Suara Nr. 1/2007 (Umwelt)

 

Wie die Holzmafia Bukit Duabelas zerstört

von Feri Irawan 1 und Marianne Klute


Anfang des Jahres 2006 berichteten Orang Rimba, indigene Waldnomaden im Nationalpark Bukit Duabelas in der Provinz Jambi, vom Bau einer illegalen Loggingstraße im Distrikt Batanghari. Für die Straßenbauarbeiten wurde Wald gerodet und von der Straße aus innerhalb weniger Monate eine Fläche von mehr als 6.000 Hektar geschütztem Naturwald kahl geschlagen.

Höchst alarmiert machte sich die Umweltorganisation Walhi Jambi auf den Weg zum Tatort und musste feststellen, dass illegale Holzfällertrupps mit Kettensägen und schwerem Gerät an mehreren Stellen des Nationalparks am Werk waren. Aufgeschreckt von der Schnelligkeit, mit der der Nationalpark dem Kahlschlag zum Opfer fällt, folgt Walhi Jambi seither den Einschlagschneisen der Holzfällertrupps. Unsere Partner vor Ort haben recherchiert, wer die Täter sind, mit welchen Methoden sie vorgehen, welche Schäden sie anrichten und welche Händler das Holz aus dem Nationalpark Bukit Duabelas aufkaufen.

Vorläufiges Resultat der Beobachtungen und Recherchen: Innerhalb weniger Monate ist eine Logging-straße gebaut worden, die halb Batanghari durchschneidet. Dies gelang lokalen Unternehmen durch Kooperation mit Beamten und Dorfvorstehern, aber auch mit dem internationalen Holzhandel. Das Holz gelangt über Sägewerke an den Flüssen Tembesi und Batanghari an drei indonesische Holzunternehmen, die wiederum nach Singapur verkaufen. Ein bedeutender Abnehmer der gestohlenen Ware sitzt in Deutschland.

Auf Grund von Walhis Recherchen konnte die Polizei von Jambi einige der lokalen Akteure festsetzen und einen kleinen Teil des noch nicht exportierten Holzes konfiszieren. Doch bedeutet das Eingreifen der Polizei nicht, dass dem illegalen Holzeinschlag im Nationalpark Bukit Duabelas Einhalt geboten werden konnte. Im Gegenteil. Solange die Nachfrage aus dem Ausland anhält, ist die Existenz des Nationalparks bedroht.

Dieser auf gesicherten Recherchen vor Ort beruhende Kurzbericht zeigt die Arbeitsweise der Holzmafia im Nationalpark Bukit Duabelas auf und gibt Hinweise auf den Weg, den das Holz von zwei „Hotspots“ des illegalen Holzeinschlags in den internationalen Handel nimmt.

Kahlschlag bei Olak Besar und Kampung Baru

Das Dorf Olak Besar liegt im Ostteil des Distrikts Batanghari an dem Fluss Tembesi. Der Tembesi bildet zugleich die Grenze des Nationalparks. Am anderen Flussufer, außerhalb des Nationalparks, erstrecken sich im Osten große Holzeinschlags-Konzessionsgebiete. Von der Hauptstadt Jambi aus fährt man in zwei bis drei Stunden mit dem Bus bis zum Nationalpark. Dann führt der Weg 60 km durch den Park über die Dörfer Jeluti und Koto Boyo bis Olak Besar. Die Dorfbevölkerung lebt hauptsächlich von der Gewinnung von Gummi aus den Wäldern.

Mit 30.300 Hektar Wald ist Batanghari (Gesamtfläche des Distrikts: 36.300 Hektar; das sind 60% der Fläche des Nationalparks Bukit Duabelas) im Vergleich zur anderen Hälfte von Bukit Duabelas noch relativ dicht bewaldet.

