechnik Sturm. Auch in Deutschland sind Bemühungen im Gange, die Verwendung von PGP per Gesetz zu verbieten. Ob dieses Verbot ein wirksames Mittel gegen kriminelle Geschäfte oder terroristische Anschläge wäre, darf bezweifelt werden. Sicher ist dagegen, daß ein solches Verbot Diktaturen wie Indonesien dabei helfen würde, Nachrichten über massive Menschenrechtsverletzungen von der Weltöffentlichkeit fernzuhalten.

Langweiliges Zappen: die Monopolisierung der Fernsehprogramme

Angesichts der Faszination, die neue Medien wie das Internet ausüben, und der allgemeinen Entrüstung über die Knebelung der Printmedien, gerät bei der Betrachtung der indonesischen Medienlandschaft die Rolle von zwei althergebrachten Massenmedien beinahe in Vergessenheit: die Rede ist von Radio und Fernsehen. Alleine 40 mio IndonesierInnen besitzen einen Fernseher /AFP, 15.10.96/ und die Zahl der Zuschauer dürfte um einiges höher liegen. Noch weiter verbreitet ist das Radio, zu dem fast alle der insgesamt 200 mio IndonesierInnen in irgendeiner Weise Zugang haben. Verglichen damit erscheinen die Auflagen der großen Tageszeitungen und Magazine mit jeweils einigen hunderttausend Exemplaren geradezu lächerlich gering.

Fernsehen und Radio unterliegen strikter staatlicher Kontrolle. So entstanden zwar, seit vor acht Jahren das Monopol des Staatsfernsehens aufgebrochen wurde, zusätzlich zu den beiden Kanälen des TVRI fünf private Fernsehsender (RCTI, TPI, ANTeve, SCTV und Indosiar), doch deren Programmvielfalt läßt zu wünschen übrig. Alle befinden sich in Händen der Präsidentenfamilie oder deren engen Vertrauten aus der Wirtschaft. RCTI gehört zum Bimantara-Konzern des Präsidentensohnes Bambang, TPI gehört Tochter Tutut, SCTV gehört dem Halbbruder Suhartos, Sudwikatmono, und dem Unternehmer Henri Pribadi, ANTeve steht unter der Leitung von Agung Laksono, Mitglied im Vorstand der Regierungspartei GOLKAR, und Indosiar gehört zur Salim Group von Suhartos persönlichem Freund Liem Sioe Liong. Doch ungeachtet dieser illustren Runde von politisch garantiert unverdächtigen Personen, dürfen die Privatsender - ebenso wie die privaten Radiostationen - keine eigenen Nachrichtensendungen produzieren. Sie müssen entweder die Nachrichten der staatlichen Sender - die von ähnlicher Qualität sind wie seinerzeit die Aktuelle Kamera des DDR-Fernsehens - übernehmen oder aber sich auf Unterhaltungssendungen beschränken. SCTV hatte 1995 eine äußerst populäre Talkshow namens 'Perspektif' im Programm, die aber auf Druck der Regierung nach etwa einem halben Jahr abgesetzt wurde, weil Talkmaster Wimar Witolaer zu heiße Themen angepackt hatte /Digest, 9.2.96/. Im Jahr zuvor endete auf die gleiche Art und Weise die Radio-Talkshow 'Jakarta Round-Up'.

Mit solchen Maßnahmen treibt die Regierung das Radio- und Fernsehpublikum in die Arme ausländischer Sender. Über Kurzwelle können täglich Sendungen in indonesischer Sprache empfangen werden, die von Sendern in aller Welt ausgestrahlt werden. Aus Europa senden beispielsweise Radio Nederland, BBC und die Deutsche Welle in Köln ein Indonesienprogramm.

