Indonesien-Information Nr. 1, 1997 (Wirtschaft)

Kommentar zum vorgelegten Regierungshaushalt 1997/98

Das politische Jahr 97/98: Das Jahr der Hyperkorruption

von: Hartojo Wignjowijoto

Wirtschaftsfachmann und Generaldirektor von PT Aspecindo Kreasi
[Asian Pacific Economic Consultancy Indonesia]

In seiner Rede zum Jahreshaushaltsentwurf 1997/98 sagte Präsident Suharto, daß das Haushaltsjahr 1997/98 ein Jahr der Politik werde. Dies bedeutet, daß alle politischen Aktivitäten - vor allem die politische Kampagne, um bei den bevorstehenden Wahlen 1997 die Mehrheit der Stimmen und damit die Macht zu erhalten - politische Kosten beinhalten. Ein Jahr der Politik verlange mehr Geld, damit das Demokratiefest (so nennt Suharto die Wahlen; d. Ü.säzzer) reibungslos durchgeführt werden könne. Sogar der Präsident persönlich betonte in seiner Rede, daß wie bei allen Festen, auch dieses Fest allen Festteilnehmern Freude bereiten solle. Deshalb müsse man beim Etat für das Haushaltsjahr 1997/98 in Höhe von 100 Billionen Rupien (ca. DM 66,7 Mrd.) die Korruptionsquote von 30 Prozent mit einrechnen. Das wäre eine Korruptionssumme von 30 Billionen Rupiah (bzw. 20 Mrd. DM), welch eine Rekord-Hyperkorruption! Diese Summe berechnet sich aus dem offiziell vorgelegten Haushalt 1997/98. Und wie hoch ist die Korruption außerhalb des offiziellen Haushaltes? Im Jahre 1986 machte ich eine Untersuchung über den inoffiziellen Etat - das heißt außerhalb des offiziellen und verkündeten Haushaltes. Ich entdeckte, daß der inoffizielle Etat dreimal höher war als der offizielle Jahresetat. Das war vor zehn Jahren. Innerhalb der letzten zehn Jahre steigerte sich der inoffizielle Etat um 100 Prozent - bei einer 10 prozentigen Steigerung pro Jahr. Somit würde sich die inoffizielle Etathöhe auf über 300 Billionen Rupien (ca. DM 200 Mrd.) belaufen. Man muß sich vorstellen, daß diese Ausgaben in Höhe von DM 200 Mrd. ohne irgendeine Rechenschaftslegung getätigt werden, da sie nicht Bestandteil des offiziellen Etats sind. Mit der durchschnittlichen Korruptionsquote von 30 Prozent, verschwinden also 100 Billionen Rupien (DM 66,7 Mrd.) von diesen inoffiziellen Ausgaben. Das heißt, eine Summe die dem offiziellen Haushalt des Jahres 1997/98 entspricht. Kann angesichts dieser fantastischen Summen das politische Jahr als Korruptionsjahr bezeichnet werden? Politik, Korruption und Macht sind drei untrennbar miteinander verknüpfte Dinge. Ein Engländer hat daher einmal gesagt: "Power tends to corrupt. The longer the power, the more corrupt". Vor zehn Jahre bezeichnete ich die Korruption als eine Industrie. Diese Korruptionsindustrie hat in diesem politischen Jahr noch bessere Aussichten, weil money talks, aber wealth whispers. "Money politics talk even louder than the usual money". Und Geld, das leicht zu bekommen ist, läßt sich auch einfach ausgeben. So wird die Korruption zu einer Ursache der Inflation. Die Inflation für das Haushaltsjahr 1997/98, die die Regierung nur mit durchschnittlich 6-8 Prozent ansetzt, wird wesentlich höher ausfallen. Ich rechne für das Haushaltsjahr 1997/98 mit einer Inflation von ca. 15 Prozent pro Jahr. Vor allem, wenn dieses politische Jahr ein Jahrder Verschwendung von Geldern wird. Das Korruptionsgeld (bad money) wird das good money abwerten. Das ist ein Gesetz von Gresham, das besagt: "bad money drives out good money". Deshalb wird der Wert der Rupiah nicht steigen, sondern zunehmend schwächer werden. Wenn das politische Jahr 1997/98 das Jahr der Korruptionsindustrie ist, wie sehen dann die Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit Indonesiens im kommenden Zeitalter der Globalisierung aus? Nach Einschätzung von verschiedenen internationalen Organisationen steht Indonesien in der Korruptionshitliste an der dritten Stelle. Sogar die Geldwäscheindustrie hat Indonesien untersucht und bewertet und als einen führenden Kandidaten für Geldwäsche ausgewählt. Einige Voraussetzungen für Geldwäsche besitzt Indonesien schon, nämlich Unehrlichkeit, Korruption, Seilschaften. Und Indonesien ist sogar in der letzten Zeit zu einem führenden Markt für Extacy und anderen Arten von Drogen geworden. Indonesien ist vor allem Anhänger freier Devisenflüsse und eine Hauptcharakteristik der indonesischen Wirtschaft ist der Nettodevisenabfluß. Das heißt, von jeder in Indonesien investierten Mark fließen 40 Pfennig wieder in das Herkunftsland zurück.

In ihrer Erklärung hat auch die Regierung bekräftigt, daß sich das Leistungsbilanzdefizit nicht vermindert habe, sondern sich der 10 Milliarden-Dollar-Marke nähere, das sind ca. 5 Prozent des indonesischen Bruttosozialproduktes. Das bedeutet, wenn die indonesische Regierung sich unermüdlich für eine Steigerung der Nicht-Ölprodukt-Exporte eingesetzt hat, so ist das Ergebnis eine unermüdliche Steigerung der Importe. Genauso steht es um die Strategie der Regierung zur Verminderung der Auslandsverschuldung durch die Stimulierung von Direktinvestionen aus dem Ausland und dem Verkauf von staatlichen Firmenanteilen auf den Kapitalmärkten, die genau das Gegenteil bewirken werden. Denn, je mehr ausländische Direktinvestitionen nach Indonesien gelockt werden, um so höher wird der Abfluß von Geldern aus Indonesien werden. Das heißt, unser Leistungsbilanzdefizit wird noch größer werden.

Der Verkauf von staatlichen Firmenanteilen auf dem Kapitalmarkt, der die staatlichen Firmen leistungsfähiger machen, die Privatisierung beschleunigen und die Liquidität des Kapitalmarktes anheben soll, wird sogar neue Möglichkeiten schaffen, um Gelder aus dem Inland zu waschen. Somit ist die Sache komplett, daß das politische Jahr 1997/98 ein Jahr der Korruptionsindustrie wird. Und es ist nicht übertrieben, wenn wir unserer Sorge über die Schwäche unseres Wirschaftssystems Ausdruck verleihen, das anfällig für Geldwäscheaktivitäten ist, denn die Keime, Indonesien zu einem Mafiosoland zu verwandeln, sind schon vorhanden und bereit zu gedeihen. Hoffentlich findet unsere Sorge bei denen Gehör, die jetzt die Macht haben. <> /Tempo Interaktif, Ausgabe 46/01/

 
 
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