Nach welchem Modus operandi gehen die am illegalen Holzeinschlag Beteiligten vor? Sie verschaffen sich Genehmigungen für bestimmte, begrenzte Tätigkeiten zur Nutzung von Waldprodukten bzw. zum Holzeinschlag im Nationalpark. Solche Genehmigungen können unter bestimmten Umständen erteilt werden, wenn die Antragsteller geltend machen, dass vitale Interessen der Bevölkerung betroffen sind. Der soziale Aspekt ist zugleich ein Schutz für die Unternehmen; sie können immer behaupten, im Sinne der Existenz der Bevölkerung zu handeln. Auf der Basis solcher Genehmigungen operieren die Täter missbräuchlich weit über den Umfang der Genehmigung heraus. Sie bilden das „legale“ Gerüst für den Modus operandi nicht nur in Jambi. In ganz Indonesien ist diese Art der Legalisierung krimineller Machenschaften ein erprobtes Mittel, um in großem Stil an Holz zu kommen. Der Fall des Dorfes Olak Besar ist nur ein Beispiel:

Die im Nationalpark lebende Bevölkerung darf in begrenztem Rahmen Landwirtschaft betreiben; Außenseiter und erst recht kommerzielle Unternehmen haben dieses Recht nicht. So ist es auch in dem Dorf Olak Besar. Die Bauern sind arm; um besser wirtschaften zu können, haben sie die Kooperative Alam Sejati gegründet. Der Vorsitzende der Kooperative, Amir, ist im Dorf ebenso wichtig wie der Dorfvorsteher Ali Umar.

Nun kommt ein Plantagenunternehmen ins Spiel, PT Permata Hijau 2. Permata Hijau verhandelt mit Amir und Ali. Das Unternehmen gewährt den Bauern Kleinkredite und verlangt im Gegenzug, dass das Dorf Land für die Anlage einer Plantage zur Verfügung stellt. Einige Bauern der Bauernvereinigung Harapan Mulya besitzen gemeinsam hundert Hektar Wald. Schriftlich vereinbart man, dass die Kooperative Alam Sejati diesen Wald rodet und dann an selber Stelle eine Plantage anlegt und beackert. Bei den Bauern hat der Plan Hoffnungen geweckt, ein besseres Einkommen erwirtschaften zu können und gleichzeitig im Besitz der hundert Hektar zu bleiben. Unglücklicherweise sind sie durch das Kleinkreditsystem in Abhängigkeit von Permata Hijau geraten.

Permata Hijau erwirkte vom Bupati (Distriktvorsteher; entspricht etwa einem Kreisdirektor) von Batanghari, Herrn Syahirsah SY, eine Genehmigung für die Anlage einer Plantage auf dem 100 Hektar großen Stück Land der Bauern. Auf diese betrügerische Weise gelingt es dem Unternehmen, im Nationalpark Fuß zu fassen. Bei dem Dokument handelt es sich um eine Genehmigung zur „Nutzung von Waldprodukten“, ausdrücklich nicht gültig für den zonierten Wald des Nationalparks, sondern nur für „die Anlage einer Plantage auf 100 ha Land im Dorf Olak Besar, Unterbezirk Bathin XXIV, Bezirk Batanghari, welches der Bauernvereinigung Harapan Mulya gehört.“ Dieses Dokument, IPHH-LKH No. 472/2006 (Izin Pemungutan Hasil Hutan-Luar Kawasan Hutan), liegt uns vor, s. Bild.

Auffallend ist, dass das Dokument erst am 26. April 2006, als die Holzfäller längst vor Ort waren, ausgestellt wurde, während Walhi Jambi schon vorher begann, den Berichten nachzugehen. Walhi ist sich sicher, dass der Bupati von Batanghari vor der Ausstellung des Dokumentes keine Ortsbesichtigung vorgenommen hat. Weder gab es eine  vorherige Analyse des Waldbestands noch jemals Kontrolle der Arbeiten vor Ort.

Die Genehmigung gilt auch für den Bau einer fünf km langen Trasse vom Fluss Tembesi zum Fluss Kemang, mit dem Zweck, einen Zugang zur Plantage zu haben. Verwunderlich war von Anfang an, dass für den Bau dieses einfachen und relativ kurzen Weges Bulldozer in den Nationalpark gebracht worden sind. In Wirklichkeit wurde kein bloßer Zugangsweg für eine Plantage gebaut, sondern eine befestigte Loggingstraße von zehn Metern Breite. Dafür also brauchte das Unternehmen die schweren Baufahrzeuge! Die Straße ist nicht fünf, sondern 30 km lang und führt quer durch den Distrikt bis an den Grenzfluss Sakolado. Dieser Tatbestand überschreitet den Umfang der Genehmigung bei Weitem.