Wohlhabendere Bezirke in Indonesiens Städten sind von Parabolantennen übersät, denn per Satellit können ausländische Sender wie z.B. CNN empfangen werden. In Ost-Timor kann seit Ende Januar 1996 sogar das portugiesische Fernsehen empfangen werden, das ein speziell auf die dortige Bevölkerung abgestimmtes Programm ausstrahlt. Ein Verbot von Satellitenschüsseln, wie es beispielsweise die Regierungen von Singapur und Iran erlassen haben, wird in Indonesien dennoch nicht ernsthaft erwogen. Die Regierung forderte im Falle Ost-Timors stattdessen die Privatsender auf, ihr Programm auch auf der besetzten Inselhälfte auszustrahlen, um ein Gegengewicht zu dem portugiesischen Kanal zu bilden. Während SCTV immerhin ernsthaft darüber nachdachte, lehnte RCTI das Ansinnen mit der knappen Begründung "wirtschaftlich uninteressant" ab. /Digest, 9.2.96/

Die Wirtschaftselite teilt die Printmedien unter sich auf

Wirtschaftliche Erwägungen spielen auch auf dem Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt eine nicht zu unterschätzende Rolle. In den letzten Jahren fand auf diesem Marktsegment ein beispielloser Konzentrationsprozeß statt. Einflußreiche Unternehmer aus dem persönlichen Umfeld Suhartos und Familienmitglieder - zum Teil dieselben, die bereits die Fernsehstationen beherrschen - übernahmen Mehrheitsanteile der Neugründungen, die dem Verbot der Magazine Tempo, Editor und DeTik folgten. Gatra, dem die Lizenz von Tempo zugeteilt wurde, wird von 'Tropenholzkönig' Bob Hasan geführt, der auch die Neuerscheinung Paron verlegt, Editor-Nachfolger Tiras fiel dem Unternehmensverbund von Arbeitsminister Abdul Latief zu und DeTik-Nachfolger Target befindet sich in der Hand von Agung Laksono, der nebenbei die Fernsehstation ANTeve hält. Das Magazin Sinar gehört zum Konglomerat von Sudwikatmono (SCTV), die Tageszeitungen Republika und Indonesia Times werden von ICMI, der islamischen Intellektuellenvereinigung unter Minister Habibie und Media Indonesia von Suhartos Sohn Bambang Trihatmodjo (RCTI, Bimantara) herausgegeben.

Hartono, Stabschef von ABRI, kaufte sich mit 50 % bei der Zeitschrift Forum Keadilan ein /Kabar dari Pijar, 11.7.96/ und vor wenigen Wochen startete Bambang Trihatmodjos Kompagnon bei Bimantara, Peter Gontha, den Versuch der Wiederbelebung des Indonesian Observer. Diese englischsprachige Tageszeitung hatte Ende 1995 nur noch ca. 3.000 LeserInnen. Gontha übernahm mit 51 % der Anteile die Unternehmensmehrheit, 20 % des Traditionsunternehmens bleiben im Besitz der Gründerwitwe Herawati Diah /Asia Times, 10.1.97/. Die Wiedergeburt des Observers wurde als Angriff auf die bekannteste englischsprachige Zeitung des Landes, die Jakarta Post, verstanden, die ihren Redakteuren umgehend 220 % des bisherigen Salärs anbot, um den Abwerbeversuchen des Observers zu entgegnen. Die englischsprachigen Zeitungen Indonesiens dienen der Regierung als 'window dressing' und sind daher tendenziell freier in ihrer Berichterstattung als die indonesischsprachige Konkurrenz. /American Reporter, 6.2.97/

Konkurrenz belebt die Kritikfreudigkeit

Selbstverständlich nutzen die genannten Personen ihren Einfluß, um Kontrolle über den Inhalt ihrer Zeitungen und Zeitschriften auszuüben. Viele Themen werden gar nicht erst aufgegriffen, weil sie den Interessen der Mehrheitseigner zuwiderlaufen. Zudem ist es für das Informationsministerium leichter, befreundete Unternehmer davon zu überzeugen, sich von bestimmten Themen fernzuhalten. Agung Laksono hat im vergangenen Jahr die Auslieferung von zwei Ausgaben des Target gestoppt, nachdem er entsprechende Warnungen erhalten hatte. /Pipa, 20.5.96/

Andererseits verlangt der Markt eine kritische Berichterstattung, so daß sich die Medien einem starken Konkurrenzdruck ausgesetzt sehen, sich immer möglichst weit an die Grenze des gerade noch Erlaubten vorzuwagen. Nur Gatra und Sinar verweigern konsequent, sich diesem Druck zu beugen und fungieren als hundertprozentige Regierungsblätter. Dabei kann Gatra immerhin noch davon zehren, in die Fußstapfen des angesehenen Tempo-Magazins getreten zu sein, dessen Auflage es aber bei weitem verfehlt. Sinar dagegen bleibt schlicht erfolglos. /Pipa, 20.5.96/