Um Platz für die Straße zu machen, wurde natürlich Wald gerodet. Nach Beendigung der Straßenbauarbeiten war es für die Holzfäller ein Leichtes, rechts und links der Straße den Wald einzuschlagen. Das ist ein klarer Gesetzesbruch und ein weiterer Verstoß gegen die erteilte Genehmigung. Auf 6.000 Hektar, einem Sechstel des Waldbestandes, wurden die Bäume gefällt. Das entspricht nach unseren Schätzungen mehr als 3.000 Kubikmetern Holz.

Die Stämme sind im Durchschnitt 4-5 m lang und haben einen Durchmesser von 40 cm und mehr. Es handelt sich um die Holzarten Meranti (Shorea spp), Kempas (Koompassia malaccensis), Pulai (Alstonia spp), Rengas (Gluta spp), Durian (Durio spp), Kulim (Scorodocarpus), Keranji (Dialium spp) sowie um folgende Arten, die uns nur dem lokalen Namen nach bekannt sind: Balam, Tarentang, Jengkang.

Die neue Loggingstraße führt durch das Gebiet der Orang Rimba. Tumenggung Jelitai, Anführer- einer Gruppe der Orang Rimba, führt bittere Beschwerde, dass Mobilität und traditionelle Lebensweise der Waldnomaden behindert würden und ihre Kultur dem Untergang geweiht sei. Beim Bau der Straße haben die schweren Baufahrzeuge kulturelle Wertgegenstände wie sakrale Teller und Kerisse (traditionelle Dolche) zerstört. Die Existenz der Waldleute wird mit dem Wald vernichtet, sagt Tumenggung Jelitai.

Der Fall Olak Besar ist Kahlschlag im großen Stil. Trotz der Beschwerden der Orang Rimba und der Recherchen von Walhi sind die Behörden noch nicht eingeschritten. Ein zweiter Holzmafiaring dagegen wurde festgesetzt. Im Oktober 2006 konnte die Provinzpolizei zwölf Personen festnehmen, die sie sozusagen auf frischer Tat ertappt hat. Ihnen wird vorgeworfen, bei der Siedlung Kampung Baru im Dorf Teluk Lebam illegal 200 Hektar Wald kahlgeschlagen zu haben. Bei den Verhafteten handelt es sich um acht Holzfäller, zwei Beamte der Forstbehörde, einen Holzbaron und einen Sägewerksbesitzer. In wochenlanger mühevoller Arbeit konnte die Polizei mehr als 7.000 unbehauene Holzstämme bergen. Nach Einschätzung von Walhi Jambi liegen etwa 5.000 weitere Stämme noch auf Halde (beim Dorf Sei Kejasung Besar Kaki).

Das Muster des Komplotts ähnelt dem von Olak Besar: Junaidi, Inhaber des Holzunternehmens PD Gemilang, verschaffte sich mit Hilfe zweier Beamter der Forstbehörde von Jambi eine Genehmigung. Dieses Papier mit der Bezeichnung IPHHK-LKH No.skep/522/0572 (Izin Pemungutan Hasil Hutan Kayu-Luar Kawasan Hutan), ausgestellt von der Forstbehörde am 23. Februar 2006, gestattet Transmigranten aus Jambi, in einem definierten Areal von 600 Hektar Abfallholz zu nutzen. Die Genehmigung ist ausdrücklich nicht gültig für zonierten Wald des Nationalparks.

Auch in diesem Fall missbraucht ein Holzunternehmen die Armut der Menschen für den eigenen Profit. Unter dem Deckmantel einer sozial motivierten Tätigkeit heuert PD Gemilang Leute aus Jambi als Holzfäller an, womöglich sogar die Transmigranten selbst. Statt Abfallholz zu sammeln, sägen sie sich den Ast ab, auf dem sie sitzen.

Von Bukit Duabelas nach Deutschland

Sowohl PD Gemilang als auch PT Permata Hijau arbeiten mit an den Flüssen gelegenen Sägewerken zusammen. Von den Sägewerken wird das Holz aus dem Nationalpark Bukit Duabelas in der Dämmerung über die Flüsse Tembesi und Batanghari zum Unternehmen Tanjung Johor Wood Industry gebracht. Auch für den Transport sind Genehmigungen erforderlich. PD Gemilang zum Beispiel nutzte missbräuchlich eine Genehmigung mit der Kennzeichnung DF 8041337, ausgestellt von Amri Dalimunthe, Forstbeamter in Baranghari, auf PD Gemilang. Damit wird der Transport eines begrenzten Volumens Holz aus einem definierten Konzessionsgebiet außerhalb des Nationalparks gestattet. Nichts davon wurde eingehalten: das Volumen wurde überschritten, und das Holz stammte nicht aus dem Konzessionsgebiet, sondern aus dem Nationalpark Bukit Duabelas.

PT Tanjung Johor Wood Industry ist ein in Jambi ansässigen Holz verarbeitendes Unternehmen. Schon 2003 stellten die Umweltorganisationen Milieudefensie und WWF fest, dass Tanjung Johor illegales Holz aus dem Nationalpark Kerinci Seblat in Jambi bezieht /http://www.wwf.de/fileadmin/fm-wwf/pdf-alt/kampagnen/tessonilo/sperrholz.pdf/.

In einer Untersuchung von Indonesian Corruption Watch, ICW, und Greenomics über die Performance der indonesischen Holzindustrie /ICW: Timber industry needs revitalization, 2. Januar 2006/ stuft ICW das Unternehmen Tanjung Johor als wirtschaftlich nicht gesund und ineffizient ein. ICW zufolge verarbeitet Tanjung Johor mehr als doppelt soviel Holz wie genehmigt. Zwischenzeitlich hat das Forstministerium Tanjung Johor sogar die Lizenz entzogen. Trotzdem ist das Unternehmen in der Lage weiterzuexistieren. Die Frage bleibt, woher Tanjung Johor Wood Industry sein Holz bezieht? Es ist bezeichnend, dass ein wichtiger Abnehmer dieses indonesischen Unternehmens in Bremerhaven sitzt und auf seiner Website mit der Geschäftsverbindung zu Jambi wirbt.

Nach der Bearbeitung der Holzstämme durch die Tanjung Johor Wood Industry wird das aus dem Nationalpark stammende Holz nach Singapur verschifft und gelangt an das Partnerunternehmen Casin Panels Pte Ltd. Dieses wiederum verkauft das für den europäischen Markt bestimmte verarbeitete Holz weiter, auch nach Deutschland.

Die beiden Beispiele aus dem Nationalpark Bukit Duabelas stehen für viele andere, in denen Beamte mit Holzbaronen kooperieren. „Die lokalen Akteure sind eingebunden in einen international besetzten Holzmafiaring“, sagte Walhi Jambi. Während im vergangenen Jahr eine Reihe Holzfäller, Sägewerksbesitzer und auch der ein oder andere cukong (Holzmafiaboss) festgesetzt wurde, können sich die internationalen Geschäftspartner bisher vollständig jeglicher Kontrolle entziehen. Korrupte Beamte öffnen ihnen alle Wege, so dass die Holzmafia nach Gutdünken walten kann.

Auf diese Weise sind auch europäische Abnehmer an der Zerstörung geschützter Wälder und der Lebensgrundlagen der Menschen in Jambi beteiligt. Sie sind mitverantwortlich für die Konflikte zwischen Regierungsstellen, lokaler Bevölkerung und Indigenen. Wenn die Holzmafia nicht gestoppt wird, wird der Nationalpark Bukit Duabelas mit seinen Waldnomaden keine Zukunft haben. <>
 

1 Feri Irawan ist Direktor von WALHI Jambi
2 Es ist noch ungeklärt, ob mit PT Permata Hijau ein Subunternehmen der Wilmar Holdings, PT Permata Hijau Pasaman, oder die in Medan ansässige PT Permata Hijau Sawit gemeint ist, oder ein drittes, noch nicht identifiziertes Unternehmen.
 
 

Zurück zur Hauptseite Watch Indonesia! e.V. Back to Mainpage