Unangepaßte Medien haben weiterhin große Probleme. Vergangenen Oktober geriet das Magazin D&R heftig unter Druck, weil es kritische Berichte und Interviews zu politischen Themen gedruckt hatte. Informationsministerium und Presserat drohten mit Verbot, da D&R (Detektif & Romantika) nur eine Lizenz als Heftchen für Kriminalgeschichten besaß. Außerdem beschäftigt D&R eine Reihe ehemaliger Mitarbeiter von DeTik, die dem offiziell nicht anerkannten Journalistenverband AJI angehören. Auch Mutiara, im Besitz einer Lizenz als Familienjournal, wurde wegen unzulässiger politischer Berichterstattung verwarnt. /Human Rights Watch, 8.2.97/

Ernst gemacht haben die Behörden einmal mehr gegen die Zeitschrift des unabhängigen Journalistenverbandes AJI, Suara Independen, die von der Organisation MIPPA mit Adresse in Melbourne, Australien, herausgegeben wird. Am 27.10.96 durchsuchte die Polizei eine Druckerei in Jakarta, in der Suara Independen produziert wurde. 5.000 Exemplare - fast die gesamte Auflage der aktuellen Ausgabe - wurden beschlagnahmt. Zwei Drucker, Andi Syahputra (31) und sein Gehilfe Dasrul (nach manchen Quellen auch Jasrul), ein Mann in den Sechzigern, wurden verhaftet. Letzterer wurde nach einigen Wochen wieder aus der Untersuchungshaft entlassen. Andi Syahputra muß sich dagegen einem Gerichtsverfahren wegen Präsidentenbeleidigung und Beleidigung von Staatsorganen stellen, worauf bis zu 6 Jahre Haft stehen. Die Anklage macht deutlich, daß Andi nicht wegen der Produktion oder des Inverkehrbringens unerlaubter Druckschriften belangt werden soll - tatsächlich ist Suara Independen nicht verboten - , sondern daß die Behörden ihn für den Inhalt der Zeitschrift verantwortlich machen wollen. Die Anklage ist daher äußerst umstritten, zumal sowohl aus dem Impressum als auch aus dem erteilten Druckauftrag eindeutig hervorgeht, wer und vor allem wer nicht verantwortlich für den Inhalt des Heftes ist. /D&R, 28.10.96 u. 28.1.97/

Obwohl fast die gesamte Auflage der Beschlagnahmung zum Opfer gefallen war, erreichte die Ausgabe dennoch öffentlich und ungestört eine breite Leserschaft - über das Internet.

Während Andi Syahputra nun auf seine Verurteilung wartet, bereiten sich die vor zwei Jahren verurteilten Journalisten Triagus Santoso (PIJAR) sowie Ahmad Taufik und Eko Maryadi (beide AJI) langsam wieder auf ein Leben in Freiheit vor. Triagus wird nach Verbüßung seiner zweijährigen Haftstrafe am 10. März aus dem Gefängnis entlassen, Ahmad Taufik und Eko Maryadi, beide zu 32 Monaten verurteilt, werden in absehbarer Zeit folgen. Alle drei waren bislang im selben Gefängnis untergebracht, zunächst in Jakarta bzw. seit August 1996 in Cirebon. Ende Februar wurden sie getrennt. Triagus Santoso wird die letzten Tage in der Haftanstalt Subang zubringen und Ahmad Taufik wurde nach Kuningan, Jakarta, verlegt, während Eko Maryadi weiterhin in Cirebon bleiben soll. Der damals zusammen mit ihnen verurteilte Bürogehilfe Danang befindet sich bereits seit Anfang November wieder auf freiem Fuß.

Danang und die beiden AJI-Leute waren damals in Zusammenhang mit einer Ausgabe der Suara Independen verurteilt worden, die über die Machenschaften des Informationsministers, Harmoko, berichtet hatte. AJI hatte aufgedeckt, daß der für die Lizensierung von Presseorganen zuständige Minister Anteile an mindestens 31 Zeitungen, Zeitschriften und Sendern hält, die ihm zum großen Teil während seiner Zeit im Ministeramt zugefallen waren (s. Indonesien-Information 2/95). Die Tageszeitung Republika kürte Harmoko Anfang Januar zum "Man of the Year" /Siar, 8.1.97/. <>

 
 